Patentrecht und Gebrauchsmusterrecht Februar 2016 – Roman A. Rauter Gliederung auf Grundlage von Wiebe (Hrsg), Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht, 2. Aufl Die Unterlage dient ausschließlich der Verwendung in der Lehrveranstaltung (Repetitorium) und enthält verkürzte Inhalte, die im Rahmen der Lehrveranstaltung erläutert und ergänzt werden. Einleitung • Patent = gewerbliches Schutzrecht auf Erfindung • betrifft Erfindungen auf allen Gebieten der Technik • Zeitlich begrenztes Ausschlussrecht (bis 20 Jahre) • Gebührenbelastung • PatG • Gemeinschaftspatent (einheitliche Wirkung) • „verwandt“: Gebrauchsmuster („kleines Patent“) GMG Erfindung (1) • Gesetzlich nicht definiert • Lehre zum technischen Handeln • Ausschlusstatbestände (§ 1 Abs 3 PatG): – – – – Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien mathematische Methoden ästhetische Formschöpfungen Pläne/Regeln für gedankliche Tätigkeiten/Spiele, Geschäftsmethoden – Wiedergabe von Informationen • Biotechnologische Erfindungen § 1 Abs 2 PatG grds patentierbar (zB Arzneimittelherstellung; nicht Pflanzensorten, Tierrassen) • ärztliche Tätigkeit ausgenommen Erfindungen (2) • Computerprogramme wenn sie einen technischen Beitrag leisten • Ausgenommen bei Verstoß gegen öff. Ordnung / gute Sitten (§ 2 Abs 1 PatG) • Gewerbliche Anwendbarkeit (praktisch unproblematisch) Erfindungen (3) • Nicht jede Erfindung ist patentfähig • Neuheit – – – – – Förderung des technischen Fortschritts nicht: wenn zum Stand der Technik gehörend Relevant: Prioritätstag (grds Einlangen beim Patentamt) Neuheitsbegriff: objektiv, absolut (weltweite Neuheit) iZm Arzneimitteln Neuheitsfiktion (§ 3 Abs 3) • Stand der Technik – vorveröffentlicht: der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag zugänglich (ua unberücksichtigt bei: 6-Monatsfrist + offensichtlicher Missbrauch; §3 Abs4 Z1) – durch Benutzung oder in sonstiger Weise zugänglich Erfindungen (4) • Erfinderische Tätigkeit / Erfindungshöhe – darf sich für den Fachmann nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben – fiktiver Durchschnittsfachmann (mit Kenntnis des Standes der Technik) – Übertragungserfindung: Lösung wird auf ein anderes technisches Fachgebiet übertragen Recht an der Erfindung (1) • Erfinderrecht natürliche Person – „unvollkommen absolutes Immaterialgüterrecht“ – Anspruch auf Patent (§ 4 Abs 1): Erfinder („Erfinderprinzip“) oder Rechtsnachfolger – Anspruch auf Benennung (§ 20) • Doppelerfindung beide Erfinder iSd PatG – Ausschließlichkeitsrecht durch Anmeldung („first to file-Prinzip“) • Anmeldung durch Nichtberechtigten (§ 5) – Aberkennungsantrag (§ 49 PatG) Aberkennung oder Übertragung des Patents/der Patentanmeldung Recht an der Erfindung (2) • Erfindergemeinschaft – Personen, die schöpferisch mitgewirkt haben – gemeinsame Verfügung • Dienstnehmererfindung – §§ 6-19 PatG – Diensterfindung • Tätigkeitsgebiet des Unternehmens • ursächlicher Zusammenhang (Obliegenheit, Anregung, Hilfsmittel) – Aufgriffsrecht (idR) bei vertraglicher Vereinbarung Erklärung binnen 4 M – besondere Vergütung (Ausnahme § 8 Abs 2 PatG) Erteilungsverfahren (1) • Österr Patentamt (techn. Abt.) / Europ. PA • Patentanmeldung (§ 89 PatG) – vollständige Beschreibung der Erfindung (uU Hinterlegung) Offenbarung (§87a) – „Patentansprüche“ anzugeben, wofür Schutz begehrt wird (Hauptanspruch, Nebenansprüche [ggf Unteransprüche]) – Einheitlichkeit der Anmeldung • Priorität – Tag der ord. Anmeldung (§ 87) Priorität (§ 93), dh Vorrang vor später angemeldeter Erfindung – ggf Unionspriorität (Art 4 PVÜ) – (Teilpriorität §§93a,93b; mehrere §94) Erteilungsverfahren (2) • Behördenzuständigkeit durch Novelle 2014 (im Detail) geändert • Gesetzmäßigkeitsprüfung durch Techn. Abt. • Veröffentlichung (grds 18 M nach Anmeldung) – Bedenken Dritter (§ 101b) begründete Einwendungen • Patenterteilung (Techn. Abt.) durch Beschluss Bekanntmachung im Patentblatt (Wirkung des Patents), Veröffentlichung der Patentschrift , Eintragung im Patentregister, Ausfertigung der Patenturkunde – ggf Zurückweisung Einspruchsverfahren • gegen bereits erteiltes Patent (dh nachgeschaltet) – binnen 4 M nach Bekanntmachung der Patenterteilung (§ 101c) – Einspruch kann von jedermann erhoben werden. • Gründe: § 102 Abs 2 • Techn. Abt. • ggf Widerruf des Patents (§ 104 Abs 4) Schutzwirkungen (1) • Ausschluss Dritter von betriebsmäßiger Nutzung (Ausschließungsrecht) – auch bestimmte „Vorfeldhandlungen“ – betriebsmäßig =/= gewerbsmäßig – Ausnahme: § 22 PatG Generika • Vorbehaltene Benutzungshandlungen – – – – – – Herstellen Inverkehrbringen Feilbieten Gebrauch Einfuhr Besitz zu obigen Zwecken • bei Verfahrenspatent: Schutz bezieht sich auf unm. hergestellte Erzeugnisse § 22 (Beweiserleichterung § 155) Schutzwirkungen (2) • Schutzumfang – Relevanz der Patentansprüche (§ 22 PatG) • Begrenzung durch Patentansprüche • Beschreibungen / Zeichnungen dienen nur der Auslegung – Erfasst sind auch äquivalente Realisierungen funktionsgleiche Lösungsmittel („Fachmann“ als Maßfigur) • nicht zB, wenn auf wesentliche Vorteile der Erfindung verzichtet wird – mittelbare Verletzung • Patentgefährdungstatbestand § 22 Abs 3-5 PatG • Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, dürfen nicht an nichtberechtigte Personen geliefert werden • Wissen des Anbietenden oder Offensichtlichkeit bzgl Eignung und Bestimmung Schutzwirkungen (3) • Vorbenützungsrecht – relevant, da Patent dem ersten Anmelder erteilt wird (zB bei Doppelerfindungen) – § 23 PatG: Wirkungen des Patents greifen nicht ggü Personen, die mit der Nutzung der Erfindung vor dem Prioritätstag begonnen haben (inkl Vorbereitungshandlungen) • voller „Erfindungsbesitz“ (zB iaR nicht Händler) • guter Glaube (schlechtgläubig zB bei rechtswidrig erlangter Kenntnis) • betriebsmäßige Benutzung im Inland – Duldungspflicht des Patentinhabers – Betriebsgebundenheit: § 23 Abs 3 PatG – Anspruch auf Anerkennung in Urkunde Patentlizenzen • freiwillige Lizenzen – Lizenzvertrag Verzicht auf Ausübung der Abwehrrechte – Wirkung ggü Dritten mit Eintragung im Patentregister (§ 43 Abs 2 PatG) relevant für Erwerber des Patents • Zwangslizenzen – § 36 PatG – zB Benutzung eines älteren Patents für jene eines neueren Patents + wichtiger techn. Fortschritt und erhebliche wirtsch. Bedeutung Ende des Patentschutzes • Laufzeit: 20 Jahre ab Anmeldetag (§ 28 Abs 1) – erg. Schutzzertifikat bei Arznei- und Pflanzenschutzmitteln ( SchZG + EU-VO) • Nichtzahlung der Jahresgebühr • Nichtigerklärung – Gründe: § 48 PatG – Antrag durch jedermann möglich • Verzicht Gebrauchsmusterrecht (1) • wie Patent ein technisches Schutzrecht • § 1 Abs 1 GMG: Als Gebrauchsmuster werden auf Antrag Erfindungen auf allen Gebieten der Technik geschützt, sofern sie neu sind (§ 3), auf einem erfinderischen Schritt beruhen und gewerblich anwendbar sind. • Prüfung der formalen Voraussetzungen • keine Prüfung der Neuheit weniger Rechtssicherheit • Schutzdauer: 10 Jahre (§ 6 GMG) Gebrauchsmusterrecht (2) • Erfinderischer Schritt – Meinung des OGH: erfinderische Höhe einer patentfähigen Erfindung nicht erforderlich • Vorbenützungsrecht – § 3 Abs 4 GMG – Offenbarung der Erfindung unschädlich, wenn • innerhalb von 6 M vor Anmeldetag • auf Anmelder (oder Rechtsvorgänger) zurückzuführen oder auf offensichtlichen Missbrauch Überblick: Behörden • seit Novelle 2014 neuer Rechtszug gegen Entscheidungen des Österr Patentamts – 1. Instanz: Patentamt (Abteilungen) – 2. Instanz: OLG Wien – 3. Instanz: OGH
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