PDF Datei - Geologisches Büro Dr. Werner Fürlinger

Bregenzerwaldstraße L200 neu Geologische Bearbeitung
(Auszug aus Achraintunnel – Projektdokumentation zur Verkehrsfreigabe)
Geologie:
von Mag. P. Leblhuber und Mag. Dr. G. Amann, ZT Büro Dr. W. Fürlinger (www.geologiesalzburg.at) :
Die geologischen Verhältnisse sind im Zuge der baugeologischen Betreuung
des Achraintunnels vom ZT Büro Dr. W. Fürlinger dokumentiert worden.
Insgesamt wurden 1746 Abschläge aufgenommen und in Form von
Ortsbrustbildern und Tunnelbändern (Horizontal- und Vertikalschnitte)
graphisch dargestellt.
Die gewonnen Daten wurden mittels einer im ZT-Büro Dr. W. Fürlinger
entwickelten Software (TugisNet® 2.0) datenbankmäßig erfasst und
verarbeitet.
Die Ergebnisse der baugeologischen Dokumentation wurden mit anderen
Daten (Bohrungen, Laboranalysen, geotechnische Messwerte, etc.)
kombiniert und in ein 3D-GIS-Modell eingearbeitet.
Geologischer Überblick:
Das Projektsgebiet liegt im Bereich der sogenannten „subalpinen“ Molasse,
auch „Faltenmolasse“ genannt. Gemeint sind jene Anteile der Molassezone
Vorarlbergs, die im Zuge der alpidischen Gebirgsbildung nordwärts auf die
„ungestörte“ Vorlandmolasse aufgeschoben wurden, und daher einen internen
Decken- bzw. Schuppenbau aufweisen.
Der Achraintunnel durchörtert etwa 30 Millionen Jahre alte klastische
Sedimentgesteine der „Unteren Meeresmolasse“ und der „Unteren
Süßwassermolasse“. Die im Tunnel aufgeschlossene stratigrafische Abfolge
beginnt im Westen mit den „Tonmergelschichten“ (TM 0-290m) und reicht
über die „Bausteinschichten“ (TM 290 - 485m) zu den „Weissachschichten“
(TM 485-3270m) im mittleren und östlichen Tunnelabschnitt.
Die Tonmergelschichten werden aus Wechselfolgen von grauen Tonmergeln,
Mergelsteinen,
Schluffsteinen
und
Kalksandsteinen
aufgebaut.
Charakteristisch sind mm-cm starke Einlagerungen von Glanzkohle.
Die Bausteinschichten bestehen aus harten, quaderförmig brechenden
Kalksandsteinen mit zwischengelagerten grauen Tonmergeln.
In den Weissachschichten überwiegen mäßig harte, rotbraun-graugrün
gefleckte bis gebänderte Tonmergel und Mergelsteine. Es treten Übergänge
zu sandigen Mergeln und Kalksandsteinen auf. Die Kalksandsteinbänke
bestehen aus harten fein- bis grobkörnigen Varietäten. Untergeordnet sind
sehr harte Konglomeratbänke („Nagelfluh“) aufgeschlossen. Die Tonmergel
und Mergelsteine der Weissachschichten führen teils hohe Gehalte an
quellfähigen Tonmineralen („Smektite“). Diese Gesteine reagieren bei
Wasserkontakt mit Entfestigungserscheinungen (Veränderlichkeit) und neigen
durch Wasseraufnahme zum „Aufquellen“. Durch die Volumenausdehnung
können sich in Tunnelabschnitten mit quellfähigen Gesteinen Quelldrucke im
Sohlbereich aufbauen. Aus diesem Grund wurde der Achraintunnel mit einem
durchgehenden Sohlgewölbe geplant, wobei je nach Quellpotential des
Gebirges zwei Geometrien mit unterschiedlichen
Ausführung kamen (flaches und tiefes Sohlgewölbe).
Ausbaustärken
zur
Obertage sind die Molassegesteine von eiszeitlichen und nacheiszeitlichen
Sedimenten bedeckt. Im Bereich steiler Talflanken (z.B. im Schwarzachtobel)
sind diese Gesteine erodiert und teilweise abgerutscht. Moränen und
umgelagerte Moränenschotter bilden zusammen mit Hangschutt aus wenig
verwitterungsbeständigen,
veränderlich
festen
Molassemergeln
die
Lockergesteinsüberlagerung in den Portalbereichen des Tunnels.
Hydrogeologische Verhältnisse:
Das aufgefahrene Gebirge ist über weite Strecken trocken bis bergfeucht. Der
vorauseilend hergestellte Fluchtstollen zeigt eine deutliche Drainagewirkung.
Bergwasserzutritte sind überwiegend an Klüfte in Sandsteinen gebunden.
Diese Wässer treten bevorzugt an der Basis der Sandsteinbänke am
Übergang zu den kaum wasserdurchlässigen, mergeligen Schichtgliedern zu
(„Stauquellen“).
Die
Schüttungsmengen
der
Kluftwässer
sind
niederschlagsabhängigen Schwankungen unterworfen. Die durchschnittliche
Gesamtbergwassermenge lag während der Bauphase bei etwa 5l/s.
Baugeologische Verhältnisse:
Die Schichtfolgen fallen in der Regel mittelsteil nach Südosten ein. Aufgrund
der bogenförmigen Tunnelführung werden die Schichten im Trassenverlauf
jedoch in unterschiedlichen Winkeln durchörtert. So liegen die Abfolgen im
Mittelteil des Tunnels über weite Strecken parallel bis schleifend zum Tunnel,
während die Schichten im Westen und Osten schräg zum Tunnel streichen,
und in bzw. gegen die Vortriebsrichtung einfallen. Die Überlagerungshöhen
betragen maximal 200m über Firstniveau.
Die Mergelsteine zeigen aufgrund der geringen Klüftigkeit einen überwiegend
kompakten Gebirgsverband. Das Gebirge ist mit guter Maßhaltigkeit lösbar. In
klüftigen
Sandsteinen
führen
örtlich
Trennflächenverschnitte
zu
gefügebedingten, blockigen Kluftkörperausbrüchen. Im Ostabschnitt wurde
die Ortsbrust aufgrund der „ungünstigen“ Gefügestellung (Schichtfallen aus
der Ortsbrust) örtlich mit Brustankern gesichert um ein mögliches Ausgleiten
von Kluftkörpern zu verhindern.
In Störungszonen sind Verkippungen und Schichtunterbrechungen bzw.
Schichtversätze dokumentiert. Mergelsteine sind in Störungsnähe stärker
zerlegt bzw. zerrüttet. Sandsteine liegen oft als metermächtige Scherlinsen
vor. In den quellfähigen Mergeln der Weissachschichten sind annähernd
schichtparallel streichende Zerrüttungsstreifen mit Gesamtmächtigkeiten im
Dezimeter- bis Meterbereich aufgetreten. Im mittleren Tunnelabschnitt sind
diese Scherzonen aufgrund ihrer Raumlage über längere Strecken in
Hohlraumnähe aufgeschlossen. Der höhere Zerlegungsgrad beschleunigt die
Durchfeuchtung und verstärkt die Veränderlichkeit und das Quellvermögen
der Gesteine. Beobachtungen im Fluchtstollen haben gezeigt, dass dadurch
Verformungen der Ulmen und Hebungen der Sohle hervorgerufen werden
können. Um Sohlhebungen durch (Quell-) Druckerscheinungen zu vermeiden
wurde von TM 875m bis TM 2416m ein rascher Ringschluss mit tiefem
Sohlgewölbe und bewehrtem Sohlbeton ausgeführt.
Die
Smektitgehalte
wurden
laufend
durch
röntgenografische
Tonmineralanalysen überprüft. Die Ergebnisse der baugeologischen
Dokumentation
wurden
mit
den
geotechnischen
Messdaten
(Radialverformung Kalotte-Strosse-Sohle) kombiniert und mit Hilfe von
TugisNet ® (ZT Fürlinger) und eines GI- Systems analysiert. Die dabei
gewonnenen Erkenntnisse dienten u.a. als Entscheidungshilfe bei der
Festlegung der Sohlgewölbetypen.
Im Bereich des Westportales (Voreinschnitt, Deckelbauweise und offene
Bauweise) war der Übergang von Lockergesteinen zu Tonmergeln
aufgeschlossen. In der Kalotte sind bis TM 55 stark verlehmte Schotter mit
eingestreuten Findlingsblöcken dokumentiert. Der Übergang von der offenen
Bauweise zur freien Strecke wurde auf einer Länge von 80m als wasserdichte
Wanne ausgeführt. Die Gründung erfolgte mit bis zu 22m tiefen Vibropfählen
in weichen bis breiigen Torfschluffen mit eingelagerten wasserführenden
Kiesschichten.
Beim Ostportal wird der Tunnel aufgrund der schleifenden Lage zur
orografisch linken Talflanke des Schwarzachtobels auf 70m in offener
Bauweise geführt. Zur Herstellung waren bis zu 35m hohe
Böschungseinschnitte
in
grobbankigen
KalksandsteinMergelstein
Wechsellagerungen notwendig. Im Bereich des Tunnelportals musste der
Schuttkegel einer Rutschmasse (Moränenmaterial) abgegraben werden.
Darüber wurden Geschiebesperren errichtet. Die Felsvorsprünge oberhalb
des Portals und der Brücke sind vorab mit Dauerankern gesichert worden.
Abb. Räumliche Darstellung von Ortsbrustaufnahmen (erstellt mit TugisNet® ) zwischen TM
1680m und TM 1870m (gelb: Sandsteine, blau und violett: Mergelsteine, rot und rosa:
Störungen und Scherzonen, grün: Calcitklüfte, Vortriebsrichtung nach links, im Vordergrund
der Fluchtstollen).
Abb. Kalotte bei TM 1708,4m (Sandsteinbänke, hellgrau im Wechsel mit graubraunen
Mergelsteinen)