Carlé · Korn · Stahl · Strahl Rechtsanwälte und Steuerberater Fachanwälte für Steuerrecht § 13b UStG und kein Ende: Wer führt die Umsatzsteuer ab? Vortrag im Rahmen der Infoveranstaltung der Handwerkskammer zu Köln und der Steuerberaterkammer Köln am 16. Juni 2015 Rechtsanwalt / Steuerberater Dr. Claas Fuhrmann Inhaltsübersicht Umsatzsteuer nach § 13b UStG bei Bauleistungen » Typische Ausgangssituation und Konzept des § 27 Abs. 19 UStG » Praktische und rechtliche Überlegungen aus der Sicht des Bauträgers / Leistungsempfängers der Bauleistung » Praktische und rechtliche Überlegungen aus der Sicht des Bauhandwerkers / Leistungserbringers » Handlungserwägungen Ausgangssituation und Konzept des § 27 Abs. 19 UStG Beispiel typischer Ausgangsfall: Bauleistung aus dem Jahr 2012 (alle vor dem 15.2.2014 erbrachten Leistungen) Bauunternehmen (B) Finanzamt Bauleistung Rechnung 50.000 € ohne USt. Anmeldung + Bezahlung der Umsatzsteuer (9.500 €) Bauträger (T), auch als Generalunternehmer tätig, mehr als 10 % Umsatzanteil Ausgangssituation und Konzept des § 27 Abs. 19 UStG Fortführung des Beispiels in 2015 Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung mit USt.-Ausweis Bauunternehmen (B) Finanzamt ja, aber … Bauleistung aus 2012 Antrag auf Rückzahlung der USt. in Höhe von 9.500 € => § 13b UStG war falsch Bauträger (T) Ausgangssituation und Konzept des § 27 Abs. 19 UStG Finanzamt Steueranspruch nach Änderung des Bescheids Zahlung von 9.500 € Bauunternehmen (B) Erstattungsanspruch von 9.500 € Abtretung des Anspruchs ans Finanzamt Umsatzsteuernachforderungsanspruch Zahlung von 9.500 € an Bauleistenden Bauträger (T) Konzeption des § 27 Abs. 19 UStG: Was bleibt für den Bauträger? Verzinsung ab 1.4. des übernächsten Jahres Was bleibt für das Bauunternehmen? Keine Verzinsung (rückwirkendes Ereignis) und keine Steuerbelastung, aber erheblicher Aufwand Praktische und rechtliche Überlegungen aus der Sicht des Bauträgers / Leistungsempfängers der Bauleistung 1. Antrag auf Änderung früherer Steuerfestsetzungen nach § 164 AO Typischerweise: Antrag des Bauträgers auf Erstattung der Umsatzsteuer => § 13b UStG war falsch (Bundesfinanzhof) – Zeitdruck allenfalls wegen § 164 AO 2. Weiteres Vorgehen im Erhebungsverfahren – Änderungsbescheid – Auszahlung Änderungsbescheid ergeht – in der Praxis dauert das 3. Aufrechnung durch das Finanzamt: Finanzamt will mit dem vom Bauleistenden abgetretenen Anspruch aufrechnen – geht das? a) Bauträger kann Einwendungen gegen Aufrechnung erheben => Anspruch besteht nicht, verjährt, zivilrechtlich nicht existent, abschließende Regelung, Vertrauensschutz b) Verfahrensmäßige Überprüfung: Abrechnungsbescheid Praktische und rechtliche Überlegungen aus der Sicht des Bauträgers / Leistungsempfängers der Bauleistung 4. Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid, Klage beim Finanzgericht Aussetzung des finanzgerichtlichen Verfahrens bis zur zivilrechtlichen Klärung denkbar Zivilrechtstreit über den Bestand der vom Leistungserbringer / Handwerker an das Finanzamt abgetretenen Forderung – Klage auf Feststellung des Bestehens der Forderung Prozessrisiko erheblich Praktische und rechtliche Überlegungen aus der Sicht des Bauhandwerkers / Leistungserbringers 1. Möglichkeit 1: Einvernehmen mit Leistungsempfänger über Beibehaltung der Besteuerung nach § 13b UStG 2. Möglichkeit 2: Kein Einvernehmen über die Beibehaltung der Besteuerung nach § 13b UStG – und Einverständnis mit dem Verfahren nach § 27 Abs. 19 UStG a) Initiative des Leistungserbringers erforderlich – verjährungshemmende Maßnahmen? => streitig, welche Verjährung gilt, aus Vorsichtsgründen Verjährung nach drei Jahren b) Ablauf des Verfahrens nach § 27 Abs. 19 UStG (1) Änderungsantrag des Leistungsempfängers, Benachrichtigung des Bauunternehmers (2) Nachträgliche Erteilung einer Rechnung mit gesondertem Steuerausweis technisch einfach – Berichtigungsdokument muss unter Bezugnahme auf die Originalrechnung Entgelt, Umsatzsteuer und Steuersatz ausweisen Praktische und rechtliche Überlegungen aus der Sicht des Bauhandwerkers / Leistungserbringers (3) Nacherklärung der Umsatzsteuer => nachträglicher Umsatzsteuerausweis begründet Risiko nach § 14c UStG – wenn Steueranspruch nicht mehr festgesetzt werden kann – kann aber beseitigt werden – § 14c-Steuer entsteht mit Ausstellung der falschen Rechnung – Widerruf des Steuerausweises möglich (Zinsnachteil) (4) Abtretung des zivilrechtlichen Umsatzsteuernachforderungsanspruchs an das Finanzamt Was, wenn die Forderung gar nicht besteht? Abtretung geht ins Leere – Folge: Gewährleistungsansprüche des Finanzamts gegen Bauleistenden z.B. Ergänzende Vertragsauslegung oder Wegfall der Geschäftsgrundlage greifen nicht => zivilrechtlich keine Nachforderung möglich z.B. Einreden wie vorbehaltlose Annahme der Schlusszahlung nach VOB z.B. Anspruch ist verjährt z.B. vereinbartes Abtretungsverbot? => greift nicht bei Kaufleuten nach HGB Praktische und rechtliche Überlegungen aus der Sicht des Bauhandwerkers / Leistungserbringers => Abtretung sollte ohne Gewähr der Realisation erfolgen (5) Mitteilung der Abtretung an den Leistungsempfänger und Abtretung muss „wirksam bleiben“ – was heißt das? (6) Erfüllung der Mitwirkungspflicht (7) Ergehen eines Änderungsbescheides – dagegen Einspruch einlegen => erste Entscheidung FG Berlin v. 3.6.2015 (5 V 5025/15), – Vorschrift verfassungswidrig – weitere anhängige Verfahren beim FG Münster und FG Köln Praktische und rechtliche Überlegungen aus der Sicht des Bauhandwerkers / Leistungserbringers 3. Möglichkeit 3: Kein Einvernehmen über die Beibehaltung der Besteuerung nach § 13b UStG und kein Einverständnis mit dem Verfahren nach § 27 Abs. 19 UStG a) Kein Umsatzsteuerausweis und keine Abtretung b) Einspruch gegen Änderungsbescheid c) Aussetzung der Steuerforderung – FG Berlin (+) d) Etwaige Abstimmung mit dem Bauträger Handlungserwägungen Bauträger: In Altfällen bis 15.2.2014: Änderung der Steuerfestsetzung und Rückerstattung der entrichteten Umsatzsteuer beantragen Leistungserbringer/Bauunternehmer: » Abwägung, ob trotz der Risiken => Umsatzsteuerausweis erfolgt und => Umsatzsteuernachforderungsanspruch abgetreten wird – aber ohne Gewähr für Durchsetzbarkeit => davon kann nur abgesehen werden, wenn ausreichende Liquidität und ausreichendes Know-How für Streit mit Finanzamt vorhanden ist » etwaig keine berichtigten Steuererklärungen abgeben, sondern Änderungsbescheide abwarten » Einspruch gegen Änderungsbescheide – etwaig Aussetzung beantragen Carlé · Korn · Stahl · Strahl Rechtsanwälte und Steuerberater Fachanwälte für Steuerrecht Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 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