F. Burckhardt (Landau), M. Schuster

LANDESUNTERSUCHUNGSAMT
Masernimpfquoten bei 20-34 Jährigen in Rheinland-Pfalz
F. Burckhardt (1), M. Schuster (1,2), T. Stelzer (1), S. Bent (1)
(1) Landesuntersuchungsamt Rheinland Pfalz
(2) Department of Immunization, Vaccines and Biologicals (IVB), WHO Geneva
Hintergrund
kurz & knapp
Die weltweite Maserneradikation durch Impfung
bleibt eines der Hauptziele der Weltgesundheitsorganisation WHO. Dies erfordert eine
dauerhafte Immunität in der Population von
über 95%. Die natürliche Immunität wird bei
den vor 1970 Geborenen durch eine Infektion
mit Masernwildtypvirus angenommen. Damit
verbleibt die Impfung der nachfolgenden
Geburtskohorten die tragende Säule der
Eradikation.
Ab 2001 wurde der Impfstatus auf Basis des
Infektionsschutzgesetzes bei der Schuleingangsuntersuchung standardisiert von allen
Bundesländern erfasst und vom Robert Koch
Institut zentral gesammelt. Es besteht demnach
eine Wissenslücke bezüglich des Immunstatus
der nach 1970 Geborenen und vor 2001 Eingeschulten, also der heute etwa 20-40 Jährigen.
Primärziel unserer Studie war es, den
Masernimpfstatus der 20-34 jährigen Rheinland
Pfälzer zu erfassen, um Interventionsmaßnahmen zielgruppengerecht anpassen zu
können. Als Sekundärziele bewerteten wir die
Verwendung von Online- gegenüber Papierfragebögen.
>92%
???
geimpft
natürlich
immun
689.491 Männer
und Frauen 20-34 J
1637 zufällig gewählt und
angeschrieben
461 Antworten
20-24
25-29
30-34
männlich
60
43
65
168
weiblich
90
93
110
293
150
136
175
461
Abbildung : Bevölkerungsrepräsentative Stichprobe nach
Geschlecht und Altersgruppe
Ergebnisse
Diskussion
Wir benötigten einen Stichprobenumfang von
384 Personen, was bei angenommener 20%
Rücklaufquote 1920 Studienteilnehmer erforderte. 28 der 36 Kreise schickten rechtzeitig
ihre Adresslisten, so dass insgesamt 1637
Personen angeschrieben werden konnten.
Davon antworteten 384 (23%) per Briefpost und
78 (5%) online. 461 Fragebögen waren
auswertbar. Das Antwortverhalten war nicht mit
der Altersgruppe assoziiert, allerdings war der
Rücklauf von Frauen (293) größer als der von
Männern (168).
Auch wenn wir keine Unterschiede zwischen
Teilnehmern und Nichtteilnehmern feststellen
konnten, lässt sich ein systematischer Unterschied nicht völlig ausschließen.
Methoden
Wir ermittelten den benötigten Stichprobenumfang aus 20-34 jährigen Rheinland-Pfälzern
für eine nach Kreisen proportional geschichtete
Stichprobe. Wir nahmen 20% Rücklauf an.
Die Einwohnermeldeämter wurden gebeten, ein
gleiches Verhältnis an Männern und Frauen in
drei definierten Altersgruppen (20-24, 25-29,
30-24) zufällig aus ihren Registern zu ziehen.
Diese bekamen vom Studienzentrum Landau
einen zweiseitigen Fragebogen zu Alter,
Geschlecht und Impfstatus laut Impfpass mit
kleinem Kugelschreiber als Inzentivierung
zugeschickt. Pseudonymisierte Antworten
waren mittels beiliegendem frankiertem
Rückumschlag oder alternativ über eine PDFbasierte Onlinemaske möglich. Elektronische
Doppeleingaben wurden mittels Eingabetoken
markiert.
Eine Nonresponderanalyse verglich den
Einfluss von Altersgruppe und Geschlecht auf
Antwortverhalten mittels multipler logistischer
Regression. Antwortmodus (online ggü. Papier)
wurde ebenfalls mittels multipler logistischer
Regression nach Altersgruppe, Geschlecht und
Impfstatus ausgewertet. Die Impfquoten für
mindestens eine und zwei Impfungen wurden
mit 95% Vertrauensintervallen (VI) berechnet.
• Wie gut sind 20-34 jährige RheinlandPfälzer gegen Masern geimpft?
• Repräsentative Querschnittsstudie
• Antwort per Post oder Online
• 28% Rücklauf, keine systematischen
Unterschiede zu Nicht-Antwortenden
• 90% sind mindestens einmal geimpft,
56% zweimal geimpft
unabhängige
Variable
20-24 Jahre
25-29 Jahre
30-34 Jahre*
weiblich
Chancenverhältnis
0,82
0,86
1*
2,09
p-Wert
0,15
0,29
<0,01
95%
Vertrauensintervall
0,64 - 1,07
0,66 - 1,13
1,67 - 2,61
Tabelle 1: Antwortende – Nichtantwortende; *Bezugskategorie
Die Antwort über Papier- oder Onlinefragebogen
war unabhängig von Altersgruppe, Geschlecht
oder Anzahl Impfungen. Online-Antwortende
hatten jedoch häufiger „Impfstatus unbekannt“
angegeben.
unabhängige
ChancenVariable
verhältnis
Nicht geimpft
0,79
Einmal geimpft
1,24
Impfung unbekannt
3,51
Zweimal geimpft*
1*
20-24 Jahre
0,91
25-29 Jahre
1,32
30-34 Jahre*
1*
weiblich
1,10
p-Wert
0,66
0,48
<0,01
0,79
0,36
0,72
95%
Vertrauensintervall
0,27 – 2,25
0,67 – 2,27
1,58 – 7,81
0,46 - 1,80
0,73 – 2,38
0,65 – 1,85
Tabelle 2: Antwortverhalten Papier – Online; *Bezugskategorie
Die Impfquoten der 20-34 jährigen Rheinland
Pfälzer betrug 90% für mindestens eine Masernimpfung (VI:87%-93%) und 56% für zwei
Impfungen (VI: 51%-61%).
Einer von sechs Teilnehmern nutzte die
Möglichkeit, Online zu antworten, was die
Teilnahme deutlich erhöhte.
Für eine erfolgreiche Eradikation von Masern
sollen als WHO-Zwischenziel bis 2015 mindestens 80% der Bevölkerung auf Kreisebene
mindestens einmal geimpft sein. Die von uns
untersuchte Gruppe der 20-34 jährigen
Rheinland-Pfälzer hat mit 90% dieses Ziel
bereits jetzt deutlich überschritten.
Die von der WHO für 2020 angestrebte
Impfquote von 95% für zwei Impfungen auf
Kreisebene ist von den 20-34 jährigen
Rheinland-Pfälzer mit gegenwärtig 56%
zweifach Geimpften nicht erreicht. Hier sind
zusätzliche aufsuchende und angepasste
Impfkampagnen, zB. durch Betriebsärzte nötig.
If you don‘t like the vaccine…
…try the disease!
Danksagung
Die Feldarbeit dieser Studie wurde von Frau Schuster während
ihrer Postgraduiertenausbildung für angewandte Epidemiologie
durchgeführt. Das Robert- Koch Instituts bildet Wissenschaftler
im Bereich der Infektionsepidemiologie aus, um epidemiologische Methoden für den Infektionsschutz im Öffentlichen
Gesundheitsdienst einzusetzen.
Literatur
“Global measles and rubella strategic plan : 2012-2020”, WHO
Regional Office for Europe, Copenhagen, Denmark
Kontakt:
Florian Burckhardt, [email protected]
Melanie Schuster, [email protected]
Poster: http://www.burckhardt.de/masernstudie.pdf