Bargeld auf dem Rückzug - Handelsblatt macht Schule

Wirtschaft aktuell im Unterricht vom 26.01.2016
Bargeld auf dem Rückzug
1. Kompetenzen
Die Schülerinnen und Schüler sollen ...
1. die Formen und Funktionen von Geld in unserer Volkswirtschaft ermitteln.
2. die aktuelle Diskussion um die Zukunft des Bargeldes analysieren.
3. sich mit dem Nutzen und den Auswirkungen eines zukünftigen Verzichtes auf Bargeld auseinandersetzen.
2. Aufgaben
1.
Beschreiben Sie die zentralen Funktionen, die Geld in einer modernen Volkswirtschaft übernimmt.
2.
Benennen Sie die Ihnen bekannten Formen von Geld und erschließen Sie sich
die wesentlichen Unterschiede.
3.
Analysieren Sie die aktuelle Diskussion um die Zukunft des Bargeldes. Geben
Sie die zentralen Argumente der Befürworter einer Bargeld-Abschaffung wieder.
4.
Ermitteln Sie die Bedeutung und Funktion von Bargeld in Ihrem Alltag. Überprüfen Sie, inwieweit Sie auf dieses verzichten könnten bzw. welche institutionellen Voraussetzungen hierfür notwendig wären.
5.
Erschließen Sie sich die Auswirkungen eines Verzichtes auf Bargeld für unterschiedliche Akteure im Wirtschaftsgeschehen. Nehmen Sie hierauf fußend begründet Stellung innerhalb der o. g. Diskussion.
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Wirtschaft aktuell im Unterricht vom 26.01.2016
Bargeld auf dem Rückzug
In vielen Ländern müssen Rechnungen ab einer gewissen Höhe überwiesen werden.
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Deutsche-Bank-Chef John Cryan hatte die große Bühne gewählt, um dem Bargeld den
Untergang zu prophezeien. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos sagte er
vergangene Woche voraus, dass spätestens in zehn Jahren Scheine als Zahlungsmittel
der Vergangenheit angehören dürften. Sie seien einfach „ineffizient und teuer“. Quasi
gleichzeitig fiel in Kleve am Niederrhein der Startschuss für ein Pilotprojekt:
Einzelhändler wollen Ein- und Zwei-Cent-Münzen dort den Garaus machen. Auch sie
beklagen, dass es schlichtweg zu teuer sei, die Münzen bei der Bank einzuzahlen.
Beträge werden daher an der Kasse am Ende auf fünf Cent gerundet.
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Angriffe auf Bargeld gibt es an vielen Fronten. So ist Politikern vor allem ein Dorn im
Auge, dass große Scheine zur Geldwäsche oder zur Abwicklung von
Drogengeschäften genutzt werden. Ein in vielen Ländern gewählter Weg ist es,
Bargeldtransaktionen zu begrenzen. So führte der von der Weltbank abgeworbene
neue bulgarische Finanzminister Simeon Djankov bereits 2011 eine Obergrenze für
Barzahlungen von 2 500 Euro ein. Ein Jahr später folgte in Italien der ehemalige EUKommissar Mario Monti mit einer Obergrenze von tausend Euro, die mittlerweile
aber wieder auf 3 000 Euro erhöht wurde. Ebenfalls 2012 empfahl der ehemalige
Leiter der Forschungsabteilung der Europäischen Zentralbank, Vitor Gaspar, in
Portugal eine Grenze von tausend Euro.
Die politische Vorliebe fürs elektronische Bezahlen bei großen Beträgen weckt
derweil bei vielen Bürgern die Furcht vor einer noch besser zu kontrollierenden
Datenspur. Unter Juristen ist es zudem umstritten, ob europäische Länder das
Bezahlen mit den Scheinen verbieten oder begrenzen dürfen, die der EU-Vertrag zum
gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt. Helmut Siekmann von der Universität Frankfurt,
Herausgeber eines juristischen Kommentars zur Europäischen Währungsunion, sieht
keine rechtliche Grundlage für Gesetze, die Barzahlung bei bestimmten Geschäften
verbieten.
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Die Praxis ist dabei schon weiter als die Rechtsprechung: In Dänemark will die
Regierung den Annahmezwang für Bargeld teilweise aufheben, in Schweden wird in
den meisten Bankfilialen kein Bargeld mehr angenommen oder ausgezahlt. In den
USA hat die größte Bank, JP Morgan Chase, 2015 verfügt, dass Kunden kein Bargeld
mehr in Bankschließfächern aufbewahren dürfen. In Deutschland schließen bisher
lediglich einige Behörden Barzahlung aus, zum Teil per Satzung oder Gesetz. Auch
hier ist die Rechtmäßigkeit umstritten.
Daneben gibt es Regeln und Praktiken, die indirekt das Bezahlen mit Bargeld
beträchtlich erschweren. Größere Bargeldein- oder - auszahlungen müssen die Banken
an Behörden melden. Obwohl in den Geschäftsbedingungen der Banken keine
Voranmeldung von Barabhebungen verlangt oder keine Obergrenze genannt wird, ist
es in der Praxis schwierig, mehr als wenige Tausend Euro ohne mehrtägige
Voranmeldung von seinem Konto abzuheben.
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Im vergangenen Jahr mehrten sich dann die Rufe nach einem Aus großer Geldscheine.
Der 500-Euro-Schein gehört zusammen mit dem 1 000-Franken-Schein der Schweizer
(911 Euro) und dem 10 000-Singapur-Dollar-Schein (6 470 Euro) zur Spitzengruppe
der wertvollsten Banknoten. Charles Goodhart, ehemaliger britischer Notenbanker,
forderte bereits plakativ, „Drogenscheine“ abzuschaffen. Die großen Noten kämen
praktisch nicht bei legalen Geschäften zum Einsatz. „Die Bundesbank, die
Europäische Zentralbank und die Schweizerische Nationalbank sind in der Beziehung
absolut schamlos“, so Goodhart. Norbert Häring
Quelle: Häring, N., Handelsblatt, Nr. 017, 26.01.2016, 29
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