Auslandssemester an der Ege University Izmir SoSe2013 1 Vorbereitung Die Vorbereitung und Planung begann etwa acht Monate vor dem Ausreisetermin an die Partneruniversität in Izmir. Da in meinem Studiengang (Internationales Wirtschaftsingenieurwesen) bereits ein Auslandspraktikum enthalten ist, verzichten die meisten Studenten auf ein freiwilliges Auslandssemester. Somit halten sich die Erfahrungen am Standort Rüsselsheim mit Auslandssemestern in Grenzen, was auch Auswirkung auf die Informationslage von Professoren und Personal hat. Mit dem Internationalen Büro und dem Standort Wiesbaden ist man allerdings gut beraten und bekommt schnell alle nötigen Informationen zusammen. Nach der hochschulinternen Zulassung für das Erasmusprogramm (frühe Deadlines beachten) musste ich mich nun an der Partneruniversität bewerben. Auch diesmal waren die fehlenden Erfahrungen meines Standorts hinderlich bei dem Bewerbungsprozess. Das Formular für die Bewerbung sollte auf jeden Fall vor Absenden gemeinsam mit dem Standort Wiesbaden überprüft werden und am besten nochmal zur Absicherung als Scan an das Internationale Büro in Izmir geschickt werden. In meinem Fall war es so, dass Informationen fehlten und die Bewerbung nicht angenommen werden konnte. Dies erfuhr ich allerdings erst auf Nachfrage meinerseits. Die eigentliche Deadline zur Zulassung war zu dem Zeitpunkt schon verstrichen. Für mich wurde „eine Ausnahme“ gemacht und die Deadline wurde verlängert. Per Express wurde dann die vervollständigte Anmeldung erneut zugeschickt. Hauptproblem war, dass ich nicht wusste an welche Fakultät ich mich bewerben sollte: „Business Administration“ oder „Mechanical Engineering“, da ja wie bekannter Weise mein Studiengang Vorlesungen von beiden Studiengängen beinhaltet. Die Bürokratie an der Partnerhochschule in Izmir war dabei auch nicht hilfreich. Letzten Endes wurde meine Bewerbung dann akzeptiert an der „Business Administration“ Fakultät. 2 Unterkunft Nach Internetrecherche war für mich klar, dass das Studentenwohnheim für mich nicht in Frage kommt. Alkoholverbot, Ausgangssperre und Trennung von Männlein und Weiblein? So hatte ich mir mein Auslandssemester nicht vorgestellt. Die Studentenwohnheime in Izmir (und wohl auch in der gesamten Türkei) werden stark kontrolliert. Das bedeutet Einlass nur per elektronischem Drehkreuz, Sicherheitspersonal das das Alkoholverbot durchsetzt usw. Durch meinen Buddy, in Izmir genannt „Mentor“, habe ich eine Wohngemeinschaft mit einem Türken und zwei Franzosen direkt im Studentenzentrum des Stadtteils Bornova gefunden. Bornova ist der Stadtteil indem sich auch die Universität befindet. Zu meiner Fakultät hatte ich lediglich drei Minuten Fußweg. Alles inklusive hatte ich 350 Türkische Lira (etwa 160 Euro) bezahlt. Sicherlich etwas über dem Durchschnitt aber dafür genau im Zentrum. 3 Studium Die etwas chaotisch abgelaufene Bewerbung hat sich dann am Anfang des Semesters bei der Kurswahl leider fortgesetzt. Vor dem eigentlichen Semester fand noch eine Orientierungswoche statt in der wir das riesige Gelände der Universität kennen gelernt haben, vom Präsidenten der Universität begrüßt wurden und einen Ausflug gemacht haben. Das war ganz gut um die anderen Austauschstudenten kennen zu lernen. Nach der Orientierungswoche ging es dann darum, passende Kurse zu finden. Die zuvor ausgefüllte Learning Agreement war mitunter nutzlos, denn es war allgemein nicht bekannt welche Kurse dieses Semester gehalten werden und welche nicht. Selbst Türkische Studenten konnten dabei oft nicht weiterhelfen. Das Einzige was dabei wirklich half, war persönlich zu den Professoren zu gehen und nachzufragen. Emails werden zu 90% nicht beantwortet und keiner fühlt sich verantwortlich. Etwas schade, denn der gute Eindruck von der Orientierungswoche wurde dadurch getrübt. Kurse, die im Semester eigentlich nicht angeboten wurden, konnten durch das Zusammentun von mehreren Erasmusstudenten eröffnet werden. Damit konnte ich auch drei von fünf Kursen besuchen. Meist wurde ein Projekt oder Präsentationen in Auftrag gegeben, sodass man keine Vorlesungen besuchen musste. Teilweise wurden Kurse auch erst mit erheblicher Verspätung von bis zu fünf Wochen angeboten. Erasmusstudenten waren aber froh, dass überhaupt passende Kurse stattgefunden haben und somit gibt man sich dann auch damit zu frieden. Nach den ersten Wochen stellte sich dann auch bald ein Studentenalltag ein. Vergleichbar mit dem Standort Rüsselsheim war dieser jedoch nicht, im positiven Sinne. Das riesige Areal der Universität beinhaltet viele Cafes, Sitzgelegenheiten und Schnellrestaurants/Imbisse wo sich viele Tausende Studenten tummeln. Aber auch außerhalb des Geländes im „Kücük Park“ (deutsch: kleiner Park) sind zu jeder Tageszeit junge Menschen unterwegs und sitzen in den Straßen in den vielen Cafes. Ein wirklich tolles Umfeld. 4 Alltag und Freizeit Wie schon beschrieben ist das Umfeld der Ege Universität traumhaft für Studenten. Bereits ab März können nahgelegene Strände und Dörfer direkt am Meer zum Baden besucht werden. Das Erasmus Student Network (ESN) war zu meiner Zeit gut aufgestellt und organisierte einen Trip nach Kapadokien, der von vielen Studenten wahrgenommen wurde. Vor allem aber war das ESN für legendäre Erasmuspartys zuständig, sodass einem nie langweilig wurde, falls man das Angebot annehmen wollte. Die Wege zu anderen Sehenswürdigkeiten und sehenswerten Städten sind in der Türkei zwar lang, aber ich kann es nur jedem empfehlen in diesem tollen Land zu reisen. Ich habe sehr viel vom Land gesehen und hatte dazu auch ausreichend Zeit. Das Reisen war allerdings sehr kostenintensiv. Man sollte auf jeden Fall mit genügend Reserven zu dem Auslandssemester aufbrechen, denn diese Zeit wird man nie wieder so unbeschwert genießen können. Dafür spielt aber der Faktor Geld leider auch in Izmir eine bedeutende Rolle. 5 Fazit Mein Auslandssemester in Izmir kann ich abschließend nur positiv bewerten. Für mich war es ein willkommener Ausgleich zu meinem stressigen Alltag in Deutschland mit Studium und Arbeit als Werksstudent. Die Professoren an der Partneruniversität sind flexibel und hilfsbereit, wenn es darum geht Kurse zu absolvieren und Kurse extra für Erasmusstudenten zu eröffnen. Alle Beteiligten sind in der Regel bedacht darauf, Erasmusstudenten zu fördern soweit es geht. Nichts desto trotz war die Organisation speziell am Anfang des Semesters chaotisch. Dies scheint aber jedes Semester ähnlich abzulaufen. Besonders interessant war es für mich, da während meines Auslandssemesters die großen Demonstrationen rund um den Gezipark in Istanbul begannen. Dies weitete sich auf das ganze Land aus und war auch in Izmir zu bemerken. Auf der einen Seite war es interessant die Hintergründe zu erfahren und die jüngere politische Geschichte der Türkei mithilfe von Türkischen Kommilitonen und Freunden zu durchdringen. Auf der anderen Seite war es erschreckend mitzuerleben wie Zensur angewandt und brutal gegen Demonstranten vorgegangen wurde. Ich durfte viel über die Türkische Kultur und Menschen kennen lernen. Dies hängt jedoch von einem selbst ab, wie sehr man sich darauf einlassen will. Vorurteile über Türken in Deutschland gibt es mehr als genug. Mithilfe meines Auslandssemester habe ich nun das Gefühl die Situation besser bewerten zu können. Dies halte ich für die beste und hilfreichste Erfahrung meines Auslandsaufenthalts.
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