Felix Lehner, der Kunstgiesser aus St. Gallen

UBS impulse
für KMU
unternehmensnachfolge
Im Schoss
der Familie
IM GESPRÄCH
AUSGABE 3 / Dezember 2013
Die Last
des starken
Frankens
Aufgefallen
Felix Lehner,
der Kunstgiesser
aus St. Gallen
2
Editorial
Über den Tag
hinaus
Als Unternehmer hält
Sie das Tagesgeschäft
unentwegt auf Trab.
Da bereitet es manch­
mal Mühe, den nötigen
Freiraum zu schaffen,
um strategische Heraus­
forderungen anzupacken. Diese zeigen
ihre Wirkung zwar meist erst länger­
fristig, dafür aber umso einschneidender.
Zum Beispiel die Margenerosion im
Ex­p ort­geschäft. Lesen Sie, wie zwei
­S chweizer Exporteure von den Auswir­
kungen des starken Frankens betroffen
sind und was sie dagegen tun.
Ein anderes Thema, mit dem sich
viele Unternehmer schwertun, ist die
Regelung der Unternehmensnachfolge.
Es fällt ja auch nicht leicht, das eigene
Lebenswerk aus den Händen zu geben.
In dieser Magazinausgabe beleuchten
wir die Unternehmensnachfolge gleich aus
mehreren Blickwinkeln. Ich hoffe, dass
Sie in den Erfahrungen anderer ­Unter­nehmer Hinweise für Ihre eigene Nachfol­
geregelung finden. Es ist nie zu früh.
6 Im Schoss der Familie
Das Textilunternehmen Sefar ist seit über 180 Jahren
in Familienbesitz. Christoph Tobler balanciert als Chef ­geschickt die Interessen der Firma und der Familie.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Christine Novakovic
Leiterin Firmen- und institutionelle
Kunden
PS: Abonnieren Sie das Magazin oder
den E-Newsletter UBS impulse für KMU
online unter www.ubs.com/kmu-impulse
oder fragen Sie Ihren Kundenberater.
UBS impulse Für KMU — Dezember 2013
14 «Wie weiter?»
Christine Novakovic diskutiert mit Jürg Zwahlen
und Christian Bargähr über Frankenstärke, Outsourcing und die drohende Deindustrialisierung.
3
Inhalt
In Kürze
4
–Neues UBS e-banking
–Kooperation mit Cleantech
Switzerland
–Solides Handwerk belohnt
–Unabhängiges Gütesiegel für Kundenberatung von UBS
Wirtschaft und Politik
6Im Schoss der Familie
Wie zwei Schweizer Familienunternehmen die schwierige
Gratwanderung zwischen Firma und Familie meistern.
12Analyse: Zinsentwicklung
18 Flüssig exportiert
Einen Prototyp für den Export zu produzieren,
birgt finanzielle Risiken. Involdes fand
­zusammen mit UBS eine Lösung, um sie tragen
zu können.
Die Zinswende scheint er­reicht
zu sein. Doch vorerst droht
kein rascher Zinsanstieg.
14Im Gespräch: Die Last des
starken Frankens
Zwei Exporteure diskutieren
über die Frankenstärke und
wie sie dagegen ankämpfen.
Unternehmen
17Familienunternehmen
Herausforderungen der
­familieninternen Nachfolge.
Cover: Jos Schmid, Porträtillustration: Elizabeth Traynor, Bilder: Maurice Haas, Flurina Rothenberger, Gerry Amstutz, Sitterwerk
18 Lösung: UBS Fabrikationskredit SERV
Wie Involdes einen Grossauftrag in Asien anbinden konnte.
20Lösung: MBO
Mit einer cleveren Finanzierung tritt Alain Masserey
in die Fussstapfen seines Chefs.
22 Wissen: Kreditfinanzierung
Für jeden Zweck gibt es den
passenden Kredit.
Persönlich
24Meine Sicht: Jürg Iseli
26 Kunstgiesser am Werk
Handwerk im Auftrag weltberühmter Künstler: Felix Lehner und
sein Team geniessen in der Kunstszene einen blendenden Ruf.
Warum Jungunternehmen
­Unterstützung brauchen.
26Aufgefallen: Felix Lehner
Der St. Galler Kunstgiesser hat
mit dem Sitterwerk eine pulsierende Kunststätte geschaffen.
4
IN KÜRZE
Neues UBS e-banking: einfach, übersichtlich, persönlich
Dank optimierter Benutzerführung und mehr
Optionen für die Einstiegsseite lässt sich
UBS e-banking noch besser auf Ihre individuellen
Bedürfnisse ausrichten.
Kooperation mit
Cleantech Switzerland
K
limaschutz, Energieeffizienz
und die Förderung von Ak­
tivitäten für eine nachhaltige
Energieversorgung geniessen bei UBS
hohe Priorität. Jüngster Ausdruck
dieser Anliegen ist die Partnerschaft
mit Cleantech Switzerland. Diese offizielle Exportplattform des Bundes
unterstützt Schweizer Unternehmen
der Cleantech-Industrie und erleichtert ihnen den Zugang zu den wichtigsten Absatzmärkten weltweit. UBS
ist neu Partner im Bereich internationale Finanzdienstleistungen.
Weitere Massnahmen von UBS
umfassen den Energie-Check-up für
KMU, mit dem wir unsere Kunden
bei der Verbesserung ihrer Energieeffizienz unterstützen, sowie unser Engagement am Swiss Energy and Climate Summit als Premiumpartner.
•
Infos zu Energiefragen und zum Engagement
von UBS unter www.ubs.com/kmu-energie sowie
im UBS Outlook Energie, den Sie online bestellen
können unter www.ubs.com/kmu-bestellungen
Mehr zu Cleantech Switzerland unter
www.cleantech-switzerland.com
Dank der Einstiegsseite nach Wahl sind UBS e-banking-Kunden sofort
im Bild über die für sie wichtigsten Bankdaten.
U
mfassend erneuert und noch
einfacher, übersichtlicher und
persönlicher – so präsentiert
sich das neue UBS e-banking. Die Inhalte sind besser auf die indi­viduelle
Nutzung am Computer und am Tablet zugeschnitten. Und die ebenso klare wie übersichtliche ­Benutzerführung
führt Sie schneller zu den wichtigsten
Funktionen. ­Unverändert bleibt das
Log-in-Verfahren mit den bewährten
Sicherheitsmerkmalen.
übersicht ideal. Sie zeigt die aktuellen
Kontobewegungen sowie pendente
Zahlungsaufträge. Der integrierte
Datentransfer für Zahlungsdateien
unterstützt Sie in der effizienten Zahlungsabwicklung. Natürlich können
Sie wie gewohnt auch die Kontoübersicht als bevorzugten Einstieg wählen.
Dies entweder in der tabella­rischen
Übersicht oder in der Tablet-optimier­
ten Darstellung Ihrer Konten in grosszügiger Kachelform.
Einstiegsseiten nach Wahl
Ihre Bank immer dabei
Neu können Unternehmenskunden diejenige Einstiegsseite wählen, die ihrem Informationsbedarf
am besten entspricht. Die Liqui­di­
tätsübersicht zeigt auf einen Blick,
wie viel Geld Sie zur Verfügung
­haben, wie sich die Bestände Ihrer
Cashkonten entwickeln und welche
Beträge gemäss Ihrer Kreditlimite
noch zur Verfügung stehen. So haben
Sie jederzeit die volle Transparenz
über Ihre Liquidität.
Wenn Sie eher Wert auf einen
schnellen Einstieg in den Zahlungsverkehr legen, ist die Transaktions-
Auch unterwegs müssen Sie auf
die Vorzüge von UBS e-banking nicht
verzichten. Mit der praktischen UBS
Mobile Banking App für das Smartphone haben Sie immer die lücken­
lose Kontrolle über Ihre Finanzen
und erledigen Ihre Bankgeschäfte
dann, wenn Sie Zeit dafür haben.
UBS impulse Für KMU — Dezember 2013
•
Für Fragen zu UBS e-banking sind wir rund
um die Uhr unter Telefon 0848 848 062 erreichbar. Weitere Informationen finden Sie unter
www.ubs.com/e-banking
Solides Handwerk
wird belohnt
N
ach 2011 und 2012 wurde
UBS 2013 zum dritten Mal
in Folge von Euromoney als
«Best Domestic Cash Manager Switzerland» ausgezeichnet. Dies, nachdem die Bank im Sommer von der re­
nommierten britischen Fachzeitschrift
bereits eine Reihe von Auszeichnungen entgegennehmen durfte, darunter
die Awards «Best Bank in Switzerland», «Best Private Bank Globally»,
«Best Global Wealth Manager».
Die Anerkennung unserer
Dienst­leistungen im Zahlungsverkehr
freut uns besonders, weil sie aus einer
Umfrage bei Finanzverantwortlichen
von Schweizer Unter­
nehmen resultiert. Das Lob der Praktiker wird uns
Ansporn sein, unser Angebot im Cash
Management weiter zu optimieren.
•
www.ubs.com/cashmanagement und
www.ubs.com/awards
5
Unabhängiges Gütesiegel für
Kundenberatung von UBS
Wissen und Kompetenz der Kundenberater von UBS
sind top – jetzt verfügen sie auch über ein staatlich
anerkanntes Zertifikat. Zum Beispiel Marcel Sauser.
Sibylle Veigl (Text) und Fabian Unternährer (Bild)
Rechnung tragen. «Diese Zertifizierung ist ein un­
abhängiger Qualitätsnachweis unserer Beratungsleistung», betont Christine Novakovic, Leiterin
­Firmen- und institutionelle Kunden bei UBS. Die
Kundenberater könnten so ihr Fachwissen und ihre
praktischen Fähigkeiten erweitern und vertiefen und
die Kunden erhielten die Gewissheit, eine Beratung in
Topqualität zu bekommen.
Einzigartig auf dem Finanzplatz Schweiz
Die zertifizierte Weiterbildung hilft Marcel
Sauser, die vielfältigen Bedürfnisse seiner
Kunden noch genauer zu erfassen.
M
arcel Sauser ist schon lange im Geschäft.
Der 42-jährige Kundenberater KMU in
Biel hat eben sein 25-Jahr-Jubiläum bei
UBS gefeiert. Seit seiner Banklehre hat
er sich permanent weitergebildet: erst in der internen Nachwuchsförderung, dann zum eidgenössisch
diplo­mierten Bankexperten und anschliessend zum
Finanzplaner. Als im Sommer 2012 alle Kunden­
berater im Kommerzgeschäft über einen neuen
­Zerti­fizierungsprozess informiert wurden, war ­Sauser
einer der Ersten, die sich anmeldeten. Sechs Monate
später hatte er das Diplom in der Tasche.
Rund 1000 Unternehmenskundenberater werden bis Ende 2014 diese Zertifizierung durchlaufen.
Sie soll ein fundiertes Wissens- und Kompetenz­
niveau auf der Höhe der Zeit sicherstellen und zugleich den wachsenden Anforderungen der Kunden
In zwei schriftlichen Tests gilt es, Fragen zu
­ inanzwissen, Recht, Steuern, Finanzierungs-, TransF
aktions- und Anlagegeschäften, Risiken und so weiter zu beantworten. In der mündlichen Prüfung wird
in einem simulierten Kundengespräch die Verhaltens- und Fachkompetenz getestet. Einzigartig auf
dem Finanzplatz Schweiz: Das UBS-interne Weiterbildungsprogramm ist von der Schweizerischen
­Akkreditierungsstelle (SAS) im Staatssekretariat für
Wirtschaft (SECO) anerkannt und der Absolvent
darf fortan den Titel «Certified Corporate ­Banker®»
(CCoB) führen.
Auch Kundenberater Marcel Sauser hat vom
Studium der vielfältigen Lerninhalte profitiert. «Wir
haben uns auch mit Themen befasst, die über den
Alltag eines KMU-Kundenberaters hinausgehen»,
sagt einer, dessen Tagesgeschäft bereits sehr breit
­gefächert ist. Sauser berät KMU jeder Grösse in den
unterschiedlichsten Bankanliegen – vom Landwirtschaftsbetrieb bis zur grösseren Exportfirma mit
mehr als hundert Mitarbeitenden. Diese breite Ausrichtung habe ihn seit jeher besonders fasziniert.
Worauf es ankommt
Die Beschäftigung mit den Prüfungsinhalten
habe ihn für die kritischen Punkte sensibilisiert, so
­Sauser. Denn ein Berater müsse vor allem die Be­
dürfnisse der Kunden genau erfassen und daraus
die richtigen Schlüsse ziehen. Zudem sei er auch die
Schaltstelle zu den UBS-internen Fachexperten, die
bei komplexen Geschäften beigezogen werden.
Heute benützt Sauser seine gut 1000 Seiten
starken Lernordner noch ab und zu als Nachschlagewerk. Doch am meisten freut ihn bei seiner Arbeit
das Urteil seiner Kunden. «Sie wissen und schätzen,
was ich kann.»
•
6
Wirtschaft und politik
Im Schoss der Familie
Vom Patron auf den Schwiegersohn: Bei der Thurgauer
Schmid-Gruppe hat die interne ­Nachfolge geklappt.
Jost Dubacher (Text) und Maurice Haas (Bilder)
UBS impulse Für KMU — Dezember 2013
7
Gratwanderung zwischen
Ansprüchen der Familie und der
Firma: Roland Schmid, Natalie
und Philipp Lüscher-Schmid,
Diana Tagliaferro-Schmid und
Hans-Jürg Schmid von der
Schmid AG energy solutions
(von links).
K
eine Ahnung», sagt HansJürg Schmid, «ich kann mir
nicht erklären, wie sie auf
uns gekommen sind.» Der
Patron der Schmid AG energy solutions
meint die Kaufangebote, die ihm jahrelang ungefragt auf den Schreibtisch geflattert sind.
Was die Absender − Konkurrenten, grosse Unternehmen mit Interessen
in der Heiztechnik sowie Finanzinvestoren – am Thurgauer Heizungsbauer
fasziniert hat, liegt indessen auf der
Hand. Das Unternehmen, welches 2011
sein 75-jähriges Bestehen feierte, ist eine
Perle. Bei Holz- und Biomasseheizungen mit einer Leistung von über 500
­Kilowatt beläuft sich der Marktanteil
im Inland auf 75 Prozent. Vertriebs­­
niederlassungen in allen Nachbar­län­
dern liessen die Exportquote in den
letzten zehn Jahren von 5 auf über 50
Prozent klettern. Techno­logisch belegt
die Schmid-Gruppe ­international eine
Spitzenstellung.
Dies in einem Markt, der stetig
wächst und noch lange nicht aus­ge­
schöpft ist. Die CO2-Diskussion und
der auf hohem Niveau volatile Ölpreis
haben um die Jahrtausendwende einen
wahren Boom ausgelöst. Waren es früher meist Gemeinden mit Wald­besitz,
die in ihren Immobilien – Spitälern,
Schulen oder Verwaltungsgebäuden −
auf den Brennstoff Holz setzten, installieren heute auch Energieversorger,
­Unternehmen und Eigenheimbesitzer
Schnitzel- und Pelletsheizungen.
Finanzielle Aspekte zweitrangig
«Teilweise wurden mir Fantasiepreise geboten», erinnert sich HansJürg Schmid. Aber der Patron, der den
Familienbetrieb in zweiter Generation
von seinem Vater übernommen hatte,
liess sich nicht locken. Für ihn stand
fest, dass er die Nachfolge familien­
intern regeln wollte, finanzielle Aspekte
waren zweitrangig. Als Nachfolger kamen zunächst die drei Kinder infrage
(siehe Seite 9). Alle sind dem Betrieb
aufs Engste verbunden, arbeiten auch
dort und hätten sich einen Einstieg
durchaus vorstellen können. Doch sowohl Sohn Roland als auch seine beiden
Schwestern Diana und Natalie sagten
aus individuellen Überlegungen ab.
Vater Hans-Jürg Schmid weitete
den Kreis aus und zog unter anderem
den Partner seiner jüngeren Tochter
8
Wirtschaft und Politik
Natalie in Betracht: den heutigen Geschäftsführer Philipp Lüscher, der als
24-jähriger Techniker zum Betrieb gestossen war. «Ich merkte, dass sich
mein heutiger Schwiegervater auch einen Nachfolger vorstellen konnte, der
nicht zur Kernfamilie gehört», blickt
Lüscher zurück. Er ging darauf ein,
lernte den Betrieb auf wechselnden
­Posten intensiv kennen und absolvierte
berufsbegleitend ein FH-Studium in
­Betriebswirtschaft. Ein dreitägiges externes Assessment zeigte schlussendlich, dass er trotz seines Alters von
noch nicht einmal 30 Jahren durchaus
fähig war, ein 300-köpfiges Unternehmen zu führen.
Die heisse Phase der Nachfolgeregelung begann 2008. Hans-Jürg
Schmid zog mit seinem Verwaltungsrat
und der Hausbank UBS die finanziellen
und rechtlichen Leitlinien. Der erste
Schritt sah die Gründung einer Erbenholding vor, welche die Schmid-Gruppe
zu 100 Prozent übernehmen würde.
Als Teilhaber dieser Holding vor­
gesehen waren Vater Hans-Jürg Schmid
(39 Prozent), die drei Kinder (je 17 Prozent) und der neue Geschäftsführer
­Philipp Lüscher (10 Prozent). Die Kaufsumme setzte sich aus dem Geld zu­
sammen, das Lüscher einbringen musste, und aus einem Dar­lehen des Patrons
Beratung für
Unternehmer
Theoretisch geht es bei einer Nach­
folgeregelung um die Übertragung von
Firmenvermögen ins Privatvermögen. In
der Praxis jedoch handelt es sich um
eine grosse, nicht zu unterschätzende
Herausforderung am Ende eines Unternehmerlebens. UBS hat daher in ihrem
Wealth Management einen Bereich speziell für «Executives & Entre­preneurs»
etabliert. Spezialisierte Be­rater in den
Regionen agieren als Ansprechpartner
für alle offenen Fragen rund um die Unternehmensnachfolge. Das reicht vom
Transaction Advisory über die Rechtsund Steuerberatung bis zur privaten
Vermögensplanung.
www.ubs.com/unternehmer
UBS impulse Für KMU — Dezember 2013
an die Holding. «Dieses Vor­gehen ist
durchaus üblich», erklärt UBS-Kundenberaterin Monika Lenz, welche die
Schmid-­Gruppe seit mehr als zehn Jahren betreut. «Ohne ein Verkäuferdarlehen ist eine familieninterne Nachfolge
kaum zu stemmen.»
Das bedeutet aber auch, dass de
facto kein Geld in die Kassen der Eltern
fliesst – und dies in einer Zeit, in der
sie über kurz oder lang auch auf ihre
­Gehälter verzichten müssen. Um die
­finanzielle Versorgung der abtretenden
Generation sicherzustellen, nahm die
neue Holdinggesellschaft bei UBS einen
­Kredit auf, der es ihr erlaubte, HansJürg Schmid einen Fünftel des Verkaufspreises sofort zu überweisen.
Schutz vor bösen Überraschungen
2010 waren die Verträge zwischen
allen Beteiligten unterschrieben. Was
noch fehlte, war das grüne Licht vom
Fiskus. Die Schmids legten die Trans­
aktion dem Steueramt des Kantons
Thurgau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) vor. «Ein steuer­
licher Vorbescheid», weiss Monika
Lenz, «schützt vor bösen Überraschungen.» Ohne Nachbesserungen ging das
auch bei den Schmids nicht ab. Aber
nun hatten sie die Gewissheit, dass steuerlich alles rechtens war, und zwar über
den ganzen Verlauf der Nachfolgeregelung, die in zwei bis drei Jahren abgeschlossen sein soll.
Bis dahin werden noch eine
Schenkung an die Kinder sowie ein Erbvorbezug erfolgen. In beiden Fällen verzichten die Eltern zugunsten der nachfolgenden Generation auf geldwerte
Vorteile, nachdem sie zuvor schon bei
der Unternehmensbewertung Abstriche
gemacht haben. Man spricht vom sogenannten «Family Discount».
Dieser ist bei einer familien­
internen Nachfolge absolut üblich und
dient in erster Linie der langfristigen
Sicherung des übergebenen Betriebs.
Denn je geringer die Verschuldung der
Neuaktionäre, desto weniger Mittel
müssen diese später aus dem Betrieb
abziehen, um ihre privaten Kredite zu
bedienen. Das St. Galler Center for Family Business hat diverse Studien zum
Thema «Family Discount» erstellt. Im
Durchschnitt verzichten Schweizer
­Patrons auf 50 Prozent des maximal
möglichen Verkaufspreises; jeder Fünfte übergibt seinen Betrieb sogar zum
Nulltarif. Ein Preisabschlag gewähr­
leistet nicht nur die Investitionsfähigkeit und damit die Erfolgsaussichten
der übertragenen Firma. Er erleichtert
auch die Konsolidierung des Aktiona­
riats in der nachrückenden Generation.
Bei den Schmids hat der Familienrat
­beschlossen, Besitz und Führung mittelfristig ­zusammenzuführen. Sohn Roland
wird zwar ein Minderheitspaket behalten, aber die Mehrheit wird an den Fa­
milienstamm von Philipp und Natalie
Lüscher-Schmid gehen.
Dafür war nicht zuletzt die Kompromissbereitschaft der Geschwister
gefragt. Sie boten Hand für langfristig
angelegte Ausstiegs- und Abfindungspläne – wohl wissend, dass die Wertentwicklung des Familienerbes auf Jahre
hinaus vom unternehmerischen Geschick des Schwagers abhängt.
«Die gefundene Lösung ist richtig», betont Hans-Jürg Schmid. «Kurze
Entscheidungswege sind ein entscheidender Wettbewerbsvorteil kleiner und
mittlerer Unternehmen.»
Gratwanderung geglückt
Der Familie Schmid scheint die
Gratwanderung zwischen familiären
und betrieblichen Ansprüchen geglückt
zu sein. Die Investitionsbereitschaft des
Familienbetriebs war jederzeit gegeben
und erlaubte sogar den Vorstoss in
neue Geschäftsfelder.
So hat man in den vergangenen
Jahren rund drei Millionen Franken in
die Entwicklung von Heizungen in­ves­
tiert, die neben thermischer Energie
auch Strom produzieren. Ausserdem
ist Schmid neu an einem Zürcher Startup beteiligt, das sich auf die Abgas­
reinigung und Wärmerückgewinnung
bei Holzkraftwerken spezialisiert hat.
Strategische Weichenstellungen
dieser Grössenordnung werden im Verwaltungsrat unter dem Vorsitz von
Hans-Jürg Schmid gefällt. Im Alltagsgeschäft hingegen, betont CEO Philipp
Lüscher, habe er freie Hand.
Der abtretende Patron hat zwar
noch ein Büro im Betrieb, aber er weiss:
«Es wäre falsch, wenn ich ihm drein­
reden würde.» Entscheidend, so der
heute 70-Jährige, sei das Wohlergehen
der Firma. Und dieses präsentiert sich
mehr als erfreulich: Die Schmid-Gruppe
wird das Jahr 2013 mit einem Rekordumsatz in Höhe von rund 90 Millionen
Franken abschliessen.
•
9
Die drei Geschwister Natalie Lüscher-Schmid, Roland Schmid und Diana Tagliaferro-Schmid (von links)
boten Hand für eine langfristig tragbare Nachfolgeregelung in der elterlichen Firma.
Natalie Lüscher-Schmid:
Roland Schmid:
Diana Tagliaferro-Schmid:
«Lösung ist
ideal»
«Zufrieden,
wie es ist»
«Nicht leicht
gefallen»
Mitte Oktober wurde Natalie LüscherSchmid zum dritten Mal Mutter. Nach
einer mehrmonatigen Mutterschaftspause wird sie im Frühjahr wieder auf
ihre Stelle bei Schmid energy solutions
zurückkehren. «Für mich ist die fami­
lieninterne Lösung ideal», verrät die
studierte Ökonomin und Marketing­
leiterin des Unternehmens. Sie weiss,
dass auch Kunden und Lieferanten
über die gefundene Lösung froh sind. So
hätten sie die Gewähr, dass es bei Service und U
­ nterhalt der Anlagen keine
Abstriche geben wird.
Seit bald drei Jahren ist sie die
«Frau des Chefs» und hat sich an ihre
neue Rolle innerhalb der Belegschaft
gewöhnt. «Viel geändert hat sich für
mich nicht. Ich sehe mich heute wie
früher als Teil der grossen Schmid-­
Familie.» Es sei schön, die Firmen­
geschichte weiterzuschreiben und sich
persönlich einzubringen, auch jenseits
des Tagesgeschäfts. Etwa an der Betriebs­
weihnachtsfeier, an der die Schmids das
Dessert zubereiten.
Er war Leiter Technik, Geschäftsleitungsmitglied und ist einziger Sohn des
Patrons. Was lag näher, als dem Vater
auch in den Chefsessel zu folgen? «Eine
berechtigte Frage», räumt Roland
Schmid ein, aber er sei vom Charisma
und von der Neigung her Techniker,
Kommunizieren und Verkaufen lägen
ihm weniger. Auf dem Rundgang durch
die Fabrikhallen erinnert sich Roland
Schmid, wie er als 13-Jähriger an der
Seite des Vaters Heizkessel ausgeliefert
hat. Angesprochen auf die heutige Situation, meint er nur: «Ich bin zufrieden,
wie es ist.» Als Aktionär und Verwaltungsrat geniesse er ein gewisses Mitspracherecht und könne sich im Übrigen auf seine Aufgabe konzentrieren.
30 Leute führt er zurzeit. Megathema ist neben der Entwicklung in­
novativer Produkte die Einführung
schlanker Produktionsprozesse. Selbstbewusst meint Roland Schmid: «Wir
schaffen hier in der Technik die Voraussetzung für das künftige Wachstum
des ganzen Unternehmens.»
«Leicht ist es mir nicht gefallen», erzählt Diana Tagliaferro-Schmid. Auch
sie ist dem elterlichen Betrieb eng verbunden. Jahrelang war sie Finanzchefin der Schmid-Gruppe und verwaltet
­heute neben der betrieblichen Pensions­
kasse die Liegenschaften sowie die
Fahr­zeugflotte. Doch sie habe sich im
Interesse des grossen Ganzen bereit erklärt, auszuscheiden. In zwei, drei Jahren wird sie ihren Anteil am Unternehmen je hälftig an Schwester und Bruder
verkaufen. Das Prozedere ist vertraglich definiert: von der Bewertungsmethodik bis zum «Family Discount», den
sie gewähren wird.
Bis es so weit ist, agiert die gelernte Treuhänderin als aktive Ver­wal­
tungsrätin. Sie beteiligt sich an den
Strategiediskussionen im Verwaltungsrat und nimmt Einblick ins Monats­
reporting. Nicht aus Misstrauen gegenüber der aktuellen Geschäftsleitung,
sondern aus Pflichtbewusstsein. «Das
bin ich dem Lebenswerk meiner Eltern
schuldig.»
•
•
•
10
Wirtschaft und Politik
Christoph Tobler, 56, ist
Vorsitzender der Gruppenleitung und VR-Mitglied
der auf technische Gewebe
­spezialisierten Sefar Holding
in Thal SG. Nach einer
­Karriere unter anderem bei
der Sika-Gruppe über­nahm der Elektroingenieur
EPFL und MBA-­BerkeleyAbsolvent 2004 die Unternehmensführung, die bereits
sein ­Urgrossvater innehatte.
­Tobler wurde 2013 «Entrepreneur of the Year™».
«Die Firma geht immer vor»
Das St. Galler Textilunternehmen Sefar ist seit über
180 Jahren in Familienbesitz. Christoph Tobler
über ererbte Rechte, emotionale Dividenden und die
nachrückende Generation.
UBS impulse Für KMU — Dezember 2013
11
D
ie Sefar-Gruppe gilt als
Musterbeispiel eines
er­folgreichen Schweizer
­Familienunternehmens.
Was machen Sie besser als ­andere,
Herr Tobler?
Christoph Tobler: Bei uns geht das
­Interesse der Firma immer vor dem
­Familieninteresse. Denn was gut ist
für die Firma, ist langfristig auch gut
für die Familie. Umgekehrt stimmt die
Aus­sage nicht.
Wie zeigt sich das in der Praxis?
Bei Sefar gibt es keine Vorrechte für
­Familienmitglieder. Im Moment bin ich
der einzige Familienaktionär, der auch
für die Firma arbeitet, und ich musste
und wollte bei meinem Amtsantritt die
gleichen Assessments durchlaufen wie
meine Mitbewerber.
Nach der ETH absolvierten
Sie ein MBA, darauf folgten
sechs Jahre bei McKinsey.
War Ihr Weg vorgespurt?
Ich spürte zu keiner Zeit einen Druck,
im Familienunternehmen operativ tätig zu w
­ erden. Vor meiner Zeit – von
1985 bis 2004 – war der Chefposten
auch bei Sefar mit externen Managern
besetzt.
Die Schweizer Textilindustrie
steht unter Dauerdruck durch
Anbieter aus Tieflohnländern.
Was reizt Sie an dem Job?
Wir sind gezwungen, innovativ zu sein!
Wir produzieren technische Textilien
für Siebdruck, Filtration und Architektur. Dabei orientieren wir uns an den
steigenden Anforderungen der Automobil-, Nahrungsmittel- oder Siebdruckindustrie. Gleichzeitig erschlies­
sen wir neue Anwendermärkte wie
beispielsweise die Handyproduk­tion.
Bei den neuesten Modellen verschiedener Hersteller sind die Mikro­fone und
Lautsprecher mit einem Sefar-Gewebe
geschützt.
Spulen wir den Film 180 Jahre
zurück: 1833 gründete der
Franzose Pierre Antoine Dufour
in Thal SG eine Seidenweberei.
Wie ist die Familie Tobler dazugestossen?
Mein Urgrossvater absolvierte eine
kaufmännische Lehre im Betrieb und
wurde von der Witwe des Gründers
1880 mangels eines innerfamiliären
Nachfolgers zum Geschäftsführer und
Teilhaber ernannt. Er war es später
auch, der die Fusion mit sechs anderen
Unternehmen aus der Branche vorwärtstrieb. Diese kam 1907 zustande
und legte das Fundament der heutigen
Sefar. Seither ist das Unternehmen im
Besitz von neun Familienstämmen. Wir
zählen weit über hundert Familienak­
tionäre aus mehreren Generationen.
Bei vielen Familienunternehmen
findet die Generalversammlung
(GV) im Büro des Patrons statt.
Wie verhält sich das bei Ihnen?
Wir treffen uns in einem Hotel. Die GV
beginnt üblicherweise um 10.30 Uhr.
Danach gehen wir alle gemeinsam zum
Apéro und Mittagessen über. Die GV ist
nicht zuletzt Anlass für ein Familientreffen, denn informiert werden unsere
­Aktionäre auch unterjährig. Wir rapportieren nach Swiss GAAP FER und
funktionieren punkto Berichterstattung
wie ein börsenkotierter Konzern.
Die Interessen der Aktionäre
werden im Verwaltungsrat
formuliert und auf den Punkt
gebracht. Wie ist er besetzt?
Wir halten am Prinzip der paritätischen
Vertretung aller Familienstämme fest,
unabhängig von ihrer Beteiligungs­
grösse. Dazu wählen wir noch einen externen Fachmann, der die unternehmerische Sicht von aussen einbringt.
Sefar ist Weltmarktführer,
beschäftigt über 2000 Mitarbeitende und setzte 2012 rund
300 Millionen Franken um. Sind
Corporate-Governance-Regeln,
die sich am Familienfrieden
orientieren, mit einer effizienten
Firmenführung vereinbar?
Ich erlebe es so. Entscheidend sind
transparente Strukturen. Das gibt den
Beteiligten die nötige Sicherheit. So ist
es meine Aufgabe als Vorsitzender der
Gruppenleitung, einen Gewinn zu erzielen. Einerseits, um die Firma weiterzuentwickeln, und andererseits, um
eine überdurchschnittliche Dividende
ausschütten zu können.
Kompensiert die vergleichsweise
hohe Rendite die Tatsache,
dass eine Anlage bei Sefar nicht
liquide ist?
stocken die rein
“Wir
finanzielle Rendite
mit einer ‹emotionalen› Dividende auf.
Christoph Tobler
”
Es stimmt nicht ganz, dass unsere Titel
völlig illiquide sind. Wir haben eine Art
Minibörse mit laufenden Brief- und
Geldkursen eingerichtet. Unseren Ak­
tionären steht also durchaus die Möglichkeit offen, Anteile abzustossen oder
zuzukaufen.
Aber diese Handelsplattform
ist geschlossen …
Richtig. Und genau deshalb lege ich
grossen Wert darauf, dass wir die rein
finanzielle Rendite mit einer gewissermassen «emotionalen» Dividende auf­
stocken. Die Aktionäre sollen Stolz
empfinden für das Unternehmen, welches ihre Eltern oder Grosseltern mit
auf­gebaut haben.
Wie erreicht und pflegt man
­diese gefühlsmässige Bindung?
Man muss seine Mitaktionäre begeistern – mit Innovationen, ethischem
­Geschäftsverhalten und einer klaren
Strategie. Genau so, wie man seine Mitarbeiter jeden Tag motivieren und mitreissen muss.
Mit dem Unterschied, dass Sie
die Aktionäre nur einmal
im Jahr zu Gesicht bekommen.
Daraus resultiert natürlich eine gewisse
Distanz. Deshalb liegt mir sehr viel an
der heranwachsenden Generation, denn
sie stellt die Aktionäre von morgen. Wir
organisieren regelmässig Jugend- und
Jungaktionärstreffen. Dabei geben wir
den jungen Leuten einen ­Einblick in
«ihr» Unternehmen und schaffen die
Möglichkeit, über den j­eweiligen Familienstamm hinaus Freundschaftsbande
zu knüpfen.
Sind Sie bei diesen Treffen auch
persönlich zugegen?
Oh ja! Diese Jungaktionärstreffen und
die Pflege der Aktionärsgemeinschaft
gehören zu meinen schönsten und wichtigsten Aufgaben.
•
12
Wirtschaft und Politik
Analyse: Zinsen
Zinsen steigen kaum
Die grossen Zentralbanken der USA und
Europas ziehen künftige Zinserhöhungen zwar
in Erwägung, sorgen sich aber weiter um
die Konjunktur. Deshalb droht vorerst kein
rascher Zinsanstieg.
A
ls die Zentralbanken der
wichtigsten Industrieländer
begannen, mithilfe der Notenpresse die Finanz- und
Schuldenkrise zu bekämpfen, indem
sie Staatsanleihen aufkauften, sind die
Zinsen Mitte 2012 in den USA, Grossbritannien, Deutschland und auch in
der Schweiz auf Rekordtiefs ­gefallen.
Nun fragen sich viele Beobachter, ob
mit dem jüngsten Anstieg der Kapitalmarktrenditen die Zinswende eingesetzt hat.
Seit dem Sommer 2012 haben
zwei bedeutende verbale Interventionen
von Notenbankpräsidenten zu markanten Wendepunkten an den Anleihemärkten geführt.
wie Spanien oder Italien zur Finan­
zierung ihrer Schuldenberge bieten
müssen, sind seither deutlich tiefer.
Die zweite markante verbale Intervention kam im vergangenen Mai
von der anderen Seite des Atlantiks. Die
wiederholten Signale von Ben Bernanke,
dem Chef der US-Zentralbank, er werde
angesichts des in­zwischen recht robusten Konjunkturverlaufs in den USA in
nicht allzu ferner Zukunft schrittweise
aus dem laufenden Anleihekaufprogramm aussteigen, führte innert weniger ­Monate zu einer Verdoppelung des
Renditeniveaus am langen Ende der
­
US-Zinskurve auf fast 3 Prozent. Unter
dem nunmehr dritten Programm der
quantitativen Lockerung (Quantita­
tive Easing) hat die US-Zentralbank
seit September 2012 jeden Monat für
Zinswende hat eingesetzt
Zwei verbale Interventionen
Nachdem die Zinsen auf spa­
nischen und italienischen 10-JahresStaats­anleihen die kritische Schwelle
von 7 Prozent überschritten hatten,
­erklärte Mario Draghi, Präsident der
Euro­päischen Zentralbank (EZB), Ende
Juli 2012, er werde «alles tun, um den
Euro zu erhalten». Kurze Zeit später
stellte er mit dem sogenannten OMTProgramm (Outright Market Trans­
actions) einen Mechanismus vor, mit
dem die EZB notfalls unbegrenzt
Staatsanleihen von schwankenden Süd­
staaten aufkaufen kann. Allein diese
Ankün­digung beruhigte die Schuldenkrise in ­Europa – zumindest vordergründig. Die Zinsen, welche Länder
UBS impulse Für KMU — Dezember 2013
1993
2013
2003
Bereits im Mai 2012 und Ende Juli 2013 hatten Äusserungen der Zentralbankchefs
der EU und der USA zur Geldpolitik zu zeitweise höheren Kapitalmarktrenditen
und damit einem leichten Zinsanstieg geführt. Die Zeit rekordtiefer Zinsen dürfte
zwar zu Ende sein, trotzdem ist nicht mit markanten Zinserhöhungen zu rechnen.
Schweiz Deutschland Quellen: Reuters EcoWin, UBS WMR
Spanien USA
13
Infothek
die grossen Zentralbanken
“Bis
Zinserhöhungen einläuten
UBS impulse für KMU
UBS impulse für KMU können Sie
­bequem online abonnieren. Mehr Infos
über unser Kundenmaga­zin und den
­E-Newsletter auf unserer Website.
können, werden noch zwei Sommer
ins Land ziehen.
85 Milliarden US-Dollar Staatsanleihen und verbriefte Hypothekarpapiere
gekauft und so die Anleihepreise nach
oben und damit die Zinsen nach unten
gedrückt.
Wenn nun die US-Zentralbank
ihre monatlichen Käufe reduziert, dürften die Anleihepreise weiter unter Druck
geraten und die Zinsen zu steigen beginnen. Die Märkte haben dies sehr schnell
antizipiert und mit einer bereits spür­
baren Zinserhöhung eingepreist.
Prompt hat sich Ben Bernanke in
der Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Zentralbank vom September für viele Beobachter überraschend
dazu entschieden, mit einer Reduktion
der Anleihekäufe zuzuwarten. Offenbar machte sich Bernanke Sorgen, dass
der bereits erfolgte Zinsanstieg für längere Laufzeiten die Erholung am Häusermarkt gefährden könnte. Mit dem
auf Anfang 2014 vertagten US-Budget­
streit dürfte der Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik in den USA auf
März 2014 ver­schoben sein.
Gelenkte Zinserwartungen
Porträtillustration: Elizabeth Traynor
”
www.ubs.com/kmu-impulse
Daniel Kalt, Chefökonom Schweiz bei UBS
Erst wenn die US-Zentralbank
ihre monatlichen Anleihekäufe voll­
umfänglich zurückgenommen hat, wird
sie die Leitzinsen am kurzen Ende der
Zinskurve allmählich anheben. Wann
dies der Fall sein wird, hat Bernanke
in einem neuartigen Konzept – der
­so­genannten «Forward Guidance» –
bereits dargelegt: Erste Zinsschritte
­
folgen nicht eher, als bis die Arbeits­
losenquote von zurzeit 7,3 Prozent auf
deutlich unter 6,5 Prozent gesunken
ist, was sich wohl erst Mitte 2015
bestä­tigen wird.
Genauso wie die US-Zentralbank
haben inzwischen auch die Bank of
England sowie die EZB damit begonnen,
den Märkten eine derartige «zukunftsgerichtete Erwartungs­lenkung» zu geben.
Fazit: Bis die g
­rossen Zentralbanken
UBS outlook Schweiz
Zinserhö­hungen einläuten können, werden noch zwei ­Sommer ins Land ziehen.
Solange sie an ihrem Wechselkursziel von 1.20 Franken zum Euro
festhält, kann die Schweizerische Na­
tionalbank (SNB) die Leitzinsen kaum
vor der oder schneller als die EZB anheben. Somit dürften die Zinsen in der
Schweiz am kurzen Ende noch einige
Zeit tief bleiben und am langen Ende
der Kurve in etwa im Gleichschritt mit
den Euro- respektive US-Dollar-Zinsen
leicht anziehen.
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tuelles Thema.
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UBS outlook Thesen
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gabe einen Wirtschafts­zweig oder ak­
tuellen Trend un­ter die Lupe. Bestellen
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SNB vor schwierigen Entscheiden
UBS investor’s guide
Die boomende Binnen- und Immobilienwirtschaft ruft jedoch schon
lange nach einer geldpolitischen Straffung mittels Leitzinserhöhungen. In­
sofern steht die SNB vor schwierigen
Entscheiden. Sie muss laufend ab­
wägen, ob die Vorteile des Festhaltens
am Wechselkursziel von 1.20 Franken
zum Euro die Nachteile der Nullzinspolitik – Gefahr einer Immo­bilienblase
und deren späteres Platzen – noch
rechtfertigen.
Bis auf Weiteres scheint die SNB
ihrer Geldpolitik treu zu bleiben. Doch
das Blatt könnte sich schneller wenden
als vermutet, besonders wenn die derzeit
noch tiefe Inflation anzieht und somit
das Preisstabilitätsziel mittel- bis längerfristig nicht mehr zu halten wäre.
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•
Daniel Kalt
ist Chefökonom
Schweiz bei UBS.
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14
Wirtschaft und Politik
Im Gespräch: Exportindustrie
«Im Export kostet heute
jeder Schweizer Handgriff
20 Prozent mehr»
Christine Novakovic, Leiterin Firmen- und
institutionelle Kunden von UBS, diskutiert
mit zwei Unternehmern über Frankenstärke,
Auslagerung von Arbeitsplätzen und die
drohende Deindustrialisierung der Schweiz.
Jörg Becher, Adrian Roost (Interview) und Gerry Amstutz (Bild)
D
ie Frankenstärke fordert
­exportorientierten Unternehmen alles ab. Wo drückt
der Schuh am meisten?
Jürg Zwahlen: Wir verkaufen über 70
Prozent unserer Produktion ins ­Ausland,
vor allem in den Euroraum. In­folge ­der
Frankenstärke sind unsere Betriebs­
margen empfindlich gesunken, weil wir
die Verkaufspreise nicht in gleichem
Umfang erhöhen konnten. Da macht
man sich schon Gedanken über das
hohe Preisniveau in der Schweiz.
Lassen sich die währungs­
bedingten Verluste beziffern?
Zwahlen: Jeder in der Schweiz ausgeführte Handgriff kostet eine Exportfirma heute über 20 Prozent mehr als vor
drei Jahren. Wir haben das Glück, dass
uns wichtige Vertriebspartner wie ein
Teil der ausländischen Generalimporteure nach wie vor in Schweizer Franken bezahlen. Damit verteilen sich die
Einbussen auf mehrere Schultern.
Christian Bargähr: Bei uns stellt sich
die Ausgangslage etwas anders dar,
weil wir ohne Zwischenhändler auskommen und unsere Kunden direkt
UBS impulse Für KMU — Dezember 2013
­ eliefern. Heute ist eine starke Kundenb
bindung natürlich von Vorteil. Auch
wir setzen jedoch über die Hälfte un­
serer Produktion im Euroraum ab und
leiden unter dem Wechselkurs. 2011
mussten wir einen Währungsverlust
von einer viertel Million Franken verbuchen, bei einem Umsatz von damals
rund sieben Millionen Franken. So etwas tut schon weh.
Was unternehmen Sie gegen
die Margenerosion?
Bargähr: Wir beziehen heute mehr
Zwischenprodukte aus Euroländern.
Zudem versuchen wir wieder verstärkt,
möglichst viele Arbeits­schritte, die bisher von Zulieferern ­ausgeführt wurden, in Eigenregie zu erledigen, um
Teile der Wertschöpfungskette ins
­
­eigene Unternehmen zurückzuholen.
Dadurch konnten wir die 2011 entstandene Ertragslücke weit­
gehend
kompensieren. Überdies ist es uns in
letzter Zeit ge­
lungen, den von der
Schweizerischen Nationalbank festgelegten Mindestkurs von 1.20 Franken
pro Euro bei dem Gros unserer Kunden durchzusetzen.
Die Einbussen lassen sich also
auch dadurch wettmachen,
dass man die Verkaufspreise
entsprechend erhöht?
Zwahlen: Die Möglichkeiten dazu
sind sehr begrenzt. Aus dem etablierten Preisgerüst der Märkte auszubrechen, gestaltet sich äusserst schwierig.
Das gilt meiner Erfahrung nach für
die ­allermeisten Branchen und Betriebe. Kaum ein Schweizer Unternehmen
­verfügt derzeit über ein nennenswertes
Preiserhöhungspotenzial.
starke Franken
“Der
drängt die ver­blie­benen Anbieter
­vermehrt in
­Spezial­märkte und
­Nischen.
”
Jürg Zwahlen,
VRP und Mehrheitsaktionär
Birchmeier Sprühtechnik AG
15
Wir betonen noch
“stärker
die sprich­
wört­lichen Vorteile der
Schweiz: Zu­ver­läs­sig­keit, Präzision,
­Qualität und
­Termintreue.
”
Christian Bargähr,
CEO / Inhaber BC-TECH AG
Austausch im Aargauer Kunsthaus mit Christine Novakovic: Christian Bargähr (links), CEO und Inhaber der
BC-TECH AG (www.bctech.ch), ist auf Glas-Metall-Durchführungen spezialisiert und beliefert den Markt
für Drucksensorik / Durchfluss- und Füllstandsmessungen in Europa. Jürg Zwahlen, VRP und Mehrheitsaktionär der
Birchmeier Sprühtechnik AG (www.birchmeier.com), exportiert als Spezialist für Sprüh- und Dosiergeräte über
70 Prozent vor allem in den Euroraum und in die USA.
16
Wirtschaft und Politik
bin immer w
­ ieder
“Ich
erstaunt, wie gut die
meisten Schweizer
Firmen trotz allem
mit der schwie­rigen
Si­tua­tion umgehen.
”
Christine Novakovic,
Leiterin Firmen- und institutionelle
Kunden UBS
Stimmen Sie dem zu, Frau
Novakovic?
Christine Novakovic: Preiserhöhungspotenzial hat eine Firma nur dann,
wenn sie den Markt auf irgendeine
Weise beherrscht. Zum Beispiel indem
sie ein konkurrenzloses Produkt an­
bietet oder in ihrem Markt zumindest
­führend oder sogar Weltmarktführer
ist. Generell lässt sich sagen: Export­
orientierte Firmen, die ihren grössten
Kostenblock in der Schweiz haben und
gleichzeitig gezwungen sind, in einer
zur Schwäche neigenden Währung zu
fakturieren, haben am meisten zu kämpfen. Exporteure hingegen, die ihre Lie­
ferungen in Franken verrechnen, können das Problem auf ihre Kunden oder
Vertriebspartner überwälzen.
Die Frankenstärke trifft also
nicht alle gleichermassen?
Novakovic: Ich bin immer wieder erstaunt, wie gut die meisten Schweizer
Firmen trotz allem mit der schwierigen
Situation umgehen – indem sie etwa
laufend ihre Produktions­prozesse optimieren, mit Innovationen aufwarten
oder sich gezielt neuen Absatzmärkten
ausserhalb der Eurozone zuwenden.
Daneben gibt es aber auch Firmen, die
damit begonnen haben, Arbeitsplätze
an kostengünstigere Standorte aus­
zulagern. Dies ist natürlich ein zweischneidiges Schwert, denn einmal ausgelagerte Arbeitsplätze kommen in den
seltensten Fällen zurück.
Zwahlen: Es ist ein Trugschluss, zu glauben, man könne sich allein mit permanenter Innovation und der geschickten
Repositionierung gegen die Aufwertung
stemmen – das machen Schweizer Unternehmer ja bereits seit 40 Jahren. Zu
UBS impulse Für KMU — Dezember 2013
Beginn der 70er-Jahre betrug der Wertschöpfungsanteil des Industriesektors
am Bruttoinland­produkt noch mehr als
60 Prozent. Heute liegt er noch etwas
über 20 Prozent. Der starke Franken
drängt die verbliebenen Anbieter vermehrt in ­Spezialmärkte und Nischen,
einfachere Produkte geraten unter
Druck oder verschwinden ganz. Dies
dünnt die Kompetenzen in unserer
Volkswirtschaft langsam aus. Die Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit des
Werkplatzes und damit für den Wohlstand der Schweiz sind dramatisch.
Droht der Schweiz eine schleichende Deindustrialisierung?
Novakovic: Langfristig wird diese Entwicklung für den Werkplatz nicht ohne
Folgen bleiben. Da stimme ich Herrn
Zwahlen zu. Was zwecks Abfederung
der Frankenstärke ausgelagert werden
kann und von Schweizer Firmen gegenwärtig auch verstärkt ausgelagert wird,
sind relativ einfache, wenig technologieabhängige Produktionsschritte, also
austauschbare Tätigkeiten. Wenn man
sich zugleich vor Augen führt, in w
­ el­chen
Sektoren die Schweizer Wirtschaft in
den zurückliegenden Jahren gewachsen
ist, so betrifft dies vor allem Dienst­
leistungen und nicht den gewerblichindustriellen Bereich.
Kann ein Land prosperieren,
wenn es sich ausschliesslich auf
Forschung und wissensbasierte
Dienstleistungen konzentriert?
Novakovic: Die Antwort lautet meiner
Meinung nach eindeutig nein. Es gibt
genügend Länder, die diesen Weg in
der Vergangenheit beschritten haben
und heute unter einer gravierenden
­De­industrialisierung leiden. Aus diesem
Grund halte ich das, was sich aktuell in
der Schweiz abspielt, auf lange Sicht für
ziemlich gefährlich.
Was lässt sich dagegen
­unternehmen?
Bargähr: Wir betonen noch stärker als
früher die sprichwörtlichen Vorteile
der Schweiz: Zuverlässigkeit, Präzi­sion,
Qualität und Termintreue. Diese Werte
haben für die meisten Abnehmer nach
wie vor eine grosse Bedeutung.
Die viel gerühmte «Swissness»
hilft Ihnen also, Ihre Margen zu
halten?
Bargähr: Je nachdem, wo wir einkaufen, konnten wir unsere Margen in den
letzten Monaten halten oder sogar noch
leicht steigern. Trotz hoher Produk­
tionskosten haben wir in der Schweiz
keine Arbeitsplätze abgebaut. Wir haben im Gegenteil expandiert, z­ usätz­liche
Flächen dazugemietet und unseren Maschinenpark erweitert.
Sie werben mit «Swiss made»,
Herr Bargähr. Hand aufs Herz:
Wie hoch ist der Anteil
Schweiz in Ihren Produkten?
Bargähr: Um diese Frage korrekt zu
­beantworten, muss ich unsere inlän­
dischen Aktivitäten von denen der
­Holding trennen. 75 Prozent der Wertschöpfung unserer Schweizer Gesellschaft werden tatsächlich auch hier
­erbracht. Dass die restlichen 25 Prozent im europäischen Ausland anfallen,
hängt damit zusammen, dass wir in der
Produktion einen Metallstift ein­setzen,
den kein Schweizer Lieferant in der
­benötigten Qualität anbietet.
Und bei Ihnen, Herr Zwahlen.
Wie viel Schweiz steckt drin?
Zwahlen: Alles in allem über 80 Prozent. Rohmaterialien wie Polyethylen
oder Spezialstahl, die wir in der Schweiz
nirgends finden können, erwerben wir
im Ausland. Zudem beziehen wir die
von uns verbauten Benzinverbrennungs­
aggregate von einem japanischen Hersteller. Bei bestimmten Plastik­anwen­
dungen, Verbindungsschläuchen und
Dichtungsmaterialien greifen wir ebenfalls auf ausländische Lieferanten zurück. Aber der hauptsächliche Produktionsteil ist «Swiss made».
Solange der Markt nach
Schweizer Qualität und
Präzision verlangt und diese
entsprechend zu honorieren
bereit ist, bleiben die
Chancen auf dem Werkplatz
intakt. Einverstanden?
Zwahlen: Selbstverständlich hat die
hohe Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft mit ihren Produktleistungsmerkmalen und einer überdurchschnittlichen Servicequalität zu tun.
Eine nicht zu unterschätzende Rolle
spielt aber auch die emotionale Wahrnehmung. Deshalb würde ich nie und
nimmer auf das Etikett «Swiss made»
verzichten wollen.
•
unternehmen
17
Haben sie das Zeug dazu?
Die meisten Eltern freuen sich, wenn eines
ihrer Kinder die Nachfolge im Familien­
unternehmen antreten will. Aber können es
die Kinder? Und dürfen sie auch?
Doch vielleicht ergibt sich eine Auf­
gabe im Verwaltungsrat der Firma,
etwa als aktiver Eigentümer, oder gemeinsam mit einer weiteren Person in
der Geschäftsleitung. Können sollte also
stets im Zusammenhang mit der neuen
Rolle des Nachfolgers gesehen werden.
Es muss ja nicht immer der einsame
Chefsessel sein.
Dürfen – eine Frage des Spielraums
D
Illustration: Adam Simpson, Porträtillustration: Elizabeth Traynor
ie Mehrzahl der Familien­
unternehmer wäre froh,
wenn eines ihrer Kinder in
die Firma einsteigen würde.
Nur hat sich das Interesse der Sprösslinge an ­einer Nachfolge in den letzten Jahren abgekühlt und oft scheint es interessantere berufliche Aussichten zu geben,
als den elterlichen Kleinbetrieb zu übernehmen. Das heisst, es fehlt recht häufig
nicht am Willen der Eltern, wohl aber
an der Bereitschaft der Kinder.
Können – eine Frage des Umfelds
Eltern mit einem Unternehmen
stehen aber nicht nur vor der Frage, ob
ihre Kinder übernehmen wollen, sondern auch, ob diese das Zeug dazu
­haben. Schnell neigt man zu der Aus­
sage, eine familien­interne Nachfolge sei
gleichzusetzen mit der Inthronisierung
eher ungeeigneter Nachfolger. Schliesslich ist die Auswahl an möglichen
­ andidaten ausserhalb der Familie und
K
­damit die Chance, einen Nach­folger
mit optimalen Fähigkeiten zu finden,
grösser als in der Familie.
Das mag in der Theorie so stimmen – und auf grosse Unternehmen sogar zutreffen. Aber bei kleinen Firmen
ist der Markt für Nachfolger sehr überschaubar. Zudem wissen die Eltern,
was ihre Kinder können und was nicht,
ob sie ins Unternehmen passen und
welche komplementären Personen wie
auch Fähigkeiten sie als Chef in ihrem
Umfeld brauchen. Die Eltern können
also einschätzen, worauf sie sich einlassen, selbst wenn der Nachwuchs in
der Schule nicht immer glänzte.
Eine familieninterne Nachfolge
muss also nicht zu einer unprofessionellen Besetzung führen. Aber natürlich gibt es Grenzen: Sohn- oder Tochterstatus qualifiziert nicht automatisch
für die Leitung eines Unternehmens.
Wollen und Können sind wichtig.
Die Neuauflage einer gelungenen Unternehmensgeschichte kann aber erst gelingen, wenn der Nachfolger sie auch
weiterspinnen darf und den Handlungsspielraum erhält, die eigene und die Zukunft der Firma aktiv zu ­gestalten. Die
Frage des Dürfens zu klären, hat in einer familieninternen Nachfolge zentrale
Bedeutung. Von der ersten gemein­
samen Tätigkeit bis zur kompletten
Übergabe von Führung und Eigentum
arbeiten Übergeber und Übernehmer
meist jahrelang zusammen – in der
Schweiz im Schnitt 6,5 Jahre. Da wird
fehlender Handlungsspielraum allzu
leicht als Mangel an Können oder Wollen missverstanden.
Wollen, Können und Dürfen bilden die tragenden Elemente einer Unternehmensnachfolge und die Voraussetzung für eine erfolgreiche Übergabe.
Einem Unternehmer, der eine interne
Nachfolge anstrebt, stellen sich folgende Fragen:
•Was wollen Sie und Ihre Kinder
wirklich? Welche Wünsche und
Träume haben sie?
•Über welche Fähigkeiten und Talente verfügen die Kinder? Existieren dafür objektive Anhaltspunkte?
•Gibt es Rollen im Betrieb, in denen
diese Fähigkeiten wertvoll sind?
•Haben familieninterne Nachfolger
auch den Freiraum, ihre eigenen
Ideen umzusetzen?
•
Habe ich mit allen Beteiligten über
die Notwendigkeit von «Wollen,
Können und Dürfen» gesprochen?
•
Thomas Zellweger,
38, lehrt Betriebswirtschaft an
der Univer­­sität
St. Gallen und leitet
dort seit 2007
das Center for Family B
­ usiness.
www.cfb.unisg.ch
18
Unternehmen
Lösung: UBS Fabrikationskredit SERV
Flüssig exportiert
Involdes AG winkte ein
Grossauftrag in Asien. Wie
das junge KMU mit dem
UBS Fabrikationskredit
SERV die Vorfinanzierung
stemmen konnte.
Sibylle Veigl (Text) und Flurina Rothenberger (Bilder)
Spezialisten für «End-of-Line Packaging»:
Rolf Gräser (rechts) und sein Geschäftspartner und technischer Leiter Martin
Kurmann konstruieren Verpackungs­
maschinen, die sie in alle Welt exportieren.
UBS impulse Für KMU — Dezember 2013
Die Entwicklung von Prototypen für den
Export muss vorfinanziert werden und
birgt Risiken. UBS kann sie zusammen mit
der Schweizerischen Exportrisiko­
versicherung abdecken.
19
U
naufhörlich und rasend
schnell führt das Fliessband
die kleinen Milchbeutel aus
der Abfüllanlage heran. Bis
zu 360 Beutel pro Minute gelangen zu
dem Punkt, an dem sie verpackt werden müssen. Und genau hier kommt die
im aargauischen Muri beheimatete Involdes zum Einsatz. Denn das verlangt
Know-how: eine Verpackungsmaschine
so zu konstruieren, dass die unregel­
mässig auf dem Transportband liegenden Milchdrinks maschinell gebündelt
werden, um dann eng aufgereiht in einer Kartonschachtel Platz zu finden.
Auf «End-of-Line Packaging»,
also Verpackung am Ende der Produktionslinie, haben sich Geschäftsleiter
Rolf Gräser und sein Partner und technischer Leiter Martin Kurmann mit
rund elf fest angestellten Mitarbeitenden spezialisiert. Mit Erfolg, denn die
Beutel mit den 40-Milliliter-Energy­
drinks sind Kern des Auftrags eines internationalen Nahrungsmittelkonzerns
für Verpackungsanlagen in Indonesien.
Im Frühjahr 2013 war die Anfrage für
zwei Pilotanlagen eingegangen.
SERV-Spezialist wusste Rat
Das Problem: woher plötzlich das
Geld nehmen, um die beiden Anlagen zu
produzieren? Denn Involdes ist erst im
August 2012 gegründet worden und
deshalb zu jung, um die Anforderungen
für gängige Betriebskredite zu erfüllen.
Gräser hatte es auch mit einer Garantie
durch die Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV) des Bundes und einem damit zusammenhängenden Bankkredit versucht. Doch auch damit kam
er bei seiner bisherigen Hausbank nicht
weiter. Unterdessen verstrich kostbare
Zeit, denn die Lieferfristen im Inves­
titionsgütermarkt sind mit fünf bis
sechs Monaten extrem eng. «Es war
verrückt», sagt Gräser. «Wir hatten die
bestätigten Aufträge in der Tasche,
doch niemand hat uns geholfen.»
Bis Werner Wetzstein, KMUKundenberater und Teamleiter bei UBS
in Aarau, über einen seiner Kunden davon hörte. Er rief Kurmann an. «Bald
fiel das Stichwort SERV», erinnert sich
Wetzstein. «In dieser Wachstumsphase
gab es keine andere Finanzierungs-
möglichkeit.» Denn die SERV sichert
nicht nur den Exporteur gegen das
­Risiko ­eines Produktionsabbruchs ab,
sondern garantiert auch der Bank die
Rückzahlung des Kredits.
Noch heute ist Gräser begeistert,
wie schnell alles ging. Am 23. Juli 2013
traf man sich zu einer ersten Besprechung: Gräser, Kurmann, Kundenberater Wetzstein und der UBS-Spezialist
für Exportfinanzierung, Thomas Kaufmann. Als ehemaliger SERV-Mitarbeiter war es für Kaufmann ein Leichtes,
Involdes so zu beraten, dass ihr Ver­
sicherungsantrag bei der SERV in kürzester Zeit bewilligt wurde. «Ich wusste, wenn die SERV Ja sagt, wird das
eine tolle Sache», so Kaufmann.
Involdes transferierte all ihre
Bank­geschäfte zu UBS und schon zwei
Wochen nach dem Gespräch konnten
die beiden projektbezogenen Fabrikationskredite – für jede Pilotanlage einen
– von gesamthaft 250 000 Euro ausbezahlt werden. «Hervorragend» sei alles
gelaufen, freut sich Gräser. «Wir sind
bestens unterstützt worden – von UBS,
aber auch von der SERV.»
Im Dezember läuft nun bereits
der vierwöchige Testbetrieb in Indo­ne­
sien. Ist dieser erfolgreich, so haben
Gräser und Kurmann über die nächsten 15 Monate zu tun: Der eigentliche
Auftrag umfasst 24 Anlagen mit einem
Gesamtvolumen von fünf Millionen
Franken. Es sei spannend, wie eine Idee
sechs Monate später zu einer Maschine
werde, meint Kurmann, der wie Gräser
auch persönlich in der Fabrik Hand
anlegt, wenn ein Auftrag eilt.
Massgeschneidert aus der Schweiz
Denn «machen, nicht nur managen» lautet das Motto der beiden. Und
dies mit Überzeugung in der Schweiz:
Involdes baut hier nicht nur die
­An­lagen zusammen, sondern bezieht
auch zwischen 60 und 80 Prozent der
Komponenten aus dem eigenen Land –
meist sogar aus dem aargauischen Freiamt –, exportiert aber praktisch 100
Prozent. Neben Südostasien, wohin gut
die Hälfte der Anlagen geht, sind die
USA und Australien wichtige Märkte.
«Swiss made» mit den Attributen Zuverlässigkeit und Qualität ist die
UBS Fabrikations­
kredit SERV
Die öffentlich-rechtliche Schweizerische
Exportrisikoversicherung (SERV) ver­si­
chert verschiedene Risiken von Exporteuren und Banken. 2009 wurde die
­Fabrikationskreditversicherung lanciert,
welche zwischen der SERV und der
Bank (also UBS) abgeschlossen wird.
Vorteil für den Exporteur: Die Finan­
zierung der Produktion wird erleichtert
und die Liquidität bleibt gewahrt.
So kann ein Exportgeschäft
finanziert werden:
•Der
Exporteur beantragt bei der
SERV eine Fabrikationsrisikoversicherung. Sie gilt für ein konkretes
Exportgeschäft und ist Bedingung
für die Erteilung der Fabrikationskreditversicherung.
•Die Fabrikationskreditversicherung
garantiert UBS die Rückzahlung
aus einem Fabrikationskredit.
Sie steht im Rahmen der Stabilisierungsmassnahmen II noch bis mindestens Ende 2015 zur Verfügung.
•Der Fabrikationskredit wird vom
­Exporteur bei UBS beantragt. Der
Kredit wird für das bei der SERV versicherte Exportgeschäft gesprochen
und finanziert die Selbstkosten.
Mehr Informationen erhalten Sie bei
­Ihrem Kundenberater. Er führt Sie zusammen mit UBS-internen Spezialisten
durch den ganzen Antragsprozess.
Info zur SERV unter www.serv-ch.com
eine Differenzierung. Die andere besteht in der hohen Flexibilität bei den
massgeschneiderten Verpackungsanlagen für die Nahrungsmittelindustrie
und für spezielle Anwendungen. «Wir
verpacken alles, was in Karton, Folie
oder Paletten ausgeliefert werden soll»,
erklärt Kurmann. «Und wenn ein Kunde abwechselnd eine Flasche stehend
und eine auf dem Kopf will, dann machen wir auch das.»
•
20
Unternehmen
Lösung: Management-Buy-out
In zwei Etappen
zum Chef
Anfangs fehlte dem Nachfolger der
Mut zum Management-Buy-out.
Doch der UBS-Kundenberater zeigte
ihm auf, wie die Finan­zierung
zu realisieren war.
Kaspar Meuli (Text) und Jeremy Bierer (Bilder)
E
s riecht nach Schmiermittel
und durch die hohen Werkstatträume tönt Radiomusik.
Ein älterer und ein jüngerer
Mann sind ins Gespräch über einen
Konstruktionsplan vertieft. Es geht um
eine Terrasse für eine Skihütte. Die
­beiden arbeiten seit über 20 Jahren zusammen, als Alain Masserey nach seiner Lehre als Metallbauschlosser im Betrieb von Narcisse Chardon angestellt
wurde. Der Patron und seine rechte
Hand – die beiden verstehen sich blind.
So war es bis vor drei Jahren.
Heute entspricht diese Konstellation
nicht mehr der Realität: Chardon und
Masserey haben die Rollen getauscht.
Der Jüngere hat vom Älteren die Firma
erworben und der ehemalige Patron
kommt nur noch hin und wieder auf einen Kaffee vorbei. Bei der geglückten
Stabübergabe spielte UBS eine nicht
un­wesentliche Rolle. «Die Bank hat
mit uns auf eine Lösung hingearbeitet,
die für beide Seiten annehmbar war»,
erzählt Narcisse Chardon.
Ziel war Fortbestand der Firma
Chardon gründete seine Firma
1988, nachdem er jahrelang in einem
grossen Metallbaubetrieb in verantwortungsvoller Position gearbeitet hatte.
«Damals sagte ich mir, wieso dasselbe
nicht auf eigene Rechnung tun?» Dies
umso mehr, als Chardon realisierte, dass
UBS impulse Für KMU — Dezember 2013
in der Umgebung seines Wohnorts
Venthône, eines kleinen Dorfs hoch
über Siders, kein einziger Metallbauer
angesiedelt war. «Hier gab es ­
einen
Platz zu erobern.»
Dank harter Arbeit und einem
Sinn für massgeschneiderte Lösungen
gelang es dem Jungunternehmer tatsächlich, die Nische, die er ausgemacht
hatte, dauerhaft zu besetzen. Seine Firma machte sich in der Region unter anderem als Hersteller von Winter­gärten
einen Namen.
Vom Bankberater ermutigt
Das Unternehmen wuchs und
­eschäftigte bald einmal vier, fünf
b
­Mitarbeitende. Einer von ihnen, Alain
Masserey, erschien Narcisse Chardon,
der selbst keine Kinder hatte, als idealer
Kandidat für die eigene Nachfolge. Ihm
würde er dereinst seinen Betrieb gerne
übergeben, das war dem Patron schon
vor zehn Jahren klar. «Am meisten zählte für mich bei der Nachfolge der Fortbestand der Firma. Diesen ­garantierte
Alain am besten.»
Doch der erkorene Nachfolger tat
sich schwer mit der Vorstellung, selbst
Patron zu werden. Nicht dass ihm fachliches Können und Erfahrung gefehlt
hätten, aber neben der Arbeit hatte
Masserey schlicht zu viele andere Interessen. Um ein Haar wäre er nämlich
­Berufsposaunist geworden und leitete
21
Für den Metallbauschlosser Alain Masserey war
es ein grosser Schritt vom Angestellten zum
Unternehmer und neuen Chef der Chardon SA.
Doch er hat ihn gewagt ― und es nie bereut.
ManagementBuy-out
Als Management-Buy-out (MBO) wird
die Übernahme einer Firma oder eines
Unternehmensbereichs durch leitende
Angestellte bezeichnet. MBOs stellen
eine beliebte Form der Nachfolgeregelung dar, die dem Verkäufer die Aussicht
bietet, dass das Unternehmen in seinem
Sinn weitergeführt wird.
•
inzwischen in seiner Freizeit eine Musik­
gesellschaft. Nicht weniger leidenschaftlich betrieb er Sport und vor allem
­waren da die junge Familie mit zwei
Kindern und das frisch gebaute Haus.
Narcisse Chardon rückte dem
Pensionsalter näher und fing an, sich
nach anderen Interessenten umzusehen. Da brachte ein Zufall die Dinge
ins Rollen. Zu einem Gespräch mit seinem Bankberater kam auch ein UBSSteuerspezialist mit auf Besuch. In der
Werkstatt lief dieser Alain Masserey
über den Weg. Die beiden bemerkten,
dass sie sich vom Musizieren kannten,
und kamen ins Gespräch. Es folgten
Diskussionen mit den Finanzexperten
der Bank und Masserey betrachtete
eine Firmenübernahme allmählich mit
anderen Augen. «Die UBS-Mitarbeiter
zeigten mir auf, dass ein Kauf finanziell
durchaus machbar war, und ermutigten mich zu diesem Schritt», erzählt er.
Keine schlaflosen Nächte
Bald lag eine Finanzierungs­
lösung für einen Management-Buy-out
auf dem Tisch: Um den Verkaufspreis
möglichst tief zu halten, erklärte sich
der Besitzer bereit, die Firma in einem
ersten Schritt ohne das Betriebsgebäude zu verkaufen. Die Bank gewährte
dem Käufer zwei Darlehen: ein klei­ne­
res als Hypothek auf einem privaten
Grundstück und ein grösseres in Form
eines Investitionskredits. Überdies vereinbarten der ehemalige und der neue
UBS bietet für die Finanzierung
von MBOs meist einen Inves­
titionskredit an.
• 40 bis 50 Prozent des Übernahmepreises sind durch Mittel zu finanzieren, welche der Käufer einbringt, zum Beispiel Eigenmittel,
Privatkredite von Freunden und
Verwandten oder Hypotheken auf
Liegenschaften.
• Der Zins des Investitionskredits
richtet sich nach den finanziellen
Verhältnissen des Kreditnehmers
und des übernommenen Unternehmens.
• Die Laufzeit beträgt in der Regel
fünf bis sieben Jahre.
Mehr Informationen zu einem Management-Buy-out erhalten Sie von Ihrem
Kundenberater.
Info zum Manangement-Buy-out unter
www.ubs.com/unternehmensnachfolge
Patron eine einjährige Übergangszeit,
während der sich der Jüngere vom
­Älteren in den administrativen Teil der
Firmenführung einarbeiten liess.
Alain Masserey hat den grossen
Schritt vom Angestellten zum Unternehmer und Chef der Chardon SA nie
bereut. Die befürchteten schlaflosen
Nächte blieben aus und der Betrieb
­floriert auch unter dem neuen Besitzer.
Zwar arbeitet dieser deutlich mehr als
zuvor – 70-Stunden-Wochen sind die
Regel –, doch der frischgebackene
­Patron stellt mit zufriedenem Lächeln
fest: «Jetzt entscheide ich, wann ich arbeite und wann ich beim Zmittag mit
einem Freund länger sitzen bleibe.»
•
22
Unternehmen
Wissen: Kreditfinanzierung
Ein Kredit für
jeden Zweck
V
on den über 300 000 KMU
in der Schweiz ­unterhalten
etwa 130 000 eine Geschäfts­
beziehung mit UBS. Oft stehen dabei Kredit­
finanzierungen im
­Vordergrund, denn Kredite sind das von
KMU am meisten beanspruchte Bankprodukt.
Welche Art von Kredit wann am
sinnvollsten ist, lässt sich nur in einem
Beratungsgespräch beurteilen. Denn es
gibt eine Vielzahl von Kreditformen,
die sich auch für die komplexesten
Bedürfnisse nach Mass zuschneiden
­
lassen. Angesichts dieser grossen Vielfalt ist es für jeden Unternehmer hilfreich, sich einen Überblick über die
Grundmerkmale von Krediten, die zur
Verfügung stehenden Kreditarten und
deren Besonderheiten zu verschaffen.
Sicherheiten senken Kreditkosten
Welcher Kredit sich wofür eignet
und wie viel er kostet, lässt sich
nur im Einzelfall bestimmen.
Aber es lohnt sich, die Vielfalt des
Angebots zu kennen.
UBS impulse Für KMU — Dezember 2013
Zum Anfang gleich ein schwie­
riger Punkt: die Kosten eines Kredits.
Schwierig deshalb, weil sich über Ka­
pitalkosten kaum in verallgemeinernder Form sprechen lässt. Die Konditionen hängen immer von den spezifischen
Gegebenheiten des Kreditnehmers ab.
Je besser sein durch UBS-Spezialisten
ermitteltes Rating, desto geringer
schätzt die Bank das Risiko dieses
Kunden ein und desto günstiger ist der
Zinssatz, sind also die Kreditkosten.
Für die Ermittlung des Ratings
spielen sowohl finanzielle als auch nicht
finanzielle Faktoren eine massgebliche
Rolle. Zum einen werden klassische
Kennzahlen aus Ertragslage und Bilanz­
verhältnissen berücksichtigt, zum an­
deren beurteilt die Bank verschiedene
Aspekte der Unternehmensführung.
Sicherheiten wie Schuldbriefe,
typischerweise auf Betriebsliegenschaften, oder Solidarbürgschaften verringern die Folgen eines Kreditausfalls für
die Bank. Sie sind Teil der Risikobeurteilung und wirken sich günstig auf den
Zinssatz aus. Bei einer ertragsstarken
und deshalb blankofähigen Firma bilden Sicherheiten keine Voraussetzung
für einen Kredit.
Finanzierung des Umlaufvermögens
Die wichtigsten Kreditformen lassen sich nach Finanzierung des Um­
lauf-, des Anlagevermögens oder der
Unternehmensstrategie unterscheiden.
Zur Finanzierung des Umlaufvermögens kommen vor allem zwei Formen
23
Fachbegriffe
“
Die Konditionen eines Kredits
hängen immer von den
spezifischen Gegebenheiten des
Kreditnehmers ab.
von Betriebskrediten in Betracht: das
Kontokorrent und der Feste Vorschuss.
Beide dienen der kurzfris­tigen Finanzierung, unterscheiden sich aber in wichtigen Punkten. Die Laufzeit des Kontokorrents ist unbefristet, jene des Festen
Vorschusses auf 1 bis 12 Monate beschränkt. Zudem gilt beim Festen Vorschuss in der Regel ein Mindestbetrag
von 250 000 Franken.
Aus diesen Abweichungen ergibt
sich der Verwendungszweck beider Kredite: Der Feste Vorschuss wird für die
­Sockelfinanzierung verwendet und sollte einem regelmässigen, aus der Liqui­
ditätsplanung hervorgehenden Bedarf
entsprechen. Das Kontokorrent hin­
gegen deckt Spitzen im Finanzierungs­
bedarf. Dies macht finanziell Sinn, denn
ein Kontokorrent ist immer teurer als
ein Fester Vorschuss. Als dritte Form
zur Finanzierung des Umlaufvermögens
kommt Factoring infrage. Es eignet sich
für Wachstumsphasen oder für junge
Firmen.
Finanzierung des Anlagevermögens
Bild: Raffinerie, Porträtillustration: Elizabeth Traynor
”
Peter Ritz, Unternehmenskundenberater
Zur Finanzierung des Anlage­­­
ver­
mögens bieten sich auf längere
Fristen angelegte Kreditformen an,
­
zum Beispiel Festkredit, Leasing und
Libor-Darlehen. Der grosse Vorteil des
Festkredits besteht darin, dass er eine
sichere Kalkulationsgrundlage schafft.
Kapital, Zinssatz und Amortisationen
werden nämlich im Voraus für eine
Laufzeit von meist 1 bis 7 Jahren fest­
gelegt. Der Festkredit eignet sich vorwiegend zur Finanzierung von Betriebsliegenschaften und Maschinen. Bei
mobilen Investitionsgütern stellt Leasing eine auch finanziell interes­sante Alternative dar. Libor-Darlehen schliesslich erlauben eine flexible Finanzierung
von Investitionen. Da sich der Zinssatz
am Geldmarkt orientiert, lassen sich
die Kosten meist tief halten, sind jedoch variabel.
Wachstumsfinanzierung
Neben Krediten zur Finanzierung
des Umlauf- oder Anlagevermögens
gibt es auch Kredite zur Finan­zierung
von Wachstum. Dabei kann es um eine
neue Geschäftsidee, eine neue Produktlinie oder um die Finanzierung ­einer
Akquisition gehen. Bei der Beur­teilung
dieser Kreditrisiken spielen die strate­
gischen Überlegungen der Eigentümer
und des Managements, ein überzeugender Businessplan sowie um­fassende Beratungsgespräche mit dem Kundenberater und allfälligen weiteren Spezialisten
der Bank eine zentrale Rolle.
Um überdurchschnittlich innovative und wachstumsstarke Unter­
nehmen zu fördern, hat UBS im Früh­
sommer 2012 gemeinsam mit dem
Swiss Economic Forum (SEF) die Ini­
tiative «Wachstum für KMU» lanciert
(www.sef4kmu.ch). Ausgewählte Firmen können im Rahmen dieser Ini­
tiative ihre Wachstumsstrategie von
Experten beurteilen lassen und erhalten Zugang zu einer exklusiven Wachstumsfinanzierung.
•
Kreditfinanzierung
Solidarbürgschaft
Die Solidarbürgschaft ist eine Form von
Sicherheit, die unter anderem bei der
Kreditvergabe genützt wird. Als Bürge
tritt häufig der Firmeninhaber auf. Er
haftet mit seinem privaten Vermögen,
falls der Kreditnehmer mit seinen Leistungen in Rückstand gerät oder zahlungsunfähig wird.
Schuldbrief
Der Schuldbrief ist ein Instrument des
Grundpfandrechts und dient unter anderem als Kreditsicherheit. Er bezieht
sich auf ein Grundstück oder eine Liegenschaft und wird auf den Namen des
Gläubigers im Grundbuch eingetragen.
Blankokredit
Banken vergeben einen Kredit «blanko», wenn der Kreditnehmer dafür keine Sicherheiten leisten muss. Ein Blankokredit wird ausschliesslich aufgrund
der Bonität (Kreditwürdigkeit und Kreditfähigkeit) eines Kunden vergeben.
Fester Vorschuss
Der Feste Vorschuss ist ein Betriebs­
kredit mit auf 1 bis 12 Monate begrenz­
ter Laufzeit, festem Zinssatz und einem
Mindestbetrag. Er dient zur Sockel­
finanzierung des Umlaufvermögens.
Kontokorrent
Das Kontokorrent ist ein Betriebskredit
mit unbegrenzter Laufzeit und variablem Zinssatz. Er dient vor allem zur Finanzierung unregelmässig anfallender
Liquiditätsspitzen.
Leasing
Peter Ritz
ist Unternehmenskundenberater in
der Region Zürich.
Er berät KMU in
sämtlichen Bankfragen und kann bei
Bedarf auch Spezialisten beiziehen.
Beim Leasing bleibt das geleaste Objekt
Eigentum des Leasinggebers. Da die
Bank so über eine erstklassige Sicherheit
verfügt, kann sie tiefere Zinsen anbieten.
Neben den Kosten liegt der wichtigste
Vorteil des Leasings in der Schonung der
Liquidität. Ein Unternehmen kann seine
Investitionen aus laufend erwirtschafteten Erträgen finanzieren und in Raten
bezahlen («Pay as you earn»-Prinzip).
24
Persönlich
Meine Sicht: Jürg Iseli
Ein Herz für Start-ups
KMU sind der Trumpf des Werkplatzes Schweiz.
Damit er auch in Zukunft sticht, brauchen
innovative Jungunternehmen tatkräftige Unterstützung. Genilem bietet sie mit Herzblut.
richten. Diese Begleitung verkürzt die
«Time-to-Market» und sichert den
Start-ups in 90 Prozent der Fälle eine
positive Entwicklung.
Unsere Coachs sind erfahrene
Unternehmerpersönlichkeiten, die
selbst mehrere Firmen gegründet haben
und ihre wertvollen Erfahrungen als
«Göttis» weitergeben können. Eine
weitere Besonderheit des GenilemKonzepts: Wir wissen, dass sich Innovationen nicht auf den Hightech­bereich
beschränken, und sind deshalb offen
für alle Branchen.
Jährlich erhalten wir weit über
500 Anfragen von interessierten Jung­
unternehmen. In einem ersten Gespräch klären wir ab, ob ein Projekt die
­Genilem-­Kriterien erfüllt: Ist die Idee
wirklich innovativ? Ist sie nicht älter als
drei Jahre? Liegt ein Prototyp vor?
Regional verankert
UBS impulse Für KMU — Dezember 2013
unsere KMU-Landschaft auch in Zukunft blüht und Früchte trägt, braucht
sie aber eine ständige Erneuerung.
Doch eine Firma zu gründen, ist das
eine. D
­ iese zum nachhaltigen Markt­
erfolg zu führen, das andere. Denn viele Start-ups scheitern schon im ersten
Jahr und die Hälfte überlebt die ersten
fünf Jahre nicht.
Erfolgreiches «Götti»-Prinzip
Die erste Lebensphase eines Unternehmens ist mit zahlreichen admi­
nistrativen, organisatorischen und
finan­
ziellen Hürden bestückt. Hier
setzt ­Genilem an: Wir stellen innovativen Jungunternehmen während drei
Jahren kostenlos einen professionellen
Coach zur Seite, der sie begleitet und
ihnen hilft, grobe Fehler zu vermeiden
sowie den Blick auf das Wesentliche zu
•
Jürg Iseli, 64,
ist Vizepräsident
von Genilem
Schweiz. Der
­regional organi­
sierte Non-ProfitVerein fördert innovative Jungunternehmen in der Startphase. UBS ist
nationaler F
­ örderer von Genilem.
www.genilem-­suisse.ch
Porträtillustration: Elizabeth Traynor, Illustration: Christoph Fischer
G
anz per Zufall sah ich
ein ­Interview mit Armand
­Lombard, dem Gründer von
Genilem in der Romandie.
Er habe ein Konzept, sagte Armand, um
innovative Geschäftsideen erfolgreich
auf den Markt zu bringen. ­Einfachheit
und Klarheit des Genilem-Ansatzes
­faszinierten mich sofort. Also fasste ich
den Entschluss, Genilem in der Deutschschweiz aufzubauen. Das war vor sechs
Jahren. In Genf besprachen wir bei einem Kaffee das Vorgehen und schon
bald konnten wir in der Region Zürich/
Ostschweiz die erste Genilem-Niederlassung ennet dem Röstigrabens gründen. Wozu eigentlich?
99 von 100 Betrieben hierzulande sind KMU. Sie stellen zwei Drittel
aller Arbeitsplätze und bilden die Basis
des Erfolgsmodells Schweiz. Damit
Anschliessend beurteilt ein Selektionskomitee die Machbarkeit des
Businesskonzepts. Im positiven Fall
­gelangt das Start-up in den Genuss des
kostenlosen 3-Jahres-Coachings durch
einen professionellen Coach. Dieser
nimmt sich im Durchschnitt einen Tag
pro Monat Zeit, um mit den Jung­
unternehmern die Entwicklung zu besprechen, Fragen zu stellen, Impulse
zu geben und Kontakte in hilfreichen
Netzwerken aufzubauen.
Der Verein Genilem ist regional
organisiert und wird von diversen
­Unternehmen und Institutionen unterstützt, darunter auch UBS. In acht
­Niederlassungen in der Romandie und
in der Deutschschweiz stehen zurzeit
36 Coachs einer Vielzahl sorgfältig
aus­
gewählter Jungunternehmen mit
Rat und Tat zur Seite und schauen,
dass ­unser KMU-Nachwuchs überlebt
und gedeiht.
25
Spengler Cup Davos:
Klassiker im Hexenkessel
Eishockey unter freiem Himmel: der Spengler Cup Final 1952 zwischen
dem EV Füssen und dem Zürcher Schlittschuhclub ZSC.
D
er Spengler Cup Davos ist eines der ältesten Sportturniere
der Welt. Und er schreibt seine einzigartige Geschichte bis
heute fort: Im letzten Jahr etwa geriet
das Davoser Traditionsturnier wegen
des NHL-Lockouts zum Eishockeyfest
und zum Triumph der kanadischen Superstars. Im Final gegen Gastgeber HC
Davos gewann Team Canada mit 7:2
und holte sich damit den zwölften Turniersieg. Zusammen mit den letztjährigen Finalisten kämpfen heuer GenèveServette, ZSKA Moskau, Vítkovice Steel
und die Rochester Americans um den
heiss begehrten Becher.
Angefangen hat alles 1923 mit
Carl Spengler. Der Sohn des Arztes, der
im 19. Jahrhundert den Grundstein für
den Kurort Davos gelegt hatte, war
selbst Arzt und ein glühender Fan des
neu gegründeten HC Davos. Nach dem
Ersten Weltkrieg wollte Spengler den
Kontakte für KMU
UBS Kundenbetreuung KMU
Wünschen Sie eine schnelle
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lässige Erledigung Ihrer
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KMU ist rund um die Uhr an 365 Tagen
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Vollmachten sowie bei Fragen zu Karten
und so weiter. Auch über weniger alltägliche G
­ eschäfte wie Finanzierungen, Geld­anlagen, Firmengründung
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wir Sie und verein­baren dazu gerne
­einen Termin für ein persönliches Gespräch mit Ihrem ­Kundenberater.
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UBS e-banking Support
verfeindeten Nationen mit einem Hockeyturnier in Davos die Gelegenheit
zum friedlichen Kräftemessen geben.
Diesen Geist des kameradschaftlichen
Wettstreits hat sich der Spengler Cup
bis heute erhalten. Nicht zuletzt trägt
dazu auch die unvergleichliche Atmosphäre im Davoser Stadion bei.
UBS unterstützt den Spengler
Cup Davos seit 1985 und ist stolzer
«Presenting Partner» des Turniers.
Bereits zum zwölften Mal erhalten
­
rund 70 von UBS eingeladene Kinder
im Alter von acht bis zwölf Jahren
im Rahmen von «Jugend trainiert mit
Spengler Cup-Stars» die Chance, von
den Hockeycracks ein paar Tricks abzuschauen.
•
Der Spengler Cup Davos 2013 wird
in der Silvesterwoche vom 26. bis
31. Dezember ausgetragen. Mehr Info
auf www.ubs.com/spenglercup oder
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Impressum
Bild: Foto Furter
UBS impulse für KMU richtet sich an die Unternehmenskunden von UBS Schweiz. / Herausgeber: UBS AG, Postfach, 8098 Zürich / E-Mail: [email protected] / Redaktionsrat:
Christine ­Novakovic, Alain Conte, Thomas Sommerhalder, Stephan Stotz, Oliver Kaiser, Kathrin Wolff Schmandt, Markus Suter / Redaktions- und Produktionsleitung: Adrian Roost / Gestaltung und
Produktion: Raffinerie AG für Gestaltung, Zürich / Bildredaktion: Maria Schönbucher, Zürich / Übersetzung: Textissimo AG, Adliswil / Produktionsmanagement: Gothuey & Partner, Zürich / Produktion E-Magazine: Designwerft, Zürich / Prepress: Detail AG, Zürich / Druck: Vogt-Schild Druck AG, Derendingen / Erscheint in deutscher, französischer und italienischer Sprache. / Nr. 80440D-1303
Die Informationen und Meinungen in dieser Publikation sind ausschliesslich zu Informationszwecken und zum persönlichen Gebrauch bestimmt und stellen keine Empfehlung, kein Angebot, keine
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das Recht vorbehält, die Dienstleistungen, Produkte sowie die Preise jederzeit veränderten Marktverhältnissen anzupassen bzw. Kosten durch Anpassung der Listen bzw. Produktemerkblätter zu ändern –
in begründeten ­Fällen ohne Vorankündigung; sie werden in geeigneter Weise bekannt gemacht. Einzelne Dienstleistungen und Produkte sind rechtlichen Restriktionen unterworfen und können deshalb
nicht ­uneingeschränkt weltweit angeboten werden. UBS lehnt jede Haftung für falsche oder unvollständige Informationen ab. Die in dieser Publikation zum Ausdruck gebrachten Meinungen externer
Autoren müssen nicht unbedingt der Meinung von UBS entsprechen. Die vollständige oder teilweise Reproduktion ohne Erlaubnis von UBS ist untersagt. © UBS 2013. Das Schlüsselsymbol und UBS
­gehören zu den ­geschützten Marken von UBS. Alle Rechte vorbehalten.
26
Persönlich
Aufgefallen: Felix Lehner
Der Kunstgiesser
Felix Lehner geniesst in der Kunstszene einen blendenden Ruf.
Im Auftrag weltberühmter Künstler
stellt der gelernte Buchhändler
Skulpturen und Objekte her.
Jörg Becher (Text) und Jos Schmid, Sitterwerk (Bilder)
V
irtuos hantiert er mit Materialien wie Aluminium, Bronze,
Beton, Wachs oder Polyurethan. Lässt daraus Statuen
oder wundersame Installationen gerinnen, die auf Auktionen Millionen einbringen und rund um den Globus in
Galerien und Museen zu bestaunen
sind. Ein Künstler sei er nicht, bemerkt
Felix Lehner bescheiden. Vielmehr
sieht sich der 53-jährige Ostschweizer
als eine Art Geburtshelfer. «Ich bin ein
Handwerker, der die Ideen der Künstler möglichst präzise zu verstehen und
in die Realität umzusetzen versucht.»
Lehners Kundenliste liest sich
wie ein Who’s who der zeitgenössischen internationalen Kunstszene:
Katharina Fritsch, Paul McCarthy,
­
Fischli / Weiss, Pierre Huyghe oder
Hans Josephsohn. Sie alle haben sich
auf das Fachwissen, die handwerk­li­
chen Fähigkeiten und die Experimentierfreude des St. Galler Kunst­giessers
und seines Teams gestützt, wenn es
­darum ging, ihre kühnen Einfälle zu
­realisieren. Zu den eindrücklichsten
Werken an der Biennale von Venedig
2011 zählte eine sechseinhalb Meter
hohe, täuschend detailgetreue Kopie
der weltberühmten Marmor­skulptur
«Raub der Sabinerinnen». Das zeit­
genössische Replikat, aus­gedacht vom
Schweizer Shootingstar Urs Fischer,
­bestand indes aus Wachs und enthielt
eine Vielzahl von Dochten. Dergestalt
mutierte die klassische Plastik zu ­einer
UBS impulse Für KMU — Dezember 2013
Ausgeprägte Leidenschaft für
Kunst und Handwerk: Felix
Lehner mit seinem Team in der
Kunstgiesserei St. Gallen und in
den Gebäuden des Sitterwerks.
27
Autodidakt und Stifter
Die Laufbahn von Felix Lehner,
53, ist geprägt von seiner
­Faszination für handwerkliche
­Tätigkeiten, seinem Impro­visa­tionstalent und seinem Kunst­
interesse. Nach einer Buchhändler­­lehre arbeitete der Autodidakt
als Kunstgiesser und betreibt
seit 1993 im Sittertal die Kunstgiesserei St. Gallen AG, die heute
rund 50 Mitarbeitende zählt
(www.kunstgiesserei.ch). 2003 eröffnete er in Zusammenarbeit
mit Hans Josephsohn das Kesselhaus, das musealer Ausstellungsraum und Galerie für die
Werke des bekannten Schweizer
Bildhauers ist. 2006 gründete
Lehner gemeinsam mit Hans Jörg
Schmid und Daniel Rohner die
Stiftung Sitterwerk als Trägerschaft für die nicht kommerziellen
Aktivitäten der Kunstbibliothek,
des Werkstoffarchivs und eines
Gastateliers (www.sitterwerk.ch).
gigantischen Kerze, die während der
Laufzeit der Bien­nale herunterbrannte
und so zu einem weltweit beachteten
Monument der Vergänglichkeit wurde.
Hergestellt wurde die flüchtige
Grossskulptur auf dem Areal einer stillgelegten Textilfärberei vor den ­Toren
St. Gallens. Hier im idyllisch ­gelegenen
Sittertal betreibt Felix L
­ ehner seit 1993
seine Kunstgiesserei. Aus dem ehema­
ligen Kleinstbetrieb, spezialisiert auf
das traditionelle aufwendige Wachsausschmelzverfahren, ist mit den Jahren ein stattliches Kunstrealisierungs­
zentrum erwachsen. Ein florierendes
Unternehmen mit 50 Mitarbeitenden
und 7 Millionen Franken Jahres­umsatz,
ausgestattet mit modernsten technologischen Möglich­keiten wie 3-D-Scannern, 5-achsigen Fräsmaschinen für die
Modellherstellung und einem Vakuumschmelzofen.
Lust am Experimentieren
Begonnen hatte alles im Bastelkeller seines Elternhauses: Angeleitet
vom Vater, einem Sekundarlehrer, ent­
wickelte Felix Lehner früh eine Faszination für handwerklich-kreative Be­
tätigungen. Besonders interessierte er
sich für die Metallbearbeitung und
habe immer
“Ich
nach vorn geschaut
und investiert,
ohne Garantie
dafür, dass
es funktioniert.
Felix Lehner
”
Giesserei umbaute. Als Erstes versuchte
er sich an einem kleinen Zement­relief
des Bildhauers Hans ­Josephsohn, mit
dem er sich an einer Vernissage angefreundet hatte. «Anfänglich klappte es
noch nicht optimal und es entstanden
sehr viele Fehlgüsse», blickt Lehner
amüsiert zurück. Dank beständigen Tüftelns gelang es ihm aber, seine Technik
rasch zu perfektionieren. Jo­sephsohn
gab erste kleine Arbeiten in Auftrag,
dann schon etwas grössere.
Anfang der 90er-Jahre wurde das
«Fabrikli» in Beinwil zu klein – just zu
der Zeit, als erneut eine Liquidationswelle die Schweizer Metall­
industrie
­erfasste. Abermals packte Lehner die
Chance, für relativ wenig Geld qualitativ hochwertige Maschinen und Giessereieinrichtungen zu erwerben.
Ungewöhnliche Wege gehen
goss in seiner Freizeit Zinnsoldaten
oder f­alsche Fünfliber. Es sei eine nie
versiegende «Lust am Experimentieren
und M
­ achen», die ihn bis heute an­
treibe, bekräftigt Lehner. Dazu gesellte
sich alsbald ein tiefes, beinahe existenzielles Interesse für Kunst und Literatur – ­entfacht von einem Zeichenlehrer,
der Felix und seine Klassenkameraden
oft in Kunstausstellungen mitnahm.
Weil er nicht aufs Gymnasium
wollte, büxte Lehner von zu Hause
aus, trieb sich ein halbes Jahr in Paris
herum, kehrte in die Ostschweiz zurück und absolvierte schlussendlich
eine Lehre als Buchhändler. «Ich habe
aber keinen Tag in diesem Beruf ge­
arbeitet, sondern bewarb mich sofort
nach dem Lehrabschluss in einer kleinen Kunstgiesserei», schmunzelt er.
Lehner war gerade einmal
22-jährig, als die Industriegiesserei
von Saurer in Arbon den Betrieb aufgab. Kurz entschlossen pumpte er sich
bei Freunden 2000 Franken und erwarb
aus der Liquidationsmasse einen Lastwagen voll mit Maschinen und Material. Wenig später stiess er in Beinwil am
See auf eine leer stehende Tabakmanufaktur, die er zusammen mit Freunden
mietete und zu einer behelfsmässigen
Mithilfe einer Bürgschaftsgenossenschaft gelang es ihm, die dafür nö­
tigen 200 000 Franken aufzutreiben.
«Ohne eine formale Ausbildung hat
man viel mehr Motivation und auch
den Willen, ungewöhnliche Wege zu
gehen», weiss der erfolgreiche Auto­
didakt. Jüngst wagte er sogar die Expansion nach China und eröffnete in
Schanghai eine Zweigniederlassung.
Zu diesem Schritt hätten ihn nicht die
tieferen Löhne bewogen, sondern die
reiche Handwerkstradition und die pulsierende, offene Atmosphäre vor Ort,
versichert der international gefragte
Kunstgiesser.
Rund um seine innovative Kunstgiesserei im Sittertal hat sich mitt­
lerweile ein öffentlich zugängliches
Zentrum für Kunst und Produktion
entwickelt. 2003 entstand aus der Zusammenarbeit mit Hans Josephsohn
das Kesselhaus als Museum, Lager und
Galerie für die Werke des bekannten
Bildhauers. Es ist wie die 25 000 Bände
umfassende Kunstbibliothek und das
Werkstoff­archiv Teil des Sitterwerks.
All diese von Felix Lehner initiierten
Institutionen zeugen von seiner Lei­
denschaft für die Skulptur, deren Materialität, Produk­tions­techniken und Referenz in der Kunstgeschichte. «Ich
habe immer nach vorn geschaut und
­investiert, ohne Garantie dafür, dass es
funktioniert», verrät der Macher hinter
den Kulissen des Sitterwerks. Und es
hat funktioniert.
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