Gottes Licht wandelt uns in harten Zeiten zu Christusträgern Predigt

Gottes Licht wandelt uns in harten Zeiten zu Christusträgern
Predigt in der Johanneskirche Landau am 17.1.2016
Vorrede zum Foto:
Kerzenleuchter im Waldenserwappen
„Das Licht leuchtet in der Finsternis“
EG 67, 1-4 Herr Christ
Predigt über 2. Kor. 4, 6-10
Gott, der sprach: Licht soll aus der
Finsternis hervorleuchten, der hat einen
hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass
durch uns entstünde die Erleuchtung zur
Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem
Angesicht Jesu Christi.
Leidensgemeinschaft mit Christus
Wir haben aber diesen Schatz in irdenen
Gefäßen, damit die überschwengliche Kraft
von Gott sei und nicht von uns. Wir sind von
allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen
uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen
nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden
unterdrückt, aber wir kommen nicht um. Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an
unserm Leibe, damit auch das Leben Jesu an unserm Leibe offenbar werde.
Liebe Gemeinde!
Mit dem heutigen Sonntag verlassen wir nach dem kirchlichen Jahreskalender
endgültig das Besinnen auf Jesu Geburt und sein erstes Wirken in Galiläa. Die weiße
Farbe des Antependiums am Altar schaltet heute auf grün um und drei Wochen auf
violett: Jesus begibt sich nach Jerusalem. Der Weg führt ihn ans Kreuz. Wir
bedenken seinen Weg ins Leiden und Sterben. Das helle Licht, das wir gefeiert
haben, der Glanz der Heiligen Nacht, die Helligkeit, die Jesus in seinem Erdendasein
ins Leben der Leute gebracht hat, weicht einem wechselhaften Wolkenspiel. Der
Wind jagt dicke Wolken vor sich her. Harte Zeiten sind das! Manchmal reißt der
Himmel auf. Sonnenschein durchbricht den verhangenen Himmel. nachher
verdichten sich die Wolken zu Vorboten der finstersten Nacht. Wir erinnern uns an
die früheste Kindheit, als sich das Wolkenspiel bei einem Sommergewitter an der
Wand des Schlafzimmers bedrohlich abgezeichnet hat. Die Ruhe kehrt dann erst
wieder, wenn jemand mit seiner Nähe aufwartet.
Paulus redet nun von einem einzigartigen Licht. Es kommt von selbst und ist Licht
von Gott. Gottes Licht bricht sich Bahn wie am ersten Tag der Schöpfung. Es ist das
Licht, das Leben hervorbringt, ja überhaupt erst ermöglicht.
Das Licht leuchtet aus der Finsternis hervor. Wir haben von Weihnachten her den
Anfang des Johannesevangeliums in Erinnerung. Dort heißt es: „Das Licht scheint in
der Finsternis.“ Die evangelische Kirche der Waldenser in Italien hat sich das
Bibelwort zum Leitspruch gemacht. Die Weihnachtsbotschaft vom Licht Jesu Christi
hat diese Kirche durch Zeiten der Entbehrung, Verfolgung und Armut
hindurchgetragen.
Auf einem Kerzenleuchter findet sich die Inschrift „Licht leuchtet in der Finsternis.“
Der Kerzenhalter ist aus Ton gefertigt. Er dient als Andenken und Schmuckstück
oder auch seinem natürlichen Gebrauch. Wer den Leuchter regelmäßig einsetzt, wird
kaum vermeiden können, dass dieser Spuren seines Gebrauchs davonträgt. Es ist ja
nicht nur das Wachs, das an ihm heruntertropft. Die Glasur wird Kratzspuren
aufweisen. Irgendwann stößt man mit dem Leuchter an eine Kante und dabei platzt
ein Stückchen ab. Mit der Zeit mehrt sich die Abnutzung. Der Leuchter sieht
entsprechend aus. Trotz mancher Schrunde wirft man ihn nicht gleich weg. Der
Leuchter erfüllt ja weiterhin seinen Zweck. Langsam verbinden sich mit dem guten
alten Stück Erinnerungen, hübsch aber ist er nicht. Aber er füllt seinen Zweck!
Das äußerliche Ansehen braucht uns nicht besonders bekümmern, meint der Apostel
Paulus: Wir tragen den Schatz in „irdenen Gefäßen“. In der Alltagshülle birgt sich
also das Großartige. Verachtet also die Hülle nicht. Sie dient, schützt und sie
befördert mit allem Respekt die Sache an sich, auf die es ankommt: Ich rede von der
Botschaft von Jesus Christus, dem Evangelium.
Wir tragen den Schatz in irdenen Gefäßen: Das seltsam gewordene Wort „irden“
leitet sich von Erde ab. Irden meint „aus Ton“. Christus kriecht in die Erdgestalt. Er
begibt sich in eine Hülle, die nicht immer, ja die zumeist unauffällig, bescheiden,
mitunter beschädigt und sogar abgenutzt ist. Das ist die Realgestalt der Kirche. So
sind wir alle: Die Kratzspuren seines Lebens trägt ein jeder mit sich. Und doch: Wir
tragen einen Schatz in uns. Tief in unserem Herzen liegt ein Schatz. Das ist die Kraft,
die uns am Leben hält, meint Paulus. Der Schatz trägt einen Namen, klar, Jesus
Christus. Doch damit hört die Botschaft nicht auf. Der Name erfährt eine Erweiterung.
Der Name verbindet sich mit der Hülle und färbt auf den Träger der Hülle ab. Die
Hülle erfährt ihre Aufwertung durch den Schatz, den sie birgt. In der Kirche Jesu
Christi erfährt jedes Teil und sei es noch so klein, seine Anerkennung und
Aufwertung. Mit Jesus verbunden ist jeder hier.
Paulus bringt in Erinnerung, was alles auf die Hülle, was auf die Kirche und unsere
Christenexistenz, einprasselt: Bedrängt, verachtet, übersehen, an den Rand
gedrückt: verfolgt. Wir kennen die Stufen der christlichen Existenz: Sie reichen von
Anerkennung über Gleichgültigkeit bis zur Verachtung und offensiven
Unterdrückung. Christsein ist in unserem Land nicht in der gleichen Weise gefährdet
wie in früheren bedrohlichen Zeiten, im Widerstand oder wie in Ländern, in denen
eine fremde Religion Staatsreligion ist. Doch täuschen wir uns nicht: Nicht wenige
Kräfte im eigenen Lande denken kaum weiter nach und werfen alle Religion in einen
Topf. So zerrt und kratzt es am kirchlichen Gebäude. Manche Kräfte in der Kirche
verstellen ihren Glauben bis zur Unkenntlichkeit Sie sind auf dem besten Weg, ihre
Identität abzuschaffen.
Aber: So hält Paulus fest: So sehr wir von allen Seiten bedrängt sind, wir ängstigen
uns nicht. Wir sind nicht verlassen. Wir kommen nicht um. Der Schatz ist immer noch
da, wenn auch verpackt in unscheinbarer Hülle.
Sie erinnern sich an die Männer des Widerstandes vom 20. Juli. Meist waren sie in
ihrem Alltag an das äußerliche Leben angepasst. Von Religion und Glauben haben
sie nicht viel geredet. Selten nur haben sie ihren Glauben praktiziert. Bonhoeffers
Eltern waren Christen, aber wenn nötig etwa für eine taufe, ließen sie den Pfarrer in
ihr Haus kommen. Aber als es eng wurde, als die großen Fragen um den Widerstand
aufkamen, da reflektierten sie ihren Glauben. Der wurde ihnen zu einer
entscheidenden Hilfe. Sie haben sich an das Gelernte erinnert, die Bibel Luthers, die
Lieder Paul Gerhardts. Sie haben ihren Glauben sozusagen neu entdeckt, die
Staufenbergs, Goerdelers, Gerstenmeiers und wie sie alle hießen. Aus der Kraft
eines fast verschütteten Glaubens haben sie ihren Standpunkt bezogen – und
gehandelt.
Wir können die persönlichen Kämpfe und Erfahrungen des Apostels Paulus
gegenüber dem Widerstand im Kriege reflektieren. Wir können Parallelen bei uns
selber suchen und finden. Wir werden immer wieder feststellen, dass das Ringen um
den Glauben seinen Preis hat. Der Glaube ist keine Gewinngarantie für jede Stunde
des Daseins auf dieser Erde. Der Glaube aber liefert die Kraft, trotz eines
bedrohlichen Zustands der Existenz auf dieser Erde aufzutreten. Der Glaube an
Christus geht weiter trotz mancher Niederlage. Das eben macht den christlichen
Glauben so einmalig: Er kalkuliert die Schrunden und Niederlagen mit ein. Das letzte
Wort ist noch nicht gesprochen. Die Kraft kommt wie aus dem Nichts, wie das Licht
am ersten Schöpfungsmorgen.
Allezeit tragen wir das Sterben Jesu an unserem Leibe, meint der Apostel Paulus.
Warum sollte es uns anders gehen als dem Herrn Jesus Christus selbst! Ja, das ist
Klartext, schonungslos offen und hart. Das ist die eine Seite.
Das andere lesen wir aus der Fortsetzung heraus: Auch nas unserem Leben wird
das Leben Jesu offenbar. Sagenhaft: Wir gehen mit Christus. An uns selber wird der
Weg Jesu ersichtlich. Wir machen Schweres durch, persönlich, beruflich und wie
auch immer. Doch in all diesen Stufen unseres Lebens wird immer auch ein Stück
des Lebens Christi offenbar. Ihrt seid die Licht- und Christusträger (Christoforusse)!
Dazu sollen wir stehen, nach Christus zu leben ist möglich. Christen haben das
Zeug, sichtbare Zeichen der Botschaft Jesu zu sein und ständig weiter Botschafter
Christi zu werden.
Wir verleugnen Christus auch in seiner Erniedrigung nicht. Wir reden vom Kreuz,
vom Tod und der Niederlage. Durch die Nacht schreitet Christus zum Sieg. Das
Kreuz wandelt sich zum Zeichen des Lebens. Christus verlässt uns nicht; kalkulieren
wir das bei der Betrachtung unseres eigenen Lebens ein. Wir sind der Sockel des
Lichts, Hilfe, Instrumente, dass Christi Licht weit in die Welt leuchtet. Aus dem
Betrieb Jesu, Kirche, wollen wir nicht herausfallen. Wir suchen zugleich neue Wege.
Auch sie werden nicht ohne Kreuz und Kratzspuren auskommen. Wir gehen unseren
Weg. Christus geht mit uns. Darum fürchten wir uns nicht. Amen.
EG 268, 1-3 Strahlen