Interwiu 1 - Schwestern der heiligen Elisabeth

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P. Vjeko, würden Sie sich, bitte, kurz vorstellen?
Mein Name ist P. Vjeko Matić. Geboren bin ich am 21.4.1952. in
Lepenica, in der Nähe von Sarajevo, Bosnien und Herzegowina. Nach
der Grundschule im Geburtsort habe ich das Klassische Gymnasium bei
den Franziskanern in Visoko besucht. Das Studium der Theologie habe
ich an der Franziskanischen Hochschule in Sarajevo und an der
Theologischen Fakultät der Universität in Zagreb studiert. In den
Franziskaner Orden bin ich nach dem Gymnasium eingetreten, meine
Primiz feierte ich im Jahre 1977.
1)Wo waren sie noch tätig, bevor Sie nach Aachen gekommen sind?
Nach meiner Primiz war ich 18 Monate Kaplan in Nova Bila,
anschließend habe ich dann Pädagogik und Psychologie an der
staatlichen Universtiät in Sarajevo 6 Semester studiert und parallel als
Magister im Kleinseminarium und Novizenmagister in Visoko gewirkt.
6 Jahre war ich Pfarrer in der Pfarrei Brestovsko in meiner Heimat. Nach
Deutschland bin ich im Jahre 1993 gekommen und etwas über ein Jahr
in der Pfarrei Angelbachtal bei Sinsheim als Kaplan gewirkt.
1996 habe ich als Pfarrer die Pfarrei in Strümpfelbrunn, Odenwald,
Diözese Freiburg, übernommen. Aus gesundheitlichen Gründen habe ich
die Leitung der Pfarrei abgegeben. Seit 1998 bin ich hier in Aachen als
Geistlicher bei den Schwestern der hl. Elisabeth tätig.
Obwohl ich weiter Mitglied meiner franziskanischen Provinz in Bosnien
bin, hier im Mutterhaus am Preusweg 2 habe ich mein „zweites“
Zuhause gefunden. Die Gemeinschaft dieser Schwestern ist ebenso
franziskanisch geprägt und in diesem Sinne haben wir besonders etwas
Gemeinsames. Wir folgen dem gleichen Ideal: dem hl. Franziskus und
der hl. Elisabeth und inosofern gehen wir im Alltag ein Stück des
gemeinsamen Wegs zusammen.
Was ich für mich persönlich als sehr wichtig finde ist das gemeinsame
Chorgebet mit den Schwestern. Dieses Gebet hat ein „Spezifikum“,
nämlich, da wird besonders schön singend gebetet, und um so lieber
versuche ich regelmäßig dabei zu sein. In der heutigen schnellebigen
Zeit schätze ich in dieser Gemeinschaft, guten Balance zwischen viel
Arbeit und Gebet. Arbeit leidet nicht wegen Gebet und Gebet stärkt für
die Arbeit. Da ist wie beim hl. Benedikt „Ora et labora“! Da ist noch was
Schönes in diesem Haus. Sehr oft höre ich von Gästen, die das Kloster
besuchen, wie die Schestern sehr gastfeundlich sind und wie alles
sauber ist. Es ist ihnen ein Bedürfnis, dass alle im Hause sich wohl
fühlen.
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2. Welche Theologen schätzen sie besonders?
Unter vielen Namen nenne ich auch hier nur drei: Thomas Söding,
Neutstamentler, Joachim Wanke, Bischof aus Erfurt, und Karl Lehmann.
Ich bewundere die beiden Letzten wie sie unermüdlich, versuchen in
unserer Zeit dem Evangelium ein Gesicht zu geben, Wort Gottes
transparent zu machen für alle Menschen und ihr Geschick wie sie es
machen. Ich bin ganz sicher, dass ihnen sehr klar „die Zeichen der Zeit“
sind. Für uns Seelsorger sind sie beispielhaft.
Besonders intensiv beeindruckt mich der, leider zu früh verstorbene,
Henry Nouwen. Seine Sicht der Dinge, sein Bemühen um „Menschsein,“ seine konsequent gelebte Spiritualität.
3. Welche Bibelstelle spricht Sie besonders an und warum?
Das Gespräch Jesu mit Petrus im Johannnesevangelium 21, 15-19:
Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebhabe….Nach diesen
Worten sagte er zu ihm:*Folge mir nach*!
Seit meiner Kindheit als Messdiener hat mir unser Pfarrer das
nahe gebracht und so ist es noch immer bis heute in mir wach
geblieben – Jesus zu lieben und in Seiner Nachfolge zu sein.
4. Wer sind ihre beliebtesten Schriftsteller?
Das sind der große Dostojewski und der kroatische Nobelpreisträger für
Literatur Ivo Andrić.
5.Welche Hobbies haben Sie!
Besonders interessiert mich die geistliche Literatur, ich höre gerne
klassiche Barockmusik, - vor allem Musik vom Händl - neugierig macht
mich die Wurzeln der deutschen Sprache. Sehr gerne beschäftige ich
mich mit dieser Etymologie. Immer wieder bin ich von der Aussagekraft
der deutschen Sprache fasziniert. Und ich versuche regelmäßig Walking
zu machen.
6 Was macht Sie besonders oft traurig?
Die aussichtlose Situation in meinem eigenen Heimatland mit all dem
was sich dort, so kann man sagen, schon einige Jahre abspielt: immer
größer werdende Kluft zwischen arm und reich, die soziale
Ungerechtigkeit und die hinkende Solidarität in unserer Welt. Sehr traurig
macht mich auch, dass der Schatz des gläubigen christlichen Lebens
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vertuscht wird, und der Glaube an
gesellschaftlichen Existenz gedrängt wird.
Gott
an
den
Rand
der
7.Was macht Ihnen Freude und Mut?
Es freut mich immer, wenn ich während eines ernsthaften Gesprächs bei
dem Gesprächspartner merke, dass ich gut zuhören kann. Wo Empathie
zustande gekommen ist, werde ich dann eine Hilfe für den Menschen,
sich selber besser zu verstehen.
Eine weitere Freude ist mir, meinen eigenen Landleuten vertraut zu
bleiben, indem ich gerne bei meinem Mitbruder P. Franjo Trogrlić
aushelfe, der in Aachen und Umgebung die kroatischen Landsleute
betreut: bei Beichten vor Hochfesten, bei Wallfahrten und Vertretung
während des Urlaubs meines Mitbruders.
Und ganz besonders: die Gewißheit, dass die Welt und die Kirche in der
Hand des guten und menschenfreudlichen Gottes sind. „Ich bin für
euch da“.
P. Vjeko, vielen Dank für dieses Interview.
L.V.