Dr. Ghenadie Bulat

Damit die Flamme nie erlischt
Zuverlässiger, effizienter und sauberer:
Dr. Ghenadie Bulat optimiert Verbrennungssysteme von kleinen Siemens-Gasturbinen
Gasturbinen von Siemens gehören zu den effizientesten der Welt. Sie werden ständig
weiterentwickelt, um zum Beispiel ihren Wirkungsgrad stetig zu erhöhen. Dazu leistet
Dr. Ghenadie Bulat (35) mit seinen Erfindungen einen wichtigen Beitrag: Seit 2010 ist
das von Bulat optimierte System zur Verbrennungssteuerung Standard in den SiemensGasturbinen SGT-100, -200, -300 und -400, die zu den sogenannten Industriegasturbinen mit einer Leistung von bis zu 15 Megawatt gehören. Außerdem werden immer
mehr ältere Gasturbinen dieses Typs nachgerüstet. Das ist Innovationskraft, die sich
auszahlt. Bulat arbeitet bei Siemens Power and Gas in Lincoln, Großbritannien.
Dr. Ghenadie Bulat –
Erfinder des Jahres 2015
Verbrennungsspezialist bei Power and Gas,
Lincoln, Großbritannien
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Dr. Ghenadie Bulat –
Erfinder des Jahres 2015
»Nur wenn der Brenner
einwandfrei funktioniert,
können Strom und Wärme
zuverlässig erzeugt
werden.«
Ghenadie Bulats Augen glänzen, wenn er von Feuer spricht.
»Ich halte die Fähigkeit, Feuer zu kontrollieren, für die
wichtigste Erfindung der Menschheit«, sagt der 35-jährige
Ingenieur für Verbrennungssysteme von Gasturbinen.
Egal ob im Garten am Grill oder im Testzentrum von
Siemens Power and Gas in Lincoln, Großbritannien: Bulat
liebt das Spiel mit den Flammen. Deswegen war es für ihn
auch mehr als nur eine Aufgabe, die Steuerung der Gasverbrennung in den kleinen Gasturbinen von Siemens zu
verbessern. Man kann durchaus von Leidenschaft
sprechen: »Damit begonnen habe ich vor zehn Jahren
als junger Ingenieur, der kaum Berufserfahrung hatte«,
erzählt Bulat. Am Siemens-Standort Lincoln sind sowohl
Forschung und Entwicklung als auch das Testen und der
Service für die Siemens-Gasturbinen SGT-100 bis -400
beheimatet. »Das ermöglicht mir, auch die Erfahrung von
Kollegen in meiner Arbeit zu berücksichtigen, beispielsweise welche Probleme bei der Wartung eines Turbinentyps
häufig auftreten«, sagt Bulat. Die kleineren Turbinen werden zu etwa 70 Prozent zur Stromerzeugung in der Öl- und
Gasförderung und -verarbeitung sowie zu etwa 30 Prozent
zur Strom- und Wärmeerzeugung in kleineren Industrieanlagen und großen öffentlichen Gebäudekomplexen wie
Universitäten oder Krankenhäusern eingesetzt. Mit bis zu
40 Jahren sind sie lange im Einsatz. Die Steuerung der Gasverbrennung, einer der wichtigsten Parameter zur Optimierung und Erhöhung der Zuverlässigkeit einer Gasturbine,
muss immer wieder angepasst werden.
Wie wichtig die zuverlässige Versorgung mit Strom und
Wärme ist, davon kann sich der Erfinder immer wieder
selbst ein Bild machen. So überzeugte er sich persönlich davon, dass die Siemens-Gasturbine SGT-300, die
die Universität von New Hampshire, USA, mit Strom und
Wärme versorgt, dank der Nachrüstung mit seiner Erfindung ohne Ausfälle läuft, auch in Ausnahmesituationen:
»Während des großen Stromausfalls, den der Hurrikan
Katrina verursachte, konnten mehr als 10.000 Studenten in
ihren Unterkünften auf dem Campus bleiben, wo es warm
und hell war«, erzählt Bulat. Ein anderes Beispiel sind die
beiden SGT-400-Turbinen eines Kraftwerks in Boston,
USA. Es versorgt fünf Krankenhäuser mit insgesamt 2.000
Betten für jährlich 100.000 Patienten sowie die medizinischen Institute der Universität Harvard mit Strom,
Dampf und gekühltem Wasser. Die Turbinen waren dort
bereits mehr als zehn Jahre im Einsatz. Sie wurden mit
dem neuen Steuerungssystem für die Verbrennung ausgestattet und laufen seitdem ohne Reparaturstops.
»Wenn sich die Qualität des Gases ändert, mussten
früher sehr viele Einstellungen in der Verbrennungskammer
von Hand geändert werden«, erklärt Bulat. Bereits vor
rund zehn Jahren begann er, Algorithmen zu entwickeln,
die diese Einstellungen automatisch vornehmen können,
indem sie Sensordaten zu Temperatur und Druck analysieren.
Erstmals getestet wurden seine Algorithmen 2006 in einer
SGT-200. »Es funktionierte sehr gut: Die Turbine hatte noch
weniger Ausfälle, arbeitete effizienter, und die Emissionen
wurden reduziert«, erinnert sich Bulat. Doch damit gab er
sich nicht zufrieden: Er verbesserte das Steuerungssystem
für die Verbrennungskammer immer weiter. So entwickelte
er beispielsweise eine noch weiter optimierte Steuerung
des Brenners. »Wenn die Flamme erlischt, steht die ganze
Turbine still«, erklärt der Erfinder. Um diesen »Worst Case«
zu vermeiden, muss die Flamme mithilfe von Sensordaten
genau überwacht werden, und die Gaszufuhr muss näher
an die Flamme gebracht werden, wenn diese auszugehen
droht. Allerdings darf sich die Brennkammer nicht überhitzen, was ebenfalls zu einem Ausfall führen würde.
Besonders stolz ist Bulat darauf, dass Siemens-Gasturbinen
dank seiner Verbrennungssteuerung sehr flexibel eingesetzt
werden können: Die SGT-300 an der Universität von New
Hampshire funktioniert nicht nur mit Erdgas, sondern auch
mit Dieselkraftstoff oder sogar Deponiegas, ohne dass sie
neu eingestellt werden muss.
Der junge Ingenieur hat bereits 47 Erfindungen gemeldet,
von denen 15 in Einzelpatenten – in 19 Schutzrechtsfamilien – geschützt sind. »Ich bin erst zufrieden, wenn
meine Idee auch im Produkt verwendet wird«, erklärt er.
Neue Ideen diskutiert er am liebsten mit seinen Kollegen
und verbessert sie im Lauf dieses Austausches immer
weiter. Bulat ist in Moldawien geboren, hat dort an der
Technischen Universität studiert und ist nach einer ersten
beruflichen Station in der Schweiz 2003 für seine Tätigkeit
bei Siemens nach Lincoln gezogen. Während er bereits bei
Siemens arbeitete, hat er am Imperial College in London
zum Thema Verbrennung promoviert. »Meine Hobbys kann
ich zurzeit nicht pflegen, denn ich bin stolzer Vater von zwei
kleinen Kindern«, sagt er. Aber für ein hübsches Feuer auf
dem Grill reicht die Zeit immer.
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