VKU Verlag München/Berlin Redaktion: Neumarkter Str. 87 81673 München Ausgabe 03/15, Seite 20 Vereint sind auch die Schwachen mächtig VIRTUELLE KRAFTWERKE Große Chancen für die kleineren Dezentralen. Auch Direktvermarktung unterstützt sie. Großes Thema auf der E-World. Viele Angebote mit ganz unterschiedlichen Zielen und Lösungen. Die IT muss es richten. Von GOTTFRIED HIESINGER, Essen V irtuelle Kraftwerke, ein Platz an der Sonne des Energiemarktes für kleinere und dezentrale Stromerzeuger – ungefähr auf jedem zweiten Stand auf der Fachmesse E-World Energy & Water (10.–12. Feb., Essen) versprachen die Aussteller solches der werten Kundschaft. Egal, was da jeweils im Angebot war: Die dezentrale Erzeugung bewies ihren Stellenwert. »Bei virtuellen Kraftwerken mit geringer Gesamtkapazität übersteigt häufig der Aufwand für deren Einrichtung zusammen mit den laufenden Kosten den erzielbaren wirtschaftlichen Nutzen«, ließ z. B. Siemens auf der E-World wissen. Oft müssten daher kleine und mittelgroße Stadtwerke auf diese Technik verzichten und könnten ihren Kunden, die dezentrale Erzeugungsanlagen betreiben, keine Vermarktungsmöglichkeiten anbieten. Dem kann Siemens »natürlich« abhelfen und hatte daher seine Cloud-Lösung als Managed Service im Messegepäck. Nicht ganz neu ist sie, und sie fußt auf dem altbewährten Energiemanagementsystem DEMS, wobei der Nutzer nur das von dem System haben muss, was er wirklich für sein »Virtuelles« braucht. »Mit unserem Managed Service leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Senkung der Eintrittshürde für das Betreiben von virtuellen Kraftwerken«, lobte Thomas Zimmermann, Chef der Siemenssparte Business Unit Smart Grid Solutions & Services das Produkt. Das Ganze funktioniert als Web-Service und kommt zeitgemäß aus der Cloud. »Sowohl die Marktpartner als auch die Nutzer der DEMS-Portal-Software, also die Betreiber der dezentralen Stromerzeugungsanlagen und die Stadtwerke, nutzen das Managementsystem über eine Website als Benutzerschnittstelle«, wird Siemens konkreter. Zusammen mit dem nordrhein-westfälischen Energiedienstleister Mark-E, einem Unternehmen der Enervie Gruppe, Hagen, schreibt Siemens die Geschichte virtueller Kraftwerke jetzt weiter: Der Konzern stellt Mark-E eine IT-Lösung für ein cloud-basiertes virtuelles Kraftwerk zur Verfügung. »Die Erzeugungskapazität der angebundenen dezentralen Anlagen wird dabei sowohl direkt vermarktet als auch in Form von Regelenergie über die entsprechenden Handelsplätze für Systemdienstleistung angeboten«, hieß es auf der E-World. Enervie bündelt mehr als 1300 MW aus etwa 450 dezentralen Anlagen – Sonne, Wind und Blockheizkraftwerke – und bietet deren Strom über den hauseigenen Energiehandel an. Der Service ist cloud-basiert | Die für den cloud-basierten Webservice nötige Technik – Hardware und das dezentrale Energiemanagementsystem als Software as a Service – stellt Siemens seinem Partner Mark-E in einem Service Center zur Verfügung. Die Omnetric Group, ein Gemeinschaftsunternehmen von Siemens und Accenture, konfiguriert das Managementsystem für Mark-E nach deren Anlagenparks und stellt das Portal mit den passenden Partneransichten zur Verfügung. »Damit reduziert sich der Aufwand der Marktteilnehmer auf das Bereitstellen einer Internetverbindung und das Ausrüsten der dezentralen Anlagen mit Fernwirktechnik«, beschreibt Siemens sein System. Auch das unabhängige Stromhandelshaus Energy2Market (E2M) will sein Virtuelles Kraftwerk künftig noch besser kundennah bewirtschaften, hörte man auf der E-World. »Dazu müssen verschiedene Marktchancen in einem permanenten Prozess geprüft und verglichen werden – eine Aufgabe, für die E2M die neue Planungsund Optimierungslösung von Procom einsetzen wird«, hieß es auf der Messe. Zuerst in den »Genuss« der Software sollen noch im Frühjahr E2Ms Biogas-Pools und -anlagen kommen. »Mit der neuen Lösung können wir bei der Vermarktung von Biogas-, Windenergie- oder Solaranlagen noch höhere Deckungsbeiträge erzielen. Das bedeutet, dass unsere Kunden als Betreiber mehr Geld mit ihren Anlagen verdienen«, sagte Andreas Keil, Gründer und Geschäftsführer der E2M auf der E-World. Der Stromhändler hat, so sagt er über sich selbst, die Infrastruktur für die Vermarktung von Flexibilität. Eine Optimierungslösung für virtuelle Kraftwerke müsse zwei wichtige Kriterien erfüllen, sagt Softwareanbieter Procom: »Zum einen sollte sie schnell Ergebnisse liefern, um auch für den Intraday-Handel entsprechende Entscheidungsgrundlagen zu schaffen.« Zum anderen solle sie gut handhabbar und flexibel sein, damit Änderungen im virtuellen Kraftwerk, z. B. neue Anlagen, schnell und ohne großen Aufwand »nachgehalten werden können«. Und wie soll das funktionieren? Durch Zusammenfassen der unterschiedlichsten Anlagen zu Asset-Typen. »Das sichert einerseits die erforderliche Genauigkeit und sorgt dafür, dass die Flexibilität jeder Anlage berücksichtigt und bestmöglich vermarktet wird.« Andererseits würde durch die Aggregation eine hohe Performance sowie die einfache Pflege der Lösung sichergestellt. Im Fall der E2M z. B. ließen sich sämtliche Biogasanlagen zu sieben Asset-Typen zusammenfassen. Schnell anpassen, ist die Devise | Ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells sei aber auch die Fähigkeit, sich schnell an neue regulatorische Bestimmungen anzupassen. »Die Software-Lösung sorgt für einen rollierenden Planungsprozess über alle kurzfristigen Vermarktungsstufen sowie eine kontinuierliche, geschlossene Optimierung des Kraftwerkseinsatzes«, so hörte sich das auf der E-World in Essen an.
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