Notarzt

Schönen Nachmittag!
Rechtsrahmen der
präklinischen Notfallmedizin
Notarzt-Fortbildungskurs 2015
1
Was machen wir Heute / Morgen?
HEUTE
Rechtsrahmen der präklinischen Notfallmedizin
• Kompetenzen von Sanitätern, Notärzten, niederg. Ärzten
• Reformbestrebungen
• Einsatzablauf nach rechtlichen Gesichtspunkten
• Klinikübergabe (Schockraum?)
• Patientenrechte
• Grundsätze des Haftungsrechts
• Ausgewählte Berufspflichten
• Diskussion
2
Was machen wir Heute / Morgen?
MORGEN
Rechtliches zu ausgewählten Einsatzszenarien
• besonders schützenswerte Patientengruppen
• (präklinisches) Unterbringungsrecht
• Zusammenarbeit mit Polizei
• Gewalteinsatz und Grenzen des erlaubten Selbstschutzes
• Diskussion
3
Medizin/Ethik & Recht
Medizin / Ethik
Recht
Anamnese
Diagnose
Therapie
Sachverhalt
Tatbestand
Rechtsfolge
State of the art – lege artis
(Fachgesellschaften)
• Normen erlassen durch Bund/Land
• Verbindlich
• Weiterentwicklung nur durch
Gesetzesänderung!
4 Grundprinzipien der Medizinethik:
• Respekt vor Autonomie
• Gebot der Schadensvermeidung
• Fürsorge
• Gerechtigkeit
Gefahr: eigene Moral anderen
„überstülpen“!
Ausnahme:
Interpretationsspielraum bei
Auslegung!
4
Entwicklungen der präklinischen Notfallmedizin
Ärzte ab 1970 präklinisch tätig => Notarzt
Sanitäter:
anerkannter und moderner Beruf
ab 2002
System:
• load & go
• stay & play
• treat & run
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Berufsrecht
SANITÄTER
Sanitätergesetz (SanG)
NOTARZT
Ärztegesetz (vor allem § 40)
Kompetenzen:
Notarztlehrgang baut auf „ius
Rettungs- und Notfallsanitäter practicandi“ auf
3 Notfallkompetenzen
• NKA
Fortbildung
• NKV
• NKI
Fortbildungspflichten!
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(differenziertes) Einsatzgebiet
Rettungssanitäter:
=> Krankentransport, Rettungsdienst (keine planmäßige Versorgung von
Notfallpatienten)
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Notfallsanitäter:
Unterstützung des (Not)Arztes; Betreuung/Versorgung von Notfallpatienten bis zur
ärztlichen Übernahme (Präklinik, Klinik)
=> Rettungsdienst (Notfallpatienten), NA-System
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Notarzt:
Versorgung von Notfallpatienten mithilfe von Sanitätern
Beziehung bei gegebener Indikation zur notärztlichen Intervention vor Ort!
=> organisierter Notarztdienst
Rolle des Notarztes 2015
• Wissens- und somit Qualifikationsanstieg
• Lückenbüßer aufgrund Defizite im extramuralen Bereich
• Hohe Einsatzfrequenz bei niedriger Indikationsrate
• Doch Studienlage eindeutig =>
präklinischer Notarzt verbessert Überlebenschancen
gewisser Notfallpatienten deutlich!
Notarzt auch künftig ?
JA
Rolle der Sanitäter 2015
• Stillstand
• Gründe:
 extensive Notarztbeiziehung
 flächendeckender Einsatz von Rettungssanitätern
auf nicht-arztbesetzten Rettungsmitteln
 Beschränkungen in der Ausübung der
Notfallkompetenzen
Zukunft
• sanitäter- und notarztgestütztes System
• Neudefinition beider Tätigkeitsfelder
• Gesetzlicher Rahmen?
Bund: Berufsgesetze
Länder: Organisation Rettungswesen
Präklinische Notarztindikationen
• komplexe Traumata/Polytrauma (ev. notwendige notfallchirurgische
Maßnahmen vor Ort, zB Thoraxdrainage, Gefäßklemme,
Notamputation);
• komplexe Atemwegsprobleme (drohende Intubation, chirurgischer
Atemweg);
• Reanimation;
• Schwerer Schockzustand mit Bewusstlosigkeit;
• Entscheidungen am Lebensende;
• palliativmedizinische Entscheidungen;
• Backup für das Rettungssystem (zB jede relevante
Transportverzögerung oder Triageentscheidungen: Einklemmung,
MANV, Verkehrslage, …) bzw. Nachforderung durch nichtärztliches
Rettungspersonal
Quelle: Hellwagner (ÖGERN, 2015)
Notarzt vs. Sanitäter
• indikationsgerechter Umgang mit knapper Ressource
„Notarzt“
=> Erweiterung Einsatzspektrum „Sanitäter“
• Was wäre zu tun?
SanG bietet aktuell ausreichende Möglichkeiten zur Systemverbesserung ohne Systembruch
Umsetzung durch RettOrg!
Ziel erreicht ?!
Rettungssanitäter:
=> Krankentransport, Rettungsdienst (keine planmäßige Versorgung von
Notfallpatienten)
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Notfallsanitäter:
Unterstützung des (Not)Arztes; Betreuung/Versorgung von Notfallpatienten bis zur
ärztlichen Übernahme (Präklinik, Klinik)
=> Rettungsdienst (Notfallpatienten), NA-System
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Notarzt:
Versorgung von Notfallpatienten mithilfe von Sanitätern
Beziehung bei gegebener Indikation zur notärztlichen Intervention vor Ort!
=> organisierter Notarztdienst
Fragen der Zusammenarbeit
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Berufsrecht
Teamarbeit
 Vertrauensgrundsatz
 Warn- und Eingriffspflichten
Auch bei Zusammenarbeit mit
• niedergelassenen Ärzten,
• mobilen Pflegediensten vor Ort,
• Hebammen,
• anderen Einsatzorganisationen
(wie zB Polizei, Feuerwehr) …
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Einsatzablauf
1. Dienstbeginn (Fahrzeugcheck, Diensttauglichkeit,
Arbeitszeiten …)
2. Alarmierung (Leitstelle ?)
3. Ausfahrt (Blaulicht?)
4. Ankunft am Einsatzort und Beginn Anamnese/Behandlung
5. Transportentscheidung
6. Übergabe im KH
7. Einsatzbereitschaft wiederherstellen
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Klinikübergabe
• Aktuell Tendenz zur Etablierung interdisziplinärer
Notfallaufnahmen (Vorreiter internistische Notaufnahme)
• Wahl der Zielklinik nach Kompetenz zur Weiterversorgung
und Entfernung
• Voranmeldung (Datenübermittlung präklinisch-klinisch)
• (Schockraum)Übergabe: Informationsaustausch relevant !!
• Wechsel des Verantwortungsbereiches
Haftungsfragen?!
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Studie zur Schockraumübergabe
Studie (Übergabe von Notfallpatienten ohne strukturiertem Vorgehen):
Innerklinisches Team hatte in …
• 46 % kein Wissen mehr über Unfallhergang
• 34 % kein Wissen mehr über Komorbiditäten
• 30 % kein Wissen mehr über präklinisches Management
Quelle: Scott et al. (2003)
Verhältnis zum Patienten
Notruf
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Anruf
Rechtsverhältnis
Organisation
Patient
§ 1313a ABGB
Sanitäter/Notärzte
• Grundsatz: Behandlungs- und Beförderungsvertrag
• Sonderfälle: Minderjährige/Besachwalterte => Gefahr-im-Verzug-Regel
Bewusstlose => Geschäftsführung ohne Auftrag im Notfall
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Patientenrechte
• Schützen und unterstützen den Patienten bei der
Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen!
• In Ö: kein einheitliches Patientenrechtegesetz
• Kehrseite der Berufspflichten der Gesundheitsberufe
• Gesetzlicher Schutz, da Patient als
„schwächerer Partner“ im Gesundheitswesen
angesehen wird!
Patientenrechte
• Information (Aufklärung)
• Versorgung / Behandlung / Transport nur nach Einwilligung
(informierte Zustimmung)
•
•
•
•
•
Recht auf sachgemäße Behandlung
Recht auf würdevollen Umgang
Einsichtsrecht in Dokumentation
Geheimnisschutz
Recht auf kostenlose Aufklärung von Schadensfällen
(Patientenanwaltschaft)
Selbstbestimmung in der Medizin
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Selbstbestimmung in der Medizin
Grundsatz der Patientenautonomie
(Aufklärung – Einwilligung)
Grenzen:
 Fehlen von Einsichts- und Urteilsfähigkeit
(und akut med. Problem)
 Eigen- und/oder Fremdgefährdung iVm psych. Krankheit
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Revers / Belassung
Revers
•
•
angeratene Versorgung / Behandlung ist indiziert, Pat. lehnt
jedoch ab
Dokumentation, Pat.-Unterschrift empfehlenswert!
Belassung
 Versorgung / Behandlung ist nicht indiziert
Patientenwunsch nicht maßgeblich!
 begründete und nachvollziehbare Dokumentation.
Pat.-Unterschrift nicht erforderlich!
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Basis der Patientenversorgung
1) Medizinische Indikation
Frage nach Nutzen und Schaden
Schaden
Nutzen
2) Einwilligung/Aufklärung
Patient selbst gibt das Einverständnis
Was ist bei fehlendem Patienteneinverständnis zu beachten? Wer darf an
seiner Stelle entscheiden?
Indikationsfragen
juristisch:
Eine Behandlung muss nicht begonnen oder fortgesetzt werden, wenn sie aus
medizinischer Sicht nicht indiziert ist oder mangels Wirksamkeit nicht mehr
erfolgsversprechend ist.
Auch wenn technische/apparative bzw. medikamentöse Maßnahmen eine Lebensverlängerung ermöglichen könnten, wird hieraus keine Rechtspflicht abgeleitet, wenn
die Indikation hierfür fehlt!
Nichteinleitung und Abbruch von Maßnahmen ist rechtlich gleichwertig!
Indikationsfragen
medizinisch:
Indikation positiv, wenn die med. Maßnahme im Hinblick auf das Therapieziel für
einen individuellen Patienten notwendig und wirksam ist.
Abwägung von Nutzen und Schaden
Die ist stets eine fachliche Einschätzung!
=> OGH 8.10.2012, GZ: 9 Ob 68/11g
Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen bedarf
keiner gerichtlichen Genehmigung
Schaden
Nutzen
Stopp vor unverhältnismäßiger Therapie
Ursachen dafür:
• therapeutischer Ehrgeiz
• (begründete oder unbegründete) Angst vor rechtlichen
Konsequenzen
• Logik der Leistungsabrechnung im Spital
• Mangelhafte Kommunikation im Behandlungsteam
• Mangelhafte Kommunikation mit dem Patienten
• Wunsch von Angehörigen
• Wunsch des Patienten
=> Eine unverhältnismäßige Therapie steht mit den ethischen
Prinzipien des Nichtschadens und der Gerechtigkeit in Konflikt!
Quelle: Bioethikkommission, Sterben in Würde (2015)
Künstliche Ernährung / Flüssigkeitsgabe
Med. Maßnahme erforderlich:
i.v., s.c. oder Sondensetzung
Daher Indikation + Einwilligung erforderlich!
Nach Studienlage in terminaler Phase des Lebens und bei
begonnenem Sterbeprozess in der Regel medizinisch nicht indiziert.
Indiziert ist jedoch Basispflege gegen Mundtrockenheit!
Quelle: Bioethikkommission, Sterben in Würde (2015)
aber immer indiziert …
=> Maßnahmen im Rahmen von „palliative care“
• Therapiezieländerung (von kurativ zu palliativ!)
• Symptombehandlung steht im Vordergrund
(Schmerzen, Atemnot, Krampfgeschehen, Angst etc.)
Rechtliche Klarheit in Österreich:
Verboten:
Sterbehilfe, Töten auf Verlangen, Mitwirkung am Suizid
Erlaubt:
Nichteinleitung/Abbruch med. Behandlungen bei fehlender med.
Indikation (Sterben zulassen, Schicksal freien Lauf lassen);
Therapie im Rahmen „palliative care“ (sofern leitlinienkonform!)
Problemfall: palliative Sedierung!
Dokumentation mit Begründung
=> Nachvollziehbarkeit
• macht Vorgänge transparent
• macht (rechtlich) „unangreifbar“, wenn Entscheidung fachlich fundiert
• dient der Reflexion des eigenen Handelns
• kreiert Datensatz für spätere Fallbesprechungen
• unterstützt Kollegen (auch die in Ausbildung) bei Entscheidungsfindungsprozessen
• Patientenrecht, gesetzlich verankert
• Qualitätsmanagement, Fehlerkultur
Basis der Patientenversorgung
1) Medizinische Indikation
2) Einwilligung
• Patient selbstbestimmt
(jetzt oder vorgelagert durch Patientenverfügung / Vorsorgevollmacht)
• Patient fremdbestimmt
(Sachwalter, Angehörigenvertretung)
• Pat. nicht befragbar / kein autorisierter Vertreter / Notfall
=> Arztentscheidung anhand mutmaßlichem Patientenwillen
Patientenverfügung
• Erklärung, wodurch künftige medizinische Behandlung abgelehnt wird.
Geltungseintritt: Wenn Fähigkeit, hierüber zu entscheiden, wegfällt!
• Kommunikationsbrücke Arzt-Patient, wenn keine Kommunikation mehr möglich
ist!
• beachtlich vs. verbindlich
•
•
•
•
Schriftlichkeitsgebot mit konkreter Umschreibung der
abzulehnenden med. Maßnahmen
Ärztliche Aufklärung (Einsichts- und Urteilsfähigkeit,
Folgeneinschätzung)
Errichtung vor Notar / Rechtsanwalt / rechtsk. MA
Pat.Anwaltschaft samt Rechtsbelehrung
Geltung: 5 Jahre
Patientenverfügung
• Erklärung, wodurch künftige medizinische Behandlung abgelehnt wird.
Geltungseintritt: Wenn Fähigkeit, hierüber zu entscheiden, wegfällt!
• Kommunikationsbrücke Arzt-Patient, wenn keine Kommunikation mehr möglich
ist!
• beachtlich vs. verbindlich
• Keine Registrierungspflicht!
•
Keine Formvorschriften
•
Relevant zur Ermittlung des mutmaßlichen Willens des
Patienten
•
umso mehr zu beachten, je mehr sie der verbindlichen
PatV entspricht!
Patientenverfügung
Studie des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin im Auftrag des
Gesundheitsministeriums (August 2014):
• nur 4 % der Österreicher haben eine PatV
• große Wissensdefizite bei Angehörige der Gesundheitsberufe als auch bei
Patienten
• Studie zeigt auch eine Tendenz zur Entscheidungsübertragung an Ärzte und
Angehörige!
• Kritik: Errichtungsprozess mit (teils hohen) Kosten bzw. langen Wartezeiten
verbunden!
• Diskussion für die Zukunft:
 Rechtliche Adaptierungen (Vereinfachungen) zur PatV
 Vorsorgedialog
Vorsorgevollmacht
Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie einen entscheidungsbefugten Vertreter in medizinischen Angelegenheiten (oder auch
anderen, etwa wirtschaftlichen oder finanziellen Angelegenheiten)
für den Fall bestimmen, dass Sie selbst nicht mehr
entscheidungsfähig sind.
 Sie bestimmen, wer anstelle von Ihnen dann entscheiden darf!
 Cave: Errichtung vor Rechtsanwalt, Notar oder bei Gericht, wenn
Entscheidungen über medizinische Behandlung zu treffen sind,
die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen
Beeinträchtigung verbunden sind.
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Fremdbestimmung
• Sachwalter
• Angehörigenvertretung
38
Sachwalterschaft
Ein Sachwalter wird für Personen nach Vollendung des
18.Lebensjahres bestellt, wenn diese aufgrund einer geistigen
Behinderung oder psychischen Krankheit nicht fähig sind, ihre
Geschäfte ohne Nachteil für sich selbst zu besorgen.
Zuvor: Obsorgeberechtigte (zB Eltern)
Bestellung: Durch Gericht nach ärztlicher Testung
(Sachverständigengutachten)
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Sachwalterschaft in med. Entscheidungen
In eine medizinische Behandlung kann eine behinderte Person, soweit sie einsichts- und
urteilsfähig ist, nur selbst einwilligen. Sonst ist die Zustimmung des Sachwalters
erforderlich, dessen Wirkungsbereich die Besorgung dieser Angelegenheit umfasst.
Einer medizinischen Behandlung, die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen
Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist,
kann der Sachwalter nur zustimmen, wenn ein vom behandelnden Arzt unabhängiger Arzt
in einem ärztlichen Zeugnis bestätigt, dass die behinderte Person nicht über die
erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit verfügt und die Vornahme der Behandlung zur
Wahrung ihres Wohles erforderlich ist. Wenn ein solches Zeugnis nicht vorliegt oder die
behinderte Person zu erkennen gibt, dass sie die Behandlung ablehnt, bedarf die
Zustimmung der Genehmigung des Gerichts. Erteilt der Sachwalter die Zustimmung zu
einer medizinischen Behandlung nicht und wird dadurch das Wohl der behinderten Person
gefährdet, so kann das Gericht die Zustimmung des Sachwalters ersetzen oder die
Sachwalterschaft einer anderen Person übertragen.
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Sachwalterschaft in med. Entscheidungen
Die Einwilligung der einsichts- und urteilsfähigen behinderten Person, die Zustimmung des
Sachwalters und die Entscheidung des Gerichts sind nicht erforderlich, wenn die
Behandlung so dringend notwendig ist, dass der mit der Einholung der Einwilligung, der
Zustimmung oder der gerichtlichen Entscheidung verbundene Aufschub das Leben der
behinderten Person gefährden würde oder mit der Gefahr einer schweren Schädigung der
Gesundheit verbunden wäre.
Beispiele:
• Dringende Operation
• Bewusstlosigkeit
• Atem-/Kreislaufstillstand
• Verletzung mit Blutung etc.
Nicht hingegen:
PEG-Sondensetzung, planbare OP ohne dringender Indikaton
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Angehörigenvertretung
Person, welche aufgrund einer kogn. Einschränkung (psychisch krank, geistig behindert)
ihre Angelegenheiten nicht selber besorgen kann, und über keine entscheidungsbefugten
Personen verfügt (zB Sachwalter, Vorsorgebevollmächtigter etc.).
Für Alltagsangelegenheiten, wo eine Sachwalterbestellung unverhältnismäßig wäre!
Rolle im Gesundheitswesen:
Die Vertretungsbefugnis des nächsten Angehörigen umfasst auch die Zustimmung zu einer
medizinischen Behandlung, sofern diese nicht gewöhnlich mit einer schweren oder
nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit
verbunden ist und der vertretenen Person die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit
fehlt.
Kreis der Angehörigen:
Eltern, volljährige Kinder, der im gemeinsamen Haushalt mit der vertretenen Person
lebende Ehegatte oder eingetragene Partner und der Lebensgefährte, wenn dieser mit der
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vertretenen Person seit mindestens drei Jahren im gemeinsamen Haushalt lebt.
Zusammenfassung „Einwilligung“
1)
einsichts- und urteilsfähige Patienten selbst
Vermutung vom Gesetzgeber: ab 14 Jahre für einfache med. Behandlungen
2)
nicht-einsichts- und urteilsfähiger Patient mit befugtem Vertreter
Minderjährige (bis 14 Jahre):
Obsorgeberechtigter
Erwachsener mit kogn. Einschr.: Sachwalter (Gerichtsbeschluss), außer 1)
Vorsorgebevollmächtigter:
Vollmacht in Händen
Angehörige:
nur bei notarieller Bestätigung der
Wirksamkeit der Angehörigenvertretung
3)
nicht-einsichts- und urteilsfähiger Patient ohne befugtem Vertreter
Gefahr im Verzug = keine Einwilligung erforderlich (Notfallsbestimmung).
Sonst gilt mutmaßlicher Wille des Patienten!
Im Zweifel Zeit gewinnen und Angehörige etc. zur Fremdanamnese beiziehen!
Ggf. Sachwalterbestellung anregen (Bezirksgericht).
Berufspflichten
Für Sanitäter und Notärzte
•
•
•
•
•
•
Sorgfaltspflicht
Dokumentationspflicht
Verschwiegenheitspflicht
Auskunftspflicht
Hilfeleistungspflicht
Fortbildungspflicht
Speziell für Ärzte:
• Meldepflichten
• Anzeigepflichten
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Haftungsfragen
Unfallopfer stirbt nach Fehlintubation –
3.600 € Strafe
Notarzt verurteilt 27.01.2012, 17:47 – www.krone.at
Wegen fahrlässiger Tötung ist ein
Notarzt verurteilt worden, weil er bei
einem
Unfalleinsatz
auf
der
Innkreisautobahn im September 2010
(Bild) falsch reagierte. Ein Kärntner
Lkw- Fahrer erstickte damals qualvoll
an einer Fehlintubation, die das
Ärzteteam vor Ort nicht einmal
erkannt hatte.
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Haftungsfragen
Haftungsfragen
Haftungsfragen
1. Ein Fehler ist passiert – wie verhalte ich mich?
–
–
–
–
–
Schadensbegrenzung
Patientenkontakt herstellen
keine Schuldeingeständnisse
Dokumentation
Transparenz gegenüber Organisation
2. Fehlerkultur in der Organisation?
3. Fürsorgepflichten des Arbeitgebers
Haftungsfragen
Notruf
144
Anruf
Rechtsverhältnis
Organisation
Patient
§ 1313a ABGB
Sanitäter/Notärzte
ZIVILRECHT
Schadenersatz-Voraussetzungen
STRAFRECHT
Trifft Handelnden selbst.
(Schaden, Rechtswidrigkeit, Kausalität,
Verschulden)
zB: fahrl. Körperverletzung, Tötung,
Eigenm. Heilbehandlung, Verletzung von
Berufsgeheimnissen
Versicherungen?
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Das wars …
… für Heute
Schönen Abend !!
50
Mahlzeit!
Rechtsrahmen der
präklinischen Notfallmedizin
Notarzt-Fortbildungskurs 2015
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Um was geht´s Heute?
Rechtliches zu ausgewählten Einsatzszenarien
• besonders schützenswerte Patientengruppen
• (präklinisches) Unterbringungsrecht
• Zusammenarbeit mit Polizei
• Gewalteinsatz und Grenzen des
erlaubten Selbstschutzes
• Diskussion
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schützenswerte Patienten
Grundsatz: Patientenautonomie
Grenzen: bei schutzwürdigen Patienteninteressen
• Minderjährige
• Besachwalterte
• Keine Einsichts- und Urteilsfähigkeit
(zB Alkohol-, Drogeneinfluss)
Behandlung/Transport bei Gefahr im Verzug ohne Einwilligung!
Zwangsbehandlung?!
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Unterbringungsrecht
Präventiver Freiheitsentzug zur Abwehr erheblicher Lebens- und
Gesundheitsgefahren, nicht zur Erzwingung therapeutischfürsorglicher Ziele
System:
• Grundrecht auf persönliche Freiheit
• Verfassungsgesetzliche Absicherung
• Grundsatz: Freiheit geht
Sicherheit vor!
Sicherheit
Freiheit
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Unterbringungsrecht
Gesetzestext § 3 UbG:
In einer psychiatrischen Abteilung darf nur untergebracht werden, wer
1.
2.
an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein
Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer
ernstlich und erheblich gefährdet und
nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer psychiatrischen
Abteilung, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann.
 Rechtsbegriffe, die der Auslegung durch die Gerichte unterliegen!
 „psychische Krankheit“ nicht gleichzusetzen mit ICD-10 oder DSM-5
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Präklinischer Transport:
auch zwangsweise möglich, daher Polizeizuständigkeit!
Transfer
+
Eskalation
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Unterbringungsrecht
Prozedere:
• Ersteintreffendes Team schätzt psych. Status und Gefahr ein
• Verdacht auf Unterbringungsvoraussetzungen => POLIZEI
• Polizei zieht Amtsarzt bei oder stützt sich auf Gefahr-im-Verzug
• Achtung: Notarzt ist kein Amtsarzt!
Aufgabe Rettungs- und Notarztdienst:
• Med. Komponente (Warn- und Eingriffspflichten)
• Sicherer Transport mit Polizeibegleitung
• Zwangssedierung?
Transfer
+
Eskalation
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Übergabe in Psychiatrie
• Wechsel Verantwortungsbereich
• Untersuchung durch Facharzt
• Schutz/Vertretung durch Patientenanwalt
• Gerichtskontrolle
--------------------2 Fälle problematisch:
• Primäres Problem internistisch / unfallchirurgisch
(=> Nicht Psychiatrie anfahren, sondern interne Notaufnahme / Schockraum
= kein Prozedere nach UbG)
• Keine psych. Erkrankung iSd UbG
(=> Gefahrenaufklärung, Behandlung vor Ort, Zurücklassen, Mitnahme durch
Überwindung eines angemessenen körperlichen Widerstands bei Lebensgefahr)
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Zusammenarbeit Polizei
• Verkehrsunfälle
• Wohnungsöffnungen
• Unterbringungen
• Gewaltszenen am Einsatzort
Grundsatz: Vertrauensgrundsatz bezüglich Kompetenzausübung
=> jedoch Warn- und Eingriffspflichten bei med. Komponente
=> Deeskalation bei Gewalt: Polizeiaufgabe!
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Gewalteinsätze
• Sanitäter und Notärzte üben grundsätzlich keine Gewalt aus
• Ausnahme: Notwehr – Nothilfe
Grenzen:
• Abwehr von Angriffen
• angemessene Mittel
• gelindere Maßnahmen haben Vorrang
• Verhältnismäßigkeit
• Aktuelles vom VwGH: Ablehnung Waffenpass für Notärzte
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Einsatzsituationen …
Einsatzablauf
psychiatrischer Patient
Gewalt im Rettungsdienst
Patientenverfügung
Notzeichenmissbrauch
Türöffnung
(unvernünftige) Behandlungsverweigerung
Journalistenanfrage
unklare Todesursache
Todesfeststellung
Transportbegleitung durch Angehörige
Verhalten am Tatort
Betreten fremder Grundstücke
Organtransplantationen
Straßenverkehrsrecht im Einsatz
Kindesmisshandlung
Einsatzabbruch
Notarztindikation
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DISKUSSION!
[email protected]
Literaturtipp!
www.halmich.at
www.oegern.at
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