Modellierung der Heterogenität von Markov

PREIS DER DEUTSCHEN MARKTFORSCHUNG
GEWINNER BVM/VMÖ NACHWUCHSFORSCHER 2015, Beste Masterarbeit
Kongress
Modellierung der Heterogenität von Markov-Ketten
angewandt auf das Konsumentenverhalten im Internet
Ein Großteil der deutschen Wohnbevölkerung nutzt das Internet, um sich über Produkte zu
informieren und diese auch zu kaufen. So wurden 2014 allein in Deutschland ca. 42 Milliarden
Euro im Onlinehandel umgesetzt. Kundengewinnung und -bindung durch das Internet werden
daher zu strategischen Aspekten der Unternehmensführung. Simon Henning Nehls verfolgt in
seiner Masterarbeit dazu neue Ansätze.
Simon Henning Nehls kommt im Zuge der Modellierung des
Internetnutzungsverhaltens im Reisemarkt zu neuen Erkenntnissen. Demnach ermöglicht ein besseres Verständnis der
Internetnutzer z.B. eine tiefergehende Personalisierung von
Webseiten oder auch eine zielgerichtete Aussteuerung von
Werbeinhalten. Im wissenschaftlichen Interesse stehen vor allem die eigentliche Struktur des Nutzerverhaltens und die dahinterliegenden Determinanten.
Die vorliegende Arbeit nutzt einen bisher in diesem Kontext
noch nicht verwendeten Datenpool der GfK SE, der Webseitenkontakte innerhalb des Reisemarktes protokolliert und mit
einer großen Menge an Zusatzinformationen (Buchungs- und
Individualcharakteristika) anreichert. Hierbei kommen Daten
aus Beobachtungs- (GfK Media Efficiency) und Befragungsquellen (GfK TravelScope) zum Einsatz. In das Modell gehen
zusätzlich auch Recherchen von Kunden mit ein, die schließlich
ein Produkt offline gekauft haben.
Nach einer umfassenden Datenvorbereitung wird eine MarkovKette modelliert: Ansatzpunkt zur Modellierung von Heterogenität ist die Übergangswahrscheinlichkeit, die hier für jede
Etappe der Journey pro User separat betrachtet wird. Durch
den Einsatz von Variablenselektionsverfahren können Variablen
mit einem hohen potenziellen Beitrag zur Erklärung der Heterogenität im Modell identifiziert werden und die große Menge
an potenziell zu schätzenden Koeffizienten lässt sich reduzieren. Es werden Stepwise-Regression und Lasso-Schätzungen
eingesetzt. Die Auswertung
der Kreuzvalidierungsstudien zeigt jedoch, dass sich
in diesem Kontext die Lasso-Schätzung besser zur
Auswahl von signifikanten
Kovariaten eignet.
Folgende Erkenntnisse
können u.a. festgehalten
werden:
1.D ie Customer Journey
lässt sich anhand einer Markov-Kette erster
Ordnung modellieren –
die momentan besuchte Webseite hat also Einfluss auf die
als Nächstes „angesurfte“ Seite.
2.Es sind nicht die Nutzer an sich, die sich in ihrem Informationssuchverhalten von anderen Nutzern unterscheiden, vielmehr hängt der Prozess der Web Journey vom eigentlichen
Ziel, dem gekauften Produkt, ab. So unterscheidet sich das
Informationssuchverhalten für eine Flugreise signifikant von
dem für eine Hotelbuchung oder eine Pauschalreise.
3.Innerhalb der Journeys erkennt man häufig einen beständigen Wechsel zwischen meistens zwei Websitekategorien.
Dies ist ein Indiz dafür, dass der Kunde oft ein Bündel von
Reiseprodukten erwirbt (z. B. Flug und Hotel) und dazu auch
parallel recherchiert.
4.Die Unterscheidung eines Informationsprozesses nach der
Tätigung des Kaufs online oder offline ist nicht so groß, wie
vielleicht vermutet; einzig die Länge der Journeys unterscheidet sich – deren Struktur ist jedoch ähnlich.
Die gewonnenen Erkenntnisse bringen wichtige Implikationen
für die Praxis der Marktforschung und der Werbetreibenden
mit sich. So werden Hinweise für den optimalen Einsatz von
Webseiten-Personalisierungs- und Cross-Selling-Maßnahmen
gegeben. Darüber hinaus werden Grundlagen für die weitere
Forschung und vor allem die Datenaufbereitung sowie -vorverarbeitung im Umfeld der Customer Journey geschaffen. Simon Henning Nehls, MSc
Modellierungsprozess
26 BVM inbrief Oktober 2015