Merkblatt Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration Beschäftigungsverbote für werdende und stillende Mütter Informationen für Ärzte Ärzte sind häufig der Ansprechpartner für Sorgen und Probleme rund um die Schwangerschaft – auch für Fragen zu Beschäftigungsverboten und Problemen, die durch ein Beschäftigungsverhältnis der Patientinnen entstehen. Dieses Merkblatt stellt den Unterschied zwischen einem ärztlich attestierten individuellen Beschäftigungsverbot und den generellen Beschäftigungsverboten bzw. der Freistellung durch den Arbeitgeber dar, erläutert die Voraussetzungen und Bedingungen beider Arten von Beschäftigungsverboten und enthält zwei Vordrucke für ärztlich attestierte individuelle Beschäftigungsverbote. 1. Gefährdungsbeurteilung Nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) i. V. m. § 1 der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) hat der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen der werdenden oder stillenden Mütter rechtzeitig hinsichtlich Art, Ausmaß und Dauer einer Gefährdung zu beurteilen. Ziel ist die Festlegung erforderlicher Schutzmaßnahmen oder, sofern diese nicht möglich oder unverhältnismäßig sind, von Beschäftigungsverboten bzw. -beschränkungen. In den Fällen, in denen vom Risiko einer Gefährdung bereits im Frühstadium der Schwangerschaft ausgegangen werden muss, ist eine Gefährdungsbeurteilung bereits mit Beginn der Beschäftigung gebärfähiger Frauen erforderlich. Deshalb ist es auch wichtig, dass die werdende Mutter dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft mitteilt, sobald ihr der Zustand bekannt ist. Die Beurteilung ist für jede einzelne Tätigkeit vorzunehmen, bei der werdende oder stillende Mütter durch chemische Gefahrstoffe, biologische Arbeitsstoffe oder physikalische Schadfaktoren gefährdet werden können. Bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung sind erforderlichenfalls die Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie der Betriebsarzt mit hinzuzuziehen. 2. Generelles Beschäftigungsverbot für besondere Tätigkeiten Von einem generellen Beschäftigungsverbot spricht man, wenn es unmittelbar Kraft Gesetz eintritt, ohne dass es einer behördlichen Anordnung oder eines ärztlichen Attests bedarf. Der Arbeitgeber oder dessen Beauftragter hat es eigenverantwortlich im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzustellen und umzusetzen. Unter ein generelles Beschäftigungsverbot fallen z. B. Tätigkeiten, bei denen sich die werdende Mutter häufig erheblich strecken oder beugen muss oder bei denen sie krebserzeugenden, fruchtschädigenden oder erbgutverän- www.gewerbeaufsicht.bayern.de Beschäftigungsverbote für werdende und stillende Mütter Informationen für Ärzte 2 dernden Gefahrstoffen ausgesetzt ist. Die meisten generellen Beschäftigungsverbote gelten auch für stillende Mütter. Tätigkeiten, die einem generellen Beschäftigungsverbot unterliegen, sind im Mutterschutzgesetz (MuSchG) und in der MuSchArbV aufgeführt. Ergibt sich aus der Beurteilung des Arbeitsplatzes, dass alle oder nur einzelne Tätigkeiten unter ein oder mehrere generelle Beschäftigungsverbote fallen, darf die geschützte Arbeitnehmerin mit diesen Tätigkeiten nicht mehr beschäftigt werden. Wenn er keine Möglichkeit hat, die bisherigen Gefährdungen durch Umgestaltung der Arbeitsbedingungen oder einen innerbetrieblichen Arbeitsplatzwechsel zu beseitigen, muss er die Frau ganz oder teilweise freistellen. Besteht die Möglichkeit einer teilweisen Weiterbeschäftigung, hat diese Vorrang vor einer völligen Freistellung. Aufgaben der Gewerbeaufsichtsämter im Zusammenhang mit dem Vollzug des MuSchG sind u. a. die Beratung und Information der werdenden und stillenden Mütter sowie der Arbeitgeber. Im Zweifelsfall kann die Aufsichtsbehörde entscheiden, ob eine bestimmte Tätigkeit unter ein generelles Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG (vgl. § 4 Abs. 5 MuSchG) oder der MuSchArbV fällt. 3. Individuelles Beschäftigungsverbot Ein individuelles Beschäftigungsverbot stellt ein Arzt (in der Regel der behandelnde Frauenarzt) im Rahmen einer Untersuchung fest und stellt darüber ein ärztliches Zeugnis aus, das die Frau ihrem Arbeitgeber vorlegt. Ein Beschäftigungsverbot stellt der Arzt fest, wenn das Leben oder die Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung individuell gefährdet ist (§ 3 Abs. 1 MuSchG), z. B. weil sie unter Beschwerden/Symptomen ohne Krankheitswert leidet (z. B. Schwangerschaftserbrechen, Schwangerschaftstoxikose, erhebliche psychische Belastung). Die konkrete Tätigkeit kann zwar grundsätzlich als ungefährlich eingeschätzt werden, aber bei dieser Schwangeren aufgrund des individuellen Gesundheitszustandes zu einer Gefährdung für sie oder ihr Kind führen. Diese Regelung gibt dem behandelnden Arzt die Möglichkeit, zu bestimmen, welche Tätigkeiten im Hinblick auf die individuelle gesundheitliche Situation der werdenden Mutter bzw. des ungeborenen Kindes eine Gefahr darstellen können und deshalb nicht mehr ausgeübt werden dürfen. Der Entscheidungsspielraum des Arztes erstreckt sich von Beschränkungen hinsichtlich Art, Umfang und Dauer bestimmter Tätigkeiten bis hin zum Verbot jeglicher Beschäftigung. Auch nach der Entbindung kann ein Arzt ein individuelles Beschäftigungsverbot feststellen und ein ärztliches Zeugnis darüber ausstellen, wenn die Frau in den ersten Monaten nach der Entbindung nicht voll leistungsfähig ist (§ 6 Abs. 2 MuSchG). Das individuelle Beschäftigungsverbot ist keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit. Liegt ein Krankheitswert vor, hat der Arzt eine Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen. Hierbei besteht für den Arzt ein gewisser Beurteilungsspielraum. Das vom Arzt ausgesprochene individuelle Beschäftigungsverbot ist sowohl für den Arbeitgeber als auch für die Arbeitnehmerin bindend. Die Kosten des Attestes trägt die Arbeitnehmerin. Die Aufsichtsbehörde überprüft das individuelle Beschäftigungsverbot nicht. Der Arzt Beschäftigungsverbote für werdende und stillende Mütter Informationen für Ärzte 3 erstellt die Bescheinigung eigenverantwortlich. Der Arbeitgeber muss die Gelegenheit haben, individuelle Gefahrenquellen, die der Beschäftigung entgegenstehen, zu beseitigen. Das ärztliche Zeugnis ist klar abzufassen und die voraussichtliche Geltungsdauer und der Umfang, d. h. die begrenzte Arbeitsmenge bzw. die Art der untersagten Tätigkeit möglichst genau und mit allgemein verständlichen Angaben darzustellen, sofern die Beschäftigung nicht generell untersagt wird (Vorlage siehe Anlage). Auf Nachfrage des Arbeitgebers muss der Arzt mitteilen, von welchen Arbeitsbedingungen der Schwangeren er bei der Ausstellung des Attestes ausgegangen ist. Bei Zweifel an der Richtigkeit des Attestes kann der Arbeitgeber eine Nachuntersuchung durch einen anderen Arzt verlangen. Die werdende Mutter hat hierbei freie Arztwahl. Die Kosten für die Nachuntersuchung hat der Arbeitgeber zu tragen. Bis zur Vorlage des zweiten Attestes muss die Arbeitnehmerin entsprechend dem ursprünglichen Attest beschäftigt bzw. freigestellt werden. Selbst mit Zustimmung der Schwangeren darf der Arbeitgeber sie bei andauerndem Beschäftigungsverbot nicht verbotswidrig beschäftigen. Das Beschäftigungsverbot ist so lange zu beachten, wie das zugrunde liegende Attest nicht widerrufen wird. Finanzielle Interessen der Arbeitnehmerin oder anderer Beteiligter dürfen nicht dazu führen, dass anstatt einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ein Zeugnis über ein individuelles Beschäftigungsverbot ausgestellt wird. 4. Vorläufiges individuelles Beschäftigungsverbot Bestehen aus ärztlicher Sicht ernstzunehmende Anhaltspunkte dafür, dass die werdende Mutter mit Tätigkeiten beschäftigt wird, die im Allgemeinen unter ein generelles Beschäftigungsverbot fallen bzw. von denen Gefahren für Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind ausgehen können, so darf der Arzt bis zu einer Klärung ausnahmsweise ein ärztliches Zeugnis über ein vorläufiges individuelles Beschäftigungsverbot ausstellen (siehe Anlage). Falls notwendig, kann der Arzt das zuständige Gewerbeaufsichtsamt über ein ausgesprochenes vorläufiges individuelles Beschäftigungsverbot in Kenntnis setzen. Sobald dem Arbeitgeber dieses Zeugnis durch die werdende Mutter zugeht, hat er umgehend eine Überprüfung der möglichen Gefährdungen am Arbeitsplatz durchzuführen. Für die Klärung durch den Arbeitgeber ist das vorläufige individuelle Beschäftigungsverbot durch den Arzt zeitlich ausreichend zu befristen (z. B. auf zwei Wochen). 5. Arbeitsentgelt bei Beschäftigungsverboten Durch ein generelles oder individuelles Beschäftigungsverbot dürfen den Frauen keine finanziellen Nachteile entstehen. Während der Zeit, in der die Beschäftigung ganz oder teilweise untersagt ist, hat die Frau Anspruch auf den Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen bzw. der letzten 3 Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist (§ 11 MuSchG, sog. Mutterschaftslohn). Jeder Arbeitgeber hat im Rahmen des Umlageverfahrens U2 einen Anspruch auf Ausgleich seiner Mutterschaftsaufwendungen, unabhängig von der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Beschäftigungsverbote für werdende und stillende Mütter Informationen für Ärzte 4 Arbeitnehmer und der Art des Beschäftigungsverbotes. Die Mutterschaftsaufwendungen (Zuschuss zum Mutterschaftsgeld während der Schutzfristen vor und nach der Entbindung entsprechend § 14 Abs. 1 MuSchG und Entgeltfortzahlung bei Beschäftigungsverboten entsprechend § 11 MuSchG), werden dem Arbeitgeber erstattet (vgl. § 1 Abs. 2 Aufwendungsausgleichsgesetz). Näheres dazu ist in den Informationen für Arbeitgeber sowie für Mütter enthalten. Ihre Ansprechpartner in Bayern Regierung von Oberbayern Gewerbeaufsichtsamt Heßstraße 130 80797 München Telefon: 089 2176-1 E-Mail: [email protected] www.regierung.oberbayern.bayern.de Regierung von Mittelfranken Gewerbeaufsichtsamt Roonstraße 20 90429 Nürnberg Telefon: 0911 928-0 E-Mail: [email protected] www.regierung.mittelfranken.bayern.de Regierung von Niederbayern Gewerbeaufsichtsamt Gestütstraße 10 84028 Landshut Telefon: 0871 808-01 E-Mail: [email protected] www.regierung.niederbayern.bayern.de Regierung von Oberfranken Gewerbeaufsichtsamt Oberer Bürglaß 34–36 96450 Coburg Telefon: 09561 7419-0 E-Mail: [email protected] www.regierung.oberfranken.bayern.de Regierung der Oberpfalz Gewerbeaufsichtsamt Ägidienplatz 1 93047 Regensburg Telefon: 0941 5680-0 E-Mail: [email protected] www.regierung.oberpfalz.bayern.de Regierung von Schwaben Gewerbeaufsichtsamt Morellstraße 30d 86159 Augsburg Telefon: 0821 327-01 E-Mail: [email protected] www.regierung.schwaben.bayern.de Regierung von Unterfranken Gewerbeaufsichtsamt Georg-Eydel-Straße 13 97082 Würzburg Telefon: 0931 380-00 E-Mail: [email protected] www.regierung.unterfranken.bayern.de Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS), Winzererstraße 9, 80797 München, in Zusammenarbeit mit dem Gewerbeaufsichtsamt bei der Regierung von Mittelfranken. 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Attest zur Vorlage beim Arbeitgeber Für Frau geb. am voraussichtlicher Entbindungstermin: spreche ich gemäß § 3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz bzw. § 2 Abs. 1 Bayerische Mutterschutzverordnung mit Wirkung vom ein individuelles Beschäftigungsverbot aus, da Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist. Das Beschäftigungsverbot gilt voraussichtlich bis zum Das Beschäftigungsverbot bezieht sich auf jede Tätigkeit jede Tätigkeit von mehr als Stunden pro Tag folgende Tätigkeiten: folgende Belastungen: Ort, Datum Stempel und Unterschrift des Arztes Attest zur Vorlage beim Arbeitgeber Für Frau geb. am voraussichtlicher Entbindungstermin: beschäftigt bei (Firmenanschrift und Ansprechpartner): spreche ich gemäß § 3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz bzw. § 2 Abs. 1 Bayerische Mutterschutzverordnung mit Wirkung vom ein vorläufiges individuelles Beschäftigungsverbot aus. Aus ärztlicher Sicht bestehen ernstzunehmende Anhaltspunkte dafür, dass aus folgendem Grund vom Arbeitsplatz Gefahren für Leben oder Gesundheit von Mutter und Kind ausgehen können: (Zutreffendes ist bitte anzukreuzen) Nach meinem derzeitigen ärztlichen Erkenntnisstand haben Sie den Arbeitsplatz bzw. die Tätigkeiten der werdenden Mutter bisher nicht beurteilt. Weil dadurch ggf. Leben und Gesundheit der werdenden Mutter und des Kindes gefährdet sind, spreche ich hiermit bis zum unten genannten Termin ein vorläufiges individuelles Beschäftigungsverbot aus. Bitte führen Sie umgehend eine Beurteilung eine nochmalige Beurteilung der Arbeitsbedingungen durch, unterrichten die werdende Mutter über das Ergebnis dieser Beurteilung und veranlassen die sich daraus ergebenden Maßnahmen. Das Beschäftigungsverbot gilt vorläufig bis zum , es sei denn die (nochmalige) Beurteilung der Arbeitsbedingungen, die Umsetzung der sich daraus ergebenden Maßnahmen und die Unterrichtung der werdenden Mutter über das Ergebnis dieser Beurteilung finden vor Ablauf des v. g. Datums statt. Hinweis: Eine Kopie dieses Beschäftigungsverbotes wurde von mir der werdenden Mutter ausgehändigt an die zuständige Arbeitsschutzbehörde/das zuständige Gewerbeaufsichtsamt weitergeleitet. Ort, Datum Stempel und Unterschrift des Arztes
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