Foto: Silvia Muuß Wild - Jagdpraxis Herangegrunzt! SCHWARZWILD LOCKEN Dass Schwarzwild untereinander kommuniziert, ist kein Geheimnis. Aber lassen sich Sauen auch mit nachgeahmten Rufen vom Jäger locken? Thore Wolf 18 WILD UND HUND | 11/2013 www.wi ldu n dhu nd .de Foto: Siegfried Erker Im Maisacker tun sich die Sauen an den Kolben gütlig. Bald ist das Licht des flachen Sommermondes stark genug. Von der Leiter aus sind die Schwarzkittel nicht zu sehen. Wenn sie jetzt nur auf die Wiese ziehen würden. Aber den Gefallen tun sie dem Jäger nicht. Ob man sie wie einen Bock zur Blattzeit oder einen Fuchs locken kann? „Geht nicht“, sagen viele Sauenjäger. „Geht doch, hängt jedoch – wie bei der Blattjagd – von vielen Faktoren ab“, sagt Siegfried Erker. „Sauen stehen nicht so schnell zu wie ein liebeshungriger Rehbock. Aufgrund ihrer Schlauheit kommen Sauen überlegter und vorsichtiger.“ Über die Lockjagd auf Schwarzwild hat der Österreicher ein eigenes Buch geschrieben. Sowohl in freier Wildbahn als auch in Großgattern mit über 1 000 Hektar Fläche konnte er über ein Jahrzehnt lang Erfahrungen mit der Lockjagd auf Sauen sammeln. Damit aber nicht genug. Erker hat sogar verschiedene Locker selbst entwickelt. Für ihn ist das nachgeahmte Grunzen einer im Gebräch stehenden Rotte der effektivste Ruf, sie zu locken beziehungsweise nahe an sie heranzukommen. Von den rund 250 Sauen, die auf sein Grunzen zugestanden sind, entfällt das Gros mit 131 Stück auf Frischlinge und mit 91 Stück auf Überläufer. Der Grund: Die jungen unerfahrenen Stücke suchen den Anschluss an eine Rotte. Gerade auf Bewegungsjagden will der Österreicher diese Erfahrungen mit versprengten Frischlingen gemacht haben. Revierjagdmeister und WILD UND HUND-Autor Sascha Schmitt sieht den Erfolg des aktiven Anlockens der Sauen eher skeptisch. Auch er hatte in einem von ihm betreuten Schwarzwildgatter Gelegenheit, dementsprechende Versuche zu starten. Das einzige, worauf ein Schwarzkittel reagierte, war der nachgeahmte Klageruf eines Frischlings zur Sommerzeit am Rande eines Einstandes. Allerdings mit mäßigem Erfolg: Denn im Nu stand die führende Bache mit aufgestellten Tellern und Federn vor dem Berufsjäger. Ein Effekt, den Schmitt aus dem Einsatz mit Hunden kennt: „Wenn ein Hund im Mais einen Frischling packt und dieser klagt, ist auch häufig gleich die Bache zur Stelle, um die Vierläufer anzunehmen.“ Der einzige Lockruf, der nach Meinung des Revierjagdmeisters wirklich in der Jagdpraxis nützt, ist das Grunzen: „Wenn eine Rotte Sauen den pirschenden Jäger mitbekommen hat, kann er diese mit den ganz üblichen Grunzgeräuschen wieder beruhigen“, so Schmitt. Diese Erfahrung hat auch der schwedische Jagdpraktiker und Wildtierfotograf Kristofer Hansson gemacht. Er schwört dabei auf den Schwarzwildlocker „Nordik Boar“: „Selbstverständlich kann man auch ohne Lockinstrument grunzen. Aber es ist eine optimale Verlängerung der menschlichen Luftröhre und macht somit den Klang etwas realistischer.“ Für den Schweden hat das Locken nebenbei einen gewissen „Tarneffekt“: „Wenn man brechende Sauen bei Nacht anpirscht und fortwährend dabei grunzt, fühlen sie sich sicher.“ Hansson ist es auf diese Weise häufiger gelungen, bis auf wenige Meter an das Schwarzwild heranzukommen. ww w.w ild un d hund .de WILD UND HUND | 11/2013 19 Vor dem „scharfen“ Einsatz in einem Schwarzwildgehege üben. 2. Unbedingt mit dem jeweiligen Lockinstrument vertraut machen. 3. Nur vom Boden oder bodennahen Ansitzeinrichtungen aus grunzen. Es gibt keine Sau auf einer Kanzel! 4. Lockinstrument immer Richtung Boden zeigen lassen. 5. Grundsätzlich kann zu jeder Tageszeit gelockt werden. 6. Bei Drückjagden nur grunzen, wenn Treiber noch weit entfernt sind und man direkt an einem potenziellen Einstand sitzt. 7. Nur locken, wenn die Sauen im Gebräch stehen oder sichern. 8. Sind die Stücke schon recht nah, nicht mehr locken. 9. Nicht übertreiben! Die Lautstärke der Lockrufe der Umgebung und Situation anpassen. 10. Beim Locken immer in die Situation des Wildes hineindenken. 20 WILD UND HUND | 11/2013 Die Intensität der Laute sollte eher verhalten sein, wenn die Sauen sich schon in unmittelbarer Nähe befinden. Einzelne, gesprengte Frischlinge oder Überläufer stehen in der Regel sehr schnell und unbedarft auf die Grunzlaute zu. Der Grund: Die unerfahrenen Jungsauen suchen Anschluss an die Rotte. Mit 222 Stück (78,2 Prozent) bilden diese Altersklassen auch den Hauptanteil der Schwarzkittel, die auf Erkers Grunzen zustanden. Intakte Rotten mit Bachen seien da schon vorsichtiger. Laut Erker schieben sich als erstes die Bachen sehr aufmerksam auf die Schneise, um zu sichern. Mit der Lockjagd während Bewegungsjagden hat Erker die meisten Erfolge gehabt. 45 Prozent aller herangegrunzten Sauen erlegte er bei dieser Jagdart, 27 Prozent in Mondnächten und lediglich 14 Prozent auf dem Abend- und elf Prozent auf dem Frühansitz. An Suhlen waren es sogar nur drei Prozent. Von einem hohen Ansitz aus das Grunzen nachzustellen, ist wenig sinnvoll. Er- „Jeder passionierte Schwarzwildjäger sollte es einmal ausprobieren“, resümiert Siegfried Erker. „Aber Vorsicht: Man kann auch schnell mehr Sauen damit vertreiben, als anlocken!“ Deshalb empfiehlt der Lockjäger, zunächst in einem Gatter oder Gehege zu experimentieren. Auch die Laute von Schwarzwild kann sich dort jeder genau anhören und mit seinem Lockinstrument nachahmen. e Haben auch Sie Erfahrungen mit dem Locken von Schwarzwild gemacht? Ihre Meinung interessiert uns. Schreiben Sie uns eine E-Mail an [email protected] oder per Post an Redaktion WILD UND HUND, Postfach 13 63, Pirschen 1. 41 Mit DVD W 10 Regeln für die Sauenlockjagd ker empfiehlt, beim Sauen-Reizen möglichst bodennah zu sitzen. Das Lockinstrument sollte dabei immer nach unten zeigen. Das bestätigt auch WILD UND HUNDAutor Wildmeister Konrad Esterl, der im Ebersberger Forst bei München zahlreiche Sauen herangerufen hat. „Wie bei jeder anderen Wildart auch, muss man sich in das Stück hineindenken“, so Esterl. Er hat außerdem die Erfahrung gemacht, dass sich zur Rauschzeit bei feuchtem Wetter gezielt Keiler heranrufen lassen. Dabei mischt Esterl die Grunzlaute mit dem ein oder anderen Quieken. Anschließend stellt er das Zähneklappern des treibenden Keilers nach. Für die Hintergrundgeräusche sorgt der Wildmeister, indem er mit Ästen knackt und mit einem abgebrochenen Fichtenast im Falllaub wühlt. „Das macht jeden Keiler eifersüchtig“, ist Esterl sicher. Die Kun st des Pir schens www.wildund hund.de Erfahren Sie im neuen WuHExklusiv-Heft alles, was Sie schon immer über die Pirsch wissen wollten. Sie erhalten das Heft mit DVD für 9,90 Euro online unter www. nah-ans-wild.de oder unter der Bestell-Hotline +49(0)2604/978-777. Deutschland Siegfried Erker (55), Lockjagdprofi und Buchautor Dass sich Sauen aber auch aktiv locken lassen, ist für Siegfried Erker nicht von der Hand zu weisen. Und zwar nicht nur bei der Nachtpirsch, sondern auch am Tag und vor allem auf der Drückjagd. Locken auf einer Bewegungsjagd? Was für viele erst einmal unrealistisch klingt, erklärt der Lockjäger genauer. Hauptsächlich auf Schneisen hat er damit gute Erfahrungen gemacht, sofort nach dem Einnehmen des bodennahen Standes mit dem sogenannten vertrauten Grunzen zu beginnen. Allerdings sollten die Treiber noch in weiter Ferne sein. Nähern sich diese später, wissen die Sauen aufgrund der Lockrufe, wo „die Luft rein“ ist, und nehmen diese Fluchtrichtung an. Bei seinen Experimenten hat Erker festgestellt, dass Sauen sogar bis auf eine Entfernung von 200 bis 300 Metern ein Grunzen wahrnehmen können. Hört man im Unterholz oder der Dickung, dass sich die Sauen bewegen, sollte man nicht locken – erst dann, wenn sie stehen bleiben. In diesem Moment sichern die Stücke und vernehmen etwaige Kontaktlaute, um diese gezielt anzugehen. Allerdings, so Erker, sollte man es in diesen Momenten mit den Grunzrufen nicht übertreiben. € 9,90, Österreich € 10,90, Schweiz BeNeLux € 11,90, Italien sfr 19,70, € 12,80 Foto: Siegfried Erker Wild - Jagdpraxis www.wi ldu n dhu nd .de 2 Produktübersicht 1 Schwarzwildlocker „Nordik Boar“ Bezug: www.nordikpredator.com, www.frankonia.de, Preis: 39,90 Euro 2 Primos „Hog Grunter“ Bezug: www.primos.com, Preis: 10,95 US-Dollar (circa 8,50 Euro) 3 Glaslocker „Grunz Grunz“ Einzelanfertigung von Lockjagdprofi Siegfried Erker 4 Fotos: Silvia Muuß (1), Siegfried Erker (6) 1 Hubertus Schwarzwildlocker Bezug: www.akah.de, Preis: 37,90 Euro 5 Weisskirchen Saulocker Bezug: www.uckermark-jagd.de, Preis: 34,90 Euro 6 Concept-France-Schwarzwildlocker, Bezug: www.jagdfieber.com, Preis: 39,90 Euro 7 Eifel-Hirschruf (auch als „Grunzlocker“ geeignet) Bezug: www.frankonia.de, Preis: 99,90 Euro 3 4 5 6 7 ww w.w ild un d hund .de WILD UND HUND | 11/2013 21
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