ISSN 1612-7757 8,50 € Z E I T S C H R I F T F Ü R S T R AT E G I E U N D M A N A G E M E N T 5· 20 15 l Januar '16 FINTECHS Banken und FinTechs: von kleinen, großen und riesigen Fischen INKASSO „Die Herkunft der Daten belegen“ FIRMENKUNDENGESCHÄFT „Die Banken müssen sich stärker spezialisieren“ BACKOFFICE-DIENSTLEISTER „Das Beste beider Gesellschaften verbinden“ IT-SYSTEME „Wir brauchen eine agile Organisation“ Eine Zeitschrift von Coin Medien Unterstützung Golden BU Vorsorgeschutz: 100 Prozent BU-Schutz ohne Gesundheitsfragen Mit dem Golden BU Vorsorgeschutz können Vorsorgeverträge wie Bausparverträge, (Fonds-)Sparpläne, Renten- und Kapitalversicherungen aber auch private Krankenversicherungsbeiträge gegen Berufsunfähigkeit abgesichert werden. Neu und exklusiv für Bankpartner n 100 Prozent BU-Schutz ohne Gesundheitsfragen n lediglich drei Jahre Wartezeit n einfache Beitragsermittlung Lebensversicherung von 1871 a. G. München · Maximiliansplatz 5 · 80333 München Telefon 089 / 5 51 67 – 18 71 · Telefax 089 / 5 51 67 – 12 12 · [email protected] · www.lv1871.de EDITORIAL Tradition und Moderne verbinden der von der Bildfläche verschwinden, so werden doch viele der von ihnen entwickelten Ideen auf die eine oder andere Art dauerhaft umgesetzt. Denn die Kunden gewöhnen sich immer mehr an die einfachen und unkomplizierten Lösungen, die ihnen Die Kunden erwarten auch von ihrer Bank innovative durch die FinTechs Produkte und Services. präsentiert werden. Zahlungen, auch ins weit entfernte Ausland, sind kostengünstig möglich – E-Mail-Adresse genügt; eine App verschafft den Überblick über sämtliche Bankkonten und Versicherungsverträge – und informiert über günstige neue Angebote; die Kontoeröffnung wird dank Video-Chat zu einer schnellen Angelegenheit – ohne die lästige Identifikation bei der Post. Auf all diese Annehmlichkeiten werden die Kunden nicht mehr verzichten wollen. Deshalb ist es für die Banken und Sparkassen keine Option, sich auf ihre jahrhundertelange Erfahrung, ihre hohen Sicherheitsstandards und die Verwurzelung in der Region zu verlassen. Auch sie müssen die Möglichkeiten nutzen, die die neuen Internet-Technologien ihnen bieten. Nur wenn sie Tradition und Moderne verbinden, werden sie dauerhaft gegen die jungen, innovativen neuen Mitbewerber bestehen können. Auch Banker mögen es bequem. „Wenn ich abends mit dem Tablett auf der Couch sitze und noch etwas einkaufen möchte, dann bezahle ich eben mit PayPal. Es ist mir einfach zu unbequem, auch noch mein Smartphone zu holen, damit ich eine eTAN generieren kann“, bemerkte vor kurzem ein Bankmitarbeiter in einem Gespräch. Und eine andere erklärte: „Natürlich nutze ich auch Vergleichsportale, wenn ich nach einem interessanten Angebot suche.“ FinTechs, junge, innovative Unternehmen, die einzelne Bankdienstleistungen übernehmen, neue Services anbieten und die Möglichkeiten sozialer Netzwerke mit denen traditioneller Bankdienstleistungen verbinden, dringen in immer mehr Bereiche des Bankgeschäftes vor. Teilweise agieren sie wie PayPal als Wettbewerber, teilweise ergänzen sie wie Wikifolio bestehende Dienstleistungen und teilweise unterstützen sie wie IDnow oder WebID die Banken dabei, selbst neue Services anzubieten. Für die Banken und Sparkassen sind die neuen Non- und Near-Banks eine Herausforderung, der Die Kreditinstitute müssen sie sich stellen müssen (siehe sich der Herausforderung neuer Mitbewerber stellen. Schwerpunktthema ab Seite 8). Auch wenn die meisten dieser jungen Start-Ups noch klein sind und manche von ihnen vermutlich wie- 1 Banken+Partner ∙ 5/2015 Margaretha Hamm Chefredakteurin „Banken+Partner“ WER NACHDENKT, LÖST PROBLEME. WER ABER VORAUSDENKT, ENTDECKT NEUE MÖGLICHKEITEN. Wir erhalten Ihre Werte, Ihre Liquidität und sorgen dafür, dass Sie auch künftig wachsen und Ihre Ideen umsetzen können. Wie wir das tun? Indem wir dafür sorgen, dass Sie Ihr Geld schnell erhalten. Denn Außenstände sind gebundenes Kapital, das nicht für das Wachstum Ihres Unternehmens zur Verfügung steht. Die ALTOR Gruppe verbindet die Unternehmen um die Heidelberger Inkasso zu einem der größten konzernunabhängigen Dienstleister für Forderungsmanagement in Deutschland. Seit 1979 decken wir rund um das Thema Liquidität weite Phasen einer Kundenbeziehung ab – von der Kündigungsprävention über die treuhänderische Bearbeitung notleidender Forderungen bis zu deren Ankauf. Exzellente Branchenexpertise, innovative Dienstleistungen und starke Partner unterstreichen unseren Service- und Beratungsanspruch. ALTOR Gruppe, Im Breitspiel 13, 69126 Heidelberg, T 06221-987 654, www.altor-group.com Liquidität als Ziel. INHALT SCHWERPUNKT FinTechs Prolog Banken und FinTechs: von kleinen, großen und riesigen Fischen 8 FinTechs FinTechs versus Banken – Banken und FinTechs? 10 Interview FinTechs – durch die Bank förderwürdig 14 Expertenmeinung Banken-Tradition versus FinTech-Innovation16 KURZ + KNAPP Schlagzeilen – Unternehmen 4 Retail-Banken müssen die eigene Digitalisierung vorantreiben 4 Anlageberatung5 SB-Systeme6 IT-Systeme6 Spezialfonds7 THEMEN Banken+Partner ∙ 5/2015 Inkasso „Die Herkunft der Daten belegen“20 Firmenkundengeschäft „Die Banken müssen sich stärker spezialisieren“ Backoffice-Dienstleister „Das Beste beider Gesellschaften verbinden“ Gastbeitrag Beratungsqualität – Chancen und Risiken für Filialbanken 30 SERVICE Digitalisierung E-Zustellung als Innovation groß im Trend Buchtip/Termine/Impressum44 Editorial1 34 Gastbeitrag Compliance-Services mit ambitionierten Zielen für 2016 38 IT-Systeme „Wir brauchen eine agile Organisation“ 40 UNTERNEHMEN Wüstenrot Bank Retail-Bank mit klarem Digitalfokus 19 22 FOTOS TITEL UND INHALT © Jörg Lantelme - fotolia.com; © Christian Husar; © Heiner Hamm 28 2 EXPERTEN IN DIESER AUSGABE Dr. Barbara Aigner Geschäftsführerin, emotion banking Herbert Auer Vertriebsdirektor, Kommerzkunden Österreich, BAWAG P.S.K. Ole Barkmann Kay Uwe Berg Hauptgeschäftsführer, Bundesverband Deutscher InkassoUnternehmen Gabriele Bieber Bereichsleitung Customer & Operation Services, Altor Gruppe Andreas Ertle Geschäftsführer, IntReal Markus Gauder Geschäftsführer, Gesellschaft für Qualitätsentwicklung in der Finanzberatung Frank-Michael Goebel Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Koblenz Achim Grögeder Leiter IT/Operations, Triodos Bank Stefan Haemmerling Sprecher der Geschäftsführung, S-Servicepartner Deutschland Christian Hoppe Founder und Geschäftsführer, main incubatorr Matthias Hübner Partner, Oliver Wyman Hans de Lange Business Development Manager, Raincode Robert Macho First Vice President eBusiness, Bank Austria Jürgen Marstatt Head of Swift Germany Christoph Mayr New Business Development Germany, Austria, Misys Marija Milcic Bereichsleitung Legal Collection, Altor Gruppe Martin Nowak Leiter Firmenkunden Wien/NÖ Nord, Erste Bank Stephan Paxmann Vorstand, TME Rainer Remke Stellvertretender Sprecher der Geschäftsfühung, S-Servicepartner Deutschland Dir. Dipl.-Ing. Martin Rosar Bereichsleiter Großkommerz , Volksbank Wien Prof. Dr. Herbert Schuster David Smith Business Development, Auriga Dr. Andreas Strasser Leiter Firmenkunden & Strukturierte Finanzierungen, Hypo NOE Gruppe Bank Head of Business Development Financial Solutions, Pass Consulting Group Geschäftsführer, Innoplexia und Professor der SRH Hochschule Heidelberg Im E-Paper von „Banken+Partner“ erhalten Sie Zusatzinformationen auf einen Klick. Achten Sie auf diese Icons: Herbert Tempsch Deputy Head of Financing & Advisory, UniCredit Bank Austria Andreas Thiel Partner, Finbridge Dr. Dirk Thiel Geschäftsführer, GBB-Rating Gesellschaft für Bonitätsbeurteilung Marion Thomas Leiterin Compliance & Datenschutzbeauftragte, Altor Gruppe 3 Sie sind noch kein Empfänger der digitalen Ausgabe? Dann registrieren Sie sich für den regelmäßigen kostenlosen Empfang bei: [email protected] Delivering Transformation. Together. Ihre Roadmap zur digitalen Bank Profitieren Sie von • unserer Innovationsberatung, • unserem Design-ThinkingAnsatz, • unserer Gestaltung der User Experience, • unserer Konzeption und Realisierung von Mobileund Web-Anwendungen und • unserer agilen Projektumsetzung. www.soprasteria.de Neue Services schaffen und Geschäftsfelder frühzeitig besetzen Mit unserem Customer Experience Design und unserer Innovationsberatung erfüllen Sie die Wünsche Ihrer Kunden heute und morgen. In unserem eigens gegründeten Geschäftsbereich „Digital Banking“ bestimmen wir exakt Ihren Status quo in puncto digitaler Transformation und entwickeln eine Roadmap für Ihren individuellen Weg zur digitalen Exzellenz. Retail-Banken müssen die eigene Digitalisierung vorantreiben „Wenn es um Kontoeröffnung oder Kreditkartenanträge über Online- oder Mobile-Kanäle geht, haben deutsche Banken ein besseres Leistungsspektrum als andere europäische Institute“, erklärt Wolfgang Hach, Partner von Roland Berger. Hohe regulatorische Anforderungen, manuelle Prozesse und veraltete Systeme erschweren allerdings eine schnelle Abwicklung oder den Abschluss von komplexen Finanzprodukten. „Die Banken kommen dadurch unter Druck, denn die Kunden erwarten die gleiche schnelle, flexible und zuverlässige Abwicklung ihrer Geschäfte wie bei Online-Händlern“, Foto: © EURO Kartensysteme GmbH KURZ UND KNAPP so Sebastian Steger, Co-Autor der Roland-Berger-Studie „Executive Retail Banking Survey: Digital Transformation“. Und das kann fatale Folgen haben, denn die neuen Mitbewerber machen den Banken ernsthafte Konkurrenz. Hach: „Wenn sie nicht reagieren, könnten die europäischen Banken durch die digitalen Geschäftsmodelle der FinTechs zwischen 20 und 30 Prozent ihrer Erträge sowie den Zugang zu online-affinen Kunden verlieren.“ www.rolandberger.com ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• Schlagzeilen Informationen und Dokumente bereit, die für die Erfüllung der KYC-Vorgaben nötig sind.www.swift.com Leasing und Finazierung fördern den Kfz-Verkauf Automobile Finanzdienstleistungen gewinnen beim Kauf immer mehr an Bedeutung. Für fast die Hälfte der Autohaus-Kunden steht die Entscheidung für ein Leasing- oder Finanzierungsangebot sogar noch vor der Wahl der Fahrzeugmarke. www.autobanken.de Unternehmen NCR stattet die Postbank mit Cash-Recyclern, Kontoservice- und Dialog-Terminals aus. www.ncr.com Sprengnetter hat die österreichische R&S Software www.sprengnetter.de übernommen. Banking-Apps von Manipulation bedroht Keine der für den „State of Application Security Report“ untersuchten Banking- und Bezahl-Apps weist ausreichene Sicherheitsmaßnahmen auf, um sich gegen Hackerangriffe zu schützen. Sie sind damit anfällig für Manipulationen und Datendiebwww.arxan.com stahl. Crealogix hat eine Beteiligung an Elaxy erworben. Fiducia&GAD bleibt Gesellschafter. www.crealogix.com Avaloq Sourcing betreibt nun für fünf deutsche Banken die Avaloq Banking Suite. www.avaloq.com Banken+Partner ∙ 5/2015 Nachholbedarf beim Cash-Management Lediglich 36 Prozent der mittelständischen Unternehmen nutzen bereits ein professionelles CashManagement-System. Davon setzen allerdings zwei Drittel eine Lösung ein, die ihnen von ihrem Kreditwww.commerzbank.de institut angeboten wurde. Bawag P.S.K. hat eine neue analytische Infrastruktur für Stresstesting und Simulationen aufgebaut www.sas.de und in Betrieb genommen. Grenke Bank hat sich an der Cash Payment Soluwww.grenke.de tions – Barzahlen.de beteiligt. Swift KYC-Register von immer mehr Banken genutzt Mehr als 2.000 Finanzinstitutionen weltweit haben sich bereits als Nutzer des KYC-Registers (KYC – Know Your Customer) von Swift eingetragen. Die Datenbank hält zu allen registrierten Instituten Aktuelle Nachrichten aus der Finanzbranche: täglich im Internet, wöchentlich per E-Mail, kostenlos unter: www.bankenundpartner.de Jetzt auch bei Facebook unter: www.facebook.de/bankenundpartner ••••••••••••••••••••••••••••••••• 4 KURZ UND KNAPP Anlageberatung Verständlich und transparent Beratungsprotokolle gelten als bürokratisch und unbeliebt bei Banken und Kunden. Eine neue Studie zeigt jedoch: 89 Prozent der Verbraucher wünschen sich ein nachvollziehbares, ausführliches Beratungsprotokoll. Unbürokratisch soll aber die Abwicklung der Protokolle und Auftragserteilung vonstattengehen, am liebsten schnell und digital. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage von NFS Netfonds unter 1.000 Bundesbürgern ab 18 Jahren. „Die hohe Akzeptanz der umstrittenen Protokolle ist überraschend, passt aber zum Bedarf nach Transparenz und Verständlichkeit“, sagt Christian Hammer, Geschäftsführer von NFS Netfonds. „Auch die neue Gesetzesinitiative MiFID II wird die bedarfsgerechte Beratung noch stärker fokussieren.“ Immerhin wünschen sich jeweils 97 Prozent der Befragten eine auf ihre Situation angepasste Beratung sowie eine verständliche Erklärung. Diese Wünsche sollen möglichst einfach und schnell umgesetzt werden. 83 Prozent der Befragten erwarten eine unbürokratische Bestätigung von Beratungsaufträgen und Anlagekäufen. „Eine einfache und unkomplizierte Abwicklung des Beratungsprotokolls ist durch gute Applikationen inzwischen sehr praktikabel“, sagt Hammer. „Allerdings haben die Banken die Digitalisierung teilweise verschlafen und lassen eine Lücke, die von innovativen FinTechs genutzt wird.“ Gerade im Service spielen Schnelligkeit und Bequemlichkeit für Kunden eine große Rolle. 86 Prozent der Befragten wollen unaufgeforderte Rückmeldungen zum Bearbeitungsstand ihres Anliegens. 68 Prozent möchten ihre Aufträge bequem per PIN/TAN-Verfahren bestätigen. Die digitale Unterschrift wollen dagegen nur 37 Prozent. Auch Innovationen gegenüber sind Finanzkunden durchaus aufgeschlossen. 65 Prozent der Befragten würden es schätzen, den Status Quo der Portfolioentwicklung anschaulich aufbereitet online oder als App vorzufinden. 47 Prozent können sich sogar vorstellen, im Rahmen eines hochwertigen Finanzmanagement-Programms online auch selbstständig ohne Berater über einen geführten Prozess eine Geldanlage abzuschließen Wir spüren für Sie Kundenpotenziale auf. Suchen und finden. Hegen und pflegen. Darauf sind wir spezialisiert. Auch in schwierigen Märkten finden wir gemeinsam mit Ihnen die Fährte zu neuen Kunden. Und zu neuen Potenzialen bei bestehenden Kunden. www.dieausgefuchsten.de Gymnasiumstraße 7 · 61348 Bad Homburg Fon 06172 86861-0 · [email protected] KURZ UND KNAPP SB-Systeme Standort auszusuchen und dennoch eine einheitliche Software für alle Geräte nutzen. Als Software-Anbieter ist es unsere Aufgabe, die Customer Experience der Banken zu steigern und zu verbessern. Damit der Kunde von einem ganzheitlichen Erlebnis profitieren kann, ist die Integration aller Kanäle der Bank notwendig. Dazu zählen Geldautomat, Filiale, Internet und Mobile. Komplexität reduzieren Sie sind bereits seit einigen Jahren außerhalb Ihres Stammlandes Italien aktiv. Welche Erfahrung haben Sie bisher gemacht? Smith: In Großbritannien und Frankreich ist Auriga mit Niederlassungen präsent und konnte bereits einige der größten Banken gewinnen. Von Frankfurt aus bietet Auriga die Lösungen nun auch für den deutschen Markt an. In Deutschland gibt es ein großes Interesse an unserer Software und wir haben bisher vielversprechende Rückmeldungen erhalten. David Smith International Business Development Manager, Auriga Herr Smith, Auriga bietet Softwarelösungen an, die unabhängig vom Hersteller an allen SB-Geräten eingesetzt werden können. Ist eine solche Software denn notwendig? Smith: Natürlich können sich die Institute auch auf die Software der Hardware-Hersteller verlassen – wir merken allerdings, dass sich immer mehr Banken dafür interessieren, Hard- und Software getrennt zu kaufen. Sie sind dann unabhängiger in ihren Entscheidungen, können unabhängig von einem bestimmten Hersteller die beste Hardware für den jeweiligen Nun unterscheidet sich die Struktur der Bankenbranche in Deutschland doch deutlich von der anderer Länder? Smith: Das ist sicherlich richtig, doch sie ähnelt der in Italien und damit haben wir seit über 20 Jahren Erfahrung. Gerade für die großen Rechenzentren kann der Einsatz einer Software, die unabhängig auf den Geräten verschiedener Hersteller eingesetzt werden kann, attraktiv sein. Denn damit wird die Komplexität des Betriebs deutlich reduziert. IT-Systeme erreichen sie eine vielfach höhere Agilität bei der Weiterentwicklung ihrer IT und werden wettbewerbsfähiger. Gleichzeitig wächst der Druck auch von außen, denn neue ComplianceAnforderungen machen eine Anpassung der IT an moderne Standards unumgänglich. „Wir übertragen Softwarecode“ Weshalb scheuen die Institute dann vor einem Umstieg immer noch zurück? De Lange: Weil eine Migration nicht trivial ist. Schließlich handelt es sich in der Regel um einen althergebrachten Mainframe-Code, der von einer Plattform auf die andere übertragen werden muss, ohne dass Informationen verloren gehen. Hans de Lange Banken+Partner ∙ 5/2015 Business Development Manager, Raincode Sie versprechen Ihren Kunden genau das. Wie gehen Sie dabei vor? De Lange: Unser Credo lautet „Never change the existing Code“. Das bedeutet, dass bei unserer Lösung die Modernisierung der Anwendungsplattform erfolgen kann, ohne dass der Mainframe-Code auch nur minimal verändert werden muss. Im Grunde setzen wir ein automatisches Übertragungsprogramm ein. Damit erzeugen wir in den neuen Anwendungen einen nativen Code, der dann angepasst werden kann. Herr de Lange, noch immer sind bei vielen Banken Großrechner anwendungen im Einsatz. Weshalb ist es sinnvoll, diese Programme auf Serverplattformen zu migrieren? De Lange: Der Wechsel vom Großrechner zum Server senkt die Kosten der Institute jährlich um etliche Millionen. Zudem 6 KURZ UND KNAPP Die ausführlichen Artikel finden Sie in „Profi Invest“ 4-2015. Spezialfonds Der Siegeszug geht weiter S pezialfonds haben sich in Deutschland etabliert. Das bestätigt die Spezialfonds-Studie von Kommalpha. „Durch seine Öffnung für arbeitsteilige Prozesse zwischen Asset-Management und Administration ermöglicht das Vehikel die Aufnahme globaler Trends und herausragender internationaler Dienstleister innerhalb der Rechtsnorm“, so die Studienautoren. Klare Gewinner waren die gemischten Wertpapierfonds, deren Siegeszug sich auch 2015 fortsetzte. Hingegen gab es eine nachvollziehbare Zurückhaltung bei der Entwicklung neuer Renten-Spezialfonds. Und auch das Volumen der Aktien-Spezialfonds nahm nur zögernd zu. Hingegen gewinnen Immobilien-Spezialfonds trotz eines Marktanteils von unter fünf Prozent an Bedeutung. Zudem unterschieden sich auch die Aktivitäten der Investoren. So werden Corporates immer wichtiger. Größte Anlegergruppe bleiben jedoch mit einem Bestand von 444 Milliarden Euro die Versicherungen. � Sie möchten Profi Invest kennenlernen? Auf www.profiinvest-online.de können Sie jetzt die aktuelle Ausgabe kostenlos downloaden – angereichert mit zusätzlichen Beiträgen sowie Links zu multimedialen Angeboten. NEUES E-PAPER s kostenloen! d downloa Coin Medien Otto-von-Guericke-Ring 3d 65205 Wiesbaden Tel.: 06122 7054 - 52 Fax.: 06122 7054 - 70 E-Mail: [email protected] www.profiinvest-online.de Ich spare täglich Portokosten: Gut. Günstig. Postcon. „Als Leiterin der Fachabteilung freue ich mich täglich über unsere Porto-Ersparnis.“ Wechseln Sie jetzt zum überzeugenden Angebot! Vertrauen Sie Postcon Ihre Geschäftspost an: • günstiger Preis • Zuverlässigkeit Fordern Sie noch heute Ihr individuelles Angebot an. 0800 3 533 533 / postcon.de 7 SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS PROLOG Banken und FinTechs: von kleinen, großen und riesigen Fischen Banken+Partner ∙ 5/2015 Die Banken und Sparkassen haben in den vergangenen Jahren gegenüber den sogenannten FinTechs erheblich an Terrain verloren, und zwar auf allen Geschäftsfeldern – von Zahlungsverkehr über Anlageberatung bis hin zur Kreditvergabe. Die Reaktionen der Kreditinstitute sind dabei durchaus unterschiedlich: Vom Ignorieren über Imitieren bis zum Kooperieren und Akquirieren reicht das Handlungsspektrum. Inzwischen ist aber eines klar: FinTechs sind nicht zu unterschätzen. Die neuen Mitbewerber sind nicht nur kleine Fische, die im Notfall von den Banken geschluckt werden können – auch große multinationale Konzerne mischen in diesem Bereich kräftig mit. 8 SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS Wer frisst wen . . . ? Quelle: Pass Consulting Banken Apple, Amazon, Google und Co. Wunden zugefügt.“ FinTechs agieren dabei nicht nur am Rand des klassischen Bankings, sondern auch in den absoluten Kernbereichen (siehe Seite 10). Sie drängen erfolgreich in den Kreditmarkt, sind in der Anlageberatung aktiv und bieten mit ihren Apps den Kunden Services für die private Finanzplanung. Doch während sich die meisten Banken und Sparkassen mit den innovativen Konzepten der kleinen neuen Mitbewerber auseinandersetzen, schielen auch die großen Inter- 9 net- und Technologiekonzerne auf die Finanzbranche. Diese Konzerne verstehen insbesondere die Digital Natives auf einem ganz anderen Niveau als viele Banken. Doch damit nicht genug: Google, Facebook, Apple und Co. verfügen über ein weltweites Netzwerk von Milliarden Kunden, deren Konsumverhalten sie sehr gut einschätzen können. Sie werden dadurch zu Mitbewerbern, die auch den großen Bankenfischen im Finanzteich gefährlich werden können. Dr. Thomas Leims Banken+Partner ∙ 5/2015 „Ohne Banken wäre unser Wirtschafssystem nicht, wie wir es kennen“, diesen Satz aus der Studie „Das FinTech-Universum 2015“ der Pass Consulting Group werden wohl alle Banker unterschreiben. Doch nun schicken sich FinTechs an, diese über Jahrhunderte gewachsene Macht ins Wanken zu bringen. „Sie tummeln sich als kleine Fische im Finanzsektor“, so die Studienautoren. „Doch in den wenigen Jahren ihrer Präsenz haben sie den etablierten Instituten bereits ein paar FinTechs SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS Branchenüberblick FinTechs versus Banken – Banken und FinTechs? Die bis dato auf herkömmlichen Geschäftsmodellen beruhende Finanzwirtschaft ist seit einiger Zeit mit Herausforderungen konfrontiert, mit denen sie so – und vor allem in dieser Geschwindigkeit – nicht gerechnet hatte. Kleine Start-ups, sogenannte FinTechs, nutzen vor allem digitale Möglichkeiten, um Banken und Sparkassen bis in deren Kernkompetenzen hinein Teile ihrer Wertschöpfungskette streitig zu machen. Noch ist nicht ganz klar, wie die Bankenwelt in der näheren und weiteren Zukunft reagieren wird, das heißt, ob Kooperation oder Konkurrenz die Koexistenz von FinTechs und Kreditinstituten bestimmen werden. Eines ist allerdings klar: Die neuen Mitbewerber werden immer wichtiger werden. Die Relevanz der FinTechs steigt und steigt Einschätzung der Bedeutung von FinTechs durch die Banker Angaben in Prozent, Quelle: „Das FinTechs-Universum 2015“, Pass IT-Consulting In 5 bis 10 74 Jahren 50 In 3 bis 5 53 Jahren 41 15 6 Banken+Partner ∙ 5/2015 (eher) nicht relevant Was sind eigentlich FinTechs, was machen sie, was können sie? Sind sie die neuen Wunderkinder der Finanzbranche oder sollte man sie eher als „Digitale Drückerkolonnen“ einschätzen, wie es jüngst Karl Matthäus Schmidt, der Vorstandsvorsitzende der quirin bank, getan hat. Seiner Meinung nach „verlassen sich allzu viele FinTechs allein auf ihr Design, 26 12 24 teils/teils Heute (sehr) relevant den Wohlfühlfaktor und die Attraktivität des Neuen.“ Das reiche aber nicht, um im Finanzsektor dauerhaft erfolgreich zu sein. Auch wenn sicherlich nicht alle FinTechs überleben werden, steigt das Investitionsvolumen in derartige Unternehmen extrem an (siehe Grafik auf Seite 11). Wurden 2008 noch rund eine Milliarde US-Dollar in sol- 10 che Start-ups investiert, waren es 2014 bereits mehr als zwölf Milliarden US-Dollar; den stärksten Anstieg verzeichneten dabei mit 215 Prozent die Investitionen in Europa. Das wirkt sich auch auf die Investments der Kreditinstitute aus. Allein die USamerikanischen Geldhäuser wollten, so das Institut IDC Financial Insights, im Jahr 2015 rund 17 Milliarden Dol- SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS lar in die digitale Transformation investieren. Die Bereiche mit FinTechs-Aktivitäten, sind vielfältig. Das Institut für Vertrieb und Transformationsmanagement (TME) teilt sie in seinem Factbook 2015 „Innovative Geschäftsmodelle im Banking“ in vier Kategorien ein: ubezahlen, uanlegen, u verwalten und ufinanzieren. Bezahlen Anlegen Das Anlegen von Geld, bis vor kurzem eine der Kernkompetenzen von Banken und Sparkassen schlechthin, ist gerade in einer Zeit der Niedrigzinsen in den Fokus der FinTechs geraten, die zu diesem Zweck neue Geschäftsmodelle entwickelt oder aus den USA übernommen haben. Eines dieser alternativen Anlagemodelle ist das Crowdfunding, in Deutschland seit 2011 auf dem Markt. Plattformen geben dabei Kleinanlegern die Möglichkeit, Venture Capital gegen Zinsen für Projekte zur Verfügung zu stellen. Zur Bekanntmachung der Projekte werden Internetplattformen und soziale Netzwerke genutzt. Als Crowdinvesting wird die kommerzielle Variante des Crowdfunding bezeichnet, die sich hauptsächlich mit der Finanzierung von Start-ups beschäftigt. Dabei wird der notwendige Finanzierungsbedarf über viele Privatanleger akquiriert. Das erspart Kleinunternehmen den – nicht selten erfolglosen – Gang zur Bank. Die Vergütung der Anleger erfolgt durch Unternehmens- oder Gewinnbeteiligungen. In Deutschland aktive Crowdfundig-Plattformen sind beispielsweise Seedmatch oder Bergfürst. Europa holt auf Weltweites Investment in FinTechs Angaben in Millionen US-Dollar, Quelle: „The Future of FinTech and Banking“, Accenture Investment 14.000 Deal Volumen 800 Vereinigte Staaten Europa Asien/Pazifik Andere Globales Deal Volumen 12.000 10.000 700 600 500 8.000 400 6.000 300 4.000 200 2.000 0 100 2008 2009 11 2010 2011 2012 2013 2014 0 Banken+Partner ∙ 5/2015 Die FinTechs in dieser Kategorie decken in erster Line den B2CBereich mit Privatkunden ab. Für die Kategorie „Bezahlen“ bedeutet das vor allem, Barrieren zwischen Kunde und Händler abzubauen. Hier fließen zwei Innovationsfelder, autonome Dienstleister und technische Lösungen, zusammen. Technisch wird das „Bezahlen“ via mobile Applikationen (Apps), NearField-Communication (NFC), Dongle-Aufsteckgeräten oder das Nutzen vom QR-Codes erreicht. Wichtigstes FinTech in diesem Bereich ist sicherlich PayPal. Die ehemalige ebay-Tochter ist weltweit in über 190 Ländern aktiv, die europäische Tochter verfügt über eine luxemburger Lizenz als Kreditinstitut und wickelt Online-Überweisungen über das jeweilige PayPal-Konto des Kunden ab. Zudem ermöglicht PayPal mobile Payment über eine App sowie Facebook-Überweisungen. Viele Unternehmen, etwa Google Wallet, bedienen sich der NFC-Technik, die eine drahtlose Übertragung von Daten in einem Bereich von bis zu vier Zentimetern ermöglicht. Eine andere Lösung sind aufsteckbare Kartenchip-Lesegeräte, sogenannte Dongles, die ein Smartphone in ein modernes Kassenterminal verwandeln. Sie ermöglichen speziell kleineren Händlern die Teilnahme am mobilen Zahlungsverkehr. Ein Beispiel dafür ist iZettle. Auch biometrische Verfahren wie das Bezahlen per Fingerabdruck, QRScans, Person-to-Person-Geldtransfer via Mobiltelefon und digitale Währungen haben inzwischen die Marktreife erreicht. SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS Doch auch die klassische Geldanlage in Aktien und Anleihen hat bereits ihren Niederschlag in FinTechs gefunden. Dabei nutzen Anleger Internetplattformen, um den Umgang mit Finanzprodukten zu erlernen und erfolgreiche Anleger zu kopieren. Eine der bekanntesten Plattformen ist wikifolio.com, bei der private Trader und professionelle Vermögensverwalter Portfolios anlegen, die dann von den Nutzern nachgebildet werden können. Inzwischen gibt es die Möglichkeit, Zertifikate auf die Portfolios zu erwerben. Diese werden exklusiv bei der Börse Stuttgart gelistet. Weitere Kooperationspartner sind der S-Broker, Comdirect oder die Consorsbank. Banken+Partner ∙ 5/2015 Verwalten Online Banking in Verbindung mit einem Girokonto gehört mittlerweile zum Standard und ist in Deutschland noch ein weitestgehend weißer Fleck auf der Landkarte der FinTechs. Doch auch hier entdecken sie neue Geschäftsmodelle. Dazu gehört zum Beispiel die digitale Informationsverwaltung des Personal Finance Management (PFM). Es unterstützt Kunden bei der privaten Finanzplanung und wertet Kontoumsätze in Echtzeit grafisch aus. Bei offenen PFM-Tools ist es sogar möglich, den Zugriff auf Konten bei mehreren Banken zu ermöglichen. Geschlossene Tools unterstützen hingegen nur Bankkonten einer Bank. Ihr Vorteil: Die Kreditinstitute behalten die Datenhoheit und können ihren Kunden spezifische Produktangebote machen. „Durch die Integration der innovativen Tools unterschiedlicher WhiteLabel-Anbieter wird die Zufriedenheit des Kunden gesteigert und die Kundenbindung an die Bank erhöht“, bewertet Gregor Puchalla, Geschäftsführer von FintechStars, im Vorwort des Reports „Digitale Transformation in der Bankenbranche – Personal Finance Management revolutionieren das digitale Banking“ die Vorteile eines PMF. „In Zeiten wachsender Wechselbereitschaft von Bankkunden schaffen Banken und FinTechs in der Kooperation somit einen echten Mehrwert für alle Stakeholder.“ Finanzieren Zum Wachstumsmarkt von FinTechs zählen auch Plattformen, die Privatleute als Kreditsuchende und Kreditgeber miteinander in Verbindung bringen. Die TME-Studie stellt neben Diskretion und Schnelligkeit auch die günstigen Transaktionskosten und die Geschwindigkeit des webbasierten Kreditvergabeprozesses heraus. Nach Gründungen in Großbritannien 2005 agieren seit 2006 auch in den USA und Deutschland entsprechende Plattformen. Nachdem der Fokus anfangs auf dem Privatkundenbereich lag, wird das Modell immer häufiger auch auf Geschäftskredite ausgeweitet. Beispiele dafür sind Auxmoney, das Kredite von Privatpersonen an Privatpersonen vermittelt, Smava, das sowohl als Online-Vergleichsportal für Ratenkredite fungiert als auch Kredite von Kleininvestoren an Privatpersonen vergibt, und Zencap, das Darlehen von privaten Investoren an kleine und mittlere Unternehmen vermittelt. FinTechs und Banken im Wettbewerb „FinTechs sind die Profiteure der Nachwirkungen der Bankenkrise und dem damit verbundenen Misstrauen gegen das Finanz-Establishment“, nennt die Studie „Das FinTech-Universum 2015“ der Unternehmensberatung Pass ITConsulting einen der Hauptgründe 12 für den Erfolg der jungen Unternehmen. Immerhin haben FinTechs das Geschäftsmodell der Banken bereits jetzt empfindlich durcheinandergebracht. Sie haben sich nicht mehr nur in Randzonen des klassischen Banking festgesetzt, sondern drängen erfolgreich in die Kernbereiche der Banken und Sparkassen ein. Allerdings bedeuten hohe Wachstumsraten nicht unbedingt riesige Gewinne. 2014 schloss der P2P-Kredit-Branchenprimus Lending Club mit einem Umsatz von 213,4 Millionen US-Dollar ab. Gegenüber dem Vorjahr, in dem das Unternehmen einen Umsatz von 98 Millionen Dollar erzielte, bedeutet das eine Steigerungsrate von immehin 118 Prozent. Dennoch erzielte Lending Club einen operativen Verlust von 32,9 Millionen US-Dollar. Der Markt für die Angebote der FinTechs ist also vorhanden, die Umsätze wachsen, auch wenn die Profitabilität noch nicht in Reichweite liegt. Attacker und Zulieferer Dennoch sollten Kreditinstitute die neuen Wettbewerber ernst nehmen. „FinTechs sind keine Eintagsfliegen. Sie haben Ideen, die sie in die Lage versetzen, das Finanzdienstleistungsbusiness nachhaltig und sichtbar zu verändern“, betonen die Autoren der Pass-Studie. Doch nicht jedes Startup ist automatisch auch ein Attacker, der eine bereits in ähnlicher Form bestehende Bankenlösung substituiert. Es gibt auch Zulieferer, die für eine Anreicherung eines Bankenprodukts sorgen und damit die Kundenbindung erhöhen (siehe Grafik auf Seite 13). Eine echte Gefahr für die Kreditinstite bestehe eigentlich nur bei Substituten, so die Pass-Studie, oder bei einer wesentlichen Aufwertung der bestehenden Dienstleistung durch einen Mehrwert für den Kun- SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS Substitut versus Anreicherung Deutschland hatBankdienstleistungen noch Potenzialersetzen und ergänzen. Wie FinTech-Services den, die Mehrwerte für den Kunden liefern. Quelle: „Das FinTech-Universum 2015“, Pass IT-Consulting SUBSTITUT Angreifer zu Partnern machen Mobile Payment Realtime Payment KMU-Unternehmenskredite Cash-Online-Payment Payment inklusive Kassensystem Customer-Service-Automatisierung Big-Data-Rating (Substitut für Call-Center-Leistungen) (Substitut klassischer Ratingagenturen) Portfoliomanagement (Kann Bankangebote substitutieren oder anreichern) Video-Legitimierung und Authentifizierung Private Finanzplanung Customer Journey Factoring (Klassische Methoden werden substituiert) Forderungsversteigerung Abrechnungsautomatisierung ANREICHERUNG die Autoren der Pass-Studie. „Beim Mobile Payment droht die Substituierung, wenn Mobile Payment tatsächlich den Markt erschließen kann.“ Das sei dann möglich, wenn die FinTechs einen Mehrwert für das Bezahlen mit dem Smartphone schaffen könnten – beispielsweise wenn es dadurch möglich würde, Wartezeiten in Restaurants zu vermeiden. Beim Kreditgeschäft stehen die Zeichen ebenfalls auf „Gefahr“. Auch hier benötigen kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups nicht unbedingt eine Bank, um eine Finanzierung zu erhalten. Das gilt umso mehr, wenn FinTechs zusätzlich neue, attraktive Kreditprodukte erfin- 13 Banken+Partner ∙ 5/2015 den, den eine Bank bisher nicht oder nicht in dieser Intensität liefert. Das trifft etwa auf den Bereich „Private Finanzplanung“ zu – sofern es sich um Multibanken-fähige Lösungen handelt und das PMF den direkten Kontakt zum Institut ersetzt. Ansonsten sind solche Angebote eine Anreicherung der bestehenden Bankservices. Anders sieht es beim Zahlungsverkehr aus. „Hier können die Banken durch die FinTech-Lösungen um Provisionen gebracht werden, die heute bei jeder bargeldlosen Zahlung am Point of Sale oder im OnlineHandel beim Einsatz von Kredit- und Maestro-Karten anfallen“, warnen Allerdings könnte es den Kreditinstituten auch gelingen, die bisherigen Attacker durch Aufkäufe zu Zulieferern zu machen. Kein Wunder also, dass es bereits einige Banken gibt, die gezielt die Entwicklung von FinTechs unterstützen und so an deren Innovationskraft partizipieren. Ein Beispiel ist die Wüstenrot & Württembergische, die Anfang November gemeinsam mit etventure eine neue Gesellschaft für die Digitalisierung im Finanzmarkt, die W&W Digital, gegründet hat. Auch die Commerzbank betreibt mit dem main inkubator bereits seit einigen Jahren ein Unternehmen, dass FinTechs finanziert (siehe Seite 14). Wie groß das Potenzial der neuen Wettbewerber sein wird, die Finanzbranche tatsächlich nachhaltig zu verändern, wird allerdings erst die Zukunft zeigen. „Letztlich sind es die Kunden, die einer Lösung zu Marktveränderungen verhelfen“, so die Pass-Studie. Nur wenn sie einen deutlichen Mehrwert oder Vorteil für sich ausmachen, würden die Kunden auf die Angebot der jungen Unternehmen setzen. Es zeige sich bereits, dass sie die Angebote annehmen, wenn sie diese als echten Mehrwert empfunden würden und die Konditionen passten. „Das Potenzial, die Märkte nachhaltig zu verändern, den Bankkunden ganz neue und bessere Erlebnisse zu geben oder den Banken eine bessere Kommunikation mit den Kunden zu ermöglichen, ist durch die Angebote der FinTechs vorhanden“, so die Pass-Experten. Nun sei es an den Kunden zu entscheiden. Dr. Thomas Leims SCHWERPUNKTTHEMA | FIN TECHS Interview FinTechs – durch die Bank förderwürdig „If you can‘t beat them, join them“ – nach dieser Devise handelt der main incubator. Die Commerzbank-Tochter stellt seit April 2014 Kapital mit Hebelwirkung für Start-ups zur Verfügung, die innovative Ideen für die Finanzbranche entwickeln. „Banken+Partner“ hat nach den Gründen dafür gefragt. Christian Hoppe Banken+Partner ∙ 5/2015 Founder und Geschäftsführer, main incubator Mit dem main incubator haben Sie Neuland betreten. Was hat Sie beziehungsweise die Commerzbank vor zwei Jahren bewogen, den main incubator zu gründen? Hoppe: Die Commerzbank hat erkannt, dass Innovation der Schlüssel zur digitalen Transformation ist. Der Megatrend der Digitalisierung hat die Geschäftsprozesse in der Bankwelt verändert und wird sie weiter verändern. Vor diesem Hintergrund schafft eine Kooperation mit FinTechs Mehrwert für das Geschäftsmodell der Commerzbank – im Sinne von zeitgemäßen Produkten und Services für die Kunden. Die Commerzbank hat zwar interne Think Tanks, die innovative Ideen entwickeln, sie wollte aber auch das Potenzial der vielen Menschen außerhalb des Konzerns nutzen. Mit dem main incubator, bei Launch im April 2014 der erste FinTech-Inkubator einer Großbank in Kontinentaleuropa, ist sie in der Lage, nicht nur bei den zukünftigen Trends dabei zu sein, sondern sie auch selbst zu setzen. Wir bieten FinTechs in der SeedPhase Kapital mit Hebelwirkung: Zugang zu den Kunden der Commerzbank, Beteiligungskapital, Banking-Know-how und – wenn gewünscht – auch Büro- und IT-Infrastruktur im Gebäude des Inkubators. Gerade im Firmenkundengeschäft ist der Kundenzugang ein Mehrwert für FinTechs, denn die Kundenakquise ist sehr kostenintensiv und aufgrund der fehlenden Reputation der Start-ups nicht ohne Weiteres möglich. Zudem sind die Lösungen bisweilen komplex und decken nur Teile der Wertschöpfungskette ab. Ein weiteres Angebot ist die enge Zusammenarbeit mit einem ExpertenNetzwert, die die Time-to-Market für die Start-ups erheblich verkürzen und die Unsicherheiten rund um die regulatorischen Anforderungen reduzieren kann. Dabei strebt der main incubator bei seinen Investments keine Mehrheiten an. Auch wollen wir keine Exklusivität, denn den FinTechs soll der Zugang zu den Kunden in der gesamten Bankenbranche ermöglicht werden. Wie hat sich Ihre Arbeit seit der Gründung verändert? Was hat sich anders 14 entwickelt, als es damals vorauszusehen war? Hoppe: Zunächst haben wir festgestellt, dass sich bei der Commerzbank in den vergangenen zwei Jahren ein Change Process ergeben hat. Die Offenheit gegenüber Digitalem ist größer geworden. Wir haben außerdem nach der Gründung erkannt, dass eine vernetzte und sich gegenseitig fördernde FinTechSzene in Frankfurt, in der DACH-Region und in Kontinentaleuropa kaum existiert, aber sehr relevant ist. Aus diesem Grund haben wir im Oktober 2014 zur Stärkung des kontinentaleuropäischen FinTech-Ökosystems die Initiative „Between the Towers. FinTechCity-Frankfurt“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, über eine monatliche Event-Reihe in Frankfurt – jeweils am ersten Dienstagabend im Monat – FinTechs, Investoren, Wirtschaft und Wissenschaft zu vernetzen und erstklassig zu informieren. Seither hat sich viel getan: Zahlreiche weitere FinTech Formate zur Stärkung der Szene wurden gestartet und es findet in der Tat ein intensiver Austausch zwischen FinTechs und bereits etablierten Playern am Markt statt. Ein gutes Beispiel hierfür ist figo: Über das Networking bei Between the Towers wurde ein relevanter Investor auf das Geschäftsmodell aufmerksam und die SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS Finanzierungsrunde konnte erfolgreich geschlossen werden. Die FinTechs, die Sie bei deren Gründung unterstützen, bewegen sich alle im Geschäftskundenbereich: Weshalb? Hoppe: Der main incubator ist aus der Mittelstandsbank der Commerzbank heraus geboren mit dem Ziel, Innovationen in die Mittelstandsbank und zu deren Kunden zu bringen. Aus diesem Grund liegt unser Fokus auf BankingInnovationen für den B2B- Bereich und wir arbeiten eng mit allen relevanten Einheiten des Konzerns zusammen. Dies bedeutet aber nicht, dass andere Trends außer Acht gelassen werden. Wir beobachten die Entwicklungen im gesamten FinTech-Bereich sehr genau, begleiten forschungsähnliche Ansätze, haben Interesse an allen Technologien, die das Banking der Zukunft ausmachen, und treiben Company-Building-Themen. Dabei hoffen wir, erste Erfolge bald nennen zu können. Wie viele Anträge auf Gründungshilfe haben Sie bisher gesichtet und geprüft? Wie vielen haben Sie zugestimmt? Hoppe: Wir haben bereits 340 Startups gesichtet und sind bereits als Lead Investor vier strategische Investments eingegangen: in Traxpay, Gini, OptioPay und ByeBuy – alles FinTechs mit einem Mehrwert für die Commerzbank oder deren Kunden. Außerdem haben wir eine Wachstumsfinanzierung im Lead begleitet: in Gini. Die Lösungen unserer FinTechs werden jetzt in der Commerzbank oder als Angebot an deren Kunden implementiert. Wenn Sie FinTechs aus dem Bereich der Finanzwirtschaft unterstützen, finan- zieren Sie dann im Grunde nicht Ihren eigenen systemischen Wettbewerb? Hoppe: Wir gehen ja mit den FinTechs strategische Kooperationen ein und die FinTechs, mit denen wir zusammenarbeiten, suchen diese Kooperation auch ganz konkret. Denn eine Kollaboration lohnt sich für beide Seiten, weil dadurch langjährige Kundenbindung und Vertrauen, Branchen-Know-how, Erfahrungen im Bereich Regulierung und Datensicherheit sowie relevante Infrastrukturen von den FinTechs nicht selbst erbracht oder teuer eingekauft werden müssen. Den Mehrwert, den die FinTechs den Banken bieten könnten, wären beispielsweise ganz spezifische, spitz auf die Kundenbedürfnisse zugeschneiderte, technologiebasierte Dienstleistungen. Vertrauen und Modernität könnten so eine sehr gute Symbiose bilden. Dr. Thomas Leims Ich bin ein Cyber Defender! ... weil ich beim Datenschutz in der E-Mail- Kommunikation keine Kompromisse eingehe. Sebastian Buchholz, Consultant GBS Services www.gbs.com SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS Expertenmeinung Banken-Tradition versus FinTech-Innovation FinTechs fungieren in der heutigen Finanzbranche sowohl als Wettbewerber von Banken als auch als deren Zulieferer. Wie wird sich das Verhältnis dieser heute noch eher als Konkurrenten angesehenen Gruppen in der näheren und weiteren Zukunft entwickeln? Wie sollen die Banken in diesem neuen Umfeld reagieren? Das wollte „Banken+Partner“ von zwei Branchenexperten wissen. Wenige Themen bewegen die Finanzwirtschaft im Augenblick mehr als das Aufkommen neuer Wettbewerber. Sind FinTechs ein bleibender Trend oder lediglich ein Hype? Hübner: Sicherlich werden viele der heutigen FinTech-Unternehmen in den kommenden Jahren wieder verschwinden, zumal es mittlerweile zahlreiche Nachahmer ohne klare Differenzierung gibt. Aber die innovativen Ideen, insbesondere die echten Problemlösungen aus Kundensicht, werden sicherlich bleiben. Insofern ist es für Banken keine Option, das Phänomen einfach auszusitzen. Zudem ist ja nicht gesagt, dass es bei den kleinen Start-ups als Wettbewerber bleiben wird. Wenn die großen Technologieunternehmen eines Tages ihren Fokus stärker auf Finanzdienstleistungen richten, entsteht ein deutlich härterer Wettbewerb. Banken+Partner ∙ 5/2015 Paxmann: Beides. Für einen Hype spricht die stark gewachsene Anzahl der FinTechs. Mittlerweile sind mehr als 900 digitale Geschäftsmodelle im Bereich Finance auf dem Markt, die wir in den vergangenen zwölf Monaten analysiert haben. Viele FinTechs wurden zudem deutlich überbewertet. Doch dieser Bewertungshype lässt allmählich nach. Wir gehen davon aus, dass sich der Markt schon ab 2017 deutlich konsolidieren wird. Was allerdings bleiben wird, sind die Themen, die durch die neuen Start-ups aufgesetzt wurden: Mobile Payments, digitales Brokerage und so weiter. Hier sehen wir ganz klar einen anhaltenden Trend, der sich nicht mehr aufhalten lässt. Fast alle Experten tadeln die traditionellen Kreditinstitute für ihre Zurückhaltung bei der Kooperation mit FinTechs, obwohl diese als innovativ und kundenorientiert gelten. Wie kommt das? Paxmann: Das liegt vor allem an der unterschiedlichen Mentalität der Kooperationspartner. Kreditinstitute agieren vorsichtig, unterliegen den Vorgaben der Aufsichtsbehörden und bringen historisch gewachsene IT-Strukturen mit, die oft nur langfristige Lösungen zulassen. FinTechs arbeiten dagegen mit hochmodernen IT-Systemen, sind agiler und akzeptieren auch Beta- Hübner: In Banken und Sparkassen herrscht nach wie vor eine geringe Fehlertoleranz. Oder anders ausgedrückt: Im Bankensektor sollen alle neuen Produkte und Lösungen bereits zu 100 Prozent bewährt sein. Das ist angesichts der gestiegenen regulatorischen Anforderungen ein Stück weit nachvollziehbar. Noch viel stärker scheint es aber ein kultu- 16 SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS Stephan Paxmann Matthias Hübner Vorstand, TME Partner, Oliver Wyman Lösungen. Dieser Clash of Cultures macht das Miteinander nicht immer ganz einfach. Dazu kommt, dass es zwar viele FinTechAnbieter gibt, aber nicht viele Geschäftsmodelle, die nachhaltig sind und auf ganzer Linie überzeugen. Die Banken prüfen deshalb genau, welche Kooperationen einen echten Mehrwert stiften. relles Phänomen zu sein. Starre Organisationen und Beharrungskräfte verhindern vielfach echte Weiterentwicklung. Hier kann man die Banken nur zu mehr Offenheit ermuntern, durchaus auch im Sinne von „Versuch und Irrtum“. Nur so können sie von den FinTechs lernen. Welche Dienstleistungen sind derzeit besonders im Fokus der FinTechs? Paxmann: Auf dem Vormarsch ist zum Beispiel die digitale Vermögensverwaltung. Robo Advisors erstellen dabei automatisierte Anlageempfehlungen für private Kunden und gehen so weit wie möglich auf deren Profil ein. In den USA gibt es schon einige etablierte Anbieter wie Betterment oder Wealthfront. In Deutschland ist der Markt noch relativ neu, aber Anbieter wie Vaamo oder Easyfolio locken immer mehr Kunden an. Auch Großbanken springen allmählich auf den Zug auf, zum Beispiel die Deutsche Bank. Viel Dynamik gibt es außerdem im Mobile Payment und vor allem im Crowdlending, das durch FinTechs wie Lendico, Iwoca oder Auxmoney stark gepusht wird. Hübner: Vor allem in Kontinentaleuropa und Deutschland sehen wir nach wie vor einen starken Fokus auf dem Retailbanking und auf B2C-Angeboten, die sich direkt an Endkunden richten. Inhaltlich sind die Angebote allerdings durchaus ein breiter Mix von innovativen Kontenmodellen über Zahlungsverkehr und neue Kreditarten bis hin zu digitaler Anlageberatung. Nachholbedarf ist noch bei Anwendungen im Firmenkundengeschäft und Investmentbanking zu erkennen. Zudem ist damit zu rechnen, dass wir künftig auch mehr B2B-Modelle sehen werden, weil vielen FinTechs die Skalierung ihrer Lösungen alleine schwerfällt. Hübner: Die Frage enthält schon die Antwort: Die Banken sollten agieren. Den Königsweg zur genauen Ausgestaltung gibt es dabei sicherlich nicht. Manche Häuser haben eigene Inkubatoren gegründet, andere integrieren FinTechs direkt in ihr Geschäftsmodell. Letztendlich ist das eine Abwägungsent- Paxmann: Der erste Schritt muss darin bestehen, eine digitale Agenda zu formulieren. Sie dient der Bank als Leitfaden, wie in Zukunft agiert werden soll. Nicht jedes Geldhaus muss komplett digital oder mobil aktiv sein. Nicht jedes FinTech ist ein Heilsbringer. Ob eine lose oder exklusive Kooperation, eine 17 Banken+Partner ∙ 5/2015 Wie sollten Ihrer Meinung nach die Banken agieren? SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS scheidung, auch unter Berücksichtigung der eigenen Unternehmenskultur. Jedenfalls sollten Banken und Sparkassen den FinTechs, mit denen sie kooperieren, auch genügend Freiheitsgrade einräumen, um ihren innovativen Geist zu bewahren. Banken brauchen eine klare Strategie im Umgang mit FinTechs: Was versprechen wir uns von einer Kooperation? Wer hat den Kundenzugang? Und wie sieht die Verteilung von Erträgen und Kosten aus? Beteiligung oder eine Übernahme sinnvoll sind, hängt unter anderem von der eigenen Sourcingstrategie ab. Einige größere Kreditinstitute setzen auch auf Venture Capital oder fördern Start-ups im Rahmen von Inkubatorprojekten, wie es beispielsweise in Großbritannien üblich ist. Um zu klären, wie die eigene Digitalisierungsstrategie aussehen soll, empfiehlt es sich, auf Vorstandsebene einen CDO, einen Chief Digital Officer, zu etablieren und gemeinsam zu klären, was gewollt und machbar ist. Sollten die FinTechs künftig stärker reguliert werden? Hübner: Letztendlich sollte ein regulatorisches „Level Playing Field“ herrschen, das heißt, per se sind FinTechs weder stärker noch weniger stark zu regulieren als Banken. Die Regulatoren werden sich sehr genau ansehen, um welche Art von (Bank-) Dienstleistungen es sich im Einzelfall handelt, und dann entsprechende Vorschriften erlassen beziehungsweise bestehende anwenden. Sicherlich ist es nicht tolerierbar, dass manche FinTechs dauerhaft unter dem regulatorischen Radar durchsegeln. Kooperationen mit Banken als Plattform-Anbieter und Lizenzgeber mögen formal korrekt sein, dürften aber langfristig aus Kundensicht nicht als hinreichend angesehen werden. Paxmann: Ein klares „Jein“. Wegen der geringeren Regulation sind viele der neuen digitalen Geschäftsmodelle überhaupt erst entstanden. Diesen Kreativprozess durch zu viele Einschränkungen zu unterbinden, wäre kontraproduktiv. Auf der anderen Seite macht Regulation die Finanzgeschäfte für die Kunden sicherer. In diesem Sinne sind regulatorische Vorgaben im Banking unerlässlich und müssten auch für FinTechs gelten, die in diesem Bereich aktiv sind. Zielgerichtet wäre meiner Meinung nach eine Regulierung auf dem Level Playing Field, also Vorgaben für die neuen Finanzdienstleistungen und nicht für Anbietergruppen. Banken+Partner ∙ 5/2015 Wagen Sie bitte eine Prognose: Wie wird sich die Branche in den kommenden fünf Jahren entwickeln? Hübner: Die deutsche Bankbranche wird sich auch weiterhin mit rückläufigen Erträgen konfrontiert sehen, was für einige Häuser zwangsläufig Fragen nach der eigenen Wertschöpfungstiefe beziehungsweise in manchen Fällen auch Konsolidierung aufwirft. Insbesondere sollten sich Banken über ihre eigene Kernkompetenz klar werden und diese in Zukunft stärker betonen. Liegt die Kernkompetenz in langjährigen und vertrauensvollen Kundenbeziehungen, so muss die Bank oder Sparkasse nicht zwangsläufig alle Produkte, die sie anbietet und vertreibt, selbst herstellen, sondern kann diese zum Beispiel von anderen Kreditinstituten oder FinTechs hinzukaufen. Eine Praxis, die im Bereich der Anlageprodukte ja bereits üblich ist. Umgekehrt wird es auch immer mehr Institute geben, die künftig als reine Produkthersteller fungieren und sich externer Vertriebskanäle für ihre Angebote bedienen. Die Fragen stellte Dr. Thomas Leims Paxmann: Digital Banking wird für den Bankkunden zum Alltag gehören. Aber die Anzahl der FinTechs wird sich bis 2020 deutlich reduzieren. Wir gehen davon aus, dass bis dahin nicht mehr als ein Viertel der aktuellen Geschäftsmodelle noch auf dem Markt sein wird. Die verbleibenden Anbieter werden mit den Banken auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Gerade bei mittelständischen Geldhäusern wird der Bedarf massiv wachsen, mit FinTechs oder Digital Communities zusammenzuarbeiten, da sie selbst eine Entwicklung aus Kosten- und Zeitgründen gar nicht stemmen können. Die großen Banken werden dagegen versuchen, den digitalen Umbau im Alleingang zu schultern. Schon jetzt investieren viele in die Erneuerung ihrer IT-Strukturen. Auch die Bankfilialen werden 2020 eine andere Funktion erfüllen. Sie werden noch stärker in die Digitalisierung eingebunden sein. Berater wird es vor Ort weniger geben, Digital Banking wird als Self Service und Videoberatung für Spezialthemen angeboten. 18 UNTERNEHMEN Geschäftsmodelle Retail-Bank mit klarem Digitalfokus Kaum eine Branche steht in den kommenden Jahren vor einem so grundlegenden Wandel wie die Finanzindustrie. Neben den regulatorischen Änderungen sind es insbesondere technologische Innovationen, die das Potenzial haben, die Finanzbranche zu revolutionieren und die Karten im Anbietermarkt neu zu mischen. Die Digitalisierung bricht alte Strukturen auf und lockt zugleich neue Anbieter, die sich auf Finanztechnologie spezialisiert haben – sogenannte FinTechs –, an. Während manche noch vor den neuen Herausforderern und Herausforderungen des digitalen Zeitalters zurückschrecken, hat sich die Wüstenrot Bank frühzeitig entschieden, voll auf die digitale Karte zu setzen und bewusst die Zusammenarbeit zu FinTechs gesucht. vertrauten Ansprechpartner vor Ort geschätzt. Aus Unternehmenssicht mündet diese Zufriedenheit in einer hohen Abschlussquote. In den bisher geführten Video-Beratungen endeten über 44 Prozent unmittelbar in einem Geschäftsabschluss. Neuer Internetauftritt – „Verkaufsraum“ und digitale Serviceplattform Ein weiterer wesentlicher Schritt auf der digitalen Reise der Wüstenrot Bank war der unlängst erfolgte Relaunch des Internetauftritts unter www.wuestenrotdirect.de. Er wurde für mobile Endgeräte optimiert und im „look and feel“ deutlich verbessert. Die Kunden der Wüstenrot Bank erhalten damit einen schnellen, bedarfsgerechten Zugang zu allen online abschließbaren Produkten des W&W Konzerns in einem frischen und modernen Umfeld. Zugleich bietet der neue Internetauftritt den Rahmen für eine Vielzahl von neuen digitalen Services, die – ebenso wie beispielsweise das Produktangebot – den Unterschied zwischen einer Bank alten Zuschnitts und einer kundenfokussierten Digi- 19 talbank mit hohem Zukunftspotenzial ausmachen können. So hat die Wüstenrot Bank dort bereits jetzt einen Online-Kontowechsel, der in Zusammenarbeit mit der Fino GmbH entwickelt wurde, etabliert. In nur drei Schritten können Zahlungspartner informiert, Lastschriftaufträge geändert, Daueraufträge im OnlineBanking erfasst und die Kündigung der bisherigen Kontoverbindung vorbereitet werden. Auch der Kundenservice wurde auf mobile Füße gestellt. Über die App Smoope können Kunden über das Smartphone, egal zu welcher Zeit und ganz gleich, wo sie sich gerade befinden, Kontakt mit der Wüstenrot Bank aufnehmen. Ganz so, wie sie es im privaten Bereich mit Messengern wie WhatsApp auch tun. Kontakt Wüstenrot Bank AG Wüstenrotstraße 1 71638 Ludwigsburg Internet: www.wuestenrotdirect.de Banken+Partner ∙ 5/2015 Die Wüstenrot Bank zählt heute zu den Pionieren beim Einsatz von neuen digitalen Techniken. Als eine der ersten Banken in Deutschland startete sie im Januar 2015 die Videolegitimation bei der Kontoeröffnung. Das geschieht in Zusammenarbeit mit dem Partner Web-ID-Solution. Sehr schnell war dieser Service nicht nur bei den jungen, technik-affinen Kunden, sondern überwiegend bei den 40 bis 60 Jährigen etabliert. Auch aufgrund dieser positiven Erfahrungen zweifelt heute kaum ein Experte mehr daran, dass Video schon in naher Zukunft eine der Schlüsseltechnologien in der digitalen Transformation von Banken ist. Daher geht die Wüstenrot Bank beim Thema Video noch einen Schritt weiter und hat das Medium mittlerweile auch in ihren Beratungsund Verkaufsprozessen eingeführt. In einem ersten Schritt nutzt die Wüstenrot Bank die Videotechnologie seit einigen Monaten als Beratungsins trument im Investmentgeschäft – und dies bereits überaus erfolgreich. Von den Kunden wird insbesondere die Kombination aus dem Spezialwissen des Videoberaters bei gleichzeitiger Betreuung durch den INKASSO „Die Herkunft der Daten belegen“ „Daten – Schatz und Schutz“, so lautete das Thema einer Podiumsdiskussion bei der diesjährigen Heidelberger Fachtagung von Altor. Die Diskussionsteilnehmer waren sich dabei einig: Um den Datenschatz zu heben, ist ein kluger Umgang mit dem Datenschutz nötig. nen wir abwägen, wie wir weiter vorgehen. Unser Ziel ist es ja immer, einen effektiven und dennoch kostengünstigen Weg zu finden, die Forderung doch noch durchzusetzen. Bieber: Damit ersparen wir ja auch dem Schuldner zusätzliche Kosten. Gibt es beispielsweise eine Ratenzahlungsvereinbarung, dann ist eine Titulierung der Forderung oft nicht notwendig. Die benötigen wir häufig nur, um eine Verjährung zu verhindern. Banken+Partner ∙ 5/2015 Die geplante EU-Datenschutz-Grundverordnung soll die Verarbeitung von personenbezogenen Daten EU-weit vereinheitlichen. Welche Daten darf ein Gläubiger dann noch erheben? Berg: Unklar ist, welche Daten der Gläubiger im Fall von Zahlungsstörungen noch weitergeben darf. Die damit verbundenen Schlagworte lauten „Berechtigtes Interesse“ und „Zweckbindung“. Die Datenweitergabe an Inkassounternehmen ist in der Verordnung leider nicht klar geregelt. Wir befürchten Rechtsunsicherheit, auch wenn Inkasso selbst natürlich weiterhin möglich bleiben wird. Goebel: Zumal Verbraucherschutz ja nicht unbedingt mit Schuldnerschutz gleichzusetzen ist. Denn die meisten Unternehmen legen die Kosten des Forderungsausfalls auf ihre Preise um – und damit zahlen die anderen Kunden für die Ausfälle. Weniger Forderungsausfall führt daher zu mehr Verbraucherschutz. Nun wird immer wieder die Bedeutung des Datenschutzes betont – und dennoch sind viele Menschen sehr nachlässig mit ihren Daten. Wie passt das zusammen? Schuster: Jeder Mensch muss ständig abwägen, welche Daten er von sich preisgibt. Und da entscheiden die meisten nicht mit dem Blick auf das Große und Ganze, sondern haben in erster Linie ein Interesse daran, ihre aktuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Im Übrigen bin ich der Überzeugung, dass beispielsweise Google sehr intelligente Dinge macht und dabei auch alle rechtlichen Vorgaben einhält. Nur sind inzwischen große Internetkonzerne entstanden, auf deren Marktmacht nun mit Regulierung geantwortet wird. Wie kommt man denn überhaupt an die Daten der Kunden? Bieber: Ganz wichtig sind die Telefonate mit den Schuldnern mit dem Ziel, eine für ihn machbare Zahlungsvereinbarung zu treffen und Daten zu verifizieren oder zu ergänzen. Dabei begegnen wir dem Schuldner stets fair und auf Augenhöhe. Die zusätzlichen Informationen werden nur dann verwendet, wenn der Schuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Milcic: Wenn es in die Vollstreckung geht, sind für uns alle diese gespeicherten Informationen wichtig. Denn dann kön- Führt Regulierung zu mehr Klarheit? Thomas: Nicht unbedingt. Denn teilweise können sich Widersprüche aus der Anwendung verschiedener Vorschriften ergeben. Ein Beispiel dafür ist das Geldwäschegesetz. Um den 20 INKASSO Diskussionsteilnehmer (v.l.): Kay Uwe Berg, Moderator der Podiumsdiskussion und Hauptgeschäftsführer, Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen; Gabriele Bieber, Bereichsleitung Customer & Operation Services, Altor Gruppe; Frank-Michael Goebel, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Koblenz; Marija Milcic, Bereichsleitung Legal Collection, Altor Gruppe; Dr. Dirk Thiel, Geschäftsführer, GBB-Rating Gesellschaft für Bonitätsbeurteilung; Marion Thomas, Leiterin Compliance & Datenschutzbeauftragte, Altor Gruppe; Prof. Dr. Herbert Schuster, Geschäftsführer, Innoplexia und Professor an der SRH Hochschule Heidelberg. Anforderungen gerecht zu werden, müssen sehr viele Daten erhoben werden. Diese Datenerhebung kann im Widerspruch zum Grundsatz der Datensparsamkeit stehen. Thiel: Hinzu kommt, dass der Datenschutz der Realität häufig hinterherläuft. Cyberkriminelle, die Daten stehlen oder ihre Identität verbergen, um zu betrügen, sind den rechtlichen Regelungen häufig um Längen voraus. Schuster: Das führt dann zu schnellen Reaktionen der Politik und zu Widersprüchen zwischen den einzelnen Regelungen. Diese liegen nämlich auch häufig daran, dass derzeit viele Regulierungen stattfinden, weil die Politik damit auf Missstände und Skandale reagiert. Die Geschwindigkeit im Gesetzgebungsprozess hat sehr stark zugenommen und das geht dann häufig zu Lasten der Einheitlichkeit der Regelungen. Wie haben sich die Kommunikation mit und die Kommunikationskanäle zu den Schuldnern in den vergangenen Jahren verändert? Milcic: Die Kommunikation ist sehr viel intensiver geworden. Gerade der telefonische Kontakt wird immer wichtiger. Wir profitieren dabei vom persönlichen Gespräch. So ist es beispielsweise deutlich einfacher, Informationen während eines Telefongesprächs zu erhalten als durch eine schriftliche Anfrage. Goebel: Die Frage ist, welche Kommunikationswege der Schuldner und welche der Rechtsdienstleister nutzt beziehungsweise nutzen will. Eröffnet der Schuldner einen bestimmten Kommunikationsweg wie Telefon oder E-Mail durch Angabe der Nummer oder Adresse, muss der Rechtsdienstleister auch berechtigt sein, auf diesem Wege zu antworten. Das will der Schuldner regelmäßig auch. So werden Medienbrüche vermieden sowie Zeit und Aufwand erspart. Nur wenn der Rechtsdienstleister die Kommunikationsdaten weder vom Schuldner noch aus öffentlichen Quellen 21 hat, darf der allgemeine Datenschutz der Verwendung entgegenstehen. Berg: Tatsächlich kommt es durch die zunehmende Regulierung zu einer immer stärkeren Verrechtlichung der Kommunikation. Dadurch werden wir häufig massiv eingeschränkt. Welche Wege möchten die Schuldner denn gerne nutzen? Thomas: An erster Stelle steht hier sicherlich die E-Mail. Viele Schuldner möchten damit schnell und unkompliziert mit uns kommunizieren. Das ist unter bestimmten Voraussetzungen auch möglich. Wesentlich ist zunächst die ausdrückliche und dokumentierte Einwilligung des Schuldners. Außerdem ist darauf zu achten, dass Dokumente nicht unverschlüsselt verschickt werden. Ein weiterer Kommunikationsweg ist die SMS. Jedoch ist bei jedem Kommunikationsweg darauf zu achten, was über diesen Kanal verschickt werden soll. Schuster: Zumal man auch nicht alle Kommunikationswege auf einmal umsetzen kann. Jeder Kanal hat andere Anforderungen an die Art der Kommunikation und die Antwortzeit. Ein App Messenger erfordert beispielsweise eine sofortige Antwort. Bei der E-Mail wird hingegen eine langsamere Reaktionszeit akzeptiert. Es ist daher gut, erst einmal damit anzufangen. Margaretha Hamm Banken+Partner ∙ 5/2015 Bei allem Interesse an der Regulierung ihrer Forderung ist es für die meisten Gläubiger auch sehr wichtig, dass ihre Reputation durch den Umgang mit den Kunden nicht leidet. Wie kann man solche Risiken vermeiden? Thiel: Reputationsrisiken entstehen in der Regel nicht bei der Datenerhebung, sondern meist erst dann, wenn eine Forderung durchgesetzt werden soll. Dann werden die Angaben des Gläubigers angezweifelt und sein Umgang mit den Schuldnern gerügt. Deshalb müssen Ratingagenturen wie wir und Inkassounternehmen so arbeiten, dass sie nicht angreifbar sind. Wir müssen belegen können, woher wir die Daten haben und wie wir sie nutzen. FIRMENKUNDENGESCHÄFT „Die Banken müssen sich stärker spezialisieren“ Ein Tischgespräch von COIN MEDIEN mit Chefredakteurin Magaretha Hamm. Die Finanzkrise hat die Veränderungen im Firmenkundengeschäft massiv beschleunigt: Regulierung, Kostendruck und gestiegene Kundenansprüche erfordern bei den Banken und Sparkassen opti mierte Prozesse und mehr Effizienz. Das ist dauerhaft nur möglich, wenn sich die Institute stärker spezialisieren, so die Teilnehmer einer Diskussionsrunde von „Banken+Partner“. Tempsch: Die Finanzkrise war allerdings nur der Beschleu niger einer Entwicklung, die schon sehr viel früher begann. Wir haben natürlich schon vorher auf die Profitabilität unsere Kun den geachtet, doch mit der Finanzkrise kam zusätzlich die Frage auf, ob und in welchem Ausmaß wir den Kunden die nunmehr knappe Liquidiät zu Verfügung stellen – das hat die Bedeutung der Profitabilität der Kundenbeziehung wesentlich erhöht. Ähn lich sieht es mit der Frage nach der Risikotragfähigkeit des Geschäftsmodells oder dem Potenzial für Cross Selling aus. Das alles hat sich verschärft und wurde auf einen neuen Level gehoben, den wir nur noch partiell senken werden können. Foto: Christian Husar Banken+Partner ∙ 5/2015 Wie haben sich die Anforderungen ans Firmenkundengeschäft in den vergangenen Jahren geändert? Nowak: Es gab sehr viele Faktoren, die das Firmenkun dengeschäft beeinflusst haben, und das hat deutliche Verän derungen mit sich gebracht. Das begann mit der Finanzkrise, die zu regulatorischen Änderungen, zur Niedrigzinsphase und geringem Wirtschaftswachstum geführt hat. Gleichzeitig sind die Anforderungen der Kunden größer geworden. Sie erwarten mehr Transparenz und mehr Schnelligkeit – und was uns als gesamte Branche trifft, ist der Vertrauensverlust in die Kredit institute. Gesprächsteilnehmer Rosar, Mayr, Tempsch, Aigner, Thiel, Auer, Strasser, Nowak (v.l.): Die Kunden überlegen inzwischen sehr genau, mit welchem Haus sie zusammenarbeiten wollen. 22 FIRMENKUNDENGESCHÄFT sagen die Verbesserung der operativen Unternehmenssteuerung. Aigner: Alles, was Sie über die Aufga ben, vor denen die Banken im Kommerz kundengeschäft stehen, gesagt haben, ist absolut richtig. Die gute Nachricht ist allerdings, dass die Kunden mit ihren Instituten nach wie vor recht zufrie den bis sehr zufrieden sind. Und auch die Weiterempfehlungsbereitschaft ist immer noch eine relativ große – das zei gen jedenfalls unsere Befragungen. Allerdings – und das wird immer häu figer angemerkt – fokussieren die Kredi tinstitute bei ihrem Produktangebot für Kommerzkunden sehr stark auf die Kre ditfinanzierung und auch in der Beratung wird in erster Linie darauf eingegangen. Alternative Angebote wie zum Beispiel Leasing, Factoring oder Förderungen sind meist Mangelware. Thiel: Veränderungen innerhalb der Produktpalette des Kreditgeschäfts gibt es aber durchaus. Der Margendruck im Kreditgeschäft und vor allem die Regu latorik führen beispielsweise dazu, dass strukturierte Finanzierungen zunehmen. Das sehen wir zumindest bei unseren Kunden in Deutschland. Konsortialge schäfte werden wichtiger im Vergleich zu bilateralen Engagements, da dadurch Ausstiegskanäle für die Banken entste hen, über die die Risikoaktiva reduziert werden können, ohne die Stammkund schaft zu verlieren. Gerade kleineren Banken, die vielleicht kein großes Fir menkundengeschäft betreiben, bieten Konsortialgeschäfte dagegen die Mög lichkeit, sich in Investments einzukau fen, die zur eigenen Strategie passen. Auer: Das ist ein interessanter Ansatz, denn das Thema Portfoliosteue rung im Firmenkundengeschäft gewinnt an Bedeutung. Das darf jedoch nicht zu Lasten der Kundenbeziehung gehen. Einerseits ist es wichtig, dass die Bank einen Blick für das Gesamtportfolio hat und weiß, wo sie hin will. Andererseits ist das Firmenkundengeschäft immer 23 Dr. Barbara Aigner Geschäftsführerin, emotion banking Herbert Auer Vertriebsdirektor, Kommerzkunden Österreich, BAWAG P.S.K. Christoph Mayr New Business Development Germany, Austria, Misys Dr. Andreas Strasser Leiter Firmenkunden & Strukturierte Finanzierungen, Hypo NOE Gruppe Bank noch ein Business zwischen Menschen, das auch so gelebt werden soll. Ein wichtiger Aspekt ist dabei auch die Preisfindung und -transparenz, und zwar sowohl nach Innen für die Portfo liosteuerung, als auch nach Außen zum Kunden. Wer mit großen Firmenkunden zu tun hat weiß, dass die Kalkulation heute durchaus eine offene Diskussion mit dem Kunden verlangt. Die Kunden wollen die Preisbestandteile wissen und welchen Einfluss sie selbst auf die Preis findung haben können. Strasser: Die Kunden schauen tat sächlich inzwischen sehr genau darauf, mit welchem Institut sie zusammenar beiten. Dabei geht es allerdings nicht alleine um den Preis, sondern auch um Kontinuität. Es geht darum, dass die Banken+Partner ∙ 5/2015 Rosar: Allerdings haben wir in den vergangenen Jahren immer mehr Effizi enz verloren. Alle Verbesserungen, die wir erzielt haben, verlieren wir durch zusätzliche regulatorische Vorschriften wieder. Und das wird sich in Zukunft nicht ändern. Wir müssen in die Umset zung der neuen Reglierung investieren und versuchen, diese Kosten zusätzlich zu erwirtschaften. Die Kunden erwarten dagegen etwas ganz anderes von uns. Sie wollen, dass wir unsere Ankündigungen und Zusagen einhalten – und zwar schnell und unkom pliziert. Daher müssen wir in Zukunft an unseren Prozessen arbeiten und vor allem auch das Zusammenspiel von Markt und Marktfolge deutlich verbes sern. Zwar haben die beiden Bereiche unterschiedliche Aufgaben, doch das gemeinsame Ziel muss es sein, die Kun den zufriedenzustellen und gleichzeitig die regulatorischen Rahmenbedin gungen einzuhalten. Mayr: Dass die Prozesse – und die Software-Architektur – bei den Kredit instituten noch nicht wirklich optimiert sind, sehen wir in vielen unserer Pro jekte. Für einige dieser Prozesse haben wir Lösungen entwickelt. Sie betreffen Fragen der Transparenz, der Regula torik und natürlich der Digitalisierung. Diese Themen betreffen den Kommerz kundenbereich und wir decken sie ab. Allerdings geht es nicht alleine um Soft wareprojekte, sondern auch um die Ver änderung der Prozesse. Wir sehen in den Systemlandschaf ten der Banken zahlreiche Medienbrü che. Unsere Vision ist ein End-to-EndProzess, den wir durchgehend anbieten. Dabei geht es sehr stark um Transpa renz gegenüber dem Kunden – damit dieser weiß, wo sein Anliegen im Augen blick bearbeitet wird. Aber es geht auch um die Transparenz im Institut. Damit alle Beteiligten wissen, wer gerade an welcher Aufgabe arbeitet und wie die Verantwortlichkeiten verteilt sind; sozu FIRMENKUNDENGESCHÄFT Martin Nowak Leiter Firmenkunden Wien/NÖ Nord, Erste Bank Dir. Dipl.-Ing. Martin Rosar Bereichsleiter Großkommerz, Volksbank Wien Herbert Tempsch Deputy Head of Financing & Advisory, UniCredit Bank Austria Banken+Partner ∙ 5/2015 Andreas Thiel Partner, Finbridge Bank in diesem Geschäftsbereich wei terhin tätig ist und die Mitarbeiter nicht zu oft wechseln. Deshalb versuchen wir, einen sehr persönlichen, transparenten Ansatz gegenüber unseren Kunden zu verwirklichen. Wir positionieren uns als Hypo NOE Gruppe ganz bewusst unterhalb der großen Drei in Österreich als starke Regionalbank, die Unterneh men wirklich gut begleitet. Die Kunden müssen das Gefühl haben, dass sich ihre Bank um ihre Bedürfnisse kümmert – und da ist es gut, wenn sie eine feste Person haben, mit der sie ihre Probleme gemeinsam lösen können. Das Thema Digitalisierung wurde von Ihnen bisher nur wenig angesprochen. Im Retailbanking ist es der Megatrend. Welche Rolle wird die Digitalisierung im Firmenkundengeschäft spielen? Strasser: Die Digitalisierung ist natür lich auch aus unserem Geschäft nicht wegzudenken. Doch Digitalisierung ver langt in der Regel nach einem standardi sierten Geschäft, das über Masse funk tioniert. Das reicht im Firmenkundenge schäft allerdings nicht aus. Aus Sicht der Bank – und der Bankerträge – ist im Geschäft mit den Firmenkunden zusätz lich ein individueller Ansatz notwendig. Viele Bereiche sind dabei nicht wirklich automatisierbar. Wir bewegen uns bei spielsweise sehr stark im Bereich mit telständischer Managament-Buy-outs oder -Buy-ins. Das ist sehr komplex und die Lösungen müssen individuell mit den Kunden entwickelt und umgesetzt wer den. Nowak: Allerdings ist Firmenkunde ja nicht gleich Firmenkunde. Gerade im Klein-Kommerzgeschäft wird man um eine deutlich größere Standardisierung nicht herumkommen. Das ist vielleicht schmerzhaft für die Kunden oder die Kundenbetreuer, weil diese häufig noch aus einer anderen Welt kommen. Des halb gibt es in den Instituten ja auch noch Widerstände gegen standardisier te Lösungen. Für unser Haus ist aller dings vollkommen klar, dass wir zu viel 24 mehr Standardisierung kommen müs sen. Dennoch darf der Kunde nicht das Gefühl haben, er sei nur eine Nummer. Im Kundenkontakt zählt natürlich weiter hin die menschliche Komponente, aber die Beratung mündet in einen standar disierten Prozess und dieser bringt letzt endlich auch dem Kunden eine höhere Qualität. Tempsch: Standardisierung hängt allerdings nicht nur mit der Größe der Kunden zusammen, sondern auch mit den jeweiligen Angeboten. Bei einzelnen Produkten – beispielsweise im Zahlungs verkehr oder im Dokumentengeschäft – ist es ein klarer Wettbewerbsvorteil, wenn die Prozesse hoch standardisiert sind. Denn dabei geht es um Schnel ligkeit und Qualität zu akzeptabelen Kosten. Gleichzeitig kann dadurch auch die Kundenbindung erhöht werden, weil die Systeme des Kunden mit unseren verflochten werden – und da fällt ein Wechsel dann relativ schwer. Wenn allerdings die Regulatorik 80 bis 90 Prozent des IT-Budgets weg frisst, dann ist es nicht mehr die Frage, ob die Kunden automatisierte Prozesse akzeptieren, sondern es fehlen schlicht und ergreifend die Mittel, um diese zu entwickeln. Die Prozesse sind oft noch immer suboptimal und müssten verbes sert werden. FIRMENKUNDENGESCHÄFT ken im Firmenkundengeschäft sind. Das zeigt auch die Erwar tungshaltung der Kunden. Wenn sie das Schild einer Bank sehen, haben sie den Anspruch, dass sie dort alle ihre Bedürf nisse erfüllt bekommen – genauso wie bei jeder anderen Bank auch. Ich glaube, daran wird sich, auch im Sinne der Effizienz, etwas ändern. Wir werden künftig unsere Kernkompetenz in bestimmten Segmenten mehr nach außen tragen müssen. Also müssen sich die österreichischen Kreditinstitute im Firmenkundengeschäft künftig sehr viel stärker spezialisieren? Strasser: Davon bin ich überzeugt. Jedes Haus muss sich darüber bewusst sein, dass es Themen gibt, die es selbst nicht adäquat oder gut genug abdecken kann. Auch aus einer Risiko perspektive ist es dann besser, diese Bereiche nicht zu bedie nen. Auer: Das ist dann natürlich ein sehr schmerzhafter Prozess für die betroffenen Mitarbeiter und teilweise für den Kunden. Doch man muss auch den Mut haben zu sagen, was nicht zur Kernkompetenz des Instituts gehört. Tempsch: Es ist tatsächlich die Frage, ob bei einer großen Produktpalette noch jede Bank alle Risiken richtig abschät zen und die gefragte Qualität kosteneffizient vorhalten kann. Manche Banken werden sich daher auf Standardprodukte beschränken und andere Banken stärker fokussiert auftreten müssen oder wollen. Nur sehr große Banken werden noch die heute gewohnte Produktvielfalt anbieten können. Thiel: Es ist allerdings schwierig, die Einsicht, dass nicht mehr alle Produkte angeboten werden können, in den Markt bereich hineinzutragen. Denn die Berater möchten natürlich Umsatz erzielen und schließen auch unrentable Produkte oder Spielarten eines Produktes ab, da ihnen aufgrund fehlender Messbarkeit der Kosten einzelner Produktvarianten oft nicht bewusst ist, ob diese in der Marktfolge nur schwierig abbildbar 25 Banken+Partner ∙ 5/2015 Rosar: Wenn es um Standardlösungen versus individuelle Angebote geht, gibt es noch eine dritte Dimension, die beachtet werden muss. Es geht nicht nur nach Groß- und Kleinkommerz oder Produktart, sondern nach den Ertragsmöglichkeiten der Bank mit den Kunden. Entscheidend ist die Frage, was man mit einem Kunden verdienen kann. Manches Großunternehmen hat für den lokalen Zahlungsverkehr der vor Ort ansässigen Toch terfirma lediglich ein Konto, zahlt den vollen Spesensatz und wickelt nur seinen Zahlungsverkehr ab. In einem solchen Fall ist es entscheidend, dass man dem Kunden vor Ort genau seine Anforderungen erfüllt, um ihn langfristig zu binden. Und genau deshalb ist auch die Bedeutung der Mitarbei ter so groß. Im Kommerzgeschäft hebt man sich weniger über die Marke ab, als über das Persönliche, das RelationshipManagement. Wenn man sich das bewusst macht, kann man trotz standardisierter Prozesse, die man natürlich braucht, die Individualität hervorkehren. Wenn die Kunden merken, dass sie geschätzt werden, dann ist der Preis nicht alleine ausschlag gebend. Mayr: Digitalisierung muss nicht nur Standardisierung bedeuten. Es geht auch um die Optimierung und Beschleu nigung von Prozessen. Nach unseren Erfahrung dauert bei spielsweise das Aufsetzen eines neuen Kreditprodukts relativ lange, weil viele Details händisch in unterschiedliche Systeme eingepflegt werden müssen. Das führt dazu, dass der Kunde lange warten muss oder nicht das Angebot bekommt, das für ihn optimal wäre. Mit einer geeigneten IT-Infrastruktur können solche Entwicklungen stark beschleunigt werden – sie dauern dann nur noch Tage statt Monate. Das führt zu einem besseren Kundenservice, zu mehr Effizienz und Transparenz. Auer: Allerdings muss uns klar sein, dass künftig nicht mehr jedes Institut alle Leistungen anbieten kann. Eigentlich ist es verblüffend, wie wenig spezialisiert die österreichischen Ban Banken+Partner ∙ 5/2015 FIRMENKUNDENGESCHÄFT sind und dadurch hohe Kosten verursa chen. Rosar: Das Thema ist doch weniger, dass man die Produktpalette verkleinert, sondern vielmehr, dass man die Komple xität verringert. Wir müssen also nicht weniger anbieten, sondern das, was der Kunde letztendlich wirklich für sein Geschäft bankseitig benötigt. Wenn ich den Kundennutzen im Blick habe, dann kann ich damit auch Geld verdienen, ohne die Komplexität zu sehr zu erhöhen. Nowak: Spezialisierung kann natür lich auch innerhalb eines Instituts erfol gen – wenn es groß genug dafür ist. Allerdings sehe ich auch bei einigen Banken, dass es für diese sehr schmerz haft ist, wenn sie merken, dass sie für eine bestimmte Kundenschicht kein Partner mehr sein können. Das gilt ganz besonders für das komplexe, anspruchs volle Kommerzgeschäft. Denn man braucht eine gewisse Losgröße, damit es funktioniert. Aigner: Da stimme ich Ihnen absolut zu. Es ist einfach unmöglich, dass ein Institut alles für Jeden in der höchsten Qualität abdecken kann. Man kann damit vielleicht eine gute Qualität erreichen, aber keine exzellente. Erfolgreich kann man sicherlich mit einer Spezialisierung sein. Also: stärkeren Fokus auf eine Ziel gruppe, auf ein Produktbündel oder eine spezielle Leistung. Und: Mut haben und sich bewusst von bestimmten Leistun gen trennen. Frau Aigner, sie sagten zu Beginn, dass die Firmenkunden ganz zufrieden mit ihrer Bank sind. Also gibt es in Wirklichkeit überhaupt keinen Handlungsbedarf? Aigner: Doch, den gibt es. Denn obwohl die Zufriedenheit in den vergan genen Jahren relativ gleich geblieben und die Weiterempfehlungsquote immer noch akzeptabel ist, hat sie doch deut lich abgenommen. Ausschlaggebend für die Treue zum eigenen Institut ist, dass die Kunden in einer anderen Bank oder Sparkasse keine Alternative sehen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Sektoren und Instituten sind aktuell recht sehr unklar für die Kunden. Die Kunden sprechen bei Bedarf die einzelnen Großbanken an, in der Hoff 26 nung, dadurch das beste Angebot zu fin den. Es für die Firmenkunden allerdings relativ schwierig, festzustellen wer wirklich der richtige Partner ist. Daraus entsteht dann eine gewisse Neutralität der Bank gegenüber, das ist keine Verär gerung, aber es ist auch keine Begeiste rung. Hinzu kommt, dass auch die Kom petenz bei den Mitarbeitern abnimmt und dass es eine Art Glücksspiel ist, ob der Kunde einen kompetenten Berater bekommt oder nicht. Das fällt natürlich sehr negativ auf die Banken zurück, denn letztlich ist der Berater ja auch das Gesicht der Bank. Ein weiterer Punkt ist, dass die Kun den eine umfassende Beratung vermis sen. Was dabei beanstandet wird, sind zwei Punkte. Erstens haben die Unter nehmen das Gefühl, dass ihre aktuelle Situation nicht umfassend betrachtet und auf ihre tatsächlichen Bedürfnisse nicht eingegangen wird. Zweitens ent steht der Eindruck, dass den Beratern keine umfassende Produktpalette zur Verfügung steht und sie daher nur Stan dardlösungen anbieten. Womit wir wieder beim Thema der technischen Unterstützung im Firmenkundengeschäft wären. Denn um den Überblick über den Kunden und die für FIRMENKUNDENGESCHÄFT sie geeigneten Produkte zu bekommen, reichen Block und Bleistift schon lange nicht mehr aus. Mayr: Nein, dazu benötigt man ITSysteme, die nahtlos ineinandergreifen. Bei uns im Unternehmen haben wir die Vision einer kompletten Abdeckung der Prozesse unserer Kunden vom Frontzum Backoffice. Also beispielsweise von der Kreditanbahnung bis zur Auszahlung und der Abwicklung. Um das zu errei chen, haben wir massiv investiert und Unternehmen zugekauft. In den Banken werden solche Pro jekte von den Vorständen vorangetrie ben. Denn sie wissen, dass sie die Nutz nießer der dadurch entstehenden Trans parenz sind. Das Management weiß, wo die Daten herkommen, weiß wer was gemacht hat, kann die Gesamtbanksteu erung verbessern und Risiken besser erkennen. Thiel: Damit schlagen wir auch wie der den Bogen zum Thema Spezialisie rung. Wenn eine Bank nicht spezialisiert ist, dann braucht sie auch enorm viele unterschiedliche Prozesse und unter schiedliche Systeme. Denn – das sieht man beispielsweise am Produktportfolio von Misys – es gibt viele Systeme, die bestimmte Dinge sehr gut können. Wenn ein Institut in allen Bereichen gut sein will, braucht es auch eine heterogene IT-Landschaft, weil das eine System viel leicht für syndizierte Kredite hervorra gend geeignet ist, das andere für Trade Finance und das dritte für den normalen Zahlungsverkehr. So entstehen immer komplexere ITLandschaften mit unzähligen Schnittstel len und es wird sehr teuer, die ganzen Systeme zu verwalten, zu betreuen, weiter zu entwickeln und an veränderte regulatorische Anforderungen anzu passen. Deshalb bringt ein klarer Fokus auf Kundengruppen oder Produkte an allen Stellen Vorteile: Effizienzgewinne in der IT, aber natürlich auch Gewinne dadurch, dass die Bank den jeweiligen Prozess viel besser im Griff hat und sich dadurch gegenüber den anderen Markt teilnehmern besser positionieren kann. Rosar: Allerdings dürfen diese Syste me nicht dazu führen, dass die einzelnen Prozesse länger dauern, weil ein Mitar beiter auf den anderen warten muss und Aufgaben nicht parallel erledigt werden können. Heute haben wir Systeme, die viele Dinge einfacher machen, dafür brauchen wir allerdings immer mehr Zeit. Dabei hätten wir eigentlich nur ger ne ein System, das uns klare Informatio nen liefert und die Arbeit erleichtert. Mayr: Diesen Wunsch hören wir öfter. Früher konnten sich die Mitarbei ter bei der Bearbeitung eines Geschäfts vorfalls absprechen. Heute ist das durch automatisierte Prozesse oft nicht mehr möglich. Unsere Aufgabe ist es, dies zu ändern. Wir nennen es „orchestrieren“. Dadurch wird es möglich, dass Bereiche parallel an einer Aufgabe arbeiten und nicht ein Mitarbeiter auf den anderen warten muss. Wir fördern somit die Zusammenarbeit der Mitarbeiter. Das ist ein Effizienzgewinn, den jeder Mitarbei ter und jeder Kunde spürt. Margaretha Hamm Banken+Partner ∙ 5/2015 27 BACKOFFICE-DIENSTLEISTER „Das Beste beider Gesellschaften verbinden“ Die Konsolidierung der Marktfolge-Dienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe geht weiter. Ende 2015 haben sich NRS und S-Servicepartner zusammengeschlossen. Im Gespräch mit „Banken+Partner“ berichten die Geschäftsführer der neuen Gesellschaft über ihre Pläne. sehr treffend, aussagekräftig und verständlich ist: Wir bieten Service für Sparkassen, und zwar rund um die Marktfolge und Kompetenzthemen. Das Thema „Marktfolge“ stand ja recht lange nicht im zentralen Fokus, wenn es um die Weiterentwicklung in der Sparkassen-Finanzgruppe ging. Daher ist es gut, dass nun Bewegung in den Markt gekommen und das Thema weiter oben auf der Agenda gelandet ist. Stefan Haemmerling Sprecher der Geschäftsführung, S-Servicepartner Deutschland Sie setzen in Ihrer Struktur sehr stark auf das Organschaftsmodell. Weshalb? Haemmerling: Dabei spielt natürlich die Umsatzsteuer eine wichtige Rolle. So lange die Sparkasse am jeweiligen Dienstleister die Mehrheit hat, muss auch keine Umsatzsteuer berechnet werden. Was bei einer Großbank im Konzern automatisch möglich ist, wollen wir durch diese Konstruktion auch den Sparkassen ermöglichen. Remke: Allerdings funktioniert das Organschaftsmodell nur bei großen Sparkassen. Wir arbeiten jedoch auch für viele kleine und mittlere Institute. Da bei diesen dann Umsatzsteuer anfällt, müssen wir insgesamt – wie unsere Mitbewerber auch – um mindestens 25 bis 30 Prozent günstiger produzieren, als das im Institut selbst möglich ist. Nur dann lohnt sich eine Auslagerung trotz Steuerbelastung. Rainer Remke Stellvertretender Sprecher der Geschäftsfühung, S-Servicepartner Deutschland Banken+Partner ∙ 5/2015 Die S-Servicepartner-Gruppe hat sich neu aufgestellt und tritt seit dem 1. November 2015 als gemeinsame Unternehmensgruppe auf. Unter einem Dach sind nun bundesweit an acht Standorten rund 2.500 Mitarbeiter für über 270 Sparkassen tätig. Als Fullservice- und Spezialdienstleister bietet der S-Servicepartner seinen Kunden ein breites Leistungsspektrum in den Bereichen Marktfolge Aktiv und Passiv, Finanzen und Controlling, Personalservice, Kapitalmarktgeschäft, Zahlungsverkehr, Dokumentenmanagement und Consulting. Wie sieht die Struktur der neuen Gesellschaft aus? Haemmerling: Die S-Servicepartner-Gruppe ist ein recht komplexes Gebilde aus mehreren Tochtergesellschaften, an denen zum Teil mehrheitlich auch Sparkassen beteiligt sind. Doch diese Struktur ist nicht ausschlaggebend. Wichtig ist vielmehr, dass durch solch einen Zusammenschluss ein neues Unternehmen entsteht – gleichgültig welcher Name darübersteht. Wir wollen das jeweils Beste aus beiden Ursprungsgesellschaften übernehmen und verbinden. Remke: Und dass wir uns auf den Namen „S-Servicepartner“ geeinigt haben, liegt ganz einfach daran, dass der Name Was ändert sich durch den Zusammenschluss an Ihrem Dienstleistungsangebot? Remke: Unsere Aufgabe ist es, unsere Kunden bestmöglich bei Ihrer Arbeit zu unterstützen. Und da hat jeder MarktfolgeDienstleister in Deutschland unterschiedliche Schwerpunkte. 28 BACKOFFICE-DIENSTLEISTER Haemmerling: Sicherlich. Im Verbund wird ja insgesamt eine Vereinheitlichung der Prozesse angestrebt. Denn nur mit standardisierten Prozessen werden wir die Kosten auf Dauer in den Griff bekommen. Da sind wir noch auf dem Weg, denn die Entwicklung von Standards können wir nur gemeinsam mit allen Beteiligten erreichen. Remke: Dazu haben wir jetzt allerdings eine große Chance. Im Verbund gibt es mit der Finanz Informatik nur noch ein Rechenzentrum, das mit OSPlus ein IT-System zur Verfügung stellt und sich mit OSPlus Neo nun auf die digitale Welt ausrichtet. Daher muss es auch unser Ziel sein, in absehbarer Zeit nur noch einen Dienstleister zu haben, der mit optimierten Prozes- Die können wir nun verbinden und den angeschlossenen Sparkassen ein breiteres Spektrum zur Verfügung stellen. Haemmerling: Zumal es in einer größeren Einheit natürlich auch einfacher ist, Synergien zu erzeugen und dadurch die Kosten zu senken. Insgesamt wird es in Zukunft neben der Abwicklung des standardisierten Retail-Geschäftes auch darum gehen, den Sparkassen Spezialdienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Denn nicht jedes Institut wird beispielsweise auf Dauer alleine alle regulatorischen Anforderungen umsetzen können. Wir können hier mit langjährigem Experten-Know-how den Sparkassen zur Seite stehen. Wie sieht die operative Umsetzung des Zusammenschlusses aus? Haemmerling: Wir sind im November mit unserem neuen Marktauftritt gestartet und haben uns über einen reibungslosen Auftakt gefreut. Auch das, was hinter den Kulissen organisatorisch zu regeln war, ist abgeschlossen. Selbstverständlich ist aber auch jetzt noch viel zu tun. Denn solch ein Zusammenschluss, der auch die Entwicklung einer neuen Unternehmenskultur mit sich bringt, funktioniert ja nicht auf Zuruf. Wir müssen unsere Mitarbeiter mitnehmen und mit ihnen gemeinsam unser Unternehmen formen. Remke: Parallel zum Zusammenschluss nach innen haben wir auch eine Vertriebsoffensive gegenüber den Sparkassen gestartet, um die einzelnen Institute über unsere Dienstleis tungen und die Möglichkeit einer Zusammenarbeit zu informieren. Bundesweit vertreten Die acht Standorte der S-Servicepartner-Gruppe Hamburg Berlin Fürstenwalde Die Umsetzung regulatorischer Aufgaben, die Durchsetzung von Kostensenkungsprogrammen sowie die Professionalisierung des Prozess- und Qualitätsmanagements gehörten für jeweils rund die Hälfte der deutschen Kreditinstitute zu den Leuchtturmprojekten des Jahres 2015, so ein Ergebnis der Trendstudie „Bank & Zukunft 2015“ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO). „Die Gestaltung bankübergreifender Geschäftsprozesse wird derzeit von knapp 41 Prozent der Befragten als bedeutsam eingestuft“, so die Studie. Dieser Bereich wird vor allem dann besonders relevant, wenn sich Banken sowohl über das Outsourcing von Prozessen und Leistungen Gedanken machen als auch bei der Gestaltung neuer Leistungen, welche die Integration externer Partner notwendig macht. Münster und Warendorf Düsseldorf Wiesbaden Landau Auch nach dem Start des neuen S-Servicepartners gibt es innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe noch mehrere Marktfolge-Dienstleister. Wird die Konsolidierung in diesem Bereich weitergehen? Schwabmünchen 29 GASTBEITRAG Beratungsqualität – Chancen und Risiken für Filialbanken Die Beratungsqualität wird für Kunden und Banken künftig immer mehr an Bedeutung gewinnen. Aus Sicht der Kunden macht die Notwendigkeit der privaten Altersvorsorge in Zeiten niedriger Zinsen eine fundierte und qualitativ hochwertige Beratung unerlässlich. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit den Fragen „Was ist Beratungsqualität?“ beziehungsweise „Wie und wann erkenne ich eine exzellente Beratung?“ und dies auch in Zeiten einer digitalen Welt, in der immer wieder das Wort „Multikanal-Vertrieb“ fällt. Wir machen es konkret und formulieren Erwartungen und Notwendigkeiten aus Sicht des Kunden. Denn auch morgen gilt: „Der Köder muss dem Fisch schmecken!“. Markus Gauder Banken+Partner ∙ 5/2015 Geschäftsführer, Gesellschaft für Qualitätsentwicklung in der Finanzberatung Die Gesellschaft in Deutschland altert dramatisch, immer weniger Junge müssen immer mehr Alte versorgen, die gesetzliche Rente wird künftig immer seltener reichen, den Lebensstandard im Ruhestand aufrechtzuerhalten. Vor diesem Hintergrund wird die private Altersvorsorge immer wichtiger. Der dafür notwendige Aufbau eines Vermögens wird aber angesichts anhaltend niedriger Zinsen zunehmend schwieriger. Bankkunden brauchen deshalb dringender denn je eine qualitativ hochwertige Beratung in Finanzangelegenheiten. Eine individuelle Finanzanalyse und -beratung soll den Kunden in die Lage versetzen, seine Finanzen sinnvoll zu verwalten und sein Geld möglichst zu vermehren. Doch wie sieht die Realität bei Banken und Versicherungen aus? Regelmäßige Tests zeigen einerseits, dass es durchaus Banken gibt, die eine hochwertige Beratung anbieten, 30 nach dem Motto „Gute Beratung darf kein Zufall sein.“ Andererseits zeigt sich jedoch auch, dass die Analyse- und Beratungsqualität oft zu wünschen übrig lässt. Bei zu vielen Geldhäusern, ist die Qualität der Beratung häufig von der Qualifikation oder der persönlichen Tagesform des Beraters abhängig. Die Folge: Schlechte Beratung, die Deutschlands Sparer jedes Jahr Milliarden von Euro kostet. So fragt man sich, wie es denn sein kann, dass rund ein Drittel der privaten Haushalte in Deutschland keine Privathaftpflichtversicherung haben. Es hat wenig Sinn, einem Kunden komplizierte Wertpapiere für die Geldanlage zu empfehlen, bevor überhaupt über seine finanziellen Grundbedürfnisse gesprochen wurde. Dabei müsste ein Beratungsgespräch immer mit einer fundierten Bedarfsanalyse beginnen, bei der mit dem Kunden zuerst über die wichtigsten alltäglichen Risiken gesprochen wird, gegen die er sich absichern sollte. Erst wenn die grundlegenden Risiken abgedeckt sind, GASTBEITRAG Alle Kontaktpunkte im Blick Die 360°-Analyse der Gesellschaft für Qualitätsentwicklung in der Finanzberatung baren Regeln, besteht für die Banken die Chance, verlorengegangenes Vertrauen bei den Kunden zurückzugewinnen und Marktchancen besser zu nutzen. Zu zeitgemäßer Beratung gehört aber noch mehr. Quelle: qualität-in-der-finanzberatung.de MultiKanal-Check Testkäufe FilialHospitation Kundenbefragung Die Herausforderung, auch in der digitalen Welt exzellent zu sein sollte über einen möglichen Bedarf an weiteren Bankprodukten für die Bereiche Vorsorge und Vermögensplanung gesprochen werden. Standards sind notwendig – DIN SPEC 77222 als Grundlage für gute Beratung Es haben viele Banken bereits Konzepte für den Ablauf des Beratungsgesprächs entwickelt. Dennoch herrscht in der Praxis noch Wildwuchs. Allgemeine Maßstäbe über Inhalte, Ziele und Ablauf einer kundengerechten Finanzanalyse und -beratung fehlen. Abhilfe soll die von Professoren und Verbraucherschützern erarbeitete DIN Spezifikation (SPEC) 77222 „Standardisierte Finanzanalyse für den Privathaushalt“ schaffen. Die Logik der DIN SPEC 77222 setzt auf das Standardisieren und Optimieren von Prozessen, wobei gleichzeitig die individuelle Situation des Kunden berücksichtigt werden soll. Im Idealfall soll die gemäß diesem Standard erfolgte Finanzanalyse eines Kunden zu einem einzigen, wertfreien und emotionslosen Ergebnis führen, unabhängig davon, ob sie von einem Bankberater, einem provisionsabhängigen Vermittler oder einem auf Honorarbasis arbeitenden Finanzberater durchgeführt wird. Das bedeutet nicht, dass am Ende des computergestützten Analyseprozesses ein konkretes Finanzprodukt steht, beispielsweise die Berufsunfähigkeitsversicherung des Anbieters A oder das Riester-Produkt des Anbieters B. Doch Produktklassen, aus denen der Kunde dann auswählen kann, sollen schon genannt werden. Handeln die Berater nach eindeutigen, anerkannten und nachvollzieh- Beratungsqualität 2.0 Beratung erfüllt in vielerlei Hinsicht eine wichtige Funktion, um Menschen bei Finanzentscheidungen zu unterstützen und zu begleiten. Die Mehrheit der Regional- 31 Banken+Partner ∙ 5/2015 Wenn die klassischen Filialbanken künftig noch als kompetente Ansprechpartner für Finanz- und Vorsorgethemen wahrgenommen werden wollen, sollten sie zügig attraktive Multikanal-Strategien entwickeln, die ihnen ermöglichen, flexibel auf die Kundenwünsche einzugehen. Private Finanzvermittler machen es den Banken seit Jahren vor. Sie bieten ihren Kunden maximale zeitliche Flexibilität und stehen auch nach Büroschluss für Beratungsgespräche zur Verfügung. Selbst wenn das nicht uneingeschränkt auf Bankberater übertragbar ist, sollte doch so viel Flexibilität möglich sein, dass kein Arbeitnehmer gezwungen ist, Urlaub zu nehmen, um seinen Bankberater zu sprechen. Zumal gerade vielbeschäftigte Arbeitnehmer eine attraktive Kundengruppe darstellen, die man ungern an die Konkurrenz verlieren möchte. Klassische Banken tun also gut daran, neben der Filiale weitere Vertriebswege (innerhalb und außerhalb der bisherigen Öffnungszeiten) zu etablieren; beginnend beim Telefonteam. Bei Neukunden ist ein Telefonanruf oft der erste Kontakt zur Bank. Das macht es unerlässlich, im Telefonteam gut geschulte und eloquente Mitarbeiter einzusetzen, die den Erwartungen der Kunden entsprechen. Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, wie man die telefonische beziehungsweise eine Video-Beratung durch webbasierte Dokumente, Charts, Grafiken und Rechenprogramme, die der Kunde auf seinem ComputerBildschirm sehen kann, umsetzt. Die moderne Technik birgt für traditionelle Finanzinstitute also keineswegs nur Risiken. Sie bietet auch Chancen für neue Wege in der Beratung sowie Möglichkeiten, die bereits vorhandenen Service- und Beratungsangebote zu verbessern und auszubauen – und auf diesem Weg neue Kundengruppen zu erschließen. Aber was bedeutet heute und morgen gute Beratung ganz konkret? GASTBEITRAG Beratungen erhalten, ist das die Grundvoraussetzung für Beratungsqualität. Aber was unterscheidet „gute“ von „sehr guten“ Anbietern? beziehungsweise Filialbanken in Deutschland hat bereits seit Jahren erkannt, dass eine exzellente Qualität von Beratung und Service das zentrale Differenzierungsmerkmal ist, um im aktuellen Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können. Wann darf man sich „Qualitätsführer“ nennen? Die besten Regionalbanken in Deutschland gehen in ihren Prozessbeschreibungen so weit, dass auch die Kunden- und Sachgerechtigkeit im Detail definiert wird. Das heißt konkret, dass für die möglichen Lebensphasen in Verbindung mit einer denkbaren Finanzsituation ein klares Muster definiert wird, was für die Kunden in welcher Reihenfolge wichtig wäre. Dabei orientieren sich bereits heute zahlreiche Institute am Gedankengut der DIN SPEC 77 222. Auf Basis solcher priorisierten Handlungsempfehlungen, werden dann auch die Visualisierungshilfen definiert, die im Vorfeld einer Angebotserstellung – für eine verbraucherorientierte Beratung – notwendig sind. Unser Credo lautet hier „Weniger ist mehr!“. Dabei geht es darum, immer das „wichtigste Thema“ für die Kunden zu finden, sofern die Kunden keine andere Meinung haben beziehungsweise an einer Beratung interessiert sind. Seit Jahren beobachten wir die Entwicklung rund um den Themenkomplex „Multi- beziehungsweise Omnikanal-Banking“. Wichtig ist, dass die Notwendigkeit der klaren und kundenorientierten Prozessbeschreibung auch in Zukunft bestehen bleibt. Wir gehen sogar davon aus, dass es noch mehr Notwendigkeiten gibt, als in der Vergangenheit, da es immer seltener persönliche Gespräche geben wird, in denen man leichter improvisieren und auf die Kundenreaktionen (bei Einwänden, Fragen oder Unverständnis) reagieren konnte. Wir glauben daran, dass der Kunde zwar künftig über verschiedene Kanäle die Bank zu verschiedensten (Service-)Themen kontaktiert, aber für die individuelle Beratung wird sich weiterhin ein zentraler Ansprechpartner – zumindest pro Bedarfsfeld – herauskristallisieren müssen. Unser Wunsch wäre es sogar, dass jeder Berater künftig den Kunden für ein persönliches Gespräch über alle angebotenen Kanäle zur Verfügung steht und ihn zu einem Telefonat, einem Chat oder auch einer Videoberatung (oder Desktop-Sharing) einladen kann. In dieser digitalen Welt ist eine Prozesstreue, in der auch die Beratungshilfen und Gesprächsleitfäden im Detail definiert und eingehalten werden, von zentraler Bedeutung. Wenn das nicht gelingt, ist die neue Welt nicht besser als die alte Welt, denn Technik kompensiert keine schlechten Gespräche, welche die investierte Zeit (für beide Seiten) nicht wert sind – egal über welchen Kanal! Was heißt „Beratungsqualität“? Der Begriff „Beratungsqualität“ sagt nichts über deren Güte aus, da wir zwischen guter und schlechter Qualität unterscheiden. Die zentrale Herausforderung ist, dass mindestens neun von zehn Kundenerlebnisse beziehungsweise -gespräche, die vergleichbar sind, gleichartig gut verlaufen. Wenn dem so ist, sprechen wir von einer positiven Berechenbarkeit durch einen robusten und vordefinierten Prozess. Vor dem Hintergrund beginnt ein Projekt zum Thema „Beratungsqualität“ immer erst beim Vorstand beziehungsweise in der Zentrale, da es die Erwartungshaltung im Detail und praxistauglich zu definieren gilt, bevor man sie von den Mitarbeitern erwarten kann. Wenn das „Drehbuch“ erstellt ist, ist die Basis für „Gute Beratungsqualität“ gelegt und die Hoffnung ist mehr als begründet, dass die Mehrheit der Kollegen (Ziel: mindestens 90 Prozent) nach diesen Vorstellungen die Kunden beraten. Das gilt darüber hinaus auch für alle Servicethemen: Von den Servicekräften in den Filialen bis hin zum Telefon- beziehungsweise Kundenservicecenter. Banken+Partner ∙ 5/2015 Woran erkennt man „Gute Beratung“? Finanzdienstleister, die ihre Qualität definiert haben, müssen sich regelmäßig für die „Ist-Erlebnisse“ interessieren. Jeder Marktvorstand oder Vertriebsleiter erkennt die „Gute Beratung“ nur, wenn er selbst daran interessiert ist, diese zu messen. Das bietet die Möglichkeit, die Mitarbeiter für gute Leistungen zu loben beziehungsweise Fehlentwicklungen zu erkennen und gegensteuern zu können. Wichtig ist unseres Erachtens, dass man nicht nur die Neukundenprozesse testet (mit Testkäufen), sondern beispielsweise auch die Kundenzufriedenheit und die erlebte Beratungsqualität bei den Bestandskunden. Vor dem Hintergrund haben wir die sogenannte „360°-Analyse der Gesellschaft für Qualitätsentwicklung in der Finanzberatung“ entwickelt, die darüber hinaus auch noch die Qualität in allen möglichen Kommunikationswegen ermittelt. Wenn vergleichbare Kunden (mit ähnlichen Bedarfssituationen) bei einem Finanzdienstleister gleichartige 32 Compliance? Wir haben die Spezialisten. Das Competence Center Financial Services (CCFS) von Trivadis verbindet bankfachliche Schwerpunkte mit technologischer Exzellenz. Der Fokus liegt auf den Bereichen KYC, AML, FATCA, AEOI/CRS, MiFID II, BCBS 239 sowie bei Compliance Data Warehouses. Das CCFS -Team versteht sich als Brückenbauer zwischen Fach- und IT-Bereich und reduziert durch seine ganzheitliche Betrachtung Kosten und Risiken bei der Umsetzung mandatorischer Themen. [email protected] | www.trivadis.com BASEL BERN BRUGG DÜSSELDORF HAMBURG KOPENHAGEN LAUSANNE FRANKFURT A.M. FREIBURG I.BR. GENF MÜNCHEN STUTTGART WIEN ZÜRICH DIGITALISIERUNG E-Zustellung als Innovation groß im Trend Elektronisches Postfach statt Briefkasten: Seit kurzem bietet die österreichische Bank Austria ihren Kunden die sogenannten E-Zustellung an. „Banken+Partner“ sprach mit Robert Macho, First Vice President eBusiness MCM Bank Austria, über das innovative Angebot und bat Dr. Barbara Aigner, Geschäftsführerin der Unternehmensberatung emotion banking, um ihre Einschätzung des neuen Services. alberatungen zuschalten zu können. Banken werden hier auch noch weiter daran arbeiten, das Angebot zu verbessern. Mit der Erreichbarkeit sind Kunden derzeit noch ganz zufrieden, allerdings ist diese tendenziell eher in der Abwärtsbewegung begriffen, weil man damit immer noch ein Telefonat oder den persönlichen Kontakt verbindet. Doch hier wird sich in Zukunft einiges verändern – die E-Zustellung ist ein weiterer Schritt in diese Richtung. Dr. Barbara Aigner Banken+Partner ∙ 5/2015 Geschäftsführerin, emotion banking Herr Macho, ein neues Angebot im Digital Banking der Bank Austria ist die sogenannte E-Zustellung. Wozu und wie nutzen Sie diesen Kanal? Macho: Das Wort Kanal, im Sinne eines Vertriebskanals, ist hier doch ein wenig zu hoch gegriffen. Beispielsweise ist unser Smart-Banking mit der Fülle von Onlineangeboten und der Videoberatung so ein Vertriebskanal, der übrigens von unseren Kunden auch hervorragend angenommen wird. Die E-Zustellung allerdings ist eine sinnvolle Komponente im Rahmen des digitalen Vertriebskanals und ermöglicht uns, Geschäftskorrespondenz digital, verschlüsselt und technisch sicher und nicht zuletzt auch mit einer rechtlichen Beweisbarkeit unseren Kunden zuzustellen. Leider sind ja einfache E-Mails auf Grund der mangelnden Sicherheit für den Versand bestimmter Informationen und Nachrichten absolut nicht geeignet. Mit der E-Zustellung können wir dies nun auf eine qualitativ höhere Ebene heben. Frau Dr. Aigner, emotion banking führt regelmäßig Befragungen bei Kunden, Mitarbeitern und Führungskräften in der DACH-Region durch. Wo gibt es für Banken noch Potenziale beim Thema digitale Kanäle? Aigner: Aktuell springen viele Unternehmen im B2CGeschäft auf Whatsapp als Kommunikationskanal an. Banken hinken traditionell hinterher und warten erst einmal ab. Fakt ist jedoch: Digitalisierung ist kein Trend, der wieder verschwinden wird. Wir sehen anhand unserer victor Studien im deutschsprachigen Raum, dass beispielsweise fast 50 Prozent der Privatkunden Online-Banking-Dienste nutzen, aber nur 5,8 Prozent den jeweiligen Facebook-Seiten der Kreditinstitute folgen. Hier gilt es, die Content-Strategie tunlichst zu überdenken. Reine Produktplatzierungen sind wirkungslos und erzeugen Ablehnung. Gefragt sind echte Informationen, keine Werbebotschaften. Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit ihre Kunden ihre Korrespondenz über die E-Zustellung erhalten können? Macho: Sie müssen ganz einfach ein elektronisches Postfach bei unserem Kooperationspartner www.postserver.com Wie sieht es mit Videoberatung aus? Aigner: Die Zustimmung dazu ist noch verhalten, aber im urbanen Raum klar ein Thema. Umgekehrt ist es im ländlichen Bereich ein großer Vorteil, Experten aus der Zentrale für Spezi- 34 DIGITALISIERUNG Robert Macho First Vice President eBusiness, Bank Austria eröffnen. Das dauert ein paar Minuten und ist kostenlos. Den Rest, also die Digitalisierung der Briefstücke und Zustellung in dieses E-Postfach, machen wir danach automatisch im Hintergrund. Grundsätzlich nutzen wir als Versender wie auch der Kunde als Empfänger eine neutrale Infrastruktur, die auf Spezifikationen des österreichischen Bundeskanzleramtes und der Wirtschaftskammer zurückgehen, und über die man nicht nur Bank Austria Korrespondenz, sondern auch behördliche Zustellungen oder Dokumente anderer Unternehmen erhalten kann. In unserem Falle nutzen wir eben die Dienste von Postserver, da dieser Anbieter bisher als einziger, offiziell registrierter Zustelldienst die behördliche und auch die privatwirtschaftliche Zustellung unterstützt. Es ist zu hoffen, dass weiter Zustelldienste diesem Beispiel folgen. Wie selten Sie sicher, dass der Kunde keine wichtige Post verpasst? Macho: Ein Benachrichtungsservice mit SMS oder Mail informiert in Folge den Empfänger, wenn neue Nachrichten eingegangen sind. Dieser findet dann zum Beispiel die aktuellen AGBs oder Informationen über Zinsänderungen im digitalen Postfach. Maximal 14 Tage bleibt das Zustellstück im Postfach, dann muss es leider doch ausgedruckt und konventionell zugestellt werden. Gibt es Befürchtungen seitens der Kunden, dass mit der E-Zustellung nur auch noch ein weiterer Werbekanal eröffnet wird? Macho: Nein, unabhängig davon, dass das bei diesem neuen Service gar nicht unsere Intention war, haben wir auch einen Zustellungsdienst als Kooperationspartner ausgesucht, der den Empfängern die Möglichkeit gibt, den Empfang von Werbung auszuschließen. Auch beim klassischen Briefversand berücksichtigen wir diesbezügliche Kundenwünsche – weshalb sollten wir dann bei der elektronischen Post auf einmal anders vorgehen? Der Kunde braucht also nicht für jeden Absender ein eigenes Postfach? Macho: Nein, um es nochmals zu betonen: Es ist für den Empfang digitaler Post nur ein einziges E-Zustellungspostfach für die unterschiedlichsten digitalen Postsendungen notwendig. Weite Bereiche des sogenannten E-Governments nutzen diese Standards bereits und das war auch der Grund, warum die Bank Austria bereits im Mai dieses Jahres den E-Zustellungs-Service gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Weitere Unternehmen aus der Privatwirtschaft werden diesem Beispiel sicherlich folgen. Wie sicher ist der neue Zustellungsweg und wie können Kunden ein solches Postfach erhalten? Macho: Sehr sicher. Für den Empfänger ist dabei folgendes wichtig: Bei der Eröffnung des Postfaches müssen die eigenen Daten verifiziert werden. Bank Austria Kunden können das ganz einfach online mittels Bankident über das Onlinebanking durchführen. Wenn zusätzlich behördliche Post gewünscht wird, muss die Verifizierung über die Handysignatur erfolgen. Falls keine Handysignatur vorhanden, kann man sogar dies direkt online freischalten lassen. Was sind die größten Vorteile für die Bank Austria? Macho: An erster Stelle steht der enorme Kostenvorteil. Wir haben als Bank Austria in diesem Jahr zirka elf Millionen Euro 35 Banken+Partner ∙ 5/2015 Können die Empfänger ihnen über E-Zustellung auch antworten? Macho: Das digitale Postfach, als eine moderne Form des Briefkastens, ist an sich nicht als Dialog-Medium konzipiert, sondern um Dokumente zuzustellen. Der einfache „reply“Knopf würde zwar technisch funktionieren, aber das erfüllt nicht unsere Ansprüche. Daher gibt es bei Rückfragen oder gewünschten Zusatzinformationen die Möglichkeiten des Smart Bankings oder auch im Online-Banking die beliebte Kommunikationszentrale für die direkte Interaktion mit dem Betreuungsteam. Hier ist der Kunde dann mit seinen Wünschen goldrichtig. DIGITALISIERUNG an reinen Portokosten. Zu einem großen Teil deswegen, weil wir aus rechtlichen Gründen in vielen Bereichen unsere Kunden brieflich informieren müssen. Aber – und das ist ganz besonders wichtig – wir sehen es auch als wesentlichen Vorteil an, wenn wir unseren Kunden eine neue und moderne Dienstleistung anbieten können. Eine, die schneller und sicherer funktioniert, mit anderen Diensten kombiniert werden kann, langweilige Medienbrüche ver- Bedarf, offenbar ist vielen Geschäftsleuten aber noch nicht klar, wie sie davon profitieren können. Macho: Der Markt ist eindeutig vorhanden und die Menschen sind sehr zugänglich dafür. Unseren Studien zufolge sind 30 Prozent unserer Kunden generell offen für E-Zustellung für bankspezifische Schriftstücke. Noch mehr, nämlich 44 Prozent Zustimmung gibt es auf die Frage, ob die Befragten E-Zustellung generell nutzen würden. Diese Zustimmung steigt sogar auf 50 Prozent bei informierten Personen, die bereits von der Idee der E-Zustellung gehört haben. Aigner: Banken können durch solche unkomplizierten und nachvollziehbaren Lösungen stark beim Kunden punkten, das belegen auch unsere Studien. Die Nutzung der E-Zustellung ist hier sicherlich ein wesentlicher Baustein zu deutlich höherer Kundenzufriedenheit. Margaretha Hamm meidet und nicht zuletzt auch kostenlos angeboten wird. Und ganz ehrlich: Wer hat denn selbst heutzutage noch gerne stapelweise Papier-Korrespondenz zu Wissenswertes zur E-Zustellung Hause? Musik, Familienfotos, Videos, das ist doch bei den Meisten längst schon alles digital. Wer sind die Nutzer bei den Kunden der Bank Austria und von welchem Volumen sprechen wir? Banken+Partner ∙ 5/2015 Macho: Unser Fokus liegt primär bei den bereits heute existenten 670.000 Onlinebanking-Kunden, die wir ersuchen, sich bei unserem Kooperationspartner www.postserver.com ein kostenloses Postfach einrichten zu lassen. Das Service selbst ist erst ein paar Monate jung und die bisher versendeten knapp 10.000 Schriftstücke sehen wir als Anfang. Wir haben uns vor 20 Jahren ja auch über die ersten 100 Internet-Banker gefreut. Frau Dr. Aigner, wie schätzen Sie das Potenzial des neuen Services der Bank Austria ein? Aigner: Solche Services werden genauso wie die Umstellung vom Schalter auf SB-Zonen oder die Nutzung von Online-Banking eine gewisse Zeit brauchen, bis sie in der Breite angekommen sind. Gleichzeitig muss die Bank es aber schaffen, dass der Kunde den Mehrwert in diesem Service sieht – sprich die Kommunikation dazu ist entscheidend. Auch im Firmenkunden-Bereich wäre dafür Unter E-Zustellung versteht man ein zentrales, sicheres Postfach für elektronische Dokumente. Nutzer können sich unkompliziert über einen elektronischen Zustelldienst anmelden und Schriftstücke von Behörden und Unternehmen sicher über dieses kostenlose elektronische Postfach empfangen. Die Dokumente können vom Empfänger heruntergeladen, angesehen, weitergeleitet, gedruckt oder archiviert werden. Gerade für Banken ist der Kommunikationsweg via E-Mail in der Regel nicht ausreichend. Denn Kreditinstitute wollen und brauchen sowohl rechtliche als auch technische Sicherheit, Datenschutz, Vertraulichkeit durch automatische Verschlüsselung sowie eine automatische Übermittlungs- und Empfangsbestätigung als rechtlich anerkannter Zustellnachweis. Absender-Vorteile auf einen Blick: u rechtliche und technische Sicherheit, uDatenschutz, uVertraulichkeit, u schnellere Zustellung, u Prüf- und Beweisbarkeit, u signifikante Kostenreduktion, u zertifizierte Identität des Empfängers 36 Die Anwender wollen eine skalierbare Lösung – also ein einheitliches, virtuelles Postfach, über das sie alle behördlichen und privaten Zustellungen empfangen können. Im Postfach sollen Behördliches, Bankund Steuerunterlagen oder auch Rechtliches inhaltlich strukturierbar sein. (Der Absender muss dafür wiederum seine Nachrichten inhaltlich standardisiert kennzeichnen.) Empfänger-Vorteile auf einen Blick: ukostenfrei, usicher, uvertraulich, u weltweit erreichbar, uunkomplizierte elektronische Ablage, Postfach für sämtliche Zustellstücke (keine gelben Zettel und Wege zum Postamt), u Abwesenheitszeiten durch deaktiviertes Postfach möglich. uein Anbieter in Österreich ist unter anderem das Unternehmen Postserver. Näheres zur E-Zustellung: www.bankaustria.at/aktuellespostserver.jsp Näheres zum 360 Grad Analyse instrument victor unter: www.emotion-banking.com PSIMMOBILIEN Unternehmen Eckdaten Baujahr 1654 Lage Außerhalb Kaufpreis 770.000,00 € Grundstücksfläche ca. 180.000 m2 Wohnfläche ca. 225 m2 Ort Katzenelnbogen Ein Mühlenanwesen für Pferdefreunde Das Wohngefühl lässt das Herz eines jeden Pferdeliebhabers höher schlagen, denn egal aus welchem Fenster man schaut, man hat stets den Blick auf eine der Pferdekoppeln, die das Haus einrahmen. Auch die geräumige Terrasse befindet sich mitten zwischen den Koppeln und die Pferde können bis unmittelbar an das Haus laufen. Stalltür auf, Pferde raus, das ist hier möglich. Die gesamte Wohnfläche beträgt 225 qm und verteilt sich momentan auf drei getrennte Wohneinheiten, was jedoch individuell aufteilbar wäre. Die Immobilie wurde seit 2010 saniert. Alles Wichtige ist seitdem erneuert worden, wie z.B. neue Heizung (Öl), neue Hebeanlage, Strom- und Wasserleitungen, Rohrheizungssystem, neuer Fassadenanstrich, Scheunenund Stallausbau, Verlegung diverser Leerrohre, Drainage auf diversen Paddocks sowie neue Fenster. Insgesamt bietet die gesamte Immobilie mit den zahlreichen Nebengebäuden Platz für bis zu 40 Pferde, aufgeteilt auf diverse Offenställe mit drainagierten Paddocks und einigen Boxen. Alle Pferdeställe sind ausgerüstet mit Selbsttränken und Rohrbegleitheizung. 2015 wurde ein neuer Reitplatz 20 x 40 mit Allwetterboden "Swing Ground" errichtet. Des Weitere gibt es eine Longierhalle Besonders interessant ist der Umstand, dass Aufgrund der 18 ha Flächen unproblematisch ein landwirtschaftlicher Betrieb angemeldet werden kann. Gutschein... für eine kostenlose Immobilienbewertung. NameVorname StraßeWohnort TelefonE-Mail Mehr Details finden Sie unter Mobil: +49 171 121 99 33 E-Mail: [email protected] Homepage: www.ps-immobilien.net Jeder Eigentümer der Verkaufen oder vermieten möchte benötigt jetzt einen Energieausweis. Dieser ist den Interessenten bei der ersten Besichtigung unaufgefordert vorzulegen. Sprechen Sie uns an. Die Provision ist vom Käufer, nach notariellem Kaufvertragsabschluss, zu entrichten: 5,95 % inkl. 19 % MwSt. Kennen Sie den Marktwert Ihrer Immobilie? Für den erfolgreichen Verkauf ist die korrekte Preisgestaltung besonders wichtig. Unsere Experten verraten es Ihnen! WIR WISSEN IHRE IMMOBILIE ZU SCHÄTZEN. PSIMMOBILIEN Otto-von-Guericke-Ring 3d 65205 Wiesbaden E-Mail: [email protected] Telefon: 0171 12 19 933 Sie wollen Ihre Immobilie: jetzt verkaufen später verkaufen oder eine Immobilie kaufen? GASTBEITRAG Compliance-Services mit ambitionierten Zielen für 2016 Die neuen Compliance-Dienste von Swift zur Bekämpfung der Finanzkriminalität sind 2015 auf eine Rekordnachfrage gestoßen: Nur ein Jahr nach seiner Einführung weist das KYC-Register mehr als 2.000 Teilnehmer auf, die angestrebte Kundenzahl bei Compliance Analytics wurde signifikant übererfüllt. Die Zahlen bestätigen, dass das Service-Portfolio den Bedarf der Finanzindustrie voll und ganz erfüllt. Sie bilden nun die Grundlage neuer, ambitionierter Ziele für 2016 und darüber hinaus. und erfüllt damit einen Bedarf aller Finanzinstitutionen – ob groß oder klein und ungeachtet ihres Standorts. Die künftige Entwicklung der drei miteinander verbundenen Compliance-Services für regulatorische Vorgaben zu Sanktionen, Know Your Customer (KYC) und Geldwäschebekämpfung (Anti-Money Laundering – AML) ist in der „Financial Crime Compliance Roadmap“ vorgezeichnet (siehe Grafik Seite 39). Diese Services ergänzen einander innerhalb der Compliance-Produktgruppe, die zurzeit aus dem KYC-Register, Compliance Analytics, Sanctions Screening, Sanctions Testing und der „Relationship Management Application“ (RMA) besteht. Jürgen Marstatt Head of Swift Germany Das Einhalten von Regulierungsvorgaben zur Verhinderung von Finanzkriminalität ist nach wie vor eine der großen Herausforderungen, vor denen die Banken heute weltweit stehen. Als genossenschaftliches Dienstleistungsunternehmen im Besitz der Finanzindustrie wurde Swift von seinen Eigentümern beauftragt, sich dieser Herausforderung anzunehmen und sein strategisches Lösungsangebot über Zahlungsverkehr und Wertpapiergeschäft hinaus um Compliance-Services zu erweitern. Deshalb wurde ein Portfolio bereitgestellt, mit dessen Hilfe die damit verbundenen Abläufe rationalisiert, Kosten gesenkt und Risiken vermindert werden können. Das KYC-Register Mit dem im Dezember 2014 eingeführten KYC-Register konnte eines der bisher ambitioniertesten Ziele erreicht werden: 2.000 neue Institutionen (BICs) als aktive Mitglieder im Zeitraum von nur einem Jahr zu gewinnen. Ende 2015 verzeichnete das Register 2.009 Institute in 191 Ländern. Die Unterstützung bei der KYC-Compliance wird von den Nutzern sehr geschätzt. Auf der Sibos 2015 in Singapur – der jährlichen, weltweit größten Veranstaltung der Finanzindustrie – lobte der Präsident der Financial Action Task Force (FATF), Je-Yoon Shin, das Register als Möglichkeit vor allem für kleinere Banken, wachsende KYC-Auflagen sicher und kostengünstig zu bewältigen. Ziel für 2016 ist es, weitere 1.600 Institutionen – Banken, Fondsgesellschaften und Depotbanken – bis zum Jahresende als Mitglieder für das Register zu gewinnen. Die Weiterentwicklung des KYC-Service konzentriert sich auf neue, zusätzliche Dienstleistungsangebote im Laufe des Jahres sowie den qualifizierten Ausbau des standardisierten Datenbestands. Banken+Partner ∙ 5/2015 Portfolio mit Zukunft: Compliance-Services Erklärtes Ziel von Swift bei der Entwicklung des neuen Portfolios von Compliance-Services war es, eine starke Plattform mit solidem, zukunftsorientiertem Angebot zu schaffen, das – den wachsenden, sich stetig ändernden regulatorischen Anforderungen entsprechend – kontinuierlich erweitert wird. Als eine der tragenden Säulen im Rahmen der Strategie „Swift2020“ ergänzt das Compliance-Portfolio das Kerngeschäft der Nachrichtenservices 38 GASTBEITRAG Compliance-Anforderungen im Griff Compliance Services Roadmap von Swift Financial Crime Compliance (FCC) Roadmap Entwicklung von drei miteinander verbundenen Einheiten zur effizienten Nutzung der Daten und Gemeinsamkeiten aller Compliance-Produkte und -Services Ein umfassendes ServiceAngebot für alle SwiftNutzer ungeachtet ihrer Größe Quelle: Swift Sanktionen zum Beispiel: Transaction Screening Sanctions Testing SanktionslistenManagement Kunden-Screening KYC zum Beispiel: KYC-Register KYC Marketplace Analytics/AML zum Beispiel: Compliance Analytics (Weiterentwicklung zu Bank-zu-Bank-Monitoring) Qualität von Zahlungsdaten (FATF 16) „Financial Crime Compliance Utility“ Compliance Analytics Sanctions Screening/ Sanctions Testing Die korrekte Einhaltung neu aufkommender Sanktionsgesetze und ständig aktualisierter Listen ist für Finanzinstitutionen wesentlich komplexer, teurer und zeitaufwendiger geworden. Bereits im April 2012 wurde dazu „Sanctions Screening” von Swift geschaffen, ein erster zentraler, gemeinschaftlich nutzbarer und kosteneffizienter Compliance-Dienst vor allem für kleine und mittlere Finanzinstitute, der schnell, unkompliziert und ohne internen Aufwand eingerichtet werden kann. Nur wenig später folgte „Sanctions Testing“, ein Service zur Unterstützung großer Banken bei der Überprüfung und 39 Banken+Partner ∙ 5/2015 Mit dem Business-IntelligenceService Compliance Analytics können Institute ihren Traffic über Swift auf Abweichungen vom Normverhalten analysieren und ungewöhnliche Muster oder Trends in Transaktionsverläufen, verdeckte Beziehungen und Aktivitäten auf signifikantem Niveau in Hochrisikofeldern erkennen. Compliance Analytics verschafft den Banken Zugang zu einer reichhaltigen Quelle standardisierter Daten, die ihnen eine globale Übersicht über ihre geschäftliche Tätigkeit auf dem Swift-Netzwerk – einschließlich ihrer Niederlassungen und Tochterfirmen sowie ihrer gesamten KorrespondenzbankAktivitäten – ermöglicht. Sie können Risikofelder identifizieren, einschätzen und vorhandene Prozesse bewerten, um Risikomodelle zu entwickeln, Warnsignale zur Markierung bestimmter Risikobereiche in ihrer Geschäftstätigkeit zu setzen und ihre eigene Marktposition gegenüber direkten Mitbewerbern zu beurteilen. Compliance Analytics ist für eine breite Gruppe im Bankmanagement von Bedeutung: Group Compliance, AML, Sanktionen, Korrespondenzbankgeschäft, Revision und Risikomanagement. Das Instrument ergänzt die bestehenden Sanctions Screeningund Sanctions Testing-Services ebenso wie das KYC-Register. Die schnelle Aufnahme des Service durch 21 der weltgrößten Banken spricht für sich. Er bildet die Grundlage einer künftigen AML-Serviceeinheit; zudem wird 2016 ein neuer Dienst zur Prüfung der Datenqualität im Zahlungsverkehr eingeführt, um die Banken bei der Bewertung der Absender- und Empfängerangaben in ihren SwiftNachrichten zu unterstützen. Abstimmung ihrer Filtersysteme entsprechend ihrem Risikoprofil. Auch der Sanctions Screening-Service hat im Jahr 2015 mit 414 neuen Nutzern die Zielsetzung deutlich übererfüllt. Dazu haben vor allem Produktverbesserungen beigetragen, mit denen sich der Service noch stärker auf den speziellen Bedarf der mittelgroßen Banken eingestellt hatte. In allen Regionen der Welt haben sich neue Institute angeschlossen. Den Sanctions-Testing-Service setzen mittlerweile 33 der international führenden Institute als einzelnes Produkt oder im Rahmen eines ganzen Servicepakets ein. Ausgerichtet auf den Bedarf der 200 Spitzeninstitute weltweit wird Sanctions Testing zur Überprüfung und Abstimmung der eigenen Screening-Systeme für Transaktionen, Kundenbeziehungen und politisch exponierte Personen (PEPs) genutzt. Zudem wurde 2015 der „Peer Assessment Service” eingeführt; mit Clearstream und Euroclear der Einstieg in das Wertpapiergeschäft erreicht und mit der Allianz als Nutzer auch die Versicherungsbranche erschlossen. Künftig ist eine „Sanctions Utility” geplant, die die Interoperabilität mit den diversen Swift-Financial-Crime Compliance-Produkten und -Services sichern soll. Ein weiterer Service für das Sanktionslisten-Management wird 2016 eingeführt; 2017 folgt ein Service zur Unterstützung des Kunden-Screenings. Der Erfolg der Compliance-Services beweist den hohen Bedarf der Finanzindustrie an gemeinschaftlichen Lösungen, um den Folgen zunehmender Regulierung, geopolitischer Veränderungen und dem damit wachsenden Kostendruck zu begegnen. Mit dem Ausbau solcher Services für die tägliche Praxis hilft Swift, dies auch in Zukunft zu sichern. IT-SYSTEME Foto: Heiner Hamm Ein Tischgespräch von COIN MEDIEN mit Chefredakteurin Magaretha Hamm. Gesprächsteilnehmer Grögeder, Ertle, Barkmann: Die Wertschöpfungskette ganz neu strukturieren. „Wir brauchen eine agile Organisation“ Banken+Partner ∙ 5/2015 Einfach, effizient, agil, flexibel: So müssen IT-Architekturen heute aussehen. Darüber waren sich die Experten bei einem Gespräch von „Banken+Partner“ einig. Um dieses Ziel zu erreichen, ist noch viel zu tun. Denn es geht nicht alleine darum, die IT umzubauen. Auch die Prozesse und die Organsisation müssen angepasst werden. Services zu kreieren. Das ist sicherlich keine neue Aufgabe – durch die zunehmenden Möglichkeiten der Datengewinnung, -haltung und -auswertung nimmt ihre Bedeutung allerdings zu. Barkmann: Zumal wir es verstärkt mit Kundengruppen zu tun haben, deren Erwartungshaltung sich stark verändert. Besonders die viel zitierte Gruppe der Millenials, junge Menschen, die um das Jahr 2000 geboren sind, stellen neue Anforderungen an die Vertriebskanäle. Darauf müssen die Banken und Sparkassen mit der Anpassung ihrer IT-Systeme reagieren. Neben dem Druck der Regulatorik, der ja bereits angesprochen wur- Vor welchen Herausforderungen stehen die Banken bei der Erneuerung ihrer IT-Architektur? Grögeder: In erster Linie geht es darum, agile und flexible Systeme zu bekommen, die es dem Institut ermöglichen, schnell auf Veränderungen des Umfeldes zu reagieren. Ein weiteres Thema ist die Datenarchitektur. Auf der einen Seite steigen die regulatorischen Vorgaben an das Reporting und damit auch die Anforderungen an die Aufarbeitung unserer Daten. Auf der anderen Seite nutzen wir die Daten, die wir haben, noch nicht ausreichend, um damit zusätzliche Angebote und 40 IT-SYSTEME Regulierung, Kundenwünsche, neue Mitbewerber, Margendruck: Wie schafft man es, alle diese Punkte unter einen Hut zu bekommen? Grögeder: Das Spannende ist ja, dass die altbewährten Anforderungen wie Stabilität, Verlässlichkeit und Informationssicherheit wegen der zusätzlichen Aufgaben nicht plötzlich weniger werden. Und ihre Einhaltung wird ja auch von der Aufsicht kontrolliert. Banken verbindet man zudem immer mit Stabilität. Von daher ist es die Kunst, Stabilität und Agilität unter einen Hut zu bekommen. Barkmann: Mit den zunehmenden Anforderungen wächst die Komplexität und die muss beherrschbar bleiben. Das bekommt man im Prozessmanagement gut hin, wenn man von großen monolithischen Systemen weggeht und zu granularen Service-Funktionsbausteinen kommt. Diese Bausteine sind dann zwar standardisiert, können jedoch flexibel zusammengesteckt werden. Damit können die Banken eine gewisse Prozessflexibilität erreichen. Grögeder: Auch wenn der Begriff „Digitalisierung“ inzwischen zu einem Buzzword geworden ist – wir nehmen sie natürlich auf der Konsumentenseite immer mehr wahr. Bei den Prozessen innerhalb der Bank ist sie wahrlich nichts Neues. Inzwischen reicht sie allerdings bis zum Kunden. Wir müssen heute mehr denn je versuchen, End-toEnd-Prozesse ohne Medienbruch zu erreichen. Ertle: Dafür benötigen wir einfache, effiziente, automatisierte Prozesse, die möglicherweise ganz anders aufgebaut sind als bisher. Das wirkt sich natürlich auch auf die Organisation und die Mitarbeiter aus. Ein gutes Beispiel dafür ist das Controlling: Da brauchen wir künftig ein ganz anderes Mindset als bei der Arbeit in den einfachen Standardprozessen. Wir haben daher keine Mitarbeiter in der Fonds-Buchhaltung, die 41 Ole Barkmann Head of Business Development Financial Solutions, Pass Consulting Group Achim Grögeder Leiter IT/Operations, Triodos Bank Andreas Ertle Geschäftsführer, IntReal nur buchen, ohne die Zusammenhänge zu verstehen. Wir brauchen Mitarbeiter, die sich mit dem jeweiligen Objekt auseinandersetzen und auch einmal eine Rechnung hinterfragen. Damit steigen die Anforderungen – die Arbeit wird anspruchsvoller. Verändert sich dadurch auch die Zusammenarbeit von Fachbereich und IT? Ertle: Aber sicher. Die Anforderungen an die Qualität der Arbeit und die Komplexitätsbewältigung durch die Mitarbeiter werden steigen. Und alles was standardisierbar ist, wird technisch unterstützt. Und es wird nicht mehr ausreichen, einen analogen Prozess einfach mithilfe der IT zu automatisieren. Digitalisierung ist viel mehr – es geht darum, die Wertschöpfungskette ganz neu zu strukturieren. Grögeder: Tatsächlich gibt uns die technologische Entwicklung die Möglichkeit, neue Wege zu gehen. Gleichzeitig haben wir den Effekt, die Process Owner in den Fachbereichen tatsächlich Banken+Partner ∙ 5/2015 de, kämpfen die Institute derzeit auch noch mit sinkenden Margen. Und noch etwas ist wichtig: Mit den FinTechs entstehen neue Mitbewerber, die ganz neue Services und Produkte anbieten. Auch darauf müssen die Banken reagieren. Sie müssen sich überlegen, wie sie trotzdem im Bankgeschäft bestehen können, wie ihr künftiges Geschäftsmodell aussehen könnte und welche Kanäle sie bedienen müssen. Dafür benötigen die Institute eine moderne IT-Infrastruktur, die eine schnelle Time-to-Market und einen hohen Automatisierungsgrad ermöglicht. Ertle: Und vor allem auch standardisierte Prozesse und Schnittstellen. Die sind für uns ganz besonders wichtig. Ein wichtiges Beispiel ist das Reporting. Wir müssen den Investoren, aber auch den Aufsichtsbehörden, immer mehr Informationen zur Verfügung stellen. Das ist eine große Herausforderung. Insgesamt betrachtet ist hier leider nur sehr wenig standardisiert. Da helfen die einheitlichen Reports von BaFin, Esma und der Bundesbank leider nur sehr wenig. Es wäre es sinnvoll gewesen, wenn die Branche eine gemeinsame Lösung entwickelt hätte, um die regulatorischen Anforderungen kosteneffizient und schnell umzusetzen. Leider war das nicht der Fall und jede Gesellschaft hat ein eigenes Tool eingeführt. Eine Standardisierung bei einzelnen Werkzeugen bedeutet ja nicht, dass sich die Institute nicht mehr von einander unterscheiden. Die Vereinheitlichung von Prozessen ist die Grundlage des digitalen Datenmanagements und im Backoffice durchaus machbar. Unser Fokus liegt dabei auf der Schnittstelle. Durch funktionierende Schnittstellen wird es einfacher, die Geschäftsprozesse so zu verändern, dass sie effizienter, schneller, besser, stabiler und transparenter werden. Das ist Digitalisierung, die wirklich substanzielle Veränderungen und Vorteile mit sich bringt. IT-SYSTEME Banken+Partner ∙ 5/2015 dazu zu befähigen, sich wirklich vollverantwortlich um ihre Prozesse kümmern zu können. Damit wachsen natürlich die Anforderung an die Mitarbeiter des Fachbereiches. Barkmann: Dadurch kann es auch zu einer Gewichtsverschiebung zwischen Fachbereich und IT kommen. Bei vielen Instituten steckt unglaublich viel Fachkompetenz in den IT-Abteilungen. Das ist auch notwendig, damit neue Prozesse und Produkte schnell umgesetzt werden können. Manche Banken brauchen immer noch einige Monate, um ein neues Produkt einzuführen. Das ist heute nicht mehr angemessen. Es muss schneller gehen. Sind die Anforderungen an die IT auch durch das Aufkommen neuer Mitbewerber gestiegen? Welchen Einfluss haben FinTechs auf die Entwicklung der Banken und ihrer IT? Barkmann: FinTechs bewirken eine große Veränderung. Wenn eine Bank heute mit einem FinTech kooperiert, dann möchte sie natürlich auch dessen Business-Case umsetzen und davon profitieren – das muss allerdings schnell gehen, denn sonst ist ein eventuell vorhandener Marktvorsprung verloren. Und so etwas ist nur mit einer agilen ITArchitektur möglich. Grögeder: Doch agile IT-Systeme reichen nicht aus. Was die Institute eigentlich brauchen, ist eine agile Organisation. Die gesteigerten Anforderungen an die IT-Architekturen speisen sich am stärksten aus dem geänderten Kundenverhalten. Gleichzeitig gibt es auf der regulatorischen Ebene gestiegene Anforderungen an Reports. Dazu benötigt die Bank eine andere Datenhaltung und muss die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse sicherstellen. Die Kunst besteht jetzt darin, beides unter einen Hut zu bringen. Ertle: Deshalb ist es wichtig zu fragen, wo es Geschäftsprozesse gibt, die man mithilfe der Technik vereinfachen kann – oder bei denen man dadurch einen Mehrwert erzeugt. Gerade in unserem Spezialgebiet, der Immobilienverwaltung, sind einige Unternehmen noch ganz weit von effizienten Prozessen entfernt. In den einzelnen Bereichen hat jeder versucht, möglichst effizient zu arbeiten, doch nun geht es darum, die Grenzen zu überschreiten und durchgängige Prozesse zu etablieren. Wird es dadurch zu einer verstärkten Arbeitsteilung kommen? Barkmann: Sicherlich. Früher haben Banken alles gemacht. Das hat sich schon geändert und wird sich weiter 42 ändern. Wir sehen bei vielen Häusern den Trend, dass sie häufiger bereit sind, einzelne Leistungsblöcke nach draußen zu geben. Es gibt Service-CenterAnbieter, Kreditfabriken und BackofficeDienstleister und auch die IT selbst wird teilweise ausgelagert. Das bringt eine sehr viel stärkere Fragmentierung mit sich. Die Banken stehen damit verstärkt vor der Herausforderung, trotz der Arbeitsteilung effiziente Gesamtprozesse zu etablieren. Das funktioniert nur, wenn die Organisation flexibel auf Veränderungen reagieren kann. Grögeder: Finanzdienstleister werden damit in viel stärkerem Maße als früher Gestalter eines Netzwerks. Sie müssen bei ihren Partnern bestimmte Kompetenzen voraussetzen und benötigen ein gemeinsames Mindset, um Aufgaben partnerschaftlich zu lösen. Sie betonen immer wieder, dass flexible Strukturen geschaffen werden müssen. Wäre es also am besten, die IT von Grund auf zu erneuern? Ertle: Wir standen ja vor einigen Jahren vor der Aufgabe, unsere Architektur neu aufzusetzen. In einem ersten Schritt haben wir überlegt, wie unser Zielsys tem aussehen soll. Dann haben wir die bestehenden Lösungen mit unserer Zielvorstellung verglichen. Von drei vorhan- IT-SYSTEME denen Systemen ist eines geblieben und wir haben zusätzlich eine neue Lösung implementiert, die Anforderungen erfüllt, die das Altsystem nicht abdeckt. Barkmann: Tatsächlich muss man ab und zu überlegen, ob man alles abreißen und neu bauen soll. Das gilt auch für uns als Anbieter. Wir haben gerade unser komplettes Darlehensmodul neu gebaut, um angesichts der zunehmenden Globalisierung auch im Kreditgeschäft flexibler zu sein. Der Weg geht zu standardisierten Lösungen, die so konfiguriert werden können, dass über sehr viele Einstellungen letztlich das jeweilige Geschäftsmodell des Kunden abgebildet wird. Nur so schafft man es, eine Lösung effizient zu gestalten. Der Trend geht also hin zu Product Engines, bei denen viele Parameter vorkonfiguriert sind, die sich allerdings auch granular an die Bedürfnisse des jeweiligen Instituts anpassen lassen. 43 Prozesse, sondern zusätzlich standardisierte Schnittstellen. Nur so können wir Flexibilität und Agilität tatsächlich sicherstellen. Bieten offene Schnittstellen wirklich die Möglichkeit, Geschäftsmodelle flexibel anzupassen? Grögeder: Aber sicher. Gerade indem sie dafür sorgen, dass Architekturen offener sind und über Schnittstellen verfügen, haben die Banken tatsächlich die Möglichkeit, ihre Geschäftsstrategie rasch anzupassen, Dienste hinzu- oder auch wegzunehmen sowie SourcingStrategien umzusetzen. Das wird immer wichtiger. Die Institute suchen den besten Partner, um mit ihm gemeinsam neue Produkte und Services umzusetzen. Barkmann: Das sehe ich genauso. Deshalb haben wir beispielsweise zusammen mit Kunden eine Schnittstelle gebaut, an der sich vornehmlich FinTechs andocken können. Das Ganze funktioniert über Web-Services und andere Standard-Austausch-Formate. In Deutschland sind wir ja in der glücklichen Lage, Standards wie HBCI-FinTS zu haben, die man durchaus nutzen kann, um den Austausch mit externen Partnern zu befeuern. Margaretha Hamm/Dr. Thomas Leims Banken+Partner ∙ 5/2015 Nun verändert sich die Welt immer schneller. Was wir uns heute noch nicht vorstellen können, ist morgen Realität. Wie kann man sich auf Herausforderungen vorbereiten, von denen man überhaupt noch nicht weiß, wie sie aussehen werden? Barkmann: Das kriegen Sie nur hin, indem Sie wirklich ein neues System aufbauen, wie ich es eben beschrieben habe. Dazu braucht man natürlich eine Menge Erfahrung, um beispielsweise zu wissen, was die gängigen Produkte sind, die abgebildet werden müssen. Dann muss man das Ganze so konzipieren, dass eine Lösung entsteht, die in der Lage ist, die heute denkbaren Produkte und Prozesse abzubilden und auch ein bisschen in die Zukunft zu blicken. Bei unserem Darlehensmodul haben wir uns zum Beispiel viele Gedanken darüber gemacht, was heute im deutschen Markt noch nicht üblich ist, was es aber in anderen Ländern bereits gibt. Dazu gehören Tilgungsstop oder veränderliche Tilgungsraten, dafür haben wir bereits die Voraussetzungen geschaffen. Doch natürlich kann es sein, dass übermorgen ein FinTech auftritt und etwas ganz Neues anbietet – darauf muss man im System flexibel reagieren können – das ist der einzige Weg. Dafür braucht man dann Schnittstellen. Grögeder: Offenheit und Schnittstellen sind tatsächlich ein ganz wichtiges Thema. In diesem Zusammenhang kommt auch die Standardisierung der Schnittstellen zum Tragen. Sie erfüllt den alten Traum der IT, neue Lösungen problemlos in bestehende Systeme integrieren zu können. Wir brauchen also nicht in erster Linie eine Standardisierung der SERVICE HEFT 6 ∙ 2015 erscheint am 29.02.2016 ANZEIGENSCHLUSS ist am 13.02.2016 IMPRESSUM Ende der Schonfrist Finanzdienstleister, die sich an traditionellen Geschäftsmodellen orientieren, wird es in zehn bis 15 Jahren – zumindest in der Form wie wir sie heute kennen – nicht mehr geben, davon ist Christian Rieck, Professor für Finance und Zukunftsforscher, überzeugt. Im Mittelpunkt seines Buches „Können Roboter mit Geld umgehen“, stehen die sogenannten FinTechs. Dabei geht Rieck allerdings über alles, was bis jetzt zu den Wettbewerbern der etablierten Finanzinstitute, über Start-ups und ihre Geschäftspraktiken gesagt wurde und wird, weit hinaus. Als ausgewiesener Spieltheoretiker widmet er sich ganz der Interaktion zwischen Mensch und Maschine und wagt sich dabei weit in den Bereich der Robotik vor. Banken+Partner ISSN 1612-7757, Ausgabe 5 · 2015; 12. Jahrgang Vieles von dem, was noch vor wenigen Jahren im Bereich der Kybernetik schlichtweg als unmöglich erachtet wurde, sei heute bereits gängige Praxis, so Rieck. Dabei wagt er sich bis zu den Fragen nach künstlicher Intelligenz und emotional denkenden und fühlenden Maschinen vor, die auch auf automatisierte Finanzberatung eingestellt werden können. Mit – manchmal allerdings ein wenig konstruiert wirkenden Beispielen – verficht Rieck vor allem die finanziellen Vorteile (sinkende Grenzkosten) der Roboberater. Ein kontroverses und deshalb umso lesenswerteres Buch. Können Roboter mit Geld umgehen? – Die digitale Zukunft der Finanzberatung Christian Rieck Christian Rieck Verlag, Eschborn 2015 ISBN 978-3-924043-64-3 (Printausgabe) ISBN 978-3-924043-65-0 (Ebook) Banken+Partner, eine Zeitschrift der Coin Medien Verlagsgesellschaft mbH Otto-von-Guericke-Ring 3d 65205 Wiesbaden Zentrale: 06122 7054-50 Fax: 06122 7054-70 E-Mail: [email protected] Internet: www.coin-online.de www.bankenundpartner.de www.facebook.de/bankenundpartner Geschäftsführer: Margaretha Hamm, Uwe Wagschal Redaktion: Margaretha Hamm (mh), Chefredakteurin (v.i.S.d.P.) Telefon: 06122 7054-51 E-Mail: [email protected] Dr. Thomas Leims (thl), Redakteur Telefon: 06122 7054-53 E-Mail: [email protected] Produktmanagement: Meike Hohenadel Telefon: 06122 7054-50 E-Mail: [email protected] Autoren dieser Ausgabe: Markus Gauder, Margaretha Hamm, Dr. Thomas Leims, Jürgen Marstatt Beirat: Dr. Marcus Geschwandtner, Rechtsanwalt, Bonn Rolf Mangold, Versicherungskammer Bayern Rüdiger Maroldt, W&W Ralph Sterck, Veda Professor Dr. Rolf Tilmes, European Business School Mathias Walter, Trivadis Anzeigen: Uwe Wagschal Telefon: 06122 7054-55 E-Mail: [email protected] •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• Leiter digitale Medien: Heiner Hamm Telefon: 06122 7054-63 E-Mail: [email protected] Termine Layout und Produktion/Lesersevice (Abonnement, Adressänderungen): Nadine Nitzling Telefon: 06122 7054-52 E-Mail: [email protected] Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 1. November 2015. IT-Sicherheitsbeauftragter Alles, was Sie als IT-Sicherheitsbeauftragter wissen müssen Termin: 18. Februar 2016 Ort: Frankfurt Banken+Partner ∙ 5/2015 Veranstalter: Forum · Institut für Management Internet World Die E-Commerce Messe Termin: 1. und 2. März 2016 Ort: München Veranstalter: Neue Mediengesellschaft Ulm www.internetworld-messe.de www.forum-institut.de Datenschutzkonferenz 2016 Termin: 2. bis 3. März 2016 Ort: Düsseldorf Veranstalter: Handelsblatt Fachmedien www.fachmedien-veranstaltungen.de Zertifikatskurs „Finanz-Manager (Univ.)“ Termin: 22. und 23. April 2016 Prüfung: 16. Juli 2016 Ort: Augsburg Veranstalter: ZWW; Universität Augsburg www.zww.uni-augsburg.de/finance 44 Erscheinungsweise und Abonnementpreis: Banken+Partner, Zeitschrift für Strategie und Management, ist ein zweimonatlich erscheinendes Fachmagazin der CO.IN. MEDIEN Verlagsgesellschaft mbH. Einzelpreis: 8,50 Euro, Abonnement: 75,00 Euro (sechs Ausgaben + sechs Sonderausgaben) Copyright: Coin Medien Verlagsgesellschaft mbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck in jeglicher Form, auch Fotokopien sowie Aufnahme in elektronische Speichermedien jedweder Art, nur mit Genehmigung des Verlags. Für die Richtigkeit des Inhalts übernimmt der Verlag keine Haftung. Hinweis: Redaktionell gestaltete Anzeigen (Advertorials) werden durch einen hellblauen Balken und die Bezeichnung „Unternehmen“ gekennzeichnet. Datenschutz: Falls Sie keine weiteren Informationen von Coin Medien erhalten wollen, informieren Sie bitte: Coin Medien Verlagsgesellschaft mbH Otto-von-Guericke-Ring 3d, 65205 Wiesbaden
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