`Rebling` Ausgabe Februar 2016

Rebling
Februar 2016
10 Jahre Vinothek Viniterra
Das alte Haus von Rocky Docky .....................und die renovierte Vinothek
Liebe Stockbesitzerinnen und Stockbesitzer
Anlässlich des Stockschneidens 2006 konnten wir im neu renovierten „Pfropfhüsli“ die
Vinothek Viniterra einweihen. Elisabeth Aellen, unserer Architektin, war es gelungen, das
sehr baufällige, 100 Jahre alte, kleine Gebäude fachgerecht umzubauen und in ein Bijou
zu verwandeln. Zusammen mit dem Haus des Bielersee Weines, dem Zentrum des
Weinbaus am Bielersee, ist die Vinothek innerhalb von 10 Jahren zum Treffpunkt der
Liebhaber von Bielersee Weinen geworden. Praktisch sämtliche Weine, die von den
Winzern am Bielersee gekeltert werden, können hier degustiert, verglichen und gekauft
werden.
Die Chaîne Viniterra konnte damals den Umbau unter anderem dank den symbolischen
Stockverkäufen in der Rebparzelle neben dem Pfropfhüsli finanzieren.
Heute, nach 10 Jahren, ist die Vinothek nach wie vor sehr gut besucht und weit herum
bekannt, zudem wird sie von unserer Pächterin Bettina Popp-Tschanz sehr gut geführt.
Das diesjährige Programm des Stockschneidens ist einmal mehr attraktiv. Der Entreakt
wird Euch auf das Freilichttheater „Dürrenmatt am Tatort - Der Richter und sein Henker“
vom nächsten Sommer auf der Festi, hoch über der Ligerzer Kirche, einstimmen. Bereits
in diesem Rebling werdet Ihr von unserem Redaktor Jürg Fankhauser mit Reminiszenzen
von Dürrenmatt etwas gluschtig gemacht.
Ich freue mich, Sie am Stockschneiden vom 19. März 2016 herzlich zu begrüssen und
durch den Tag zu führen.
Heinz Teutsch, Präsident
Friedrich Dürrenmatt
Im Sommer 2016 wird auf der Festi in Schernelz Dürrenmatts weltberühmter Krimi Der
Richter und sein Henker als Freilichttheater aufgeführt. Dürrenmatt wohnte und arbeitete
am Ende der Vierzigerjahre mit seiner Familie in Schernelz, wo der Krimi entstand und
zum grossen Teil auch spielt. Dieser Anlass gibt uns die Gelegenheit, den Schriftsteller,
Maler, Zeichner und Philosophen näher vorzustellen respektive in Erinnerung zu rufen.
Friedrich Dürrenmatt wurde 1921 in Konolfingen im Emmental als Pfarrerssohn geboren.
In Zürich und Bern studierte er Philosophie, brach das Studium aber ab und wurde Künstler. Als Autor von Hörspielen, die
sich in Deutschland gut verkauften – es war die Zeit des Radios,
das Fernsehen gab es noch
kaum – liess er sich mit seiner
Frau, der Schauspielerin Lotti
Geissler, in Schernelz nieder, im
Hause seiner Schwiegermutter,
wo die junge Familie günstig leben konnte. Bald wurde es der
wachsenden Familie zu eng, da
bekam sie die Gelegenheit, auf
Foto: Weingut Festi
die Festi zu ziehen, ins Haus der
Familie Giauque, die schon immer gerne Künstler beherbergt hatte. Hier entstand unter
anderem der Kriminalroman Der Richter und sein Henker.
Als die Familie drei Kinder hatte, kaufte sich Dürrenmatt in der Ermitage in Neuchâtel ein
Haus, wohin die Familie zog. Hier blieb er bis an sein Lebensende, baute das Haus aus,
fügte ein zweites hinzu, sein grosses Atelier.
Nächtelang zeichnete und malte er seine eigene Welt; langsam, Strich neben Strich entstanden Bilder von Minotauren in Labyrinthen, von Katastrophen, Apokalypsen, sich verquirlenden Galaxien, Kuriositäten; gleichzeitig verarbeitete er dieselben Themen literarisch und philosophisch, die Texte in seiner Bernerart Buchstaben um Buchstaben präzis
und ausdauernd in Notizhefte kritzelnd.
Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete Dürrenmatt die Journalistin Charlotte Kerr.
Er starb 1990, vom Publikum geehrt, von Politikern gefürchtet. Er ist kein Schweizer Nationaldichter geworden, dafür ist er zu gross. Er war ein Titan unter der schreibenden
Zunft, was ihn zum Weltliteraten erhebt.
Friedrich Dürrenmatt hinterliess ein reichhaltiges Werk, das Hörspiele, Erzählungen, Romane, Kriminalromane, Reden und Essays, philosophische Schriften und vor allem seine
gewichtigen Theaterstücke umfasst. Davon seien erwähnt: Romulus der Grosse, die Ehe
des Herrn Mississippi, ein Engel kommt nach Babylon, die Physiker, der Besuch der alten
Dame.
Im Entreacte wird der Schauspieler Ernst C. Sigrist ausgewählte Texte vorlesen, die uns
einzelne Lebensstationen sowie Dürrenmatts Denkart näher bringen.
JMF
Dürrenmatt und der Wein
„Nach der Polizeistunde lud ich ihn mit Hans Liechti ein, bei mir noch eine Flasche Roten
zu trinken. Na ja, es waren zwei Flaschen, und mitten bei der zweiten begann Jef plötzlich
deutsch zu reden, „disk“, wie er es nannte. Ich war so überrascht, dass ich eine dritte
Flasche holte, bei der ich dann erfuhr, dass er nicht zehn Jahre älter, sondern zehn Jahre
jünger ist als ich. Ich holte eine vierte Flasche.“
aus: Versuche, über Jef Verheyen, Diogenes
Dürrenmatt liebte den Wein. Sein bevorzugtes Weingebiet war das Bordelais, denn er
sagte, Bordeaux habe am wenigsten Zucker, was ihm als Diabetiker am ehesten bekomme. Er kaufte mehrere Male ganze Keller auf, von Witwen
verstorbener Weinliebhaber, welche den Wert nicht genau
kannten und froh waren, den ganzen Stock loszuwerden. Dürrenmatt nannte denn diesen Schatz auch „meinen Witwenwein“.
Er war in der Lage, jedem Gast den persönlichen Geburtsjahrgang zu kredenzen. Von seinem eigenen Jahrgang 1921 muss
er unerschöpfliche Vorräte besessen haben.
Wenn man einen Journalisten fragt, ob er Dürrenmatt noch selber gekannt habe, und er dies bejaht, folgt meistens die Schilderung eines Besuchs bei ihm im Atelier, gefolgt vom gemütlichen zweiten Teil mit dem Genuss mehrerer Flaschen Weines.
Einer der schreibenden Zunft hat mir persönlich erzählt, wie er
am Morgen auf den ersten Zug gewankt sei, nachdem ihn Dürrenmatt nach durchzechter Nacht herzlich verabschiedet habe.
Bild: G. Keirat
Sein Konsum muss beträchtlich gewesen sein, denn Peter Rüedi, sein Biograf, erzählt
von Einträgen in Dürrenmatts Agenda wie „zu viel getrunken“ oder „weniger Wein!“ Zusammen mit seinem Freund, dem Neuenburger Wirt und Kunstsammler Hans Liechti,
einem Emmentaler wie er selber, muss er unzählige Flaschen entkorkt haben.
Am Schweizer Wein hatte Dürrenmatt wenig
Freude.
In „Der Richter und sein Henker“ fragt Bärlach:
„Wie ist der Wein dieses Jahr, Clénin?“
„Gut. Wir können ihn ja dann versuchen.“
„Das ist wahr, ein Glas Neuen möchte ich jetzt
gerne trinken.“
Und wenig später folgt:
„Der neue Twanner schien Bärlach nicht gut getan zu haben, denn er erklärte am nächsten Morgen, er habe die ganze Nacht erbrechen müssen.“
Warum dies so war, steht nicht, ob wegen Bärlachs Magenkrankheit, wegen der Menge oder
wegen der üblen Qualität des Weines.
Zeichnung von Dürrenmatt, die Heimat im Plakat.
Diogenes
Programm Stockschneiden vom Samstag, 19. März 2016
ab 10.45
Empfang mit Tee und Mütschli, Apéro an der Barriqueallee
11.15
Begrüssung durch den Präsidenten vor dem Pfropfhüsli. Anschliessend
Beginn Stockschneiden mit den Winzerpaten.
Entreakt (11.30 und 13.30 Uhr)
Friedrich Dürrenmatt
Ernst C. Sigrist liest Ausschnitte aus Werken von Friedrich Dürrenmatt. Ernst Sigrist
wird im Freilichtspiel in Schernelz den knorrigen Kommissär Bärlach verkörpern
Jürg Fankhauser stellt das Theaterprojekt „Dürrenmatt am Tatort – der Richter und
sein Henker“ vor, eine Freilichttheaterproduktion auf der Festi in Schernelz im Sommer
2016
musikalische Umrahmung
Szu-Yu Chen, Taiwan und Twann (Flöte)
12.30
Das Hotel-Restaurant Fontana serviert
Emmentaler Wurst mit Lauch und Härdöpfu
Verlosung von 6 Rebstöckli vom Bois de Dieu-Stock.
Weitere Infos über die Chaîne Viniterra durch den Präsidenten
14.30
Verabschiedung durch den Präsidenten
Dislokation in die Keller der Winzerpaten zu Degustation und Zvieri.
Vorstand der Chaîne:
v.l.n.r. Jürg Fankhauser, Hermann
Klötzli, Elisabeth Aellen, Heinz Teutsch,
Renate Scheidegger, Stephan Martin
Foto: Daniela Wälti
Öffnungszeiten des Pfropfhüsli Twann:
Dienstag bis Freitag: 17.00-21.00 Uhr
Samstag: 14.00-20.00 Uhr
Sonntag: 14.00-19.00 Uhr
Gruppen nach Vereinbarung auch ausserhalb dieser Zeiten
Prämierte Weine 2015:
Alle prämierten Weine unter: www.bielerseewein.ch/praemierungen.asp
Chaîne Viniterra Bielersee
Haus des Bielerseeweines, 2513 Twann
Telefon 032 315 27 18 Fax 032 315 27 83
[email protected]
www.chaineviniterra.ch