Statement ÖÄK-Impfreferent MR Dr. Rudolf Schmitzberger

Österreichischer Impftag 2016 – Pressekonferenz am 13. 1. 2016
Dr. Rudolf SCHMITZBERGER, Impfreferent der Österreichischen Ärztekammer
Dank der „personalisierten Medizin“ können nun zunehmend auch jene Personengruppen geimpft
werden, die bislang wegen ihres schwachen Immunsystems von Impfungen ausgeschlossen waren,
wie z.B. Krebspatienten oder junge Säuglinge. Somit wäre es ein klares Missverständnis,
„personalisierte Impfungen“ als Freibrief für „immunologische Trittbrettfahrer“ zu sehen. Gemeint
sind Menschen, die sich darauf verlassen, dass andere geimpft sind und sich selbst nur gegen die
Erkrankungen immunisieren lassen, die für sie persönlich relevant sind, wie zum Beispiel FSME.
Personalisiertes Impfen steht also keineswegs in Konkurrenz zum „Herdenschutz“. Darunter versteht
man das Ziel, von Mensch zu Mensch übertragbare Erkrankungen auszurotten oder zumindest so
weit einzudämmen, dass auch nicht immunisierte Personen in einer Bevölkerung geschützt sind.
Herdenimmunität ist weiterhin eines der wichtigsten sozialmedizinischen Ziele, die auch das GratisKinderimpfprogramm verfolgt – gemäß dem Motto: Große schützen Kleine, Kleine schützen Große.
Beweis erbracht: Masern schwächen Immunsystem über Jahre – Herdenschutz oberstes Ziel
Trotz Aufklärungskampagnen argumentieren Impfskeptiker nach wie vor mit dem angeblich
immunstärkenden Effekt einer Masernerkrankung. 2015 konnte dies durch internationale Studien
widerlegt werden. Mehr noch: Es ist nun wissenschaftlich erwiesen, dass Masern das Immunsystem
auf Jahre hinaus so sehr schwächen, dass Personen, die eine Masernerkrankung durchgemacht
haben, in der Folge signifikant häufiger an anderen Infektionskrankheiten sterben als Geimpfte.
Dessen ungeachtet sind elterliche Bedenken natürlich ernst zu nehmen und bei der Impfaufklärung
zu besprechen, was allerdings oft sehr zeitaufwändig ist. Weil Masern hochansteckend sind, würde
der Herdenschutz erst greifen, wenn 95 Prozent der Bevölkerung mit zwei Teilimpfungen vollständig
immunisiert wären. 2015 wurden österreichweit 309 Menschen von der Masernepidemie erfasst.
Fast drei Viertel (220) waren nicht geimpft, bei einem Fünftel (62) war der Impfstatus unbekannt. Die
Impfung sollte ab dem elften Lebensmonat erfolgen. Laut Gesundheitsministerium gab es zwischen
2003 und 2011 Jahrgänge, in denen überhaupt nur 75 Prozent der Zweijährigen korrekt geimpft
waren. Die für eine vollständige Immunität notwendige zweite Teilimpfung folgt oft erst Jahre später.
Immunsystem profitiert immer von Influenza-Impfung – Kinder-Impfstoff auch als „Nasenspray“
Das Influenzavirus mutiert sehr stark, was – wie im Winter 2014/2015 – dazu führen kann, dass der
vorab entwickelte Impfstoff gegen die saisonal dominierende Virusvariante weniger wirksam ist.
Diese Unsicherheit ist mit ein Grund für das schlechte „Image“ der Influenzaimpfung, die von nur ca.
sechs bis zehn Prozent der Österreicher in Anspruch genommen wird. Der aktuelle Impfstoff ist mit
Sicherheit deutlich wirksamer als jener der vorigen Saison. Zudem ist vielen Menschen nicht bewusst,
dass auch ein nicht ganz so „treffsicherer“ Impfstoff die Immunabwehr stärkt. Kindergarten- und
Schulkinder zählen zu den Hauptüberträgern der „echten“ Grippe. Trotzdem werden sie in Österreich
kaum gegen Influenza geimpft. Viel zu wenig bekannt ist, dass es seit dem Vorjahr auch einen
Impfstoff für Zwei- bis 18-Jährige gibt, der – ganz ohne Nadel – einfach in die Nase gesprüht wird.
Auch wenn die Kinder selbst mit dem Infekt meist gut zurechtkommen, gefährden sie als Überträger
ältere und chronisch kranke Menschen, für die die Influenza lebensbedrohlich sein kann. Daher
empfiehlt der Österreichische Impfplan die Impfung „besonders dringlich“ auch für Kinder ab dem
siebenten Lebensmonat. Damit soll der Ping-Pong-Effekt der wechselseitigen Ansteckung vermieden
werden. Immerhin sterben in Österreich Jahr für Jahr durchschnittlich 1000 Menschen an Influenza.
Quellen: Science 2015: 694–699_Virusepidemiologische Information 22/15-2_AGES/EMS