Bundesbank-Experte sieht internationalen „War on Cash“

Bundesbank-Experte sieht internationalen „War on Cash“
Norbert Haering - norberthaering.de
Bei der Expertenanhörung im Landtag NRW am 3. Mai zu Barzahlungsobergrenzen, wie sie der
NRW-Finanzminister und der Bundesfinanzminister gefordert hatten, gab es eine sehr einseitige
Diskussion. Von den elf Sachverständigen aus neun Organisationen war nur einer für eine
Barzahlungsobergrenze, und selbst der wollte nur eine Obergrenze von 10.000 Euro
verteidigen, nicht die 2000 Euro bzw 5000 Euro, die die Finanzminister gefordert hatten.
Dass es bei der Anhörung fast nur Gegner, gab ist schon deshalb bemerkenswert, weil die
Experten nach Kontingenten der Fraktionen CDU, SPD, Grüne, FDP und Piraten eingeladen
wurden, also auch von der Partei des NRW-Finanzministers Walter-Borjans, SPD, und des
Bundesfinanzministers Schäuble, CDU.
Sebastian Fiedler vom Landesverband NRW des Bundes Deutscher Kriminalbeamter hatte
entsprechend einen schweren Stand in der Diskussion. Nachdem er wegen
Terminschwierigkeiten vorzeitig abgereist war, waren die Verteidiger des Bargeldes als
unbegrenztem Zahlungsmittel ganz unter sich. Es waren dies Professor Max Otte vom Institut
für Vermögensentwicklung, meine Wenigkeit, sowie Vertreter vom Institut für
Technikfolgenabschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, das Deutsche
Steuerzahlerinstitut, der Steuerberater-Verband, die Deutsche Bundesbank, die
Landesdatenschutzbeauftragte NRW und die Verbraucherzentrale Bundesverband.
„Wenn es eine Obergrenze für Barzahlungen gibt, dann gibt es kein unbeschränktes
gesetzliches Zahlungsmittel mehr“, sagte Stefan Hardt, Leiter des Zentralbereichs Bargeld
der Bundesbank. Er sagte das aus Höflichkeit gegenüber der bargeldfeindlichen EZB-Linie zwar
nicht ausdrücklich, aber in Zusammenhang mit der Feststellung in seiner schriftlichen
Stellungnahme, dass Bargeld das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel in
Deutschland und dem Euroraum ist, folgt daraus direkt, dass eine Barzahlungsgrenze §14
Bundesbankgesetz und Artikel 128 EU-Vertrag zuwiderläuft, die den Status des
unbeschränkten gesetzlichen Zahlungsmittels begründen.
Hardt betonte außerdem, zusammen mit dem Steuerzahlerinstitut, dass es noch keinerlei
systematische Überprüfung gäbe, ob die Barzahlungsobergrenzen, die es in vielen Ländern
bereits seit Jahren gibt, eine positive Wirkung auf die erklärten Ziele hatten.
Des weiteren wiesen Hardt, die Verbraucherzentrale und weitere Experten darauf hin, dass
Bargeld das einzige Zahlungsmittel sei, das Zug-um-Zug-Geschäfte mit sofortiger Erfüllung
ermögliche. Bei allen anderen Zahlungsmethoden müsse – etwa beim Autokauf, insbesondere
beim Gebrauchtwagenkauf – entweder der Käufer oder der Verkäufer in Vorlage treten und
hoffen, dass der andere Teil danach noch seine Verpflichtung erfüllen will und kann.
Die Verbraucherzentrale wies außerdem darauf hin, dass die meisten Karten und Konten
Zahlungslimite hätten und es den Kunden nicht zuzumuten sei, für jede größere Zahlung vorher
das Limit erhöhen zu lassen. Oft gelinge das auch nur mit Verzögerung. Außerdem helfe
Bargeld den Bürgern bei der Kontrolle des Ausgabenverhaltens und schütze sie so davor, zum
eigenen Schaden, aber zum Wohle der Finanzbranche, in die Überziehungsverschuldung
abzurutschen. Hinzu komme, wie viele andere Experten betonten, der Schutz vor einer
Insolvenz der Kreditinstitute.
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Bemerkenswerter Weise sprach Bundesbank-Zentralbereichsleiter Hardt von einem „Krieg
gegen das Bargeld“, einem „War on Cash“, auf internationaler Ebene, den interessierte
Finanzkreise führten.
Die Landesbeauftragte für Datenschutz, Helga Block, sieht „datenschutzrechtliche und
verfassungsrechtliche Bedenken“ gegen eine Barzahlungsobergrenze, die die Bürger
zwinge, für größere Zahlungen den bargeldlosen Zahlungsverkehr zu nutzen. Der Grund: „Bei
der Abwicklung des Zahlungsverkehrs über ein Bankkonto werden zwangsläufig
Kontobewegungen der Bürger und Bürgerinnen registriert., anhand derer sich umfangreiche
Persönlichkeitsprofile erstellen lassen.“
Sie äußerte auch starke Zweifel an der Erforderlichkeit der Maßnahme, die unter anderem
deshalb schwierig nachweisbar sein werde, weil jemand, der sich ohnehin in der Illegalität
bewegt, sich von einer in Rede stehenden Obergrenze wohl kaum von Barzahlungen abhalten
lassen werde.
Es war weitgehend Konsens unter den Experten, dass eine Barzahlungsobergrenze
unverhältnismäßig und wenig wirksam für die Bekämpfung von Schattenwirtschaft,
Terrorismus und Geldwäsche wäre und neben oder gar anstatt diesen erklärten Ziele andere
Motivationen für die geforderten Barzahlungsobergrenzen bedeutsam sind. Insbesondere die
Interessenlage der Finanzbranche wurde dabei genannt. Weitgehend Konsens war ebenfalls,
dass nach einer Einführung solcher Begrenzungen weitere und einschneidendere
Begrenzungen folgen würden.
Selbst der einzige Kronzeuge der Anti-Bargeld-Anklage vom Bund der Kriminalbeamten
brachte dieser nur geringe Unterstützung. Unter anderem auf die Vorhaltung der
Datenschützer, das Verwehren einer anonymen Bezahlmöglichkeit sei ein erheblicher Eingriff,
der um so schwerer wiege, je niedriger die Grenze, betonte Herr Fiedler, die Kriminalbeamten
hätten ja nur ein Obergrenze von 10.000 Euro für Barzahlungen gefordert. Er betonte auch,
eine Bargeldobergrenze könne nur ein Mosaikstein in einer Gesamtstrategie im Kampf gegen
schmutziges Geld sein. Von ihr allein dürfe man nicht allzu viel erwarten. Dumm nur, wie
mehrere der übrigen Sachverständigen bemerkten, dass außer der geforderten
Barzahlungsgrenze wenig von dieser umfassenden Strategie in Sicht ist. Bemerkenswerter
Weise kommt bei den Forderungen der Kriminalbeamten die Abschaffung der größten
Banknoten und die Barzahlungsgrenze von 10.000 Euro an siebter und achter und damit
vorletzter und letzter Stelle. Ganz vorne steht die „Etablierung einer effektiven Aufsichtsstruktur
über den sogenannten Nichtfinanzsektor“. Es gibt nämlich, wie er ausführte, praktisch keine
Kontrollen von Unternehmen daraufhin, ob dort Geldwäsche stattfindet.
Fazit: Die von den Finanzministern von NRW und in Berlin, sowie von der SPD-Fraktion
geforderte Barzahlungsgrenze in Höhe von 2000 Euro bzw. 5000 Euro hat keine erkennbare
Basis in den Einschätzungen von Sachverständigen. Sie kommt scheinbar aus dem Nichts. Sie
lässt sich nur in Zusammenhang mit dem vom Bundesbankvertreter erwähnten seit Jahren von
der internationalen Finanzbranche betriebenen „War on Cash“ verstehen.
Die schriftlichen Stellungnahmen sind auf der Landtags-Website einzusehen, ebenso wie später
das Wortprotokoll der Anhörung.
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