Staatspreis 2006: Quartier zum Wohnen, Arbeiten und Kinder kriegen

QUARTIER ZUM WOHNEN, ARBEITEN UND KINDER KRIEGEN
Verleihung des Niedersächsischen Staatspreises für Architektur 2006
Staatspreis für Architektur 2006:
Kastanienhof in Braunschweig, Bauherr Nils Könekamp, Architekt Hermann Niederbracht, Dipl.-Ing. Rainer Spieker. (Fotos: Thomas).
„Wohnen und Arbeiten im Quartier – Neue Nutzungsmischungen unter besonderer Berücksichtigung des
Lebens mit Kindern“ – so das Thema des Niedersächsischen Staatspreises für Architektur 2006. „Manchmal braucht man viele Worte, um das auszudrücken, was einem am Herzen liegt“, fasste Bauministerin
Mechthild Ross-Luttmannn bei der Preisverleihung am 20. September im Niedersächsischen Landtag die
Intention zusammen. Der Ministerin war wichtig, dass der Staatspreis junge Menschen und Familien in den
Fokus von Architektur und Städtebau rückte und Projekte gefunden wurden, die gute Beispiele für ein attraktives Umfeld boten und gleichsam Eltern und Kindern dienten. Kurz: Ross-Luttmann erwartete vom
Preisträger 2006 „kreative Ideen, orientiert an menschlichen Maßstäben“.
Die Jury, unter Leitung von Professor Walter Stamm-Teske aus Weimar, konnte jedoch zunächst keine der
37 eingereichten Arbeiten gänzlich überzeugen, dafür waren die Forderungen des Themas zu umfangreich.
Das Preisgericht traf zur Besichtigung zunächst eine Auswahl von 11 Objekten, nach der zweitägigen Reise
verblieben 10 in der engeren Wahl. Am Ende stand die Revitalisierung des Kastanienhofs aus Braunschweig, die Bauherr Nils Könekamp zum Staatspreis eingereicht hatte. Die Sanierung wurde realisiert in
Kooperation zwischen dem Architekten Hermann Niederbracht und dem Ingenieur Rainer Spieker sowie
Michael Ostertag, Michael Wiedemann, Jörg Erichsen und Insa Wilkens.
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Bauministerin Ross-Luttmann, Architekturkritiker Bart Lootsma, Kammerpräsident Wolfgang Schneider, Ministerin und Preisträger
sowie Juryvorsitzender Walter Stamm-Teske (Fotos: Scheffen)
Mit großem Respekt vor der alten Bausubstanz und den historischen Nutzungen, so die Jury, sei es gelungen, in die alte Konservenfabrik lebendige und vielfältige Nutzung zu integrieren. Büro, Handwerk und
Wohnen begegneten sich hier. Mit beeindruckendem Engagement und Willen sei es den Baupartnern gelungen, Räume zu entprivatisieren und mit dem öffentlichen Straßenraum zu vernetzen. So wurde ein neues vitales Stück Stadt gewonnen, das nicht nur den Nutzern, sondern auch der Nachbarschaft diene, lobten die Jurymitglieder. Besondere Anerkennung fand auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Architekt und Ingenieur.
Ministerin Ross-Luttmann war mit der Entscheidung zufrieden und versicherte, dass die Landesregierung
den Preis auch zukünftig zusammen mit der Architektenkammer ausloben will – die Mittel seien trotz allgemeinen politischem Sparwillens im Haushalt festgeschrieben. Der Preis solle weiterhin ein öffentliches
Bewusstsein dafür schaffen, betonte Ross-Luttmann, was gute Architektur für den Bauherrn und für die
Entwicklung der Städte und Gemeinden leisten könne.
Professor Bart Lootsma von der Universität Innsbruck, nahm die Bauministerin in seinem Festvortrag beim
Wort. Insbesondere Wohnen und Arbeiten sei nicht nur ein Thema von Architekten, es sollte vor allem ein
Thema der Politik sein, forderte er. Erfreulich sei jedoch, dass Politiker und Architekten wieder darüber
nachdächten, in welchem gesellschaftlichen Modell die Menschen zusammenleben wollten und wie dieses architektonisch und städtebaulich mitsamt finanziellen, bürokratischen und technischen Rahmenbedingungen umgesetzt werden könnte.
Wenn das der Staatspreis auch zukünftig zu leisten vermag, dann hat er die Berechtigung, die er sich in
den letzten Jahren erarbeitet hat, wirklich verdient.
Lars Menz
Architektenkammer Niedersachsen
Stand: 10/2006
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NOMINIERUNGEN
Henriettenviertel in Hannover
AGSTA Architekten und Ingenieure in Kooperation mit Meinhof Architektur und lad+, Hannover
Aus der Jurybeurteilung: „Das Umnutzungsprojekt eines ehemaligen Militär-Spitals zeigt einen konstruktiven und kreativen Umgang mit vorhandener Bausubstanz auf. In seiner Vielfalt aus Wohnen, Dienstleistung und sozialen Einrichtungen wie der Kindertagesstätte werden AGSTA Architekten und Ingenieure dem
Anspruch an eine Nutzungsmischung gerecht.“
Familiäres Domizil in Lehrte-Kolshorn
Architekt Dipl.-Ing. Eckhard Habermann, Lehrte
Aus der Jurybeurteilung: „Architekt Eckhard Habermann ist eine schöne, fast nüchterne, würdige Architektur gelungen, die sich trotz aller Andersartigkeit wie selbstverständlich in den dörflichen Kontext einfügt.
Das sehr private Projekt des Bauherrn ist ein gelungener Ausdruck für Mehrgenerationen-Wohnen, das
einen Bewohner mit Körperbehinderung und eine ältere Bewohnerin integriert. Die Ansprüche an Gemeinsamkeit und Eigenständigkeit sind hervorragend gelöst.“
Baugruppe Sedanstraße in Hannover
Architekt Dipl.-Ing. Helmut Rentrop, Hannover mit Dipl.-Ing. Lydia Ziegeltrum
Aus der Jurybeurteilung: „Zwei weiße Kuben des Architekten Helmut Rentrop komplettieren mit insgesamt
acht Wohnungen eine vorhandene Blockbebauung. Zwischen den Kuben befindet sich ein als Garten angelegter Innenhof mit Raum für gemeinschaftliche Aktivitäten und Spielmöglichkeiten für Kinder. Vor allem
die starken gemeinschaftlichen Aktivitäten der Bewohner, von der Projektentwicklung bis zur Freiraumnutzung, die das Projekt zu einem lebendigen Stadtbaustein machen sind bemerkenswert.“
bed by night in Hannover
Architekt Prof. Han Slawik, Hannover
Aus der Jurybeurteilung: „Das Projekt bed by night ist ein herausragender Wettbewerbsbeitrag zum Thema
Umnutzung und Schwinden unserer Städte und eine temporäre Architektur mit viel Charme. Das Provisorium aus gestapelten farbigen Containern, ein Schutzraum für Straßenkinder, liegt im Park wie eine Folie mit
ganz neuer Bedeutung. Dadurch wird es trotz des herausfordernden Inhalts von der Nachbarschaft akzeptiert.“
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DIE WEITEREN OBJEKTE DER ENGEREN WAHL
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Gilde-Carré, Hannover (Hübotter + Stürken Architektengemeinschaft, Hannover, mit Landschaftsarchitekten Lohaus/Carl, Hannover)
Alte Druckerei, Hannover (Zymara und Loitzenbauer Architektur, Hannover, mit Relais Landschaftsarchitekten, Berlin)
Wohnen und Arbeiten im Nordstadt-Viertel Heisenstraße, Hannover (AGSTA – Architekten und Ingenieure, Dr.-Ing. Harald Schulte, Dipl.-Ing. Claudia Christoph und Dipl.-Ing. Katrin Balster, Hannover)
Stadthäuser Wohnquartier Lister Blick, Hannover (Architekten BKSP, Hannover, Architekten Venneberg
& Zech, Hannover, Architekt Lohmann, Rotenburg, Architekten Busch/Kessler, Hannover, mit Landschaftsarchitekten Lohaus/Carl, Hannover)
VASATI Wohnbebauung mit Geschäftsgebäude, Hannover (L.A. Lassen-Architekten, Langenhagen)
DIE JURY
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Isolde Saalmann, MDL
Ursula Peters, MDL
Filiz Polat, MDL
Wolfgang Schneider, Präsident der Architektenkammer Niedersachsen
Senator a. D. Bernd Meyer, Verbandsdirektor des Verbandes der Wohnungswirtschaft Niedersachsen
und Bremen
Stadtbaurätin Monika Thomas, Stadt Wolfsburg
Prof. Christa Reicher, Universität Dortmund Fakultät Raumplanung/FG Städtebauleitung
Dipl.-Ing. Architekt Amandus Sattler, Allmann, Sattler, Wappner Architekten GmbH
Prof. Walter Stamm-Teske, Bauhaus-Universität Weimar, Juryvorsitzender
Dipl.-Ing. Regina Poly, office regina poly Berlin
Dipl.-Ing. Christian Kuthe, Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit