Schleunitz, M. (2015): Bericht Entomophagie, in: CZ #119, Zeitung des Exzellenzclusters Bild-Wissen-Gestaltung, S. 5-6, Berlin (Humboldt-Universität). Bericht Entomophagie Andrew Müller während seines Vortrages auf der Insecta 2015 in Magdeburg vor Fachpublikum aus Wirtschaft und Wissenschaft. Foto: Marc Schleunitz. Bennet Frentzel von insectivity.de im Gespräch mit Besucher_innen während der Insektenverkostung am »Tag der offenen Tür 2015« am Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Foto: BMEL / Peter Kossok Der Spätsommer stand für Teile des Basisprojektes »Anth- zu gestalten, bedarf es neben der Information und Aufkäropozän-Küche« im Zeichen der Entomophagie, also dem rung der Verbraucher_innen auch wissenschaftliche und Verzehr von Insekten durch den Menschen. betriebswirtschaftliche Diskussionen und Fortschritte, die Bereits Ende August bot sich die Möglichkeit, am »Tag erstmalig im Rahmen der »Insecta 2015« in Magdeburg der offenen Tür 2015« am Bundesministerium für Er- von Vertreter_innen aus Wirtschaft und Wissenschaft disnährung und Landwirtschaft Vorträge zur Thematik zu kutiert wurden. Dieses nationale Symposium mit Gästen halten. Gemeinsam mit dem Soziologen Andrew Müller aus dem europäischen Raum, war Forum für die Diskussi( Humboldt-Universität zu Berlin ), dem Jung-Unternehmer on von Insekten sowohl als Futtermittel für Nutztiere, als Bennet Frentzel ( insectivity.de ) und Marc Schleunitz ( Ba- auch Nahrungsmittel für den Menschen. sisprojekt »Anthropozän-Küche « ) konnte die Bühne im Derzeit gelten essbare Insekten in der Europäischen Union Innenhof des Ministeriums an beiden Veranstaltungstagen als sogenanntes »neuartiges Lebensmittel«. Eine entbespielt werden. Neben kurzen Vorträgen war vor allem sprechende EU-Richtlinie ermöglichte bisher den Verkauf die anschließende Möglichkeit zur Verkostung von frisch von ganzen, also nicht verarbeiteten, Insekten. Vor allem zubereiteten Insekten, laut Veranstalter_innen einer der in den Niederlanden, Belgien und Frankreich wurden dagrößten Publikumsmagneten der letzten Jahre. Mit Hilfe durch Insekten für den menschlichen Verzehr produziert von Elementen aus Karl W. Grosses Labor-Küche wurden und durch die zuständigen nationalen Behörden durch unter anderem in Knoblauch und Rosmarin angebratene Genehmigungen zugelassen. Dr. Wolfgang Trunk, MitarHeuschrecken und geröstete Grillen angeboten. Beson- beiter der Europäischen Kommission, berichtete in diesem ders erfreulich waren die angeregten Diskussionen und Kontext vom aktuellen Stand der Europäischen GesetzgeGespräche im Anschluss – die Besucher_innen stellten bung, die noch im Oktober eine Neuregelung vorsieht. Im viele wichtige Fragen zum Thema, das Interesse war groß. Zuge dessen ist zu erwarten, dass die bisherige FormuDiese Veranstaltung war klar für die Verbraucher_innen lierung der Gesetze präzisiert wird und der erfolgreichen ausgelegt, denn insgesamt wurden noch weitere Ernäh- Markteinführung von Insektenprodukten, bzw. dem Aufrungsthematiken wie Bodennutzung, Vermeidung von rechterhalten bestehender Produktionswege, zumindest Abfall oder gesunde Ernährungsmöglichkeiten vorgestellt. kurzfristig eine Verzögerung droht. Die neue Verordnung Um die Thematik des Insektenessens gesellschaftsfähig sieht jeweils detaillierte Dossiers in Sachen Risikobewer- CZ # 119 | 28.09.2015 5 tung für die einzelnen Produkte vor. Wie die Authorisie- ausgeschöpft werden kann, wenn präzise in Zucht und rungsprozesse dann konkret ablaufen und wie lange die Vertrieb darauf geachtet wird, die Wertschöpfungskette Zulassungsverfahren dauern, wird sich zeigen. Obwohl die bei der Produktion vorwiegend in den ökologischen und Notwendigkeit einer entsprechenden Prüfung der Lebens- sozialen und nicht nur in den unternehmerischen Dienst mittel auf ihre Sicherheit von allen Beteiligten als gegeben zu stellen. Ansonsten würden Insekten nur eine neue angesehen wird, birgt die neue Regelung vor allem für Un- Version von herkömmlichem Fleisch sein und eine vielternehmer_innen, die bereits am Markt vertreten sind, ein versprechende Möglichkeit, ein Produkt auf allen Ebenen Risiko hinsichtlich Einnahmeverlusten. nachhaltig am Markt zu etablieren, wäre vertan. In Sachen Futtermitteln für Nutztiere wurde recht einheit- Aufgrund des großen Andrangs am Konferenztag, den lich von allen Interessenvertretern gefordert, dass Insek- vielen Diskussionen und der Dynamik rund um die Enten möglichst schnell zugelassen werden. Teile der aktu- tomophgie in Europa ist geplant, die »Insecta« wieder ellen Gesetzgebung, die noch aus Zeiten der BSE-Krise stattfinden zu lassen. Die Bedeutung einer solchen Konstammen, behindern momentan ebenfalls eine flächen- ferenz ist hervorzuheben, denn die diversen Hürden, die deckende Anwendung. Konkret geht es vor allem darum, noch auf unterschiedlichsten Entscheidungsebenen und was die Insekten selbst als Futtermittel erhalten, bevor Themengebieten gemeistert werden müssen, können nur sie zu Futtermittel für z.B. Aquakulturen für Lachszucht- im direkten inter- bzw. transdisziplinären Diskurs geklärt Betriebe verwendet werden. Momentan ist es noch ver- werden. boten, Küchen-»Abfälle« ( catering wastes ) für die Zucht von Futtermittel-Insekten zu verwenden. Es herrscht die Meinung vor, dass Insekten mit alternativen Futtermitteln ( vorwiegend ohne Sojaprodukte ) produziert werden müssen, da sonst das ökologische Potential, das Insekten zugeschrieben wird, ungenutzt bleibt. Es muss vermieden werden, dass Insekten in diesem Fall mit den Menschen in Nahrungskonkurrenz stehen. Neben diesen rechtlichen Informationen ging es auch um möglichst nachhaltige Herstellungstechniken von Insekten für den menschlichen Verzehr. Wissenschaftsinstitute berichteten von Anlagen, mit denen Insekten möglichst energie-autark, unter Zuhilfenahme von Recycling von Abwärme oder Abfällen, Insekten gezüchtet werden könnten. Andrew Müller, der auch bei dieser Veranstaltung wieder vertreten war, wies in seinem Vortrag kritisch darauf hin, Marc Schleunitz Basisprojekt »Anthropozän-Küchr« dass vor allem das ökologische Potential von Insekten nur CZ # 119 | 28.09.2015 6
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