Knaller, Böller und Raketen: Das heiße Spiel mit dem Feuer In Niederfüllbach (Landkreis Coburg) zogen sich zehn Menschen durch Pyrotechnik ein Knalltrauma zu. Ein Feuerwerkskörper war an einem Baum abgeprallt und über den Köpfen der Feiernden detoniert. Zwei Kinder im Alter von sieben und neun Jahren wurden in Hettstadt (Landkreis Würzburg) von Feuerwerkskörpern getroffen und dabei leicht verletzt. Eine Feuerwerksbatterie war umgekippt, weshalb die Raketen in Richtung der Geschwister flogen. Ein zehnjähriger Junge kaufte an einem Kiosk mehrere Feuerwerkskörper. Aus ungeklärten Umständen entzündete sich eines der Feuerwerke von selbst in der Hosentasche des Kindes... 200 Kinder erleiden jährlich durch den unsachgemäßen Umgang mit Feuerwerkskörpern Verbrennungen, Augenverletzungen und Hörschäden. Kinder sind fasziniert von Feuerwerk. Feuerwerk muss laut sein, damit es die bösen Geister des alten Jahres vertreibt - und schön ist es noch dazu. Aber Vorsicht! Nicht zwangsläufig, um der Tradition gerecht zu werden und die bösen Geister des Vorjahres zu vertreiben, sondern vielmehr, weil sie nicht mehr nur passiv zuschauen, sondern aktiv zündeln und zünden wollen. Das jedoch ist gefährlich. Und so wollen die einen an Silvester unbedingt bis Mitternacht wach bleiben, andere haben schreckliche Angst vor dem Lärm. Ein bisschen Angst ist auch gut, denn jedes Jahr wieder passieren zahlreiche Unfälle mit dem Silvester-Feuerwerk, vor allem durch falsche Handhabung. Unfälle und Pyrotechnik gehören leider zusammen und fast immer ist es Leichtsinn, der dabei eine Rolle spielt. Dabei ist es egal, ob man etwas falsch macht, weil man es nicht besser weis oder ob man aus falscher Routine schlampig wird. Zur Vermeidung von Personen- und Sachschäden werden deshalb der Umgang und der Verkehr mit diesen Gegenständen (z. B. Verkauf, Lagerung, Verwendung) durch das Sprengstoffrecht geregelt. Einteilung pyrotechnischer Gegenstände Die Palette der Feuerwerkskörper ist groß. Sie sind nach Gefährlichkeit eingeteilt. Es gibt drei große Arten von Feuerwerk: • Party- und Jugendfeuerwerk: Dazu gehören zum Beispiel Wunderkerzen und Knallerbsen. Diese Artikel darf man ganzjährig verwenden, sie unterliegen keiner Altersbeschränkung. • Silvesterfeuerwerk: In diesen Bereich fallen Knaller und Raketen, die nur zu Silvester an Personen über 18 Jahre verkauft werden dürfen. • Profi-Feuerwerk: Artikel dieser Art – etwa Großfeuerwerke und spezielle BühnenEffekte – dürfen nur professionelle Feuerwerker („Pyrotechniker“) nach Vorlage eines entsprechenden Nachweises kaufen. Der Gesetzgeber hat pyrotechnische Gegenstände in verschiedene Kategorie eingeteilt. Von denen nur die Kategorien 1 und 2 frei verkauft werden dürfen. Zur Klasse I gehören zum Beispiel Knallerbsen, Silberregen oder Wunderkerzen, diese dürfen an Jugendliche unter 18 Jahren verkauft werden. Bei kleineren Kindern sollten Eltern auch das Abknallen der Feuerwerkskörper der Klasse I beaufsichtigen. Raketen, Böller und Kanonenschläge gehören zu den Feuerwerkskörpern der Klasse II. Diese dürfen nicht an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren verkauft und von ihnen gezündet werden. Viele Gefahren können oft schon beim Einkauf vermieden werden. Beim Kauf von Silvesterknallern ist es wichtig, auf das Prüfzeichen „CE“ oder die BAM-Zulassungsnummer der Bundesanstalt für Materialprüfung zu achten. Die „illegalen Knallkörper“ explodieren häufig nicht nur mit einem ohrenbetäubenden Lärm, sondern besitzen häufig eine Sprengkraft, die zu schweren Verletzungen führen kann. Woraus besteht ein pyrotechnischer Satz? Grundsätzlich unterscheidet sich eine normale Verbrennung nur wenig von der eines pyrotechnischen Satzes. Dennoch gibt es Unterschiede wie die Verbrennungsgeschwindigkeit oder auch die Komplexität in der die Reaktionen ablaufen. So werden in pyrotechnischen Sätzen Brennstoffe (Reduktionsmittel) durch ein Oxidationsmittel, meist noch unter Anwesenheit von weiteren Stoffen wie Katalysatoren usw., oxidiert. Abhängig ist das Abbrandverhalten von Feuerwerkssätzen auch noch von anderen Faktoren wie Partikelgröße, den Abbrandbedingungen (Temperatur, Druck oder Verdämmung) und in wenigen Fällen auch von der Art der Entzündung. Die Chemikalien, die in den pyrotechnischen Sätzen Verwendung finden, lassen sich in drei Gruppen gliedern: • Brennstoffe (Magnesium, Titan, Eisen, Ferrotitanium, Magnalium, Schwefel, Kohlenstoff, Schellack oder PVC), • Oxidationsmittel (Metallsalze sauerstoffreicher anorganischer Säuren z. B. Natriumnitrat NaNO3, Perchlorate), • Zusatzstoffe (z. B. Inhibitoren, Farbgeber, Bindemittel, Katalysatoren). Pyrotechnische Gegenstände bestehen in der Regel aus mehreren Komponenten: • einem pyrotechnischen Satz aus Sauerstoffspender und Brennstoff, • verschiedenen Umhüllungen aus Karton, Metall oder Kunststoff, die als Verdämmung den erforderlichen Druckaufbau ermöglichen, • einem Zünder (Lunte) Die mit einem pyrotechnischen Satz bestückten Hülsen werden als Ladung bezeichnet. Alle Teile bilden den Sprengkörper. Ein „pyrotechnischer Gegenstand“ kann danach aus mehreren Körpern bestehen. Zu dieser Gruppe zählen in erster Linie Feuerwerkskörper, Anzündmittel, Signalmittel und dergleichen. Risiko: illegales Feuerwerk und selbstgebaute Sprengsätze Immer wieder enden Spiele mit illegalen Krachern und selbstgebauten Sprengsätzen mit schweren Verletzungen. Toni R. aus Freiberg spielte mit kleinen "La Bomba"Krachern und verlor dabei sein Gehör. Jedes Jahr gehen Silvester auch in Deutschland Tausende von Feuerwerkskörper in die Luft. Doch da wird nicht nur legale, BAM-geprüfte Pyrotechnik gezündet, sondern auch verbotene Böller und selbstgebaute Sprengsätze. Die Wirkung illegaler Kracher wird immer wieder unterschätzt. Die Sprengkraft illegaler Böller ist in der Regel um ein vielfaches größer als die legaler Feuerwerkskörper. Sie erreichen nicht selten die Durchschlagkraft kleiner Granaten. Schon kleinste Mengen Blitzknallsatz entfalten eine unglaublich zerstörerische Wirkung. Dutzende Videos im Internet illustrieren das eindrucksvoll. So reicht schon ein illegaler "La Bomba"-Kracher mit nur drei Gramm Blitzknallsatz aus, um ein Toilettebecken komplett zu zerstören. Und mit einem 20- Gramm-Blitzknallsatz lässt sich auch eine Waschmaschine problemlos zerlegen 2011 beschlagnahmte allein(!) das Zollfahndungsamt Berlin-Brandenburg 6000 in Deutschland nicht zugelassene „Kracher“. Wie viel Pyrotechnik tatsächlich aus Polen, Tschechien oder den Postweg eingeschmuggelt werden, darüber gibt es keine verlässlichen Angaben. Vor zehn Jahren hatte die Berliner Feuerwehr einmal geschätzt, dass in Berlin neben den 3000 Tonnen legalen Feuerwerks 300 weitere Tonnen aus Polen abgebrannt werden. Übrigens: Die Polizei leitet auch gegen “Opfern“ von illegalen Krachern und Böllern Ermittlungen wegen eines Sprengstoffdeliktes ein. Abb.: Illegale Feuerwerkskörper Kein „dummer Jungen“-Streich Kinder die am Nachmittag Süssigkeitenautomaten sprengten, nutzten laut Polizeibericht Böller, um an die begehrte Ware zu kommen. Im Alltag sind Sachbeschädigungen (§ 303 StGB) und Brandstiftungen (§ 306 ff StGB) durch den unsachgemäßen Umgang mit Pyrotechnik die Regel. In den meisten Fällen legten es die Täter sehr wohl darauf an, die Sprengkraft der Knallkörper an anderen Dingen auszuprobieren. Nicht selten werden dabei Briefkästen, Fenster oder auch Dixi-Toiletten beschädigt, in Brand gesetzt und/oder völlig zerstört. Dabei werden als Tatmittel in Deutschland nicht zugelassenen „Böller“ verwendet, die unerlaubt und bevorzugt z. B. aus Polen, der Tschechischen Republik oder China eingeführt wurden. Nicht selten werden diese Feuerwerkskörper durch eine zusätzliche Verdämmung bzw. Bündelung modifiziert, um eine noch größere Explosion herbeizuführen. Kommt es zu einer Explosion werden diese Formen von Brandstraftaten nach § 308 StGB strafrechtlich sanktioniert. Bereits die Vorbereitung eines entsprechenden Explosionsereignisses stellt nach § 310 StGB (Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens) eine Straftat dar. Abb.: Briefkasten in die „Luft gesprengt“ Das kindersichere Feuerwerk gibt es nicht! Zwei Jungen beim Spielen mit einem Feuerwerkskörper schwer verletzt worden. Eins der Kinder verlor einem Bericht zufolge bei dem Unglück eine Hand. Feuerwerk gehört grundsätzlich nicht in die Hände von Kindern. Trotzdem landen jedes Jahr auch Kinder mit Verbrennungen durch Feuerwerkskörper in der Notaufnahme. Häufig kommt es dabei zu Verletzungen, weil die Kleinen die Knaller zu lange in den Händen halten oder zu dicht am Feuerwerker stehen beim Zünden der Raketen zusehen. Mit den Worten eines Feuerwehrmannes: Brandgefährlich ist die Praxis! So wie man sich darauf verlassen kann, dass Punkt Mitternacht die Silvester-Raketen farbenfroh und lautstark das neue Jahr begrüßen, so sicher ist auch, dass schon wenige Minuten später die ersten Notrufe bei Feuerwehr und Notarzt eingehen. Auch Wunderkerzen haben ebenfalls ihre Tücken. Wenn Kleinkinder diese in den Mund stecken, besteht Vergiftungsgefahr. Eltern sollten ihren Nachwuchs deshalb sorgfältig über die Gefahren von Böllern und Wunderkerzen aufklären. Explosiv-knallende Belustigungs- oder Abschreckartikel wie Silvesterböller oder Raketen etc. sind keinesfalls harmlos – sie werden in ihrer potentiellen Gefährlichkeit meist extrem unterschätzt. Dabei stehen 2 Schädigungsmechanismen im Vordergrund: bei der Explosion entstehender Druck und entstehende Hitze sowie erhebliche Schalldruckpegel. Geschieht das Explosionsereignis versehentlich oder beabsichtigt zu dicht am menschlichen Körper, so können daraus nicht nur oberflächliche Hautläsionen, sondern – bei unmittelbarem Kontakt – erhebliche, tiefreichende Gewebezerstörungen resultieren. Zahlreiche Verletzte durch Knaller auch vor und nach Silvester In den letzten Jahren müssen Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste nicht nur bei der beliebten „Knallerei” zu Silvester, sondern auch vermehrt bei vielen „Events“ übers Jahr, bei Verletzungen oder Bränden, ausgelöst durch unsachgemäßen Umgang mit Feuerwerkskörpern, immer wieder Hilfe leisten. Heute bilden Großfeuerwerke den Höhepunkt und Abschluss vieler besonderer öffentlicher und privater Festlichkeiten. Im Gegensatz zum Silvesterfeuerwerk, bei dem fast ausschließlich Raketen gezündet werden, finden bei Großfeuerwerken vor allem Bomben Verwendung. Die häufigsten Verletzungen in der Silvesternacht sind durch eine falsche Handhabung der Knallkörper leider und vor allem jedes Jahr wieder selbst verschuldet. Abb. 1 Verbrennung 2. und 3. Grades durch Schwarzpulverflamme eines 55mm Bombenrohres Leider ist schon Tage vor Silvester die Zahl der durch Böller verletzten Menschen so groß wie nie. Eltern müssen besonders auch am Neujahrstag aufpassen: „Kinder sammeln gern am nächsten Tag liegengebliebene „Blindgänger“ auf. Die mit am häufigsten auftretende Verletzung am Silvesterabend. Man unterscheidet 4 Grade: • Verbrennung 1. Grades: Rötung, Schmerz (oberste Hautschicht betroffen) • Verbrennung 2. Grades: Rötung, Blasenbildung, Schmerz (Ober- und Lederhaut betroffen). Kann mit Narbenbildung einhergehen. • Verbrennung 3. Grades: Rötung, weißlich-graue Verfärbung, Schmerz (Ober-, Lederund Unterhaut betroffen), z.T. Verkohlung. • Verbrennung 4. Grades: Verkohlung bis durchs Unterhautfettgewebe und Muskeln. Zumeist kein Schmerz (Nerven sind mit verbrannt). In der Regel handelt es sich Silvester eher um punktuell begrenzte Verbrennung durch Raketen, Fontänen, Vulkane o.ä., oder abfallende glühende Schlackenteile aus Bombetten etc. Vorgehen: Betroffene Person löschen. Oft rennen brennende Personen in Panik davon: einfangen, zu Boden reißen und ablöschen. Löschmittel der Wahl: Wasser, im Ernstfall geht jede nicht brennbare Flüssigkeit. Beruhigen. Kleidungsreste aus Brandwunden nicht entfernen (führt meist zu noch tieferen Wunden). Kühlen der Wunde für mindestens 15 Minuten mit fließendem Wasser. Abdecken der Verbrennung mit sterilem Verband für Verbrennungen (lose auflegen und fixieren). Anschließend den Verletzten in Mylardecke warm halten. Kein Aufbringen von Pudern, Salben o.ä. auf offene Brandwunden, Blasen nicht aufstechen! Giftstoffe in Feuerwerkskörpern Beim Abschießen von Knallkörpern und Raketen entsteht lungengängiger und giftiger Feinstaub, welcher besonders für kranke, aber auch für gesunde Personen eine Gefährdung darstellt. Bei der Verbrennung von Feuerwerkskörpern entsteht durch chemische Reaktionen eine Vielzahl neuer Substanzen. Jeder Feuerwerkskörper setzt somit Feinstaub und Schadstoffe frei. In den ersten Stunden des neuen Jahres wird vor allem in Großstädten oft das Hundertfache des sonst in einem Kubikmeter Luft enthaltenen Feinstaubs gemessen. Zu Jahresbeginn 2012 wurden in z.B. in Leipzig Spitzenwerte von 1.800 Mikrogramm pro Kubikmeter registriert. Üblicherweise liegt der Wert an normalen Tagen bei 30 bis 40 Mikrogramm in Großstädten. Außerdem enthalten Proben oft relevante Mengen von Hexachlorbenzol (HCB), einem der gefährlichsten langlebigen Umweltgifte. Es unterliegt aus gutem Grund in der gesamten EU einem Totalverbot. Hinzu kommt, dass es zu den Stoffen gehört, die durch die Stockholmer Konvention weltweit verboten wurden. HCB reichert sich in der Nahrungskette des Menschen - Pflanzen und Fischen - und im menschlichen Organismus selbst an. Die Substanz darf aufgrund ihrer Persistenz unter keinen Umständen in die Umwelt gelangen; sie ist stark Wasser gefährdend. Die weltweit größten Feuerwerksproduzenten sind Drittstaaten wie China, gefolgt von Indien und einigen Staaten in Mittel- und Südamerika wie Peru, Guatemala und El Salvador. Bestimmungen, die den Umgang mit den gefährlichen und gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffen der Knaller und Raketen regeln sollen, existieren häufig nicht oder werden einfach missachtet. Meist erfolgt die Herstellung der Feuerwerkskörper unter menschenverachtenden Bedingungen. Was ebenso nicht an die Öffentlichkeit dringt, ist die Tatsache, dass vielfach Kinder in der Produktion arbeiten. Strontium, Barium und Schwefel So sind die hochgefährlichen Substanzen Strontium und Barium um das 20- bis 50-Fache des Normalwerts erhöht. Schwefel wiederum reize die Atemwege, so Wurzinger: "Besonders Leute, die empfindliche Atemwege haben, bekommen davon Asthma, Atembeschwerden, Hustenanfälle." Hörschäden vorbeugen Kinder und Jugendliche sind besonders gefährdet, weil sie zu nah am Explosionskörper blieben. Laut einer Untersuchung der Universität Gießen habe bereits jedes zehnte Kind bereits Hörschäden, die durch Knallgeräusche wie beim Jahreswechsel verursacht wurden. Silvesterböller erreichen eine Lautstärke von 130, 140 Dezibel, das ist lauter als ein Presslufthammer und kann ungeschützt das Gehör irreparabel schädigen. Aus diesem Grund sollten vorsorglich Ohrstöpsel getragen werden. Um irreversible Hörschäden bei Kindern und Jugendlichen zu vermeiden, fordern HNOAerzte, Bundesärztekammer und Umweltbundesamt, Lautstärkebegrenzungen gesetzlich zu verankern, neben anderem mit einer Pegelbegrenzung auf 80 Dezibel. Denn die bei Kindern beliebten Knallfrösche erreichen mit 135 Dezibel eine Lautstärke, die dem eines Düsenjets entspricht. Feuerwehr resigniert über Unbelehrbare Im jeden Jahr ist es die gleiche Geschichte. Polizei und Feuerwehr warnen vor Feuerwerkskörpern und Böllern. Viele Feuerwehren haben jedoch keine Hoffnung mehr, dass sich derartiges Verhalten durch Aufklärung noch ändern lässt. Die vor einigen Jahren gestartete Kampagne mit schockierenden Verletzungsfotos hatte keinerlei positive Wirkung gezeigt. Die Broschüren wurden in mehreren Sprachen an Schulen verteilt. „Ein gewisser Anteil von Menschen lässt sich nicht erreichen“, hieß es bei der Feuerwehr, so mancher Feuerwehrmann spricht sogar von „Resignation“. Denn es würden simpelste Regeln missachtet, wie das auf jedem Kracher abgedruckte „Nur im Freien verwenden“. „Entzaubern“ nicht tabuisieren Es gibt wohl kaum ein Kind, das nicht jauchzend in den Himmel schaut, wenn es irgendwo ein Feuerwerk gibt. Das gilt auch schon für Kleinkinder. Und sind die Kids erst einmal größer, möchten sie unbedingt selbst Knaller und Raketen in die Luft jagen. Auch wenn man Kindern rein theoretisch erklären kann, was die heiß begehrten Feuerwerkskörper so gefährlich macht, spätestens in der Praxis haben sie alle Warnungen wieder vergessen. Dafür sind sie viel zu fasziniert von dem kunterbunten und im wahrsten Sinne des Wortes um die Ohren knallenden Spektakel, an dem sie aktiv partizipieren möchten. Und deshalb gilt: Wer auch im neuen Jahr alle Gliedmaßen an seinem Kind erhalten wissen und keine Verlustmeldungen in Kauf nehmen möchte, sollte – auch wenn Söhnchen oder Töchterchen noch so sehr quengeln – gerade beim Zünden von Feuerwerkskörpern keine Kompromisse eingehen und auch selbst sehr um- und vorsichtig mit ihnen umgehen. Kinderpsychologen empfehlen, Kindern ab 6 Jahren zu erlauben, dem Silvestertreiben beiwohnen zu dürfen., d. h. ihnen zu erlauben, den Abend über wach zu bleiben, sofern sie das möchten. Halten jüngere Kinder nicht lange genug durch, darf man ruhig mit ein paar Raketen schon etwas früher starten. Auch ein Tischfeuerwerk für drinnen kommt bei kleineren Kindern gut an. Dann haben die Kleinen nicht das Gefühl, das Beste zu verpassen und schlafen vielleicht trotz des Lärms durch. Rechtzeitig vor dem großen Knall sollten die Kinder über die Gefahren aufgeklärt werden Weniger gefährlich als Raketen - die Eltern selbst Jugendlichen nicht überlassen dürfen und auch schon für kleinere Kinder geeignet sind zum Beispiel Knallfrösche oder -erbsen., die das ganze Jahr über verkauft werden. Allerdings sollten Kinder, die jünger als zwölf Jahre alt sind, selbst bei diesen harmloseren Knallkörpern von Erwachsenen beaufsichtigt werden. Kinder unter 6 Jahren jedoch sollten das Feuerwerk lieber nur vom Fenster aus, nicht direkt auf der Straße beobachten dürfen, da gerade sie einen bleibenden Hörschaden davon tragen können. Und die ganz Kleinen freuen sich auch über Wunderkerzen Richtig und sicher abbrennen • • • Für Raketen sind freistehende Flaschen als Haltevorrichtung ungeeignet, da sie umfallen könnten. Besser sind die Raketen in leeren Flaschen in Getränkekisten untergebracht. Nach dem Anzünden von Raketen und anderen Knallkörpern sollte man sich rasch vom Abschussort entfernen und einen Sicherheitsabstand einhalten. Erwachsene haben dabei besonders auf Kinder zu achten, da sie die Gefahren noch nicht richtig abschätzen können. Sogenannte Blindgänger dürfen in keinem Fall noch einmal gezündet werden. Es ist ratsam, nur von freien Flächen oder Straßen die Raketen abzufeuern. Balkone stellen keinen geeigneten Startplatz da, weil darüber liegende Balkone oder Dachvorsprünge die Flugbahn einschränken können. Bei einem Tischfeuerwerk ist auf eine feuerfeste Unterlage zu achten, zudem sollte es nicht in der Nähe von brennbaren Materialien wie Gardinen oder Weihnachtsbaum abgebrannt werden. Die wegspritzenden Funken können schnell ein Feuer entfachen. Deshalb ist ein Eimer mit Wasser in der Nähe zu postieren, um im Notfall schnell löschen zu können. Feuerwerkskörper sind getrennt von Streichhölzern oder Feuerzeugen aufzubewahren. Auf keinen Fall sind sie zusammen in Taschen von Kleidung zu verstauen. Denn beispielsweise Knallerbsen können sich durch Reibung selbst entzünden und so schwere Verbrennungen verursachen. Tipps ums Feuerwerk Die vielen Notaufnahmen in den Krankenhäusern und die Feuerwehreinsätze in der Silvesternacht zeigen, dass diese Grundregeln häufig nicht beachtet werden. • Niemals selbst gebastelte Böller und Raketen benutzen. • Generell sollte man sich beim Kauf die Handhabung genau erklären lassen und die Gebrauchsanweisung genau durchlesen und auch befolgen. • Daheim sind die Feuerwerkskörper an einem kühlen und trockenen Ort zu lagern, der für Kinder nicht erreichbar ist. • Zu beachten ist auch, dass Taschen und Kapuzen die besondere Gefahr bergen, dass Feuerwerkskörper sich in ihnen verirren. • Feuerwerk darf beim Zünden niemals in der Hand gehalten werden. Literatur Günther, J. und Treumann, H. (1984): Pyrotechnische Munition: Begriff und Einführung in die Typologie, (BAM) 14 (1984) Nr. 2 Günther, J. und Treumann, H. (1991): Schießen zu Sylvester? In: schadensprisma 4/91 Hermes, H.-J. (2003): Silvesterfeuerwerk, in: Feuermelder, Zeitschrift der Feuerwehr Düsseldorf, Jg. 39,Ausg. 10/03 Stolt, F, D. (2009): Bombendrohung/Bombenwarnung, Grimm-Verlag Berlin Stolt, F, D. (2012): USBV, Explosivstoffe, Anschläge, in: Feuerwehr Kalender 2012, Huss Verlag, Berlin Stolt, F, D. (2011): Brandursachen – pyrotechnische Gegenstände, Hintergründe zu Unfällen und Explosionen mit Raketen und Bomben, in FEUERWEHR, Feuerwehrwissen-Online, Fachthemen Stolt, F, D. (2011): Probleme für Versicherer bei unsachgemäßem Umgang mit Pyrotechnik – Schadensbilder, Prävention und gerichtliche Auseinandersetzungen aus der Sicht des Sachverständigen“, Versicherungsforen Leipzig, Messekongress "Schaden- und Leistungsmanagement", Leipzig 14. - 15. April 2011 Stolt, F, D. (2010): Ermittlung von Brandursachen bei der Anwendung pyrotechnischer Gegenstände“, in SPRENGINFO 3/2010 Russell, M (2000): The Chemistry of Fireworks. Royal Society of Chemistry Autor Sicherheitsfachwirt (FH) Frank D. Stolt, MSc, MSc, MA, MIFireE, CFEI, CFII ist studierter Brandschutz- und Sicherheitsexperte sowie Polizeiwissenschaftler und Kriminologe. Studienorte waren u.a. Berlin, Edinburgh, Leeds, Krems, Berlin, Wien, Bochum. Nach entsprechenden Aus- und Weiterbildung sowie praktischen Erfahrungen verfügt er über die „Erlaubnis“ nach § 7 Sprengstoffgesetz als Pyrotechniker und Sprengberechtigter. Neben seiner 13 jährigen Tätigkeit im In- und Ausland als Sachverständiger und Gerichtsgutachter für die Ermittlung von Brandursachen und Explosionen kommen jahrelange Lehrtätigkeit in der Aus- und Fortbildung bei Polizei und Feuerwehr sowie internationale Vortragstätigkeit hinzu. Einigen Teilnehmern wird er bereits als Fachbuchautor bzw. durch die eine oder andere seiner vielen Veröffentlichungen bekannt sein. Seit 40zig Jahren ist er Feuerwehrmann in einer Einsatzabteilung und „Technischer Fachberater Feuerwehr“ der Feuerwehr Mannheim. http://www.brandermittlung-fds.de [email protected]
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