Statement über praktische Erfahrungen mit Herdenschutz und

Statement über praktische Erfahrungen mit Herdenschutz und großen Beutegreifern
in Brüssel 15.02.2016
- Auch ich darf Sie meinerseits herzlich begrüßen
- ich bin B.R, habe 3 K. Wir bewirtschaften einen Almbetrieb mit 20 Milchkühen,46 st. Jungvieh,
Züchten Bayr. Kaltblutpf., z. Zt. 4 St., haben 20 – 30 Schafe (Seltene Bergschafe)
1.
Alm Wildfeldalm, liegt auf einer Höhe von 1400-1800 m, ist 82 ha groß, davon 72 ha
Lichtweidefläche, die Schafe weiden in den oberen felsigen Regionen, die Rinder in der unteren
Region Die Tiere werden von zwei Almleuten betreut. Die Schafe vereinigen sich z. T. mit denen
der zwei Nachbaralmen, wird noch mit ca.100 Stück Jungvieh bestoßen
2.
die Alm liegt in einem Landschaftsschutzgebiet, Vogelschutzgebiet, FFH-Gebiet, Natura2000-Gebiet, da sich hier ca.150 mehr oder weniger geschützte Arten befinden
-Bayrische Almwirtschaft erläutern mit Zahlen: Almen und Alpen
Lichtweidefläche: 40.000 ha
Bestoß Rinder: 50.000 Stück
davon 90% Jungtiere
Schafe Ziegen: 3052 Stück
Pferde: 900 Stück
In den bayr.Alpen ist das größte zusammenhängende Eeidegebiet Deutschlands.
Weideflächen und Tierzahlen in Tallagen sind nicht enthalten.
Aber auch die Talbetriebe mit ihrem Heimweiden und Hutungen, die ebenfalls Heimat vieler
geschützterTiere und Pflanzen sind, gehören zu den durch große Beutegreifer gefährdeten Flächen.
Mit unserer Arbeitsweise erhalten wir die Heimat für eine hochspezialsierte, endemische Fauna und
Flora. Wir betreiben damit eine absolut artgerechte Tierhaltung und produzieren gesunde
Lebensmittel.
Die großen Raubtiere sind da wesentlich anspruchsloser mit ihren Lebensraumanforderungen.
Auch wenn unsere rErfahrungen im Vergleich mit anderen Ländern geringer sind – aus Gesprächen
mit betroffenen Landwirten wissen wir, mit welchen Problemen wir zu rechnen haben.
Erfahrungen mit Bruno, dem Bären und Wolf:
Leider finden sich alle durchziehenden oder standorttreuen Raubtiere irgendwann in unserer
Gegend ein.
Bruno hat ein Schaf unter den Augen meines Mannes gerissen und nur mit einem Stock bewaffnet
schaute der, dass er weg kam. Nachdem der Bär vor Menschen keine Scheu zeigte, wurde er ins
Jenseits befördert.
2010 war der erste Wolf da, der auch gleich blieb. Ich wurde gebeten, unsere Erfahrungen zu
schildern.
Die erste einschneidende Erfahrung ist, dass die ganze Familie samt Hirten sich in einer
permanenten Anspannung und Unsicherheit befindet, Albträume mitinbegriffen. Die kleinste
Unregelmäßigkeit bei den Tieren versetzte uns in Alarmstimmung und man hat das Gefühl einer
ständigen Bedrohung.
Auch jetzt, nach dem immer wieder durchziehende Wölfe bemerkt werden, lässt man die Tiere nicht
mehr mit innerer Ruhe raus.
Nachdem der Wolf das erste Schaf gerissen hatte, versuchten wir und der Nachbar, die Tiere
einzufangen und ins Tal zu bringen. Aber sie waren so verschreckt, dass uns das erst nach 1-1-halb
Wochen gelang. Inzwischen hatte er 7 Stück (meist 1-jährige) in kürzester Zeit bei schlechtem
Wetter gerissen. Ein Rind stürzte während einer dieser Nächte tödlich ab.
Wir bekamen den Fleischwert nur von den Schafen ersetzt, die auch genetisch nachgewiesen vom
Wolf getötet wurden, nicht den Zuchtwert. Damals stritten es die Behörden vehement ab, dass auch
Rinder durch Einzelwölfe geschädigt werden können. Und so gab es hier keine Entschädigung.
Auch der erhöhte Arbeitsaufwand wird nicht ausgeglichen.
Insgesamt waren 42 Schafe dadurch nicht mehr ins Tal zurückgekehrt.
Die Rinder waren sehr schlecht handelbar und unruhig, sie waren vermehrt aggressiv mit den
Hunden der Wanderer und kamen magerer ins Tal
Überhaupt war in diesem Sommer die Absturzquote im Wolfsrevier bei den Rindern und Kälbern
um 30% höher als in anderen Almsommern.
-Herdenschutzprojekt vorstellen, Schlußfolgerungen.
Resümee über das Herdenschutzprojekt des LFU auf der Rotwand Herbst 2011
Das LfU hat die Gelder für ein Herdenschutzprojekt mit geübten Hirten und Hunden aus der
Schweiz gestellt, wir wollten endlich einmal belastbare Kosten und Zahlen sehen. Also
stellten wir und die Nachbarn unsere ca. 100 Schafe zu Verfügung. Die Großraubtiere unterstehen
dem Umweltresort,
und so liegt unserer Meinung nach die Zuständigkeit hier und nicht das Landwirtschaftsministerium
muss dafür bezahlen. Wer sich mit den Welpen brüsten will, muss auch für die Leichen gradestehen.
Dadurch, dass die Herden und wir keine Vorbereitungszeit hatten, waren mehrere
triebige Böcke dabei und das Ablammen zeitlich für die Sache recht ungünstig.Auch war das
Rauffen um die Leitung der Herde unter den Mutterschafen nicht gerade lustig . Bei Übungen für`s
Treiben mussten die Mutterschafe von den Hunden aussortiert werden, was das Ganze erschwerte.
Als Folge der ganzen Unruhe verstießen zwei Aren je zwei Lämmer von Drillingsgeburten
(verstorben), einen Zwilling ebenso,wurde mit der Flasche aufgezogen und ein Lamm erhängte sich
im Zaun. Und so hat man sich auch eine Notbehirtung vorzustellen.
Zur Arbeit der Hirten lässt sich sagen – sie war einwandfrei und beeindruckend.
Aber als die Koppel abgebaut wurde, sahen wir das ganze Ausmass der sehr konzentrierten
„Nährstoffeinbringung“ in die Magerrasenfläche. Die Fläche war auch scharf verbissen.
Und nun zu unseren gewonnenen Einsichten und Ansichten, die ich hier in lockerer Reihenfolge
aufliste.
Unsere 3 Almen wären wohl auf den ersten Blick für einen Herdenschutz mit
Herdenzusammenlegung und
gezielter Weideführung geeignet, a b e r
-auf keiner Alm gibt es einen geeigneten Platz für einen Pferch/ Plätze zum versetzen,
der nicht in irgendeiner Weise entweder eine FFH-, Natura 2000- oder VNP- Fläche
beeinträchtigen würde
der sich nicht auf Flächen, die für die Rinder bestimmt sind befindet
der Schutz vor Hitze, Wind, Regen und Schnee gleichzeitig bietet
Zur Lösung dieses Problems müsste auf jeder Alm (#Landschaftsschutzgebiet) ein Schutzstall mit
Schlepperweg (entmisten, Heulieferung bei anhaltendem „Wolfswetter“) und Wasserleitung gebaut
werden.Die üblichen Almställe sind ja von den Rindviechern besetzt und die Bauweise viel zu
warm für Schafe.
Unsere Schafe brauchen, wenn sie Tag und Nacht draussen sind kein Wasser
(Tautrinker), aber die Hunde sehr wohl. Sind sie alle nun oben in der Felsregion, müssen die Hunde
2x tgl runter zum saufen, diese gehen miteinander, haben ihren Rhythmus, das merken Wölfe sehr
schnell und nutzen das aus.Also auch in den oberen Regionen der Almen Wasserstellen bauen?
Auch sagten uns die Hirten, deren Ansprüche und Lebensstandart sich nicht von deutschen Hirten
unterscheidet, klipp und klar, dass sie NICHT, wie uns von Umweltseite immer suggeriert wird
wochenlang zelten wollen, sondern eine Hütte zum Schlafen, Essen machen, duschen, Wäsche
waschen und mal einen kranken Hund zum pflegen brauchen.
Die Hütten für das übliche Almpersonal befinden sich nicht in der Schafregion und sind auch zu
klein,um auf Dauer mehrere Hirten und Hunden zu beherbergen.
Ein qualifizierter Schafhirte mit ausgebildeten Hütehunden verlangt einen anderen Lohn als ein
Saisonhirte. Ausserdem bräuchte man seit dem neuen Arbeitsschutzgesetz eh mind. 2 Hirten für
einen Schichtdienst bei Raubtierpräsenz. Und wer soll diese Löhne bezahlen? Wer Sozialabgaben
und Versicherungen? Wie geht`s im Winter
für diese Hirten mit ihren Hunden weiter? Und wo kommen ausgebildete Hirten her? Dieser Beruf
hat große Nachwuchsprobleme. Wohin mit den Herdenschutzhunden im Winter? Ein
Herdenschutzhund kostet 800 Euro, lohnt sich erst ab 500-600 Schafen. Wo gibt es in den
Deutschen Alpen diese Herdengößen? Oft braucht man 2 Hunde – wer kann sich das leisten?
Ausserdem erhöht sich der Betriebshaftpflichtbeitrag um Einiges wegen der drohenden
Zwischenfälle mit den Hunden. Wir müssen aber wirtschaftlich arbeiten können.
Bei kleinen Herden bedeutet ein Überfall nicht selten 50% Verlust.
Was die beiden Schweizer enorm störte und sehr negativ beeindruckte, waren die unkontrollierten
und undisziplinierten Touristenströme. Die Leute liefen auch in diesen Tagen querfeldein,
beachteten die Warntafeln, die wegen der Aktion aufgestellt wurde überhaupt nicht, nahmen den
Koppelzaun sogar als neueWegmarkierung her.
Das war laut Walter der Knackpunkt, warum sie mit Herde und Hunden nicht ausserhalb des Zaunes
arbeiten konnten und diese Tatsache wird sich auch in naher Zukunft nicht ändern.
Ganzjährige Koppelhaltung kommt aus verschiedenen Gründen nicht in Frage.Ist der Zaun
wolfsdicht, so ist er auch wilddicht. Vögel und kleinere Tiere erhängen sich darin, größeres Wild
kann auf den Flächen nicht mehr äsen, der Verbiss steigt, die wertvolle halboffene
Übergangsflächevon offenlandschaft und Wald verschwindet.
Ausserdem berichteten die Beiden an einem Info – Abend
dass Bauern, die Herdenschutz betreiben oft in einen Sack mit Wolfsschützern gesteckt und massiv
angefeindet werden
dass Almen, auf denen sie nach einem Wolfsüberfall als Notfallschützer arbeiten, dann
üblicherweise von den Wölfen in Ruhe gelassen werden und eben die Viecher auf der Nachbaralm
dran sind (Verlagerung in ungeschützte Herden)
dass in der Schweiz immer zu wenig Geld für Herdenschutz da ist
dass auch sie Almen haben, die mit unserer Situation wie in den Garmischer Gebieten vergleichbar
sind („Mittelland“) , diese Gebiete praktisch nicht zu schützen sind und bei Wolfspräsenz die
Schafhaltung dort aufgegeben wird, ebenso Almen mit kleinen Herden, die allein in einem Gebiet
liegen und es völlig unrentabel für den Betriebsleiter ist, hier einen Herdenschutzhund zu halten,
von Almpersonal, die sich vor Hunden fürchten
Oft betonten sie,dass sie nur Erfahrungen mit Einzelwölfen, nicht mit Paaren oder Rudeln haben
(wobei die Wölfe, kaum sind sie zu zweit, sich immer gleich einen größeren Braten holen, sprich
Rinder )
dass sie hier nur vom Schutz von Kleinvieh (Schafe, Ziegen) sprechen, von nichts anderem
dass ein Wolf, der in einen Nachtpferch ohne Schutzhund eindringt Schafe reißt, bis keins mehr
lebt, da sie sich alle nur in Panik im Kreis bewegen, um ihn herum, ausser sie können ausbrechen,
also ist Schlechtwetter-und Nachtpferchhaltung ohne Hund auf jeden Fall nicht möglich.
Obwohl dieses Projekt geklappt hat – die Bedingungen waren ja auch optimal, die Leute vor
Ort die Besten ihrer Zunft- können wir beim besten Willen nicht Hurra schreien, denn alle
Bedenken, die wir VORHER beim Herdenschutz in den extensiven Weidegebieten mit schwierigem
Gelände hatten wurden nicht ausgeräumt, im Gegenteil sogar bestätigt, gesteigert und noch
vermehrt.
Auch unsere Kälber, die ja nicht in Mutterkuhhaltung aufgezogen werden, sind massiv riss
gefährdet, in steilem Gelände alle Tierarten absturzgefährdet.
Und was bei hetzenden Rudeln auf der Jagd los wäre mit unserenTieren, da brauchen wir nur nach
Ost und Norddeutschland oder über die Grenze zu schauen.
Wir denken, Gesetze sind dazu da, bei sich ändernden Bedingungen überdacht und gegebenenfalls
verbessert zu werden und sind nicht wie das Amen in der Bibel unantastbar für die Ewigkeit.
Und „der Wolf ist nicht der bessere Mensch“, sondern er unterliegt den gleichen ethischen
Gesichtspunkten wie die trächtige Hirschkuh oder Gams in einer aufgeforsteten SchutzwaldSanierungsfläche.
Herr Hilbrand bestätigte die Tatsache, dass es Weidegebiete gibt, wie z.B. im Karwendelgebirge, in
denen nicht einmal ein Herdenschutzprojekt möglich wäre, da die Landschaft dort so filigran und
mit Felsen, Büschen, und Schluchten durchsetzt ist, dass die Tiere dort nur in Kleinstgruppen
weiden können und für einen Schutzhund die Lage nicht überschaubar ist, einen Zaun zu erstellen
ncit möglich ist.
Funktionierender Herdenschutz ist in unserer kleinteiligen Bewirtschaftungsweise und
Betriebsgrösse weder finanziell noch personell zu stemmen.
Eine Erfahrung der anderen Art machen wir immer wieder mit den großen Naturschutzverbaänden
und Leuten, die aus dem bloßen Verdacht der Anwesenheit von Wolf, Luchs oder Bär Geld
verdienen wollen. Da man mit ihnen wesentlich mehr Spenden generieren kann als z.B. mit Frosch
oder Schnecke auf der Roten Liste, wird in den verschiedenen Medien, in Schulen, bei
Veranstaltungnen und auf Wanderführungen massiv, z. Teil mit falschen Aussagen für die
Fleichfresser geworben. Mitgliedern aus den Naturschutzverbänden, die sich ernsthaft mit dem
Thema auseinendersetzen und zu den gleichen Ergebnissen wie wir Praktiker kommen, wird in der
Regel ein Maulkorb umgehängt.
Bei einer Bevölkerung, die keine Ahnung mehr von Landwirtschaft und Zusammenhängen in der
Natur hat, aber gleichzeitig Sehnsucht nach einer heilen Welt und Naturerleben, fällt das auf
fruchtbaren Boden. Sie sind dann der festen Überzeugung, das Wolf und Bär ein Zeichen für
biologische Vielfalt ist.
Das Buhlen um diese Wählerstimmen wiederum hindert Politiker daran, endlich einen neutralen,
sachlich und fachlich fundierten Abwägungsprozess zu beginnen. Stattdessen helfen die meisten mit,
dass über eine Art, die schon lange nicht mehr vom Aussterben bedroht ist eine Glasglocke
gestülpt wird .
Sie nehmen in Kauf, dass durch die Aufgabe von Weidegebieten artenreiches Grünland verbuscht
und verödet mit allen anderen Folgen, die sich daraus ergeben, die Artenvielfalt massiv abnimmt,
die artgerechteste Tierhaltung unmöglich wird, ja eine indirekte Enteignung der Landwirte erfolgt.
Der wichtige Wirtschaftszweig Tourismus nimmt durch die Veränderung der Landschaft großen
Schaden.
Immer wieder werden von der urbanen Bevölkerung und auch von Wissenschaftlern Forderungen
an uns gestellt, sei es in der Produktionsweise, in der Tierhaltung oder in der Wirtschaftsweise. Aber
dass jede Änderung zwangsläufig weitere Veränderungen nach sich zieht, das will dann niemand
akzeptieren. Gegenargumente werden fast grundsätzlich mit dem Satz „Mit ein bisschen Guten
Willen geht es schon. Die Bauern wollen bloß nicht.“ ignoriert und abgetan.
Theoretisch denkbar ist vieles, aber es muss auch umsetzbar sein.
Ich meine es ist ein berechtigtes Anliegen, dass die Forderungen, die an uns herangetragen werden
in der Praxis funktionieren müssen, also realistisch, praktikabel und bezahlbar sein müssen.
Und da hier beim besten Willen keine Lösungen in Sicht sind, fordern wir nach wie vor die
Einrichtung einer sogenannten „wolfsfreien Zone“, einer „No go – Area“ im gesamten deutschen
Alpenraum/Berggebiet, im Sinne einer besseren Regulierung eine Zurückstufung des Wolfes in den
FFH-Richtlinien.
Ausserdem möchten wir, dass auch hier global bzw. europäisch gedacht wird und man nicht in
Kleinstaaterei zurückfällt – der Wolf ist weltweit nicht vom aussterben bedroht!