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Niedersächsisches Ministerium
für Inneres und Sport
Referat 31 – Kommunale Verfassung,
Organisation und Dienstrecht
Lavesallee 6
30169 Hannover
Düsseldorf, 16. Februar 2016
523/617
per E-Mail: [email protected]
Novellierung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes
(NKomVG)
Sehr geehrter Herr Fischer,
wir danken Ihnen für die Möglichkeit, zur Novellierung des Niedersächsischen
Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) Stellung zu nehmen. Im Folgenden
finden Sie unsere Anregungen:
Zu § 110 Abs. 5 Satz 3 NKomVG n.F.
Aus systematischen Gründen ist es zu begrüßen, dass bei unentgeltlichen Vermögensübergängen nunmehr Nettovermögenszugänge spiegelbildlich wie Nettovermögensabgänge unmittelbar zu einer (erfolgsneutralen) Änderung des Basisreinvermögens führen sollen.
Aus übergreifender Perspektive erscheint uns jedoch der Hinweis notwendig,
dass eine erfolgsneutrale Behandlung von unentgeltlichen Zu- und Abgängen
zu einer nicht sachgerechten Darstellung der Ertragslage führen kann.
Unentgeltlich erworbene Vermögensgegenstände sollten zum Erwerbszeitpunkt
mit fiktiven Anschaffungskosten in Höhe des vorsichtig geschätzten Zeitwertes
angesetzt werden. Beispielsweise könnte hier auf die Vorschriften für die erste
Eröffnungsbilanz verwiesen werden.
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Zu § 110 Abs. 6 Satz 4 NKomVG n.F.
Nach dieser Vorschrift ist eine Verrechnung der Sollfehlbeträge aus dem letzten
kameralen Abschluss einer Kommune mit Einzahlungen aus einer Vermögensänderung zulässig, wenn ein Abbau der Sollfehlbeträge des Verwaltungshaushalts trotz Ausschöpfung aller Ertrags- und Sparmöglichkeiten nicht möglich ist.
Der Wortlaut scheint noch von kameralem Denken geprägt zu sein, denn Einzahlungen sind nicht mit Erträgen gleichzusetzen.
Mit dieser Regelung soll der Abbau von Sollfehlbeträgen „beschleunigt“ werden.
Vor diesem Hintergrund erscheint es jedoch willkürlich, dass die Sollfehlbeträge
lediglich über eine Teilkomponente („Einzahlungen aus einer Vermögensänderung“) des Jahresergebnisses abgebaut werden sollen. Willkürfrei wäre bspw.
eine Regelung, wonach es zulässig ist, das gesamte Jahresergebnis bis zu einem bestimmten Prozentsatz zur Deckung des Sollfehlbetrages zu verwenden.
Zu § 110 Abs. 6 Satz 5 NKomVG n.F.
Laut dieser Vorschrift können nach einer Verrechnung gemäß § 110 Abs. 6
Satz 3 NKomVG n.F. verbleibende Anteile der Jahresüberschüsse einer zweckgebundenen Rücklage zugeführt werden, um eine von der Vertretung beschlossene Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen sicherzustellen. Eine vergleichbare Regelung findet sich auch an anderen Stellen, z.B. im
Gemeinnützigkeitsrecht oder bei Kindergärten. Diese Regelungen basieren jedoch ebenfalls noch auf einer von Ein- und Auszahlungen geprägten kameralen
Sichtweise.
Unabhängig davon wird hiermit eine Ergebnisverwendung geregelt. Somit stellt
sich die Frage, ob hierdurch schon eine künftige Haushaltsplanung festgelegt
wird und dies insoweit zulässig ist. Nach der Gesetzesbegründung ist bei den
Rücklagen für Investitionsvorhaben die Liquidität weiterhin sicherzustellen.
Fraglich ist, wie dies im Einzelnen nachgewiesen werden soll (z.B. gesondertes
Bankkonto).
Zu § 155 Abs. 2 Nr. 1 NKomVG n.F.
Nach § 155 Abs. 2 Nr. 1 NKomVG kann die Gemeindevertretung dem Rechnungsprüfungsamt u.a. die Aufgabe übertragen, die Vorräte und Vermögensbestände zu prüfen. Vorräte und Vermögensbestände sind Teil des Jahresabschlusses. Daher stellt sich die Frage, ob vor dem Hintergrund der Prüfung des
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Jahresabschlusses die Regelung des § 155 Abs. 2 Nr. 1 NKomVG nicht entbehrlich ist.
Zu § 158 NKomVG n.F.
Die landesrechtlichen Vorschriften in den verschiedenen Bundesländern sehen
regelmäßig als Beteiligungsvoraussetzungen für Gebietskörperschaften bei Unternehmen in privater Rechtsform vor, im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung sicherzustellen, dass der Jahresabschluss und der Lagebericht in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Dritten Buchs des Handelsgesetzbuchs für große Kapitalgesellschaften aufgestellt und in entsprechender Anwendung dieser Vorschriften geprüft wird.
§ 158 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes nimmt – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – nicht auf die handelsrechtlichen, sondern
die eigenbetriebsrechtlichen Vorschriften Bezug: Gemäß Abs. 1 hat die Kommune „dafür zu sorgen, dass in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag die
Durchführung einer Jahresabschlussprüfung nach den Vorschriften über die
Jahresabschlussprüfung bei Eigenbetrieben vorgeschrieben und ein zuständiges Rechnungsprüfungsamt bestimmt wird.“
Der Wortlaut bezieht sich damit für kleine Kapitalgesellschaften mit öffentlicher
Beteiligung nur auf die Prüfung, regelt aber nicht explizit die für die Aufstellung
relevanten Rechnungslegungsvorschriften (d.h. üblicherweise die handelsrechtlichen Vorschriften für große Kapitalgesellschaften).
Dies lässt sich auch nicht implizit ableiten. Laut § 140 Abs. 5 NKomVG richtet
sich die Rechnungslegung der Eigenbetriebe nach den gemäß § 178 Abs. 1
Nr. 12 erlassenen Verordnungsregelungen. Die Eigenbetriebsverordnung (EigBetrVO) nimmt dabei allgemein auf die Vorschriften des Handelsgesetzbuches
Bezug und nicht konkret auf die Vorschriften für große Kapitalgesellschaften.
§ 20 EigBetrVO zum Jahresabschluss bezieht sich lediglich auf das Dritte Buch
des HGB, wobei offen bleibt, welche Vorschriften konkret angewendet werden
sollen. Das Dritte Buch des HGB unterscheidet nach Vorschriften für alle Kaufleute und ergänzende Vorschriften für Kapitalgesellschaften. Eine Anwendung
der Vorschriften für Kapitalgesellschaften (aber nicht notwendigerweise große)
lässt sich aus einzelnen Referenzen in § 21 ff. EigBetrVO entnehmen (z.B. Aufstellung der Bilanz entsprechend § 266 HGB und eines Lageberichts entsprechend § 289 HGB).
Nach unserer Einschätzung sollen in Niedersachsen nach dem Wortlaut wohl
für kommunale Unternehmen (wie für Eigenbetriebe) die handelsrechtlichen
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Vorschriften für Kapitalgesellschaften zur Anwendung kommen. Mangels eines
konkreten Bezugs sind dies aber – anders als in anderen Bundesländern – nicht
notwendigerweise nur die Vorschriften für große Kapitalgesellschaften. So
könnte eine kleine GmbH, in deren Gesellschaftsvertrag für die Aufstellung des
Jahresabschlusses auf die eigenbetriebsrechtlichen Vorschriften verwiesen
wird, die handelsrechtlichen Aufstellungserleichterungen für kleine Kapitalgesellschaften in Anspruch nehmen.
Um unterschiedliche Interpretationen zu vermeiden, erachten wir eine entsprechende Klarstellung – zumindest in der Gesetzesbegründung – für hilfreich.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung und verbleiben
mit freundlichen Grüßen
gez. Prof. Dr. Naumann
gez. Dr. Eulner, WP StB
Fachreferentin