Dr. Ali Kamen

Während der OP oder Biopsie im Körper navigieren
Sicherheit bei Eingriffen
dank Dr. Ali Kamens Algorithmen
Kleinere Läsionen zu finden und dorthin zu navigieren, um präzise Biopsien durchzuführen, ist wichtig für die frühe Diagnose von Krebs, bevor er sich ausbreitet. Außerdem
erholen sich Patienten schneller von minimalinvasiven Eingriffen, weil die Wundheilung
kürzer ist. Möglich geworden sind diese Ansätze aber erst durch die stetige Verbesserung
der medizinischen Bildgebung. Dr. Ali Kamen (42) von Siemens Healthcare in Princeton,
New Jersey, hat mit seinen Erfindungen viel dazu beigetragen, dass Operateure während
des Eingriffs ihre Instrumente navigieren können, indem zuvor aufgenommene Bilder
mit OP-Bildern überlagert werden. Die Software, die auf Kamens Patenten beruht, ist in
modernen Ultraschallsystemen und Röntgengeräten von Siemens integriert.
Dr. Ali Kamen –
Erfinder des Jahres 2015
Principal Expert bei Healthcare,
Princeton, New Jersey, USA
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Körper des Patienten führen, erfahre ich sehr viel darüber,
wie welche Technologien ihnen die Arbeit erleichtern«,
erklärt Kamen. Seine ersten Besuche in Operationssälen vor
knapp 15 Jahren empfand er als Belastung: »Da lag ein junger
Mann mit Hirntumoren, das ist mir ziemlich unter die Haut
gegangen.« Mittlerweile hat der Ingenieur eine gewisse
berufliche Distanz entwickelt, wie sie auch die Operateure
brauchen, um ihre Arbeit auszuführen.
Dr. Ali Kamen –
Erfinder des Jahres 2015
»Wenn ich beobachte,
wie die Ärzte mithilfe
unserer Geräte ihre
Instrumente durch den
Körper des Patienten
führen, erfahre ich sehr
viel darüber, wie welche
Technologien ihnen die
Arbeit erleichtern.«
In einem Operationssaal fließt heute viel weniger Blut
als früher. Viele Eingriffe können minimalinvasiv vorgenommen werden. Dafür braucht der Operateur nur einen
winzigen Schnitt, um seine Instrumente in das Operationsgebiet einführen zu können. Moderne Computertomografen
oder Magnetresonanztomografen liefern gestochen scharfe
3D-Bilder. Sie können aber nur vor einer Operation
aufgenommen werden. Während des Eingriffs müssen diese
Aufnahmen des Patienten mit einem 2D-Bild von einem
Röntgen- oder CT-Gerät in Echtzeit kombiniert werden. »Die
Echtzeitaufnahmen sind nicht so scharf wie die vor dem
Eingriff aufgenommenen 3D-Bilder«, erklärt Erfinder Dr. Ali
Kamen. Mithilfe seiner Algorithmen werden die beiden Bildarten fusioniert, also so übereinandergelegt, dass der Operateur auf seinem Bildschirm eine exakte Darstellung des
Operationsgebiets in Echtzeit hat. So kann er beispielsweise
eine Biopsienadel punktgenau zu einem Tumor navigieren,
auch wenn dieser sehr klein ist.
Kamen gehört zu einem Team von Spezialisten für medizinische Bildgebung, die am Siemens-Forschungszentrum in
Princeton, New Jersey, arbeiten. Ein- bis zweimal im Jahr ist
er Zeuge von Operationen, zum Beispiel in den Operationssälen des Johns-Hopkins-Hospitals in Baltimore, USA. Dort
arbeiten die Mediziner mit modernen bildgebenden Systemen
von Siemens, und es gibt Forschungskooperationen, um
diese weiter zu verbessern. »Wenn ich beobachte, wie die
Ärzte mithilfe unserer Geräte ihre Instrumente durch den
Abstand vom Job ist für viele Erfinder eine gute Voraussetzung dafür, knifflige Probleme neu zu überdenken. Kamen
zieht sich dann gerne in seine Tischlerwerkstatt zurück, die er
in seinem Haus eingerichtet hat. »Wenn ich eine Tischplatte
schleife oder mit der Säge arbeite, entspannt sich auch mein
Geist«, erklärt er. Auch seine Tochter und sein Sohn, beide
im Schulalter, helfen gerne bei den Holzarbeiten mit.
Bereits als junger Mann interessierte sich Kamen für
Medizin. »Am faszinierendsten ist für mich die Herzchirurgie,
denn dieses Organ mit seinen Klappen und seinem Adersystem ist recht kompliziert«, findet er. Doch noch mehr zog
es Kamen zur Elektrotechnik mit ihren vielen Möglichkeiten.
Das Bachelorstudium absolvierte er in seiner Heimatstadt
Teheran, für den Master in Signal- und Bildverarbeitung der
medizinischen Bildgebung ging er in die USA. Die Doktorarbeit befasste sich zum Teil mit Computerwissenschaften
für medizinische Anwendungen. Damals erhielt er sein
erstes Patent für die Erfindung einer Methode, mit der die
Lipidschicht des Auges gemessen werden kann. Schon in der
Highschool in Teheran schrieb Kamen seine ersten eigenen
Programme, auf dem legendären Commodore 64, der wohl
in Tausenden von Kinderzimmern späterer Softwarespezialisten stand.
Gleich nach der Promotion fing Kamen bei Siemens
Corporate Technology im Forschungszentrum in Princeton
an. Heute gehört seine Arbeitsgruppe zu Siemens Healthcare,
denn dort werden die meisten seiner Erfindungen in
Produkte umgesetzt. Außerdem forscht er, in Zusammenarbeit mit Siemens Corporate Technology, an Projekten der
Medizin der Zukunft. »Dank der immensen Möglichkeiten
der Datengewinnung und -verarbeitung gibt es eine Vielzahl
von medizinischen Anwendungen, die man erfinden könnte.
Wir müssen uns natürlich fragen, was davon wirklich Sinn
macht und echten Nutzen für Patienten bringt«, erklärt
Kamen. Antworten finden die Wissenschaftler sehr oft in
ausführlichen Brainstorming-Meetings. »Wir schätzen es
wirklich sehr, miteinander zu diskutieren und so auf Lösungen zu kommen«, sagt Kamen. So kann jeder wieder
inspiriert an seinen Computer zurückkehren und weiter
an innovativen Konzepten arbeiten.
Und weil jeder Computer und jedes neue Programm nur
mit Strom funktioniert, ist für Kamen die Elektrizität und
die gesamte Elektrifizierungskette bis heute die wichtigste
Erfindung der Menschheit. Insofern ist Kamen, der auf 165
Erfindungen und 32 Einzelpatente in 41 Schutzrechtsfamilien
verweisen kann, bei Siemens genau am richtigen Platz.
SIEMENS.COM/INNOVATION
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