Seltene Erkrankungen und Probleme Betroffene suchen Betroffene Suche des Monats Juli 2015: Emetophobie / Erbrechen, Angst vor / Angststörungen, nicht näher bezeichnet / Essstörungen, nicht näher bezeichnet / Medikamentensucht / Tablettensucht 1/2 Emetophobie – Die Angst vor dem Erbrechen Aus Unverständnis und Unkenntnis ziehen sich alle zurück Ich bin mir nicht ganz sicher, ab wann es wirklich mehr als nur Ekel war – Ekel, den wohl fast jeder empfindet, wenn man sich erbrechen muss. Bereits als Kind hatte ich Angst vor jedem flauen Gefühl im Magen. Aber panische Züge entwickelten sich, als sich mein Vater einen Nacht lang im Badezimmer, welches meinem Kinderzimmer gegenüberlag, mehrfach übergeben musste. Aus Panik hab ich stundenlang mein Zimmer nicht mehr verlassen. Und wenn es unbedingt nötig wurde, dann im Eiltempo an der gegenüberliegenden Tür vorbei! Das Badezimmer zu nutzen war undenkbar (obwohl da nichts mehr auf die Nacht hingedeutet hätte) – auch die folgenden Tage nicht! Die nächsten Nächte schlief ich so gut wie gar nicht, denn ich hörte in die Stille hinein, ob es nicht wieder einem Familienmitglied schlecht sein könnte. So geht es mir noch heute. Im Laufe der Zeit steigerte sich der Zustand an den simpelsten Stellen: Wenn jemand auch nur entfernt meinte, es gehe ihm im Bauch herum, habe ich sofort die Flucht ergriffen. Öffentliche Toiletten nutze ich seitdem gar nicht mehr. Schwierig auf Volksfesten – lieber gehe ich nach Hause. Solche Situationen führen nicht selten dazu, als Spaßbremse abgestempelt zu werden, denn jegliche Erklärung führt zu Gelächter und Unverständnis. Ich vermeide alles, was auch nur entfernt zu Übelkeit führen könnte: Abgelaufene Lebensmittel werden sofort entsorgt, Sahniges, Rohes und Fettiges gleich komplett vermieden. Nie würde mir einfallen, mich zu betrinken. Zahnbehandlungen erfolgen mittels Sedierung, da der Würgereiz allein schon gedanklich ausreichen würde, um in Panik zu geraten. Eine Schwangerschaft kam nur nach jahrelangem, absolutem Abwägen in Frage und selbst da hab ich beim kleinsten Anzeichen von Unwohlsein die Gegenwehr ergriffen. Eine Übelkeit wird bereits bekämpft, da merken andere Menschen noch nicht mal, dass sie kommen könnte. Ich habe mich nicht mehr übergeben, seit ich ein Kind war. Mittlerweile kenne ich alle Mittel, die überhaupt auf dem Arzneimittelmarkt zu finden sind und nutze diese auch. Die Schwangerschaft habe ich letztlich gut überstanden, aber wie es das Schicksal will, ist meiner Tochter ziemlich häufig schlecht. Das führt zu erheblichen Problemen, denn eine Kontakt: c/o NAKOS Otto-Suhr-Allee 115 D-10585 Berlin Telefon +49 (0)30 / 31 01 89-60 Telefax +49 (0)30 / 31 01 89-70 [email protected] www.nakos.de Telefonische Sprechzeiten: Di, Mi, Fr 10-14 Uhr Do 14-17 Uhr Wenn Sie Kontakte zu Menschen suchen, mit denen Sie sich zu einem seltenen medizinischen oder psychosozialen Problem austauschen wollen, können Sie auch in der Datenbank BLAUE ADRESSEN nachschauen. Dort lassen sich bei der NAKOS all jene eintragen, die bundesweit Kontakt zu Gleichbetroffenen aufnehmen wollen. Hier geht es zur Datenbank http://www.nakos.de/adressen/blau NAKOS-Projekt „Isolation durchbrechen, Verbindungen schaffen, Bindungen festigen. Menschen mit seltenen Erkrankungen und Problemen zur Bildung von Selbsthilfegruppen und Austauschnetzen aktivieren und begleiten“ Gefördert durch die BARMER GEK Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen | www.nakos.de Otto-Suhr-Allee 115, D-10585 Berlin | Tel +49 (0)30 / 31 01 89-60 | Fax +49 (0)30 / 31 01 89-70 | [email protected] Seltene Erkrankungen und Probleme Betroffene suchen Betroffene Emetophobie – Die Angst vor dem Erbrechen Emetophobie – Die Angst vor dem Erbrechen Unterstützung kann ich ihr nicht geben. Schlimmer noch: Im Ernstfall verlasse ich panikartig das Haus und komme auch erst Stunden später zurück. Anfangs habe ich tagelang das Badezimmer nicht mehr betreten. Mein Mann hat dafür kein Verständnis, was zu massiven partnerschaftlichen Schwierigkeiten geführt hat. Überhaupt gibt es im Umfeld nur ganz selten Personen, die diese Angst akzeptieren können, wenn schon nicht nachvollziehen. Sätze wie „reiß dich doch mal zusammen“ oder „das geht ja wieder vorbei“ oder „kotz dich aus, dann gehtʼs dir gleich besser“ streuen geradezu Salz in die offene Wunde. Natürlich weiß ich, dass die Angst vollkommen unnatürlich und irrational ist, aber es gibt für mich gefühlt kein Entkommen. Psychotherapien führten bisher zu keinem Erfolg, was sicher auch daran liegt, dass die Emetophobie eine noch weitestgehend unbekannte phobische Erkrankung darstellt, wofür noch keine ausgeklügelte Behandlungsstrategie erforscht ist. Aus fehlendem Verständnis und aus Unkenntnis ziehen sich viele Menschen lieber zurück, als dass sie es thematisieren, weshalb die Dunkelziffer der Emetophobiker deutlich höher liegen dürfte, als die durch Prävalenzschätzungen veröffentlichten bis zu ca. sieben Prozent der Bevölkerung, welche von der psychischen Erkrankung betroffen sind. Besonders wichtig ist es deshalb, über die Gefühle und Ängste reden zu können, um gegenseitiges Verständnis zu erlernen und Ängste abzubauen. Aus eigener Betroffenheit halte ich es deshalb für dringend notwendig, eine Selbsthilfegruppe zu gründen, da es bisher keine mir bekannte Gesprächsgruppe dafür gibt. Die Auswirkungen dieser Erkrankungen erstrecken sich über problematisches Essverhalten (Untergewicht wegen Essensvermeidung), Medikamentenabhängigkeit (Antibrechmittel), psychosoziale Ausgrenzung bis hin zu Einsamkeit und Isolation. Aus diesem Grund möchte ich nicht nur Betroffene, sondern vor allem auch deren Angehörige einladen, sich zu den Problematiken der Emetophobiker informieren zu lassen und sich durch Erfahrungen auszutauschen. Autor/in ist der NAKOS bekannt Das Gründungstreffen findet am 10. Oktober 2015 um 11 Uhr in Ansbach in Mittelfranken, in den Räumlichkeiten von KISS – Regionalzentrum für Selbsthilfegruppen, Jahnstraße 2, statt. Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen | www.nakos.de Otto-Suhr-Allee 115, D-10585 Berlin | Tel +49 (0)30 / 31 01 89-60 | Fax +49 (0)30 / 31 01 89-70 | [email protected] 2/2
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