Tinnitus: Pfeifen im Ohr raubt Lebensfreude - Mittelrhein

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Rhein-Hunsrück-Anzeiger · Ausgabe 6/2016
Tinnitus: Pfeifen im Ohr raubt Lebensfreude
Region/Bad Salzig. Millionen Deutsche leben mit einem ständigen und nervigen
Pfeifton im Ohr. Schlaf- und
Konzentrationsstörungen,
Verzweiflung und in schweren Fällen psychische Zusammenbrüche können die
Folge sein. Und selbst bei
schwächeren Ausprägungen
von Tinnitus senkt der Pfeifton im Ohr die Lebensquali-
tät und raubt einen beträchtlichen Teil der Lebensfreude.
Dr. Matthias Rudolph, Ärztlicher Direktor der Mittelrhein-Klinik in Bad Salzig,
rät allen, die plötzlich einen
Pfeifton wahrnehmen, möglichst schnell einen Hals-Nasen-Ohrenarzt aufzusuchen.
„Die Anzeichen sollte man
unbedingt ernst nehmen. Es
handelt sich zwar um keinen
Notfall, aber binnen 24 bis
48 Stunden sollte man einen
Facharzt aufsuchen“, so Dr.
Rudolph, der in Deutschland
zu den führenden Experten
bei der Therapie von Tinnitus
zählt. Der Leiter der Abteilung Psychosomatische Medizin der Mittelrhein-Klinik
ist seit 20 Jahren Mitglied der
Deutschen Tinnitus-Liga und
seit zehn Jahren Mitglied im
renommierten wissenschaftlichen Beirat der TinnitusLiga.
Mediziner
unterscheiden
zwischen akutem und chronischem Tinnitus. „Beim
akuten Tinnitus haben wir in
einem Zeitraum von bis zu
drei Monaten eine recht hohe
Heilungsrate“, so Dr. Rudolph gegenüber dem RHA.
Deutlich folgenreicher ist der
sogenannte chronische Tinnitus: Wenn in den ersten drei
Monaten der Tinnitus nicht
erfolgreich behandelt werden
konnte, bleibt der nervige
und quälende Begleitton ein
„Lebensbegleiter“. „Die Ursache liegt dann nicht mehr
im Gehör, das wahrgenommene Geräusch ist Folge einer elektrischen Erregung im
Zentralgehirn“, erklärt Dr.
Rudolph dem RHA-Redakteur die Krankheit stark vereinfacht. „Patienten müssen
sich dann mit dem Tinnitus
bestmöglich arrangieren.“
Der Weg zu einem erträglichen Leben mit Tinnitus ist
kein einfacher, ohne professionelle Hilfe ist ein Mindestmaß an Lebensqualität kaum
zu erreichen. Dr. Rudolph rät
zu Therapien und Reha-Maßnahmen. „In der Ambulanten
Verhaltenstherapie lernt man
Techniken zum Bewältigen
der Belastungen durch Tinnitus. Wenn dies nicht helfen
sollte, dann bleibt nur die
Psychosomatische
Reha“,
sagt der Tinnitus-Experte. In
Bad Salzig dauert eine entsprechende Kur mindestens
fünf Wochen, häufig wird sie
auf sieben Wochen verlängert.
Ständiger Stress und extreme
Arbeitsbelastungen begünstigen das Auftreten von Tinnitus. Deshalb gibt Dr. Rudolph
einen wertvollen Tipp: „Ganz
wichtig ist es, dass man lernt,
bewusst auf Köpersignale zu
achten“ so der Bad Salziger
Arzt. „Es ist wie beim Autofahren: Man sollte nicht
erst eine Tankstelle suchen,
wenn die Warnleuchte bereits
blinkt.“ [za]