Leitfaden für die Erfolgsfaktoren Akzeptanz von

Nationaler IT-Gipfel | Plattform 5
FOKUSGRUPPE: Akzeptanz und Nutzung von eGovernment. Erfolgsfaktoren für die Akzeptanz von digitalen Behördendienstleistungen
FEDERFÜHRER Initiative D21, Marc Reinhardt und Fraunhofer FOKUS, Prof. Hauswirth
MIT GLI EDER Bundesdruckerei, Capgemini, Check Point Software Technologies GmbH, CSC, DATABUND, DStGB,
FUJITSU, KDRS/RZRS, Materna, Microsoft, Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin, Software AG, Stadt Bielefeld, Stadt Brandenburg an der Havel, Technische Universität München, Universität Münster, VITAKO
AUT OREN Lena-Sophie Müller (Initiative D21), Petra Wolf (Capgemini), Marc Reinhardt (Initiative D21/ Capgemini)
MITWI RKENDE Ulrich Althoff (FUJITSU), Franz-Reinhard Habbel (DStGB), Dr. Claudia Thamm (Bundesdruckerei),
Olav Neveling (Materna), Gert Walter (Stadt Brandenburg an der Havel), Robert Zepic (ipima/TU München)
1. Ausgangssituation
Das eGovernment-Angebot in Deutschland wird mit be-
Zur erfolgreichen Gestaltung von Angeboten im Hin -
trächtlichen Anstrengungen ausgebaut – und von im-
blick auf deren Akzeptanz wird in Marketingpraxis der
mer weniger Menschen genutzt. Während Länder wie
sogenannte Marketing-Trichter genutzt (vgl. Abbildung
Österreich, Schweiz und Schweden einen Wachstum-
1). Er illustriert Erfolgsfaktoren bei der Gestaltung und
strend verzeichnen, ist laut eGovernment MONITOR
Einführung von Produkten und Dienstleistungen. Um
die Nutzungsquote in Deutschland von 45 % im ver-
erfolgreich zu sein, muss ein Angebot der entspre-
gangen Jahr auf aktuell 39 % gefallen. Das kann uns
chenden Zielgruppe bekannt sein. Darüber hinaus
nicht zufriedenstellen.
muss die Zielgruppe einen Bedarf haben oder spüren,
den das Angebot zu decken verspricht. Das Angebot
Deutschland hat kein Erkenntnis-, sondern ein Umset-
muss auf-grund seiner Gestaltung (Marke, Image, etc.)
zungsproblem. Dabei sind zwei wesentliche Grundla-
auf das Interesse der Zielgruppe stoßen, und schließ-
gen für die Akzeptanz von digitalen Verwaltungsange-
lich gekauft oder genutzt werden. Sind die Käufer des
boten hinlänglich bekannt: Irgendwer muss die Ange-
Angebots zufrieden, besteht die Chance auf wieder-
bote brauchen; und sie dann auch faktisch nutzen kön-
holte Nutzung oder Kauf.
nen und nutzen wollen.
Angebot
Bekanntheit
Bedarf
Interesse
Kauf /
Nutzung
Zufriedenheit
Umsatz
100%
© Capgemini 2015
Abbildung 1 Marketing-Trichter
.
2. Ursachen für mangelnde eGovernment-Akzeptanz
Analysiert man verschiedene eGovernment -Angebote
bei Bürgern haben, werden heute kaum adres-
nach dieser Struktur, wird klar, dass häufig einige
siert (58% der Befragten mit Datenschutzbeden-
zentrale Erfolgsfaktoren vernachlässigt werden:
ken nennen „Mangelnde Informationen über die

Die mangelnde Bekanntheit vieler eGovern-
Verwendung ihrer Daten“ als Grund für Beden-
ment-Angebote wird als wesentliche Hürde zu
ken).
deren Nutzung gesehen (71%)



Nutzer sind in der Regel dann mit einer Dienst-
Bürger erwarten von eGovernment eine voll-
leistung zufrieden, wenn sie ihre Erwartungen
ständige Online-Lösung, für deren Nutzung sie
mindestens erfüllt, wenn nicht übertrifft. Im Fall
nicht mehr aus dem Haus gehen müssen und
vieler eGovernment-Angebote ist die Zufrieden-
die gegenüber einer herkömmlichen Abwick-
heit sehr gering ausgeprägt. Insbesondere die
lung Zeit spart. Zudem wünschen sie sich Ori-
Vielfalt der angebotenen Dienste, die medien-
entierung und Hilfestellung in der für sie unge-
bruchfreie Abwicklung (oder eben nicht medien-
wohnten Verwaltungswelt.
bruchfreie Abwicklung) und die Verfügbarkeit
Dieser Bedarf wird von vielen eGovernment-
von Statusinformationen über den Bearbeitungs-
Angeboten nicht gedeckt (je 56% der Befragten
stand erreichen geringe Zufriedenheitswerte
nennen „mangelnde Durchgängigkeit“, „keine
(42-44% Zustimmung).
einfache Handhabung“ und „unzureichende Hil-
In der Konsequenz erfahren die existierenden eGovern-
festellung durch die Behörden“ als wichtige
ment-Angebote häufig nicht die Resonanz, die in Anbe-
Hemmnisse für die eGovernment-Nutzung).
tracht der hohen Durchdringung der Internetnutzung in
Fragen nach der Sicherheit und Weiterverwen-
der deutschen Bevölkerung zu erwarten wäre.
dung von Bürgerdaten, die ein hohes Interesse
3. Erfolgsfaktoren für eGovernment-Akzeptanz
Um die Akzeptanz von digitalen Behördenleistungen
identifiziert werden, die für die Gestaltung von er-
zu steigern bietet die Struktur eines Entscheidungs-
folgreichen Angeboten kritisch sind. Ausgehend von
baums (vgl. Abbildung 2) entlang der Abschnitte
dem Bedarf bzw. der Notwendigkeit, eine bestimmte
des Marketing-Trichters einen guten Ausgangs-
Behördenleistung in Anspruch zu nehmen, oder ei-
punkt. Auf Basis der vorliegenden empirischen Er-
ner Pflicht nachzukommen (bspw. Steuererklärung)
kenntnisse und Good-Practice Erfahrungen können
werden Punkte identifiziert, an denen sich Bürger
zentrale Fragestellungen
jeweils für oder gegen die Nutzung von eGovernment entscheiden.
4. Entscheidungsbaum für eGovernment
ja
Bedarf nach
Verwaltungsleistung(en)
Angebot
nein
Zielgruppe:
Internetnutzer
ja
Ablauf/ Details zu
Verwaltungsleistung
bekannt
nein
nein
ja
Bekanntheit
Internet-Recherche
E-Government-Angebot
bekannt
• Sind Zusammensetzung der
Zielgruppe und der Bedarf
der Zielgruppe bekannt?
• Ist die Zielgruppe Internetaffin/ mobile-Nutzer?
• Können alle/die relevanten
Bedürfnisse der Zielgruppe
realisiert werden?
• Ist das Angebot
zielgruppengerecht gestaltet,
im Hinblick auf
Barrierefreiheit oder
sprachliche Hürden?
• Ist die Leistung/ Ablauf/ zust.
Behörde bekannt?
• Ist das Online-Angebot
bekannt?
• Gibt es eine geeignete
(zielgruppenorientierte)
Kommunikationsstrategie?
• Führen Suchstrategien
(Google) zum Angebot?
nein
ja
Vorteil E-Government
gegenüber Offline (Zeit,
Kosten, Service)
ja
Nutzenvermutung
(Interesse)
nein
Initialaufwand/
Nutzungsvoraussetzunge
n (nPA, Software, etc.)
• Welcher Initialaufwand ist mit
der Nutzung des Angebots
verbunden?
ja
nein
Nutzerführung/
Sicherheit/ Ergonomie
der Anwendung
Nutzung
Kompliziert
Fehlergefahr
Abbruch
Nutzen
überwiegt
Einfache/
erfolgreiche
Nutzung
ja
Zufriedenheit
Wiedernutzung/ regelm.
Nutzung
Abbildung 2 Entscheidungsbaum eGovernment
• Können alle/die relevanten
Bedürfnisse der Zielgruppe
realisiert werden?
• Bietet das Angebot eine
Zeitersparnis?
• Ist das Angebot zeit- und
ortsunabhängig verwendbar?
• Ist mit geringeren Kosten
beim Nutzer zu rechnen?
• Lässt sich die Dienstleistung
vollständig online abwickeln?
• Bieten sich daraus für die
Zielgruppe in anderen
relevanten Kontexten
Vorteile?
• Sind diese bekannt und
bedeutsam (zeitnah, häufig
Aufwand
genutzte Leistungen,
überwiegt
Dienste)?
Verhältnis Vorteile
E-Government zu
Initialaufwand
Nutzerfeedback
nein
• Ist die Komplexität des
Angebots niedrig gehalten
und intuitiv (vergleichbar mit
priv. Services) bedienbar?
• Hilfestellungen für die
technische Bedienung?
• Hilfestellungen für die
inhaltliche Bedienung?
• Ist das Sicherheitsniveau
angemessen im Verhältnis zu
den genutzten Daten?
DI E ARBEI T DER F O K U S G R U P P E :

Die Schaffung von Akzeptanz und die Steigerung des Nutzens von Angeboten bedürfen eines Transformations- und Veränderungsprozesses. Daher werden die Arbeit der Fokusgruppe sowie die Arbeit an diesem Papier unterjährig fortgesetzt. Dieses Papier bildet den Arbeitsstand zum 18.11.2015 ab. Im Kern der Arbeit
steht der Akzeptanzleitfaden, der auf dem Entscheidungsbaum eGovernment (Abbildung 2) aufbaut.

Erforderlich sind deutliche und nachvollziehbare Beispiele. Wir werden daher in 2016 den Akzeptanzleitfaden
auf verschiedene digitale Verwaltungsdienstleistungen anwenden und so seine Anwendbarkeit und Nutzen
aufzeigen. Der Leitfaden wird in diesem Prozess gemeinschaftlich u.a. auf die interne Perspektive der Verwaltung weiterentwickelt.

Der Transformationsprozess zu akzeptanzorientiertem eGovernment muss von oberster Ebene erkannt und
gefördert werden. Wir arbeiten über einen intensiven Austausch den relevanten Stakeholdern daran, dass die
Fokussierung auf die Akzeptanz und den Nutzen von Entscheidern unterstützt wird.