MENSCHEN MENSCHEN Hundertprozentige Solidarität: Raoul Weil und Ehefrau Susanne Lerch. Kraft DER LIEBE Er war UBS-Manager und geriet in die Fänge der amerikanischen Justiz. RAOUL WEIL wurde als Krimineller behandelt und in Ketten gelegt, bevor die Geschworenen ihn freisprachen. Ohne die Liebe seiner Frau hätte er das Martyrium nicht durchgestanden. Text Artur K. Vogel Fotos Vera Hartmann E in Paar in den besten Jahren führt geholfen, Vermögen von 20 Milliarden portier hatte bemerkt, dass Raoul Weil auf im vergoldeten Herbstwald ob Dollar vor dem US-Fiskus zu verstecken. einer Fahndungsliste stand, und die Cara dem Zürcher Dorf Gockhausen Er war zum «Bauernopfer im Steuerstreit binieri alarmiert, die nun mitten in der einen Hund spazieren. Der hört auf den zwischen den USA und der Schweiz» ge Nacht an die Zimmertür klopften. Namen Madhu, was im altindischen Sans worden, wie er sagt. krit «Honig» bedeutet und sich auf die 2009 sah sich die UBS gezwungen, In einer Zelle mit Mördern Farbe seines Fells bezieht. Der Mann und ihn zu entlassen. Doch richtig dramatisch Was folgte, waren fast zwei Monate im Bo die Frau in Freizeitkleidern strahlen zu wurde es vier Jahre später. Während einer logneser Hochsicherheitsgefängnis «La rückhaltende Eleganz aus. Noch offen Italienreise verbrachte das Paar die Nacht Dozza» mit dem einzigen Lichtblick, dass sichtlicher aber ist ihre Kom ihn seine Frau jede zweite Woche plizenschaft: Auch wenn sie zwei Stunden besuchen durfte. schweigend durch das gefallene Der einst hoch dotierte Banker Laub stapfen, sind ihre Gesten, fand sich mit zwei Mitgliedern ihre Blicke, ihre Gedanken der sizilianischen Mafia in einer aufeinander abgestimmt, und zehn Quadratmeter grossen Zelle manchmal nehmen sie sich wieder. Mörder, Bandenführer, spontan in die Arme. Zuhälter und Dealer leisteten ihm «Ohne meine Frau, ohne Gesellschaft. Als er gegenüber ei ihre Liebe, ohne ihre hundert nem neapolitanischen Mitge prozentige Solidarität hätte ich fangenen erwähnte, dass er Ban den sechsjährigen Albtraum ker sei, meinte dieser grinsend: kaum überstanden», hat der «Dann sind wir aus derselben Mann zuvor gesagt. Er, das ist Branche. Ich bin Bankräuber.» Raoul Weil, 56 Jahre alt, einst Nach Weils Verhaftung rät 14. Oktober 2014: Raoul Weil und Susanne Lerch (M.) Mitglied der Konzernleitung selten Medien, weshalb er die auf dem Weg zum Prozess in Fort Lauderdale, Florida. der Grossbank UBS und Chef Schweiz überhaupt verlassen und von 63 000 Angestellten; sie, das ist Su vom 18. auf den 19. Oktober 2013 im ehr sich damit dem Risiko eines Zugriffs der sanne Lerch, diplomierte Übersetzerin, würdigen Hotel I Portici im Zentrum von US-Justiz ausgesetzt habe. Dabei hatte das später Personalchefin. Die beiden haben Bologna, wo laut dessen Eigenwerbung Paar einfach Ferien gemacht. Zuvor hat 1996 in den USA geheiratet, dem Land, «der Besuch im Zeichen der Entdeckung ten sich die Schweiz und die USA geeinigt, das sie liebten und das ihnen den Alb und des Zaubers für den Gast zur kom die UBS hatte den Amerikanern zahl traum beschert hat. Eine Anklage wegen plett neuen Erfahrung für alle fünf Sinne reiche Kundendossiers ausgehändigt, und Verschwörung zum Steuerbetrug machte wird». Der Aufenthalt wurde tatsächlich die Finma, die eidgenössische Aufsichts Raoul Weil ab 2008 zum Gesuchten und zur neuen Erfahrung und zum Zauber, behörde für den Finanzmarkt, hatte Raoul Gehetzten: 17 000 Amerikanern habe er wenn auch zu einem faulen: Ein Nacht Weil in einem Gutachten attestiert, keine ➳ 20 Schweizer Familie 49/2015 Schweizer Familie 49/2015 21 MENSCHEN MENSCHEN Die Ereignisse haben Raoul Weil und Susanne Lerch zusammen geschweisst. LESERANGEBOT Das Buch «Der Fall Weil» jetzt bestellen machen und diese an meine Anwälte weitergeben sollte, wurden von ihr opti miert.» Noch vor dem Prozess errang Raoul Weil einen Etappensieg: Gemäss einem Abkommen der US-Steuerbehörde mit den Banken war es zum Zeitpunkt, als Weil seine angeblichen Verbrechen be gangen haben soll, «für eine ausländische Bank völlig legal gewesen, undeklarierte Konten für Amerikaner zu unterhalten». Der Richter entschied, dass Weils Ver teidiger die Geschworenen über diesen Sachverhalt instruieren durften. Damit wäre der Hauptanklagepunkt vom Tisch gewesen, doch das amerikanische Justiz departement wollte Weil nachweisen, dass er aktiv und persönlich Kunden in den USA bei der Steuerhinterziehung unter stützt habe, was Weil stets bestritt. Am 14. Oktober 2014, fast genau ein Jahr nach Weils Verhaftung in Bologna, begann vor dem Geschworenengericht in Als Leserin oder Leser der «Schweizer Familie» erhalten Sie das Buch zum Preis von 29.90 statt 39.90 Franken. «Der Fall Weil. Wie mein Leben in den Fängen der US-Justiz zum Albtraum wurde», von Raoul Weil, 368 Seiten, gebunden, Wörterseh Verlag. «Zu wissen, dass da jemand ist, auf den man sich absolut verlassen kann, ist eine wunderbare Erfahrung.» Am 19. Oktober 2013 wurde Raoul Weil, einer der ganz Grossen des weltweiten Private Banking, um 1 Uhr 30 in seinem Hotelzimmer in Bologna verhaftet. An den Ereignissen, die folgten, hätte er zerbrechen können. In seinem packenden Buch macht Raoul Weil klar, dass das Aufwachen aus einem Albtraum nur dann gelingen kann, wenn man im Sturm des Lebens nicht allein gelassen wird. BITTE SENDEN SIE DEN TALON AN: Wörterseh Verlag, «Schweizer Familie»Aktion, Im Langstuck 14, 8044 Gockhausen. Internetbestellung via www.schweizer familie.ch/leserangebote ✁ Bestelltalon _____ Anzahl Exemplare «Der Fall Weil» à 29.90 statt 39.90 Franken (inkl. MwSt., Porto und Verpackung) Vorname/Name Strasse/Nr PLZ/Ort Telefon Datum/Unterschrift 22 Schweizer Familie 49/2015 Raoul Weil über seine Frau Susanne Lerch Vergehen begangen zu haben. Eine USDetektei erteilte ihm die Auskunft, dass er ausser in die USA überall hin reisen kön ne. Ein fataler Irrtum. Während der Haft begann Raoul Weil, Notizen zu machen. Diese sandte er heim lich mit den Briefen an seine Frau, die ihm den Anstoss dazu gegeben hatte: «Ich fand, es sei wichtig für Raoul, geistig fit zu blei ben», sagt Susanne Lerch. Zuerst schrieb er «aus therapeutischen Gründen». Später, während des Prozesses in Fort Lauderda le, Florida, führte er Protokoll. Schliess lich wurde daraus ein Buch: ein aus dem Leben gegriffener Kriminalroman. Demütigende Behandlung Nach zähen juristischen Verhandlungen stimmte Raoul Weil in Bologna der Aus lieferung zu und wurde am Freitag, den 13. Dezember 2013, wie ein Schwerver brecher in die USA verfrachtet, im Flug zeug zwischen zwei US-Beamten, mit einer Eisenkette um den Bauch, an die er mit Handschellen fixiert war. Der Unterschied zwischen dem italienischen und dem US-Gefängnis war frappant: «In Italien herrschte das Chaos; der Knast in den USA war hingegen auf maximale Effizienz ausgelegt», sagt er. Zudem hat das US-Jus tizsystem allerhand Demütigungen erfun den, «um Gefangene zu zermürben»: von Handschellen und Fussfesseln für den Gang ins Gericht, die das Gehen zum mühsamen Watscheln werden lassen, bis zu Häftlingsuniformen, auf denen in Leuchtschrift die Worte «Federal Priso ner» – Staatsgefangener – prangen. Nach einer Woche im amerikanischen Gefängnis erwirkten Raoul Weil und seine Anwälte, dass er, mit einer elektronischen Fussfessel ausgestattet und unter Hinter legung einer Kaution von mehreren Mil lionen Dollar die Zeit bis zum Prozess im Haus eines befreundeten Paares in New Jersey verbringen durfte. «Als der Richter diesen Entscheid verkündete, musste ich mich schwer zusammennehmen, um nicht in Freudentränen auszubrechen», sagt Raoul Weil. Nachdem viereinhalb Millionen Seiten Gerichtsakten ausgewertet, die Verteidi gungsstrategie ausgeheckt, die Anklage schrift zerpflückt und mehrere Versionen des möglichen Prozessverlaufs eingeübt waren, wurde Raoul Weil von einer Spe zialistin für den Prozess getrimmt: «Selbst meine Kleidung, mein Haarschnitt, meine Körperhaltung, sogar die Art und Weise, wie ich während des Prozesses Notizen Fort Lauderdale der epische Kampf zwi schen Staatsanwälten und Verteidigern, die Demontage von Zeugen, das Ringen um das Wohlwollen der zwölf Geschwo renen. Gerichtsverfahren in den USA ver laufen «nach sehr ausgeklügelten und sehr komplizierten Regeln. Wenn der Ange klagte gut vertreten wird, hat er eine gewis se Chance auf eine gerechte Entscheidung. Aber wer nur mit einem Pflichtverteidiger kommt, hat einen sehr schweren Stand. Die US-Staatsanwaltschaft gewinnt 95 Pro zent ihrer Strafprozesse.» Für Raoul Weil hatte die UBS wie für alle Kadermitarbei ter eine Rechtsschutzversicherung abge schlossen. Ohne diese hätte auch er sich die ausserordentlich aufwändige Verteidi gung, die während des Prozesses mehrere zehntausend Dollar pro Tag verschlang, kaum leisten können. Die Verteidigung konnte nachweisen, dass der Hauptzeuge der Anklage «ein ➳ ANZEIGE i g n a g Wie it m g i ir cht m u d Gäl ? Mit Wissen, Wille und einer engagierten Partnerin. Darum unterstützen wir den Nachwuchs im Bereich Bildung. Ganz einfach. moneyfit.postfinance.ch Hund Madhu ist der Gefährte von Raoul Weil und Susanne Lerch. «Was passierte, war auch ein Segen. Wir haben gesehen, wer unsere wirklichen Freunde sind.» notorischer und pathologischer Lügner» war, der mit einem überaus umstrittenen Deal mit den US-Behörden schon 2008 seine eigene Haut gerettet hatte. Die Staatsanwälte hingegen konnten den Be weis nicht erbringen, dass Weil persönlich in illegale Geschäfte der UBS mit USKunden verstrickt war. Raoul Weil hatte nicht wie andere Schweizer Banker einen Deal mit der ame rikanischen Regierung ausgehandelt, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, sondern sich der US-Justiz gestellt. Und der Kampf lohnte sich: Am späten Nach mittag des 3. Novembers 2014, verkündete der Vorsitzende der Geschworenen nach kurzer Beratung das Urteil: «Unschuldig.» Sofort nach dem Freispruch und den ge waltigen Emotionen, die dieser freisetzte, liess Raoul Weil sich die Fussfessel ent fernen: «Ein Beamter schlug mit einem Schraubenzieher den Bolzen aus dem Gummigurt, die Fessel sprang auf, und ich war – frei. Amen!» Am Tag danach reiste das Paar von Miami zurück in die Schweiz. Weil wollte endlich seine Eltern wieder sehen und seinen Hund Madhu. In die USA zurückkehren wollen Susanne Lerch und Raoul Weil vorerst nicht. «Wenn das nicht passiert wäre, hätte ich eine ganz normale Top-Bankkarriere gemacht und ginge jetzt allmählich mei Susanne Lerch ner Pensionierung entgegen», sagt Raoul Weil. Aber er sagt es ohne Bitterkeit. Er und seine Frau haben sich mit dem Schick sal versöhnt und geniessen das Leben: Ferien im Bündnerland, lange Spaziergänge mit dem Hund, Abende beim Kartenspiel Bridge. Die Ereignisse haben die beiden zusammengeschweisst: «Zu wissen, dass da jemand ist, auf den man sich absolut verlassen kann, ist eine wunderbare Er fahrung», sagt er. Und Susanne Lerch er gänzt: «Insgesamt war, was passiert ist, auch ein Segen. Wir haben gesehen, wer unsere wirklichen Freunde sind. Ihre Quantität hat abgenommen, die Qualität aber hat enorm zugenommen.» ● ANZEIGE Mit bis 10 20.– 0 der K 0.– an a aufla sse den. Macht auch geheime Wünsche wahr. Die Geschenkkarte von Coop. Schenken Sie Freude. Mit der Geschenkkarte von Coop liegen Sie immer goldrichtig. Sie bestimmen einfach den Wert zwischen 20.– und 1000.– und überlassen es dem Beschenkten, wo er sich seine Wünsche erfüllt. Die Geschenkkarte ist in jeder Verkaufsstelle der Coop-Gruppe gültig. Jetzt erhältlich bei:
© Copyright 2024 ExpyDoc