Renminbi bietet Chancen – Experte Lothar Meenen im Interview

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Research_China
Deutsche Bank_r e s u l t s
FOTO: MARTIN JOPPEN
Optimistischer
Blick auf China
Experten raten: Kurzfristig
abwarten, langfristig einsteigen
S
Die Liberalisierung
der chinesischen
Währung kann Chancen
bieten. Fragen an
Lothar Meenen, Leiter
des Bereiches Trade
Finance und Cash
Management Corporates der Deutschen
Bank in Deutschland
chwache Konjunkturdaten, enttäuschende
Exportstatistiken, drei Leitzinssenkungen der
chinesischen Notenbank in nur sechs Monaten machen deutlich, dass China nach Jahrzehnten
des Wirtschaftsbooms mit hohen Wachstumsraten
inzwischen auf dem Weg in eine „neue Normalität“
ist. Zukünftig soll die chinesische Wirtschaft zwar
langsamer, aber dafür nachhaltiger wachsen. Ernsthafter Grund zur Sorge besteht allerdings nicht,
berichtet das Investment-Journal „Perspektiven“
der Deutschen Bank in seiner aktuellen Ausgabe.
Die langfristigen Aussichten bleiben positiv.
Denn einerseits werden die Reformen des chinesischen Staats und die zunehmende Öffnung der
Kapitalmärkte (siehe Interview rechts) voraussichtlich für Wachstumsimpulse sorgen, andererseits
könnten mehr Marktwirtschaft und die wachsende
Mittelschicht mit ihrer Nachfrage einen schwächeren Export ausgleichen. Trotz eines höheren Risikos
können chinesische Werte deshalb bei aller kurzfristigen Vorsicht weiterhin einen Platz in einem
ausgewogenen Anlageportfolio finden, glaubt das
Investment-Journal – zumal China mit einem erwarteten Wachstum von sieben Prozent in diesem
Jahr Europa und die USA wieder einmal um Längen
schlagen wird.
Herr Meenen, China liberalisiert schrittweise seine
Währung, bei deutschen Mittelständlern spielt der
Renminbi aber noch keine große Rolle. Warum?
China ist auf gutem Wege, den Renminbi als Weltwährung zu etablieren. Das passiert schrittweise,
und es gibt noch viele Regularien und Besonderheiten. Doch wer sich jetzt nicht mit dem Thema
beschäftigt, verpasst etwas: Die Vorteile der Liberalisierung können immens sein.
„PERSPEKTIVEN“ IM NETZ
Welche Vorteile sind das zum Beispiel?
Das Investment-Journal der Deutschen Bank
Wer in lokaler Währung abrechnet, findet leichter
Zugang zu Geschäftspartnern, kann bessere Konditionen aushandeln, Rechnungen werden schneller
beglichen. Immer mehr Firmen verwenden den
Renminbi aber auch für unternehmensinterne Zahlungen, das verbessert das Währungsmanagement
und senkt das Fremdwährungsrisiko.
www.deutsche-bank.de/perspektiven
Jährliches BIP-Wachstum im Vergleich:
China liegt auch in der Schwächephase vor
USA und Eurozone
China
in %
Eurozone*
USA
10
8
6
4
2
0
2010
008_results_02-2015 8
2011
2012
2013
2014 2015
* 2015: SCHÄTZUNG. QUELLE: BLOOMBERG LP, 2015
12
–2
Renminbi
für den
Mittelstand
Viele Mittelständler bearbeiten den Markt aber vor
allem aus Deutschland heraus.
Ob man in China produziert, dort Tochtergesellschaften unterhält oder seine Handelsbeziehungen mit China allein von hier steuert – das Währungsthema ist für alle gleichermaßen wichtig.
Inzwischen fakturieren deutsche Unternehmen
in einigen Branchen sogar untereinander in der
chinesischen Währung, was vor allem dann von
Vorteil ist, wenn der Verkauf der Endprodukte in
China erfolgt.
26.05.15 11:38
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Weitere Studien
Viele deutsche Unternehmen erwirtschaften be-
Wie geht es weiter?
reits einen beachtlichen Teil ihrer Gewinne in
China. Bei der Rückführung nach Deutschland muss-
Der Umgang mit der chinesischen Währung wird
für deutsche Unternehmen bald zum ganz normalen Tagesgeschäft gehören wie der Umgang
mit Euro oder Dollar auch. Dazu trägt auch die
Tatsache bei, dass sich der Renminbi komplett
in die bestehenden Strukturen einbinden lässt,
egal, ob Kontoführung, Außenhandelsfinanzierung, Kredite, Anlage oder Währungssicherung.
ten sie sich jedoch mit Beschränkungen auseinandersetzen.
Inzwischen können Unternehmen ihre Liquidität in Renminbi sogar automatisiert übertragen.
Im Februar vergangenen Jahres ließ die chinesische Zentralbank erstmals das grenzüberschreitende Cash Pooling in Renminbi zu. Das galt
zunächst nur für Unternehmen mit Sitz in der
Freihandelszone Schanghai, aber seit November
2014 ist das, mit einigen Einschränkungen, auch
landesweit möglich.
Ist das die einzige Option?
Nein, es gibt Alternativen. Welche Möglichkeit die
richtige ist, hängt von der Situation des Unternehmens ab. Die Hausbank kann hier wichtige
Hilfestellungen bieten: Das kann zum Beispiel ein
Darlehen der Tochtergesellschaft an die Mutter
in Deutschland sein, die dann die Liquidität für
weitere Investitionen nutzt.
Bisher war der Renminbi sehr eng an den Dollar gekoppelt, die chinesische Regierung erlaubt jetzt
eine größere Schwankungsbreite. Wie wirkt sich
das auf deutsche Firmen aus?
In den kommenden Jahren wird die Volatilität
weiter steigen. Für Unternehmen wird das Thema
Absicherung deshalb wichtiger werden – auch in
dieser Hinsicht entwickelt sich der Renminbi zu
einer ganz normalen Währung. Die chinesische
Regierung wird ihre Öffnungspolitik jedenfalls
fortsetzen – der Renminbi ist auf dem Siegeszug.
Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, sich rechtzeitig dafür aufzustellen.
Wichtige Fragen bei der
Umstellung auf den Renminbi
1. Identifizierung von Anpassungen
3 Sollte ich Verkaufsbedingungen oder Preise
mit Handelspartnern neu aushandeln?
3 Sollte ich meine Zulieferer um Preisangabe
in zwei Währungen bitten?
3 Welche Handelspartner werden die
3 Wie kann ich Zahlungen in Renminbi mit
Blick auf unterschiedliche Standards
im chinesischen Clearing und im SWIFTStandard durchführen?
3 Kann mich meine Bank mit Renminbi-Lösungen
auch in anderen Ländern unterstützen?
Umstellung am ehesten akzeptieren?
3 Kann ich durch die Umstellung Kosten sparen?
3 Gibt es weitere Vorteile?
2. Interne Vorbereitungen
3 Wie kann ich Entscheidungsträger überzeugen?
3 Welche wesentlichen Aspekte müssen
die Entscheider kennen?
3 Welche Mitarbeiter muss ich einbinden?
3 Über welche Regularien muss mein
Unternehmen stets informiert sein?
4. Forderungen und Verbindlichkeiten
3 Wird mein Forderungs- und Verbindlichkeitsmanagement beeinträchtigt?
Zahlreiche Studien und
Kommentare von Deutsche Bank
Research gibt es (teilweise
auch als Audiodatei) im Internet:
www.dbresearch.de
„Mindestlohn: Erste negative
Effekte werden sichtbar“
Arbeitsministerin Andrea Nahles
spricht angesichts der Einführung
des Mindestlohns bereits von
einer Erfolgsgeschichte. Deutsche
Bank Research rechnet aber
weiterhin mit deutlich negativen
Auswirkungen.
„Einheit in Vielfalt? Trends und
Treiber von Immobilienbesteuerung in Europa und Deutschland“
In Europa gestaltet sich Immobilienbesteuerung teilweise sehr unterschiedlich. Es gibt aber einige
parallele Entwicklungen: Neben
Einschränkungen der steuerlichen
Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen in einigen Ländern ist fiskalischer Konsolidierungsdruck ein
wichtiger Treiber für Anpassungen.
„Biotechnologie:
Finanzierungslücke gefährdet
Wettbewerbsfähigkeit“
Während in Deutschland die Biotechnologieforschung auf
einem Spitzenniveau stattfindet
und Fördermittel eine Unternehmensgründung in der Branche
erleichtern, bestehen bei jungen
Unternehmen im Anschluss an die
Gründungsfinanzierung häufig
Finanzierungsengpässe.
3 Wie kann ich das Devisenkursrisiko
unterschiedlicher Onshore- und OffshoreKurse steuern?
5. Rechnungslegung und Bilanzierung
3 Welcher Buchungskurs (Onshore oder
Offshore) soll gelten?
3 Genüge ich den Anforderungen der ChinaCorporate-Accounting-Standards?
3. Systeme und Bankpartner
3 Ist meine aktuelle ERP-Infrastruktur geeignet?
3 Unterstützt meine Bank in China
die elektronische Zahlungsabwicklung?
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3 Welche bilanziellen Effekte gibt es?
3 Wie soll ich meine Kreditoren-/Debitorenpositionen in Renminbi gegenüber
Offshore- Geschäftspartnern bilanzieren?
WEITERE INFORMATIONEN
Die Broschüre „Der Renminbi: Ein Ausblick“
ist kostenlos downloadbar unter:
www.deutsche-bank.de/renminbi
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