Ralph Müller-Eiselt, Bertelsmann Stiftung

Digital 2020 –– Kernthesen Ralph Müller-Eiselt, Bertelsmann Stiftung –– Berlin, 15.12.2015
1. Die digitale Bildungsrevolution kommt
In den USA und vielen Schwellenländern haben hohe Kosten und schlechter Zugang zu Bildung den
Boom digitaler Bildungsangebote befördert. In Deutschland sind die Herausforderungen weniger
dringlich, aber ebenso wichtig: Die wachsende Vielfalt der Lernenden verlangt auch hierzulande nach
digitalen Lösungen. Es geht nicht darum, ob die Umwälzung das deutsche Bildungswesen erreicht,
sondern wie wir sie gestalten.
2. Harvard für alle – maßgeschneidert für jeden
Die Digitalisierung versöhnt scheinbar Unversöhnliches: Massenhaft zugängliche und persönlich zugeschnittene Bildung ist dank Videos und Online-Kursen kein Widerspruch mehr. Digitale Lernangebote erreichen jenseits von Hörsaal und Klassenzimmer Millionen Menschen. Durch Software und intelligente Algorithmen lassen sich Aufgaben auf die Fähigkeiten und das Lerntempo jedes Einzelnen
zuschneiden. Das bisherige Lehrprinzip – für alle dieselbe Übung zur selben Zeit am selben Ort – hat
ausgedient.
3. Spielerisches Lernen im Netzwerk statt einsames Pauken
Die Digitalisierung macht Lernen spielerischer und weniger einsam. Ähnlich wie beim Computerspielen rücken dann auch beim Lernen Motivation und direktes Feedback in den Vordergrund. Es entstehen Plattformen für den strukturierten Austausch der Lerner. Dort spornt man sich gegenseitig an, erhält Unterstützung und entwickelt Sozialkompetenzen für die Arbeitswelt von morgen.
4. Talent statt Titel – Digitalisierung ebnet Wege ins Arbeitsleben
Princeton, Harvard, Oxford – Abschluss und Titel sind sichere Eintrittskarten für gut bezahlte Jobs. Die
neuen Währungen auf dem Arbeitsmarkt – Microcredits und Eignungstests – verhelfen aber auch anderen zum passenden Job. Arbeitgeber brauchen dadurch keine Abschlusszeugnisse mehr, um zu
verstehen, was ein Bewerber tatsächlich kann.
5. Datensouveränität gegen die Angst vor Big Data
Big Data erfasst die Bildung. Mithilfe von intelligenten Algorithmen sind Lernerfolg und Berufseinstieg
perfekt planbar. Das hat auch Kehrseiten: Daten werden missbraucht, Misserfolge kleben wie Pattex
an den Sohlen der Lerner, Menschen werden zu Opfer von Wahrscheinlichkeiten. Doch Angst vor der
Datenkrake hilft nicht. Mehr Datensouveränität statt mehr Datenschutz muss die Leitschnur sein, um
die Risiken zu beherrschen.
6. Angriff auf die Bildungseliten
So wie die industrielle Revolution weit mehr als Produktionsprozesse verändert hat, wird auch die digitale Revolution unsere gesamte Gesellschaft verändern. Wenn bisher Abgehängte Zugang zu günstiger und guter Bildung erhalten, wenn Können mehr zählt als Titel, wenn Soziale Netzwerke für die
Karriere wichtiger sind als persönliche Beziehungen, dann geraten alte Eliten unter Druck. Wilhelm
von Humboldts großes Ziel, „Bildung für alle“ als Voraussetzung für ein selbstbestimmteres Leben,
kann jetzt globale Wirklichkeit werden.
Weiterführende Informationen: www.digitalisierung-bildung.de – @Bildung_Digital
Jörg Dräger / Ralph Müller-Eiselt: Die digitale Bildungsrevolution. Der radikale
Wandel des Lernens und wie wir ihn gestalten können (DVA)