Staatliche Beihilfen: Kommission genehmigt

Europäische Kommission - Pressemitteilung
Staatliche Beihilfen: Kommission genehmigt Abwicklungspläne für vier kleine
italienische Banken (Banca Marche, Etruria, Carife und Carichieti)
Brüssel, 22. November 2015
Die Europäische Kommission hat im Wege separater Beschlüsse die Abwicklungspläne für
vier kleine italienische Banken nach den EU-Beilhilfevorschriften genehmigt.
Die Europäische Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass die Abwicklungspläne der Banca delle
Marche, der Banca Popolare dell'Etruria e del Lazio, der Cassa di Risparmio di Ferrara und der Cassa di
Risparmio della Provincia di Chieti (die zusammen einen Marktanteil von etwa 1 % in Italien haben) mit
den EU-Beihilfevorschriften vereinbar sind. Zuvor hatte die italienische Zentralbank (Banca d'Italia)
beschlossen, die vier Banken, die alle bereits unter Sonderverwaltung gestellt worden waren, im
Einklang mit den EU-Vorschriften für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten abzuwickeln.
Die Kommission ist insbesondere der Auffassung, dass angesichts der geplanten Inanspruchnahme des
italienischen Abwicklungsfonds der Bedarf an staatlichen Beihilfen ebenso wie etwaige
Wettbewerbsverzerrungen gemindert werden und gleichzeitig die Finanzstabilität gewahrt wird. Die
Einlagen der Kunden bleiben in vollem Umfang geschützt.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: „Die von der
Kommission gefassten Beschlüsse erlauben einen geordneten Marktausstieg der vier Banken, wobei der
Einsatz öffentlicher Mittel und etwaige aus den Maßnahmen resultierende Wettbewerbsverzerrungen
auf ein Minimum begrenzt werden. Entscheidend ist, dass Anteilseigner und nachrangige Gläubiger die
Kosten und Verluste der Bankenausfälle tragen und nicht die Steuerzahler. Auch begrüße ich Italiens
Entscheidung, erstmals das Bankenabwicklungsinstrumentarium in Italien zum Einsatz zu bringen, was
eine Verwaltung der ausfallenden Banken unter Wahrung der Finanzstabilität ermöglicht.“
Die italienischen Behörden haben Abwicklungspläne für die Banken vorgelegt, die die Abwicklung der
einzelnen Banken sowie die sofortige Einrichtung und Kapitalisierung von vier Brückenbanken für einen
befristeten Zeitraum vorsehen. Sämtliche Aktiva und Passiva der Banken mit Ausnahme des
verbleibenden Eigenkapitals und des Nachrangkapitals werden auf die Brückenbanken übertragen.
Durch diese Übertragung werden die früher von den Banken ausgeübten Tätigkeiten stabilisiert und
gleichzeitig die Einleger geschützt. Angestrebt wird eine Veräußerung der Brückenbanken in einem
offenen und nichtdiskriminierenden Verfahren mit dem Ziel, einen möglichst hohen Verkaufspreis zu
erzielen.
Italiens neu geschaffener Abwicklungsfonds wird 3,6 Mrd. EUR für die Brückenbanken bereitstellen, um
die negative Differenz zwischen den übertragenen Aktiva und Passiva zu decken und die
Brückenbanken zu kapitalisieren. Im Einklang mit den europäischen Rechtsvorschriften wird die
Finanzierung aus den vom italienischen Bankensektor geleisteten Beiträgen zum Abwicklungsfonds
bestritten. Vorgesehen ist außerdem eine Übertragung wertgeminderter Aktiva von den Brückenbanken
auf eine neu gegründete Vermögensverwaltungsgesellschaft. Der Abwicklungsfonds tritt bei dieser
Übertragung, durch die die Bilanzen der Brückenbanken weiter gestärkt werden, als Garantiegeber auf.
Der daraus erwachsende Vorteil wird auf etwa 400 Mio. EUR an zusätzlicher Unterstützung aus dem
Abwicklungsfonds beziffert. Die Interventionen des Abwicklungsfonds gelten nach den EUBeihilfevorschriften als staatliche Beihilfen.
Die Abwicklungsmaßnahmen werden von der nationalen Abwicklungsbehörde geplant und
durchgeführt. Die Kommission hat die Pläne auf der Grundlage ihrer Vorschriften für staatliche Beihilfen
zur Stützung von Banken im Kontext der Finanzkrise („ Bankenmitteilung 2013“) geprüft. Dabei ist sie
zu dem Schluss gelangt, dass die Abwicklungsmaßnahmen für die vier Banken mit dem
übergeordneten Ziel der Wahrung der Finanzstabilität vereinbar sind. Anteilseigner und Inhaber
nachrangiger Schuldtitel haben sich an den Kosten beteiligt, womit – im Einklang mit den Grundsätzen
der Lastenteilung – der Bedarf an einer Intervention des Abwicklungsfonds verringert wird. Im
Interesse einer Vermeidung übermäßiger Wettbewerbsverzerrungen werden die Brückenbanken nur für
einen begrenzten Zeitraum bestehen und wird für eine umsichtige Managementstrategie Sorge
getragen. Außerdem wird die Kommission gemäß den EU-Beihilfevorschriften die Tragfähigkeit der aus
der Veräußerung der Brückenbanken hervorgehenden Unternehmen prüfen.
Hintergrund
Die gemeinsamen EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen zur Stützung von Banken im Kontext der
Finanzkrise fördern den Marktausstieg unrentabler Marktteilnehmer und sorgen dafür, dass der
Ausstieg geordnet erfolgt und die Finanzstabilität gewahrt bleibt. Zudem gewährleisten die
Vorschriften, dass die Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt bleibt und dass
Wettbewerbsverzerrungen, die sich daraus ergeben, dass die Beihilfen den begünstigten Banken einen
Vorteil gegenüber ihren Wettbewerbern verschaffen, in Grenzen gehalten werden.
Am 16. November 2015 hat Italien die Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von
Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (Richtlinie 2014/59/EU) in nationales Recht umgesetzt. Durch
die Richtlinie werden die nationalen Behörden mit den nötigen Instrumenten und Befugnissen
ausgestattet, um die Auswirkungen einer Schieflage oder des Ausfalls von Banken oder großen
Wertpapierfirmen mindern und bewältigen zu können. Die Richtlinie erlaubt es den nationalen
Behörden, die Finanzstabilität zu sichern und gleichzeitig geeignete Maßnahmen zu treffen, um den
Einsatz öffentlicher Mittel und die aus der Beihilfe – insbesondere auch der Veräußerung von
Brückenbanken – resultierenden Wettbewerbsverzerrungen zu begrenzen.
Banca delle Marche
Die Bank ist in der Region Marken sowie in anderen Regionen Mittelitaliens – Umbrien, EmiliaRomagna, Latium, Abruzzen und Molise – tätig und verfügt über ein Netz von 308 Filialen. Das
Geschäftsmodell der Bank beruht auf der Kreditvergabe an KMU und Privatkunden. Nach den jüngsten
veröffentlichten Zahlen von Ende 2012 beliefen sich die Bilanzsumme der Banca Marche auf
22,7 Mrd. EUR, das Nettokundenkreditvolumen auf 17,3 Mrd. EUR und das Einlagenvolumen auf
7,2 Mrd. EUR. Die Bank wurde am 15. Oktober 2013 unter Sonderverwaltung gestellt.
Banca Popolare dell'Etruria e del Lazio
Die Bank ist an der italienischen Börse gelistet und ist vorwiegend in der Toskana und in Mittelitalien
tätig. Sie verfügt über ein Netz von 175 Filialen und konzentriert ihre Geschäftstätigkeit auf die
Kreditvergabe an KMU und Privatkunden. Nach den jüngsten veröffentlichten Zahlen vom
30. September 2014 beliefen sich die Bilanzsumme der Gruppe auf 12,3 Mrd. EUR, das
Nettokundenkreditvolumen auf 6,1 Mrd. EUR und das Einlagenvolumen auf 6,4 Mrd. EUR. Die Bank
wurde am 10. Februar 2015 unter Sonderverwaltung gestellt.
Cassa di Risparmio di Ferrara
Bei der Cassa di Risparmio di Ferrara handelt es sich um eine Regionalbank, deren Geschäftstätigkeit
sich auf die Kreditvergabe an KMU und Privatkunden konzentriert. Finanziert wird die Bank in erster
Linie durch ihre Privatkunden. Sie betreibt 106 Filialen im Gebiet um Ferrara. Nach den jüngsten
veröffentlichten Zahlen von Ende 2012 beliefen sich die Bilanzsumme der Gruppe auf 6,9 Mrd. EUR,
das Nettokundenkreditvolumen auf 4,6 Mrd. EUR und das Einlagenvolumen auf 3,4 Mrd. EUR. Die Bank
wurde am 27. Mai 2013 unter Sonderverwaltung gestellt.
Cassa di Risparmio della Provincia di Chieti
Die (im Jahr 1862 gegründete) Carichieti ist eine mittelständische Regionalbank, die
schwerpunktmäßig in der italienischen Region Abruzzen tätig ist und deren Geschäftstätigkeit sich
traditionell auf die Kreditvergabe an KMU und Privatkunden konzentriert. Nach den jüngsten
veröffentlichten Zahlen von Ende 2013 beliefen sich die Bilanzsumme der Bank auf 4,7 Mrd. EUR, das
Nettokundenkreditvolumen auf 2,1 Mrd. EUR und das Einlagenvolumen auf 2,5 Mrd. EUR. Die Bank
wurde am 5. September 2014 unter Sonderverwaltung gestellt.
Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden die
nichtvertraulichen Fassungen der vier Beschlüsse über das Beihilfenregister auf der Website der
GD Wettbewerb unter den Nummern SA.39543, SA.41134, SA.41925 und SA.43547 veröffentlicht.
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