Banken und FinTechs: von kleinen, großen und riesigen Fischen

ISSN 1612-7757 8,50 €
Z E I T S C H R I F T F Ü R S T R AT E G I E U N D M A N A G E M E N T
5· 20 15 l
Januar '16
FINTECHS
Banken und FinTechs:
von kleinen, großen und riesigen Fischen
INKASSO
„Die Herkunft der Daten belegen“
FIRMENKUNDENGESCHÄFT
„Die Banken müssen sich stärker
spezialisieren“
BACKOFFICE-DIENSTLEISTER
„Das Beste beider Gesellschaften
verbinden“
IT-SYSTEME
„Wir brauchen eine agile
Organisation“
Eine Zeitschrift von Coin Medien
Unterstützung
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EDITORIAL
Tradition und Moderne verbinden
der von der Bildfläche verschwinden,
so werden doch viele der von ihnen
entwickelten Ideen auf die eine oder
andere Art dauerhaft umgesetzt.
Denn die Kunden gewöhnen
sich immer mehr an die einfachen
und unkomplizierten
Lösungen, die ihnen Die Kunden erwarten auch
von ihrer Bank innovative
durch die FinTechs
Produkte und Services.
präsentiert werden.
Zahlungen, auch ins weit entfernte
Ausland, sind kostengünstig möglich – E-Mail-Adresse genügt; eine
App verschafft den Überblick über
sämtliche Bankkonten und Versicherungsverträge – und informiert über
günstige neue Angebote; die Kontoeröffnung wird dank Video-Chat zu
einer schnellen Angelegenheit – ohne
die lästige Identifikation bei der Post.
Auf all diese Annehmlichkeiten
werden die Kunden nicht mehr verzichten wollen. Deshalb ist es für die
Banken und Sparkassen keine Option, sich auf ihre jahrhundertelange
Erfahrung, ihre hohen Sicherheitsstandards und die Verwurzelung in
der Region zu verlassen. Auch sie
müssen die Möglichkeiten nutzen,
die die neuen Internet-Technologien
ihnen bieten. Nur wenn sie Tradition
und Moderne verbinden, werden sie
dauerhaft gegen die jungen, innovativen neuen Mitbewerber bestehen
können.
Auch Banker mögen es bequem.
„Wenn ich abends mit dem Tablett
auf der Couch sitze und noch etwas
einkaufen möchte, dann bezahle ich
eben mit PayPal. Es ist mir einfach zu
unbequem, auch noch mein Smartphone zu holen, damit ich eine eTAN
generieren kann“, bemerkte vor kurzem ein Bankmitarbeiter in einem
Gespräch. Und eine andere erklärte: „Natürlich nutze ich auch Vergleichsportale, wenn ich nach einem
interessanten Angebot suche.“
FinTechs, junge, innovative Unternehmen, die einzelne Bankdienstleistungen übernehmen, neue Services
anbieten und die Möglichkeiten sozialer Netzwerke mit denen traditioneller Bankdienstleistungen verbinden,
dringen in immer mehr Bereiche des
Bankgeschäftes vor. Teilweise agieren sie wie PayPal als Wettbewerber,
teilweise ergänzen sie wie Wikifolio
bestehende Dienstleistungen und
teilweise unterstützen sie wie IDnow
oder WebID die Banken dabei, selbst
neue Services anzubieten.
Für die Banken und Sparkassen
sind die neuen Non- und Near-Banks
eine Herausforderung, der
Die Kreditinstitute müssen
sie sich stellen müssen (siehe
sich der Herausforderung
neuer Mitbewerber stellen. Schwerpunktthema ab Seite 8).
Auch wenn die meisten dieser
jungen Start-Ups noch klein sind und
manche von ihnen vermutlich wie-
1
Banken+Partner ∙ 5/2015
Margaretha Hamm
Chefredakteurin „Banken+Partner“
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INHALT
SCHWERPUNKT
FinTechs
Prolog Banken und FinTechs: von kleinen,
großen und riesigen Fischen
8
FinTechs
FinTechs versus Banken –
Banken und FinTechs?
10
Interview
FinTechs –
durch die Bank förderwürdig
14
Expertenmeinung
Banken-Tradition versus
FinTech-Innovation16
KURZ + KNAPP
Schlagzeilen – Unternehmen
4
Retail-Banken müssen die eigene
Digitalisierung vorantreiben
4
Anlageberatung5
SB-Systeme6
IT-Systeme6
Spezialfonds7
THEMEN
Banken+Partner ∙ 5/2015
Inkasso
„Die Herkunft der Daten belegen“20
Firmenkundengeschäft
„Die Banken müssen
sich stärker spezialisieren“
Backoffice-Dienstleister
„Das Beste beider
Gesellschaften verbinden“
Gastbeitrag
Beratungsqualität – Chancen und
Risiken für Filialbanken
30
SERVICE
Digitalisierung
E-Zustellung als
Innovation groß im Trend
Buchtip/Termine/Impressum44
Editorial1
34
Gastbeitrag
Compliance-Services mit ambitionierten Zielen für 2016
38
IT-Systeme
„Wir brauchen eine
agile Organisation“
40
UNTERNEHMEN
Wüstenrot Bank
Retail-Bank mit klarem
Digitalfokus
19
22
FOTOS TITEL UND INHALT
© Jörg Lantelme - fotolia.com; © Christian Husar; © Heiner Hamm
28
2
EXPERTEN IN DIESER AUSGABE
Dr. Barbara Aigner
Geschäftsführerin,
emotion banking
Herbert Auer
Vertriebsdirektor,
Kommerzkunden
Österreich,
BAWAG P.S.K.
Ole Barkmann
Kay Uwe Berg
Hauptgeschäftsführer, Bundesverband
Deutscher InkassoUnternehmen
Gabriele Bieber
Bereichsleitung
Customer & Operation
Services,
Altor Gruppe
Andreas Ertle
Geschäftsführer,
IntReal
Markus Gauder
Geschäftsführer,
Gesellschaft für
Qualitätsentwicklung in
der Finanzberatung
Frank-Michael
Goebel
Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht
Koblenz
Achim Grögeder
Leiter IT/Operations,
Triodos Bank
Stefan Haemmerling
Sprecher der
Geschäftsführung,
S-Servicepartner
Deutschland
Christian Hoppe
Founder und
Geschäftsführer,
main incubatorr
Matthias Hübner
Partner,
Oliver Wyman
Hans de Lange
Business Development
Manager,
Raincode
Robert Macho
First Vice President
eBusiness,
Bank Austria
Jürgen Marstatt
Head of
Swift Germany
Christoph Mayr
New Business
Development
Germany, Austria,
Misys
Marija Milcic
Bereichsleitung Legal
Collection,
Altor Gruppe
Martin Nowak
Leiter Firmenkunden
Wien/NÖ Nord,
Erste Bank
Stephan Paxmann
Vorstand,
TME
Rainer Remke
Stellvertretender Sprecher der Geschäftsfühung, S-Servicepartner
Deutschland
Dir. Dipl.-Ing.
Martin Rosar
Bereichsleiter
Großkommerz ,
Volksbank Wien
Prof. Dr. Herbert
Schuster
David Smith
Business Development,
Auriga
Dr. Andreas Strasser
Leiter Firmenkunden &
Strukturierte
Finanzierungen,
Hypo NOE Gruppe Bank
Head of Business
Development Financial
Solutions,
Pass Consulting Group
Geschäftsführer,
Innoplexia und Professor der
SRH Hochschule Heidelberg
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Herbert Tempsch
Deputy Head of
Financing & Advisory,
UniCredit Bank Austria
Andreas Thiel
Partner,
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Dr. Dirk Thiel
Geschäftsführer,
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Leiterin Compliance &
Datenschutzbeauftragte,
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3
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individuellen Weg zur digitalen Exzellenz.
Retail-Banken müssen die
eigene Digitalisierung vorantreiben
„Wenn es um Kontoeröffnung oder Kreditkartenanträge über
Online- oder Mobile-Kanäle geht, haben deutsche Banken ein
besseres Leistungsspektrum als andere europäische Institute“, erklärt Wolfgang Hach, Partner von Roland Berger. Hohe
regulatorische Anforderungen, manuelle Prozesse und veraltete Systeme erschweren allerdings eine schnelle Abwicklung
oder den Abschluss von komplexen Finanzprodukten.
„Die Banken kommen dadurch unter Druck, denn die
Kunden erwarten die gleiche schnelle, flexible und zuverlässige Abwicklung ihrer Geschäfte wie bei Online-Händlern“,
Foto: © EURO Kartensysteme GmbH
KURZ UND KNAPP
so Sebastian Steger, Co-Autor der Roland-Berger-Studie „Executive Retail Banking Survey: Digital Transformation“. Und
das kann fatale Folgen haben, denn die neuen Mitbewerber
machen den Banken ernsthafte Konkurrenz. Hach: „Wenn
sie nicht reagieren, könnten die europäischen Banken durch
die digitalen Geschäftsmodelle der FinTechs zwischen 20 und
30 Prozent ihrer Erträge sowie den Zugang zu online-affinen
Kunden verlieren.“
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Schlagzeilen
Informationen und Dokumente bereit, die für die
Erfüllung der KYC-Vorgaben nötig sind.www.swift.com
Leasing und Finazierung fördern den Kfz-Verkauf
Automobile Finanzdienstleistungen gewinnen beim
Kauf immer mehr an Bedeutung. Für fast die Hälfte der Autohaus-Kunden steht die Entscheidung für
ein Leasing- oder Finanzierungsangebot sogar noch
vor der Wahl der Fahrzeugmarke. www.autobanken.de
Unternehmen
NCR stattet die Postbank mit Cash-Recyclern, Kontoservice- und Dialog-Terminals aus. www.ncr.com
Sprengnetter hat die österreichische R&S Software
www.sprengnetter.de
übernommen.
Banking-Apps von Manipulation bedroht
Keine der für den „State of Application Security
Report“ untersuchten Banking- und Bezahl-Apps
weist ausreichene Sicherheitsmaßnahmen auf, um
sich gegen Hackerangriffe zu schützen. Sie sind
damit anfällig für Manipulationen und Datendiebwww.arxan.com
stahl.
Crealogix hat eine Beteiligung an Elaxy erworben.
Fiducia&GAD bleibt Gesellschafter. www.crealogix.com
Avaloq Sourcing betreibt nun für fünf deutsche
Banken die Avaloq Banking Suite. www.avaloq.com
Banken+Partner ∙ 5/2015
Nachholbedarf beim Cash-Management
Lediglich 36 Prozent der mittelständischen Unternehmen nutzen bereits ein professionelles CashManagement-System. Davon setzen allerdings zwei
Drittel eine Lösung ein, die ihnen von ihrem Kreditwww.commerzbank.de
institut angeboten wurde. Bawag P.S.K. hat eine neue analytische Infrastruktur für Stresstesting und Simulationen aufgebaut
www.sas.de
und in Betrieb genommen.
Grenke Bank hat sich an der Cash Payment Soluwww.grenke.de
tions – Barzahlen.de beteiligt.
Swift KYC-Register von immer mehr Banken genutzt
Mehr als 2.000 Finanzinstitutionen weltweit haben
sich bereits als Nutzer des KYC-Registers (KYC –
Know Your Customer) von Swift eingetragen. Die
Datenbank hält zu allen registrierten Instituten
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4
KURZ UND KNAPP
Anlageberatung
Verständlich und
transparent
Beratungsprotokolle gelten als bürokratisch und unbeliebt
bei Banken und Kunden. Eine neue Studie zeigt jedoch: 89
Prozent der Verbraucher wünschen sich ein nachvollziehbares, ausführliches Beratungsprotokoll. Unbürokratisch soll
aber die Abwicklung der Protokolle und Auftragserteilung vonstattengehen, am liebsten schnell und
digital. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage
von NFS Netfonds unter 1.000 Bundesbürgern ab 18 Jahren.
„Die hohe Akzeptanz der umstrittenen Protokolle ist
überraschend, passt aber zum Bedarf nach Transparenz
und Verständlichkeit“, sagt Christian Hammer, Geschäftsführer von NFS Netfonds. „Auch die neue Gesetzesinitiative
MiFID II wird die bedarfsgerechte Beratung noch stärker
fokussieren.“ Immerhin wünschen sich jeweils 97 Prozent
der Befragten eine auf ihre Situation angepasste Beratung
sowie eine verständliche Erklärung. Diese Wünsche sollen
möglichst einfach und schnell umgesetzt werden. 83 Prozent der Befragten erwarten eine unbürokratische Bestätigung von Beratungsaufträgen und Anlagekäufen.
„Eine einfache und unkomplizierte Abwicklung des Beratungsprotokolls ist durch gute Applikationen inzwischen
sehr praktikabel“, sagt Hammer. „Allerdings haben die Banken die Digitalisierung teilweise verschlafen und lassen eine
Lücke, die von innovativen FinTechs genutzt wird.“ Gerade im Service spielen Schnelligkeit und Bequemlichkeit für
Kunden eine große Rolle. 86 Prozent der Befragten wollen
unaufgeforderte Rückmeldungen zum Bearbeitungsstand
ihres Anliegens. 68 Prozent möchten ihre Aufträge bequem
per PIN/TAN-Verfahren bestätigen. Die digitale Unterschrift
wollen dagegen nur 37 Prozent.
Auch Innovationen gegenüber sind Finanzkunden
durchaus aufgeschlossen. 65 Prozent der Befragten würden es schätzen, den Status Quo der Portfolioentwicklung
anschaulich aufbereitet online oder als App vorzufinden.
47 Prozent können sich sogar vorstellen, im Rahmen eines
hochwertigen Finanzmanagement-Programms online auch
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KURZ UND KNAPP
SB-Systeme
Standort auszusuchen und dennoch eine einheitliche Software
für alle Geräte nutzen. Als Software-Anbieter ist es unsere Aufgabe, die Customer Experience der Banken zu steigern und zu
verbessern. Damit der Kunde von einem ganzheitlichen Erlebnis
profitieren kann, ist die Integration aller Kanäle der Bank notwendig. Dazu zählen Geldautomat, Filiale, Internet und Mobile.
Komplexität reduzieren
Sie sind bereits seit einigen Jahren außerhalb Ihres Stammlandes
Italien aktiv. Welche Erfahrung haben Sie bisher gemacht?
Smith: In Großbritannien und Frankreich ist Auriga mit
Niederlassungen präsent und konnte bereits einige der größten Banken gewinnen. Von Frankfurt aus bietet Auriga die
Lösungen nun auch für den deutschen Markt an. In Deutschland gibt es ein großes Interesse an unserer Software und wir
haben bisher vielversprechende Rückmeldungen erhalten.
David Smith
International Business
Development Manager,
Auriga
Herr Smith, Auriga bietet Softwarelösungen an, die unabhängig
vom Hersteller an allen SB-Geräten eingesetzt werden können. Ist
eine solche Software denn notwendig?
Smith: Natürlich können sich die Institute auch auf die
Software der Hardware-Hersteller verlassen – wir merken
allerdings, dass sich immer mehr Banken dafür interessieren,
Hard- und Software getrennt zu kaufen. Sie sind dann unabhängiger in ihren Entscheidungen, können unabhängig von einem
bestimmten Hersteller die beste Hardware für den jeweiligen
Nun unterscheidet sich die Struktur der Bankenbranche in
Deutschland doch deutlich von der anderer Länder?
Smith: Das ist sicherlich richtig, doch sie ähnelt der in Italien
und damit haben wir seit über 20 Jahren Erfahrung. Gerade für
die großen Rechenzentren kann der Einsatz einer Software, die
unabhängig auf den Geräten verschiedener Hersteller eingesetzt werden kann, attraktiv sein. Denn damit wird die Komplexität des Betriebs deutlich reduziert.

IT-Systeme
erreichen sie eine vielfach höhere Agilität bei der Weiterentwicklung ihrer IT und werden wettbewerbsfähiger. Gleichzeitig
wächst der Druck auch von außen, denn neue ComplianceAnforderungen machen eine Anpassung der IT an moderne
Standards unumgänglich.
„Wir übertragen
Softwarecode“
Weshalb scheuen die Institute dann vor einem Umstieg immer
noch zurück?
De Lange: Weil eine Migration nicht trivial ist. Schließlich
handelt es sich in der Regel um einen althergebrachten Mainframe-Code, der von einer Plattform auf die andere übertragen
werden muss, ohne dass Informationen verloren gehen.
Hans de Lange
Banken+Partner ∙ 5/2015
Business Development Manager,
Raincode
Sie versprechen Ihren Kunden genau das. Wie gehen Sie dabei
vor?
De Lange: Unser Credo lautet „Never change the existing
Code“. Das bedeutet, dass bei unserer Lösung die Modernisierung der Anwendungsplattform erfolgen kann, ohne dass der
Mainframe-Code auch nur minimal verändert werden muss. Im
Grunde setzen wir ein automatisches Übertragungsprogramm
ein. Damit erzeugen wir in den neuen Anwendungen einen
nativen Code, der dann angepasst werden kann.

Herr de Lange, noch immer sind bei vielen Banken Großrechner­
anwendungen im Einsatz. Weshalb ist es sinnvoll, diese Programme auf Serverplattformen zu migrieren?
De Lange: Der Wechsel vom Großrechner zum Server senkt
die Kosten der Institute jährlich um etliche Millionen. Zudem
6
KURZ UND KNAPP
Die ausführlichen Artikel finden Sie in „Profi Invest“ 4-2015.
Spezialfonds
Der Siegeszug geht weiter
S
pezialfonds haben sich in
Deutschland etabliert. Das
bestätigt die Spezialfonds-Studie von Kommalpha. „Durch seine
Öffnung für arbeitsteilige Prozesse zwischen Asset-Management und Administration ermöglicht
das Vehikel die Aufnahme globaler
Trends und herausragender internationaler Dienstleister innerhalb der
Rechtsnorm“, so die Studienautoren.
Klare Gewinner waren die
gemischten Wertpapierfonds, deren
Siegeszug sich auch 2015 fortsetzte.
Hingegen gab es eine nachvollziehbare Zurückhaltung bei der Entwicklung neuer Renten-Spezialfonds. Und
auch das Volumen der Aktien-Spezialfonds nahm nur zögernd zu. Hingegen gewinnen Immobilien-Spezialfonds trotz eines Marktanteils von
unter fünf Prozent an Bedeutung.
Zudem unterschieden sich auch
die Aktivitäten der Investoren. So
werden Corporates immer wichtiger.
Größte Anlegergruppe bleiben jedoch
mit einem Bestand von 444 Milliarden Euro die Versicherungen.
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7
SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS
PROLOG
Banken und FinTechs:
von kleinen, großen und
riesigen Fischen
Banken+Partner ∙ 5/2015
Die Banken und Sparkassen haben in den vergangenen Jahren gegenüber den sogenannten FinTechs erheblich an Terrain verloren, und
zwar auf allen Geschäftsfeldern – von Zahlungsverkehr über Anlageberatung bis hin zur Kreditvergabe. Die Reaktionen der Kreditinstitute
sind dabei durchaus unterschiedlich: Vom Ignorieren über Imitieren
bis zum Kooperieren und Akquirieren reicht das Handlungsspektrum.
Inzwischen ist aber eines klar: FinTechs sind nicht zu unterschätzen. Die
neuen Mitbewerber sind nicht nur kleine Fische, die im Notfall von den
Banken geschluckt werden können – auch große multinationale Konzerne mischen in diesem Bereich kräftig mit.
8
SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS
Wer frisst wen . . . ?
Quelle: Pass Consulting
Banken
Apple, Amazon, Google und Co.
Wunden zugefügt.“ FinTechs agieren
dabei nicht nur am Rand des klassischen Bankings, sondern auch in den
absoluten Kernbereichen (siehe Seite
10). Sie drängen erfolgreich in den
Kreditmarkt, sind in der Anlageberatung aktiv und bieten mit ihren Apps
den Kunden Services für die private
Finanzplanung.
Doch während sich die meisten
Banken und Sparkassen mit den
innovativen Konzepten der kleinen
neuen Mitbewerber auseinandersetzen, schielen auch die großen Inter-
9
net- und Technologiekonzerne auf
die Finanzbranche. Diese Konzerne
verstehen insbesondere die Digital Natives auf einem ganz anderen
Niveau als viele Banken.
Doch damit nicht genug: Google,
Facebook, Apple und Co. verfügen
über ein weltweites Netzwerk von
Milliarden Kunden, deren Konsumverhalten sie sehr gut einschätzen
können. Sie werden dadurch zu Mitbewerbern, die auch den großen Bankenfischen im Finanzteich gefährlich
werden können. Dr. Thomas Leims
Banken+Partner ∙ 5/2015
„Ohne Banken wäre unser Wirtschafssystem nicht, wie wir es kennen“, diesen Satz aus der Studie „Das
FinTech-Universum 2015“ der
Pass Consulting Group werden
wohl alle Banker unterschreiben.
Doch nun schicken sich FinTechs an,
diese über Jahrhunderte gewachsene
Macht ins Wanken zu bringen.
„Sie tummeln sich als kleine
Fische im Finanzsektor“, so die Studienautoren. „Doch in den wenigen
Jahren ihrer Präsenz haben sie den
etablierten Instituten bereits ein paar
FinTechs
SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS
Branchenüberblick
FinTechs versus Banken –
Banken und FinTechs?
Die bis dato auf herkömmlichen Geschäftsmodellen beruhende Finanzwirtschaft ist seit
einiger Zeit mit Herausforderungen konfrontiert, mit denen sie so – und vor allem in dieser
Geschwindigkeit – nicht gerechnet hatte. Kleine Start-ups, sogenannte FinTechs, nutzen vor
allem digitale Möglichkeiten, um Banken und Sparkassen bis in deren Kernkompetenzen
hinein Teile ihrer Wertschöpfungskette streitig zu machen. Noch ist nicht ganz klar, wie die
Bankenwelt in der näheren und weiteren Zukunft reagieren wird, das heißt, ob Kooperation
oder Konkurrenz die Koexistenz von FinTechs und Kreditinstituten bestimmen werden. Eines
ist allerdings klar: Die neuen Mitbewerber werden immer wichtiger werden.
Die Relevanz der FinTechs steigt und steigt
Einschätzung der Bedeutung von FinTechs durch die Banker
Angaben in Prozent, Quelle: „Das FinTechs-Universum 2015“, Pass IT-Consulting
In 5 bis 10
74 Jahren
50
In 3 bis 5
53 Jahren
41
15
6
Banken+Partner ∙ 5/2015
(eher) nicht relevant
Was sind eigentlich FinTechs, was
machen sie, was können sie? Sind sie
die neuen Wunderkinder der Finanzbranche oder sollte man sie eher
als „Digitale Drückerkolonnen“ einschätzen, wie es jüngst Karl Matthäus Schmidt, der Vorstandsvorsitzende der quirin bank, getan hat. Seiner
Meinung nach „verlassen sich allzu
viele FinTechs allein auf ihr Design,
26
12
24
teils/teils
Heute
(sehr) relevant
den Wohlfühlfaktor und die Attraktivität des Neuen.“ Das reiche aber
nicht, um im Finanzsektor dauerhaft
erfolgreich zu sein.
Auch wenn sicherlich nicht alle
FinTechs überleben werden, steigt
das Investitionsvolumen in derartige
Unternehmen extrem an (siehe Grafik auf Seite 11). Wurden 2008 noch
rund eine Milliarde US-Dollar in sol-
10
che Start-ups investiert, waren es
2014 bereits mehr als zwölf Milliarden US-Dollar; den stärksten Anstieg
verzeichneten dabei mit 215 Prozent
die Investitionen in Europa. Das
wirkt sich auch auf die Investments
der Kreditinstitute aus. Allein die USamerikanischen Geldhäuser wollten,
so das Institut IDC Financial Insights,
im Jahr 2015 rund 17 Milliarden Dol-
SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS
lar in die digitale Transformation
investieren.
Die Bereiche mit FinTechs-Aktivitäten, sind vielfältig. Das Institut
für Vertrieb und Transformationsmanagement (TME) teilt sie in
seinem Factbook 2015 „Innovative Geschäftsmodelle im Banking“ in vier Kategorien ein:
ubezahlen,
uanlegen,
u verwalten und
ufinanzieren.
Bezahlen
Anlegen
Das Anlegen von Geld, bis vor kurzem eine der Kernkompetenzen von
Banken und Sparkassen schlechthin,
ist gerade in einer Zeit der Niedrigzinsen in den Fokus der FinTechs
geraten, die zu diesem Zweck neue
Geschäftsmodelle entwickelt oder
aus den USA übernommen haben.
Eines dieser alternativen Anlagemodelle ist das Crowdfunding, in
Deutschland seit 2011 auf dem Markt.
Plattformen geben dabei Kleinanlegern die Möglichkeit, Venture Capital
gegen Zinsen für Projekte zur Verfügung zu stellen. Zur Bekanntmachung der Projekte werden Internetplattformen und soziale Netzwerke
genutzt.
Als Crowdinvesting wird die kommerzielle Variante des Crowdfunding
bezeichnet, die sich hauptsächlich
mit der Finanzierung von Start-ups
beschäftigt. Dabei wird der notwendige Finanzierungsbedarf über viele
Privatanleger akquiriert. Das erspart
Kleinunternehmen den – nicht selten erfolglosen – Gang zur Bank.
Die Vergütung der Anleger erfolgt
durch Unternehmens- oder Gewinnbeteiligungen. In Deutschland aktive
Crowdfundig-Plattformen sind beispielsweise Seedmatch oder Bergfürst.
Europa holt auf
Weltweites Investment in FinTechs
Angaben in Millionen US-Dollar, Quelle: „The Future of FinTech and Banking“, Accenture
Investment
14.000
Deal Volumen
800
Vereinigte Staaten
Europa
Asien/Pazifik
Andere
Globales Deal Volumen
12.000
10.000
700
600
500
8.000
400
6.000
300
4.000
200
2.000
0
100
2008
2009
11
2010
2011
2012
2013
2014
0
Banken+Partner ∙ 5/2015
Die FinTechs in dieser Kategorie
decken in erster Line den B2CBereich mit Privatkunden ab. Für die
Kategorie „Bezahlen“ bedeutet das
vor allem, Barrieren zwischen Kunde
und Händler abzubauen.
Hier fließen zwei Innovationsfelder, autonome Dienstleister und
technische Lösungen, zusammen.
Technisch wird das „Bezahlen“ via
mobile Applikationen (Apps), NearField-Communication (NFC), Dongle-Aufsteckgeräten oder das Nutzen
vom QR-Codes erreicht.
Wichtigstes FinTech in diesem
Bereich ist sicherlich PayPal. Die
ehemalige ebay-Tochter ist weltweit
in über 190 Ländern aktiv, die europäische Tochter verfügt über eine
luxemburger Lizenz als Kreditinstitut und wickelt Online-Überweisungen über das jeweilige PayPal-Konto
des Kunden ab. Zudem ermöglicht
PayPal mobile Payment über eine
App sowie Facebook-Überweisungen.
Viele Unternehmen, etwa Google
Wallet, bedienen sich der NFC-Technik, die eine drahtlose Übertragung
von Daten in einem Bereich von
bis zu vier Zentimetern ermöglicht.
Eine andere Lösung sind aufsteckbare Kartenchip-Lesegeräte, sogenannte Dongles, die ein Smartphone in
ein modernes Kassenterminal verwandeln. Sie ermöglichen speziell
kleineren Händlern die Teilnahme
am mobilen Zahlungsverkehr. Ein
Beispiel dafür ist iZettle.
Auch biometrische Verfahren wie
das Bezahlen per Fingerabdruck, QRScans, Person-to-Person-Geldtransfer
via Mobiltelefon und digitale Währungen haben inzwischen die Marktreife erreicht.
SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS
Doch auch die klassische Geldanlage in Aktien und Anleihen hat
bereits ihren Niederschlag in FinTechs gefunden. Dabei nutzen Anleger Internetplattformen, um den
Umgang mit Finanzprodukten zu
erlernen und erfolgreiche Anleger
zu kopieren. Eine der bekanntesten
Plattformen ist wikifolio.com, bei
der private Trader und professionelle
Vermögensverwalter Portfolios anlegen, die dann von den Nutzern nachgebildet werden können. Inzwischen
gibt es die Möglichkeit, Zertifikate
auf die Portfolios zu erwerben. Diese
werden exklusiv bei der Börse Stuttgart gelistet. Weitere Kooperationspartner sind der S-Broker, Comdirect
oder die Consorsbank.
Banken+Partner ∙ 5/2015
Verwalten
Online Banking in Verbindung mit
einem Girokonto gehört mittlerweile
zum Standard und ist in Deutschland noch ein weitestgehend weißer
Fleck auf der Landkarte der FinTechs. Doch auch hier entdecken sie
neue Geschäftsmodelle. Dazu gehört
zum Beispiel die digitale Informationsverwaltung des Personal Finance
Management (PFM). Es unterstützt
Kunden bei der privaten Finanzplanung und wertet Kontoumsätze in
Echtzeit grafisch aus.
Bei offenen PFM-Tools ist es sogar
möglich, den Zugriff auf Konten bei
mehreren Banken zu ermöglichen.
Geschlossene Tools unterstützen hingegen nur Bankkonten einer Bank.
Ihr Vorteil: Die Kreditinstitute behalten die Datenhoheit und können
ihren Kunden spezifische Produktangebote machen.
„Durch die Integration der innovativen Tools unterschiedlicher WhiteLabel-Anbieter wird die Zufriedenheit des Kunden gesteigert und die
Kundenbindung an die Bank erhöht“,
bewertet Gregor Puchalla, Geschäftsführer von FintechStars, im Vorwort
des Reports „Digitale Transformation in der Bankenbranche – Personal
Finance Management revolutionieren
das digitale Banking“ die Vorteile
eines PMF. „In Zeiten wachsender
Wechselbereitschaft von Bankkunden schaffen Banken und FinTechs in
der Kooperation somit einen echten
Mehrwert für alle Stakeholder.“
Finanzieren
Zum Wachstumsmarkt von FinTechs
zählen auch Plattformen, die Privatleute als Kreditsuchende und Kreditgeber miteinander in Verbindung
bringen. Die TME-Studie stellt neben
Diskretion und Schnelligkeit auch die
günstigen Transaktionskosten und
die Geschwindigkeit des webbasierten Kreditvergabeprozesses heraus.
Nach Gründungen in Großbritannien
2005 agieren seit 2006 auch in den
USA und Deutschland entsprechende Plattformen. Nachdem der Fokus
anfangs auf dem Privatkundenbereich lag, wird das Modell immer
häufiger auch auf Geschäftskredite
ausgeweitet.
Beispiele dafür sind Auxmoney,
das Kredite von Privatpersonen an
Privatpersonen vermittelt, Smava,
das sowohl als Online-Vergleichsportal für Ratenkredite fungiert als auch
Kredite von Kleininvestoren an Privatpersonen vergibt, und Zencap,
das Darlehen von privaten Investoren an kleine und mittlere Unternehmen vermittelt.
FinTechs und Banken
im Wettbewerb
„FinTechs sind die Profiteure der
Nachwirkungen der Bankenkrise
und dem damit verbundenen Misstrauen gegen das Finanz-Establishment“, nennt die Studie „Das
FinTech-Universum 2015“
der Unternehmensberatung Pass ITConsulting einen der Hauptgründe
12
für den Erfolg der jungen Unternehmen. Immerhin haben FinTechs das
Geschäftsmodell der Banken bereits
jetzt empfindlich durcheinandergebracht. Sie haben sich nicht mehr
nur in Randzonen des klassischen
Banking festgesetzt, sondern drängen erfolgreich in die Kernbereiche
der Banken und Sparkassen ein.
Allerdings bedeuten hohe Wachstumsraten nicht unbedingt riesige
Gewinne. 2014 schloss der P2P-Kredit-Branchenprimus Lending Club
mit einem Umsatz von 213,4 Millionen US-Dollar ab. Gegenüber dem
Vorjahr, in dem das Unternehmen
einen Umsatz von 98 Millionen Dollar erzielte, bedeutet das eine Steigerungsrate von immehin 118 Prozent.
Dennoch erzielte Lending Club einen
operativen Verlust von 32,9 Millionen US-Dollar. Der Markt für die
Angebote der FinTechs ist also vorhanden, die Umsätze wachsen, auch
wenn die Profitabilität noch nicht in
Reichweite liegt.
Attacker und Zulieferer
Dennoch sollten Kreditinstitute die
neuen Wettbewerber ernst nehmen.
„FinTechs sind keine Eintagsfliegen.
Sie haben Ideen, die sie in die Lage
versetzen, das Finanzdienstleistungsbusiness nachhaltig und sichtbar zu
verändern“, betonen die Autoren der
Pass-Studie. Doch nicht jedes Startup ist automatisch auch ein Attacker,
der eine bereits in ähnlicher Form
bestehende Bankenlösung substituiert. Es gibt auch Zulieferer, die für
eine Anreicherung eines Bankenprodukts sorgen und damit die Kundenbindung erhöhen (siehe Grafik auf
Seite 13).
Eine echte Gefahr für die Kreditinstite bestehe eigentlich nur bei
Substituten, so die Pass-Studie, oder
bei einer wesentlichen Aufwertung
der bestehenden Dienstleistung
durch einen Mehrwert für den Kun-
SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS
Substitut versus Anreicherung
Deutschland
hatBankdienstleistungen
noch Potenzialersetzen und ergänzen.
Wie
FinTech-Services
den, die Mehrwerte für den Kunden
liefern.
Quelle: „Das FinTech-Universum 2015“, Pass IT-Consulting
SUBSTITUT
Angreifer zu Partnern machen
 Mobile Payment
 Realtime Payment
 KMU-Unternehmenskredite
 Cash-Online-Payment
 Payment inklusive Kassensystem
Customer-Service-Automatisierung
Big-Data-Rating
(Substitut für Call-Center-Leistungen)
(Substitut klassischer Ratingagenturen)
Portfoliomanagement
(Kann Bankangebote substitutieren oder anreichern)
Video-Legitimierung und
Authentifizierung
 Private Finanzplanung
 Customer Journey
 Factoring
(Klassische Methoden werden substituiert)
 Forderungsversteigerung
 Abrechnungsautomatisierung
ANREICHERUNG
die Autoren der Pass-Studie. „Beim
Mobile Payment droht die Substituierung, wenn Mobile Payment tatsächlich den Markt erschließen kann.“
Das sei dann möglich, wenn die FinTechs einen Mehrwert für das Bezahlen mit dem Smartphone schaffen
könnten – beispielsweise wenn es
dadurch möglich würde, Wartezeiten
in Restaurants zu vermeiden.
Beim Kreditgeschäft stehen die
Zeichen ebenfalls auf „Gefahr“. Auch
hier benötigen kleine und mittlere
Unternehmen sowie Start-ups nicht
unbedingt eine Bank, um eine Finanzierung zu erhalten. Das gilt umso
mehr, wenn FinTechs zusätzlich
neue, attraktive Kreditprodukte erfin-
13
Banken+Partner ∙ 5/2015
den, den eine Bank bisher nicht oder
nicht in dieser Intensität liefert. Das
trifft etwa auf den Bereich „Private
Finanzplanung“ zu – sofern es sich
um Multibanken-fähige Lösungen
handelt und das PMF den direkten
Kontakt zum Institut ersetzt. Ansonsten sind solche Angebote eine Anreicherung der bestehenden Bankservices.
Anders sieht es beim Zahlungsverkehr aus. „Hier können die Banken durch die FinTech-Lösungen um
Provisionen gebracht werden, die
heute bei jeder bargeldlosen Zahlung
am Point of Sale oder im OnlineHandel beim Einsatz von Kredit- und
Maestro-Karten anfallen“, warnen
Allerdings könnte es den Kreditinstituten auch gelingen, die bisherigen
Attacker durch Aufkäufe zu Zulieferern zu machen. Kein Wunder also,
dass es bereits einige Banken gibt,
die gezielt die Entwicklung von FinTechs unterstützen und so an deren
Innovationskraft partizipieren.
Ein Beispiel ist die Wüstenrot
& Württembergische, die
Anfang November gemeinsam mit etventure eine neue Gesellschaft für die Digitalisierung im
Finanzmarkt, die W&W Digital,
gegründet hat. Auch die Commerzbank betreibt mit dem main inkubator bereits seit einigen Jahren ein
Unternehmen, dass FinTechs finanziert (siehe Seite 14).
Wie groß das Potenzial der neuen
Wettbewerber sein wird, die Finanzbranche tatsächlich nachhaltig zu
verändern, wird allerdings erst die
Zukunft zeigen. „Letztlich sind es
die Kunden, die einer Lösung zu
Marktveränderungen verhelfen“, so
die Pass-Studie. Nur wenn sie einen
deutlichen Mehrwert oder Vorteil für
sich ausmachen, würden die Kunden
auf die Angebot der jungen Unternehmen setzen. Es zeige sich bereits,
dass sie die Angebote annehmen,
wenn sie diese als echten Mehrwert
empfunden würden und die Konditionen passten.
„Das Potenzial, die Märkte nachhaltig zu verändern, den Bankkunden ganz neue und bessere Erlebnisse zu geben oder den Banken eine
bessere Kommunikation mit den
Kunden zu ermöglichen, ist durch
die Angebote der FinTechs vorhanden“, so die Pass-Experten. Nun sei
es an den Kunden zu entscheiden.
Dr. Thomas Leims
SCHWERPUNKTTHEMA | FIN TECHS
Interview
FinTechs –
durch die Bank förderwürdig
„If you can‘t beat them, join them“ – nach dieser Devise handelt der main incubator. Die Commerzbank-Tochter stellt seit April 2014 Kapital mit Hebelwirkung für Start-ups zur Verfügung, die innovative Ideen für die Finanzbranche entwickeln. „Banken+Partner“ hat nach den Gründen dafür gefragt.
Christian Hoppe
Banken+Partner ∙ 5/2015
Founder und Geschäftsführer,
main incubator
Mit dem main incubator haben Sie
Neuland betreten. Was hat Sie beziehungsweise die Commerzbank vor zwei
Jahren bewogen, den main incubator zu
gründen?
Hoppe: Die Commerzbank hat
erkannt, dass Innovation der Schlüssel zur digitalen Transformation ist. Der
Megatrend der Digitalisierung hat die
Geschäftsprozesse in der Bankwelt verändert und wird sie weiter verändern.
Vor diesem Hintergrund schafft eine
Kooperation mit FinTechs Mehrwert für
das Geschäftsmodell der Commerzbank
– im Sinne von zeitgemäßen Produkten
und Services für die Kunden.
Die Commerzbank hat zwar interne Think Tanks, die innovative Ideen
entwickeln, sie wollte aber auch das
Potenzial der vielen Menschen außerhalb des Konzerns nutzen. Mit dem main
incubator, bei Launch im April 2014 der
erste FinTech-Inkubator einer Großbank
in Kontinentaleuropa, ist sie in der Lage,
nicht nur bei den zukünftigen Trends
dabei zu sein, sondern sie auch selbst zu
setzen. Wir bieten FinTechs in der SeedPhase Kapital mit Hebelwirkung: Zugang
zu den Kunden der Commerzbank, Beteiligungskapital, Banking-Know-how und
– wenn gewünscht – auch Büro- und
IT-Infrastruktur im Gebäude des Inkubators.
Gerade im Firmenkundengeschäft
ist der Kundenzugang ein Mehrwert für
FinTechs, denn die Kundenakquise ist
sehr kostenintensiv und aufgrund der
fehlenden Reputation der Start-ups nicht
ohne Weiteres möglich. Zudem sind
die Lösungen bisweilen komplex und
decken nur Teile der Wertschöpfungskette ab.
Ein weiteres Angebot ist die enge
Zusammenarbeit mit einem ExpertenNetzwert, die die Time-to-Market für die
Start-ups erheblich verkürzen und die
Unsicherheiten rund um die regulatorischen Anforderungen reduzieren kann.
Dabei strebt der main incubator bei seinen Investments keine Mehrheiten an.
Auch wollen wir keine Exklusivität, denn
den FinTechs soll der Zugang zu den
Kunden in der gesamten Bankenbranche ermöglicht werden.
Wie hat sich Ihre Arbeit seit der Gründung verändert? Was hat sich anders
14
entwickelt, als es damals vorauszusehen war?
Hoppe: Zunächst haben wir festgestellt, dass sich bei der Commerzbank in
den vergangenen zwei Jahren ein Change Process ergeben hat. Die Offenheit
gegenüber Digitalem ist größer geworden. Wir haben außerdem nach der
Gründung erkannt, dass eine vernetzte
und sich gegenseitig fördernde FinTechSzene in Frankfurt, in der DACH-Region
und in Kontinentaleuropa kaum existiert,
aber sehr relevant ist. Aus diesem Grund
haben wir im Oktober 2014 zur
Stärkung des kontinentaleuropäischen FinTech-Ökosystems die Initiative „Between the Towers. FinTechCity­-Frankfurt“ ins Leben gerufen. Ziel ist
es, über eine monatliche Event-Reihe in
Frankfurt – jeweils am ersten Dienstagabend im Monat – FinTechs, Investoren,
Wirtschaft und Wissenschaft zu vernetzen und erstklassig zu informieren.
Seither hat sich viel getan: Zahlreiche
weitere FinTech Formate zur Stärkung
der Szene wurden gestartet und es findet in der Tat ein intensiver Austausch
zwischen FinTechs und bereits etablierten Playern am Markt statt. Ein
gutes Beispiel hierfür ist figo: Über
das Networking bei Between the Towers
wurde ein relevanter Investor auf das
Geschäftsmodell aufmerksam und die
SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS
Finanzierungsrunde konnte erfolgreich
geschlossen werden.
Die FinTechs, die Sie bei deren Gründung unterstützen, bewegen sich alle
im Geschäftskundenbereich: Weshalb?
Hoppe: Der main incubator ist aus
der Mittelstandsbank der Commerzbank
heraus geboren mit dem Ziel, Innovationen in die Mittelstandsbank und zu
deren Kunden zu bringen. Aus diesem
Grund liegt unser Fokus auf BankingInnovationen für den B2B- Bereich und
wir arbeiten eng mit allen relevanten
Einheiten des Konzerns zusammen.
Dies bedeutet aber nicht, dass andere Trends außer Acht gelassen werden.
Wir beobachten die Entwicklungen im
gesamten FinTech-Bereich sehr genau,
begleiten forschungsähnliche Ansätze,
haben Interesse an allen Technologien,
die das Banking der Zukunft ausmachen,
und treiben Company-Building-Themen.
Dabei hoffen wir, erste Erfolge bald nennen zu können.
Wie viele Anträge auf Gründungshilfe
haben Sie bisher gesichtet und geprüft?
Wie vielen haben Sie zugestimmt?
Hoppe: Wir haben bereits 340 Startups gesichtet und sind bereits als Lead
Investor vier strategische Investments
eingegangen: in Traxpay, Gini,
OptioPay und ByeBuy – alles
FinTechs mit einem Mehrwert für die
Commerzbank oder deren Kunden.
Außerdem haben wir eine Wachstumsfinanzierung im Lead begleitet: in Gini. Die
Lösungen unserer FinTechs werden jetzt
in der Commerzbank oder als Angebot
an deren Kunden implementiert.
Wenn Sie FinTechs aus dem Bereich der
Finanzwirtschaft unterstützen, finan-
zieren Sie dann im Grunde nicht Ihren
eigenen systemischen Wettbewerb?
Hoppe: Wir gehen ja mit den FinTechs
strategische Kooperationen ein und die
FinTechs, mit denen wir zusammenarbeiten, suchen diese Kooperation auch
ganz konkret. Denn eine Kollaboration
lohnt sich für beide Seiten, weil dadurch
langjährige Kundenbindung und Vertrauen, Branchen-Know-how, Erfahrungen
im Bereich Regulierung und Datensicherheit sowie relevante Infrastrukturen
von den FinTechs nicht selbst erbracht
oder teuer eingekauft werden müssen.
Den Mehrwert, den die FinTechs den
Banken bieten könnten, wären beispielsweise ganz spezifische, spitz auf die
Kundenbedürfnisse zugeschneiderte,
technologiebasierte Dienstleistungen.
Vertrauen und Modernität könnten so
eine sehr gute Symbiose bilden.
Dr. Thomas Leims
Ich bin ein
Cyber Defender!
... weil ich beim Datenschutz in der E-Mail-
Kommunikation keine Kompromisse eingehe.
Sebastian Buchholz, Consultant GBS Services
www.gbs.com
SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS
Expertenmeinung
Banken-Tradition versus
FinTech-Innovation
FinTechs fungieren in der heutigen Finanzbranche sowohl als Wettbewerber von
Banken als auch als deren Zulieferer. Wie wird sich das Verhältnis dieser heute noch eher
als Konkurrenten angesehenen Gruppen in der näheren und weiteren Zukunft entwickeln?
Wie sollen die Banken in diesem neuen Umfeld reagieren? Das wollte „Banken+Partner“
von zwei Branchenexperten wissen.
Wenige Themen bewegen die Finanzwirtschaft im Augenblick mehr als das Aufkommen neuer
Wettbewerber. Sind FinTechs ein bleibender Trend oder lediglich ein Hype?
Hübner: Sicherlich werden viele der heutigen FinTech-Unternehmen in den kommenden Jahren wieder verschwinden,
zumal es mittlerweile zahlreiche Nachahmer ohne klare Differenzierung gibt. Aber die innovativen Ideen, insbesondere die
echten Problemlösungen aus Kundensicht, werden sicherlich
bleiben.
Insofern ist es für Banken keine Option, das Phänomen einfach auszusitzen. Zudem ist ja nicht gesagt, dass es bei den
kleinen Start-ups als Wettbewerber bleiben wird. Wenn die
großen Technologieunternehmen eines Tages ihren Fokus stärker auf Finanzdienstleistungen richten, entsteht ein deutlich
härterer Wettbewerb.
Banken+Partner ∙ 5/2015
Paxmann: Beides. Für einen Hype spricht die stark gewachsene Anzahl der FinTechs. Mittlerweile sind mehr als 900
digitale Geschäftsmodelle im Bereich Finance auf dem
Markt, die wir in den vergangenen zwölf Monaten analysiert
haben. Viele FinTechs wurden zudem deutlich überbewertet.
Doch dieser Bewertungshype lässt allmählich nach.
Wir gehen davon aus, dass sich der Markt schon ab 2017
deutlich konsolidieren wird. Was allerdings bleiben wird, sind
die Themen, die durch die neuen Start-ups aufgesetzt wurden: Mobile Payments, digitales Brokerage und so weiter. Hier
sehen wir ganz klar einen anhaltenden Trend, der sich nicht
mehr aufhalten lässt.
Fast alle Experten tadeln die traditionellen Kreditinstitute für ihre Zurückhaltung bei der Kooperation
mit FinTechs, obwohl diese als innovativ und kundenorientiert gelten. Wie kommt das?
Paxmann: Das liegt vor allem an der unterschiedlichen Mentalität der Kooperationspartner. Kreditinstitute agieren vorsichtig,
unterliegen den Vorgaben der Aufsichtsbehörden und bringen
historisch gewachsene IT-Strukturen mit, die oft nur langfristige Lösungen zulassen. FinTechs arbeiten dagegen mit hochmodernen IT-Systemen, sind agiler und akzeptieren auch Beta-
Hübner: In Banken und Sparkassen herrscht nach wie vor
eine geringe Fehlertoleranz. Oder anders ausgedrückt: Im
Bankensektor sollen alle neuen Produkte und Lösungen
bereits zu 100 Prozent bewährt sein. Das ist angesichts der
gestiegenen regulatorischen Anforderungen ein Stück weit
nachvollziehbar. Noch viel stärker scheint es aber ein kultu-
16
SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS
Stephan Paxmann
Matthias Hübner
Vorstand,
TME
Partner,
Oliver Wyman
Lösungen. Dieser Clash of Cultures macht das Miteinander nicht
immer ganz einfach. Dazu kommt, dass es zwar viele FinTechAnbieter gibt, aber nicht viele Geschäftsmodelle, die nachhaltig
sind und auf ganzer Linie überzeugen. Die Banken prüfen deshalb
genau, welche Kooperationen einen echten Mehrwert stiften.
relles Phänomen zu sein. Starre Organisationen und Beharrungskräfte verhindern vielfach echte Weiterentwicklung.
Hier kann man die Banken nur zu mehr Offenheit ermuntern,
durchaus auch im Sinne von „Versuch und Irrtum“. Nur so
können sie von den FinTechs lernen.
Welche Dienstleistungen sind derzeit besonders im Fokus der FinTechs?
Paxmann: Auf dem Vormarsch ist zum Beispiel die digitale Vermögensverwaltung. Robo Advisors erstellen dabei automatisierte Anlageempfehlungen für private Kunden und gehen so
weit wie möglich auf deren Profil ein.
In den USA gibt es schon einige etablierte Anbieter wie Betterment oder Wealthfront. In Deutschland ist der Markt noch
relativ neu, aber Anbieter wie Vaamo oder Easyfolio locken
immer mehr Kunden an. Auch Großbanken springen allmählich
auf den Zug auf, zum Beispiel die Deutsche Bank. Viel Dynamik
gibt es außerdem im Mobile Payment und vor allem im Crowdlending, das durch FinTechs wie Lendico, Iwoca oder Auxmoney stark gepusht wird.
Hübner: Vor allem in Kontinentaleuropa und Deutschland
sehen wir nach wie vor einen starken Fokus auf dem Retailbanking und auf B2C-Angeboten, die sich direkt an Endkunden
richten. Inhaltlich sind die Angebote allerdings durchaus ein
breiter Mix von innovativen Kontenmodellen über Zahlungsverkehr und neue Kreditarten bis hin zu digitaler Anlageberatung.
Nachholbedarf ist noch bei Anwendungen im Firmenkundengeschäft und Investmentbanking zu erkennen. Zudem ist
damit zu rechnen, dass wir künftig auch mehr B2B-Modelle
sehen werden, weil vielen FinTechs die Skalierung ihrer
Lösungen alleine schwerfällt.
Hübner: Die Frage enthält schon die Antwort: Die Banken
sollten agieren. Den Königsweg zur genauen Ausgestaltung
gibt es dabei sicherlich nicht. Manche Häuser haben eigene
Inkubatoren gegründet, andere integrieren FinTechs direkt in
ihr Geschäftsmodell. Letztendlich ist das eine Abwägungsent-
Paxmann: Der erste Schritt muss darin bestehen, eine digitale Agenda zu formulieren. Sie dient der Bank als Leitfaden,
wie in Zukunft agiert werden soll. Nicht jedes Geldhaus muss
komplett digital oder mobil aktiv sein. Nicht jedes FinTech ist
ein Heilsbringer. Ob eine lose oder exklusive Kooperation, eine
17
Banken+Partner ∙ 5/2015
Wie sollten Ihrer Meinung nach die Banken agieren?
SCHWERPUNKTTHEMA | FINTECHS
scheidung, auch unter Berücksichtigung der eigenen Unternehmenskultur.
Jedenfalls sollten Banken und Sparkassen den FinTechs,
mit denen sie kooperieren, auch genügend Freiheitsgrade
einräumen, um ihren innovativen Geist zu bewahren. Banken
brauchen eine klare Strategie im Umgang mit FinTechs: Was
versprechen wir uns von einer Kooperation? Wer hat den
Kundenzugang? Und wie sieht die Verteilung von Erträgen und
Kosten aus?
Beteiligung oder eine Übernahme sinnvoll sind, hängt unter
anderem von der eigenen Sourcingstrategie ab.
Einige größere Kreditinstitute setzen auch auf Venture Capital oder fördern Start-ups im Rahmen von Inkubatorprojekten,
wie es beispielsweise in Großbritannien üblich ist. Um zu klären, wie die eigene Digitalisierungsstrategie aussehen soll,
empfiehlt es sich, auf Vorstandsebene einen CDO, einen Chief
Digital Officer, zu etablieren und gemeinsam zu klären, was
gewollt und machbar ist.
Sollten die FinTechs künftig stärker reguliert werden?
Hübner: Letztendlich sollte ein regulatorisches „Level Playing
Field“ herrschen, das heißt, per se sind FinTechs weder stärker
noch weniger stark zu regulieren als Banken. Die Regulatoren
werden sich sehr genau ansehen, um welche Art von (Bank-)
Dienstleistungen es sich im Einzelfall handelt, und dann entsprechende Vorschriften erlassen beziehungsweise bestehende anwenden.
Sicherlich ist es nicht tolerierbar, dass manche FinTechs
dauerhaft unter dem regulatorischen Radar durchsegeln. Kooperationen mit Banken als Plattform-Anbieter und Lizenzgeber
mögen formal korrekt sein, dürften aber langfristig aus Kundensicht nicht als hinreichend angesehen werden.
Paxmann: Ein klares „Jein“. Wegen der geringeren Regulation
sind viele der neuen digitalen Geschäftsmodelle überhaupt erst
entstanden. Diesen Kreativprozess durch zu viele Einschränkungen zu unterbinden, wäre kontraproduktiv. Auf der anderen
Seite macht Regulation die Finanzgeschäfte für die Kunden
sicherer.
In diesem Sinne sind regulatorische Vorgaben im Banking
unerlässlich und müssten auch für FinTechs gelten, die in diesem Bereich aktiv sind. Zielgerichtet wäre meiner Meinung
nach eine Regulierung auf dem Level Playing Field, also Vorgaben für die neuen Finanzdienstleistungen und nicht für Anbietergruppen.
Banken+Partner ∙ 5/2015
Wagen Sie bitte eine Prognose: Wie wird sich die Branche in den
kommenden fünf Jahren entwickeln?
Hübner: Die deutsche Bankbranche wird sich auch weiterhin
mit rückläufigen Erträgen konfrontiert sehen, was für einige
Häuser zwangsläufig Fragen nach der eigenen Wertschöpfungstiefe beziehungsweise in manchen Fällen auch Konsolidierung aufwirft.
Insbesondere sollten sich Banken über ihre eigene Kernkompetenz klar werden und diese in Zukunft stärker betonen.
Liegt die Kernkompetenz in langjährigen und vertrauensvollen
Kundenbeziehungen, so muss die Bank oder Sparkasse nicht
zwangsläufig alle Produkte, die sie anbietet und vertreibt,
selbst herstellen, sondern kann diese zum Beispiel von anderen Kreditinstituten oder FinTechs hinzukaufen. Eine Praxis,
die im Bereich der Anlageprodukte ja bereits üblich ist.
Umgekehrt wird es auch immer mehr Institute geben, die
künftig als reine Produkthersteller fungieren und sich externer
Vertriebskanäle für ihre Angebote bedienen.
Die Fragen stellte Dr. Thomas Leims
Paxmann: Digital Banking wird für den Bankkunden zum Alltag
gehören. Aber die Anzahl der FinTechs wird sich bis 2020 deutlich reduzieren. Wir gehen davon aus, dass bis dahin nicht mehr
als ein Viertel der aktuellen Geschäftsmodelle noch auf dem
Markt sein wird. Die verbleibenden Anbieter werden mit den
Banken auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Gerade bei mittelständischen Geldhäusern wird der Bedarf massiv wachsen, mit
FinTechs oder Digital Communities zusammenzuarbeiten, da sie
selbst eine Entwicklung aus Kosten- und Zeitgründen gar nicht
stemmen können.
Die großen Banken werden dagegen versuchen, den digitalen Umbau im Alleingang zu schultern. Schon jetzt investieren
viele in die Erneuerung ihrer IT-Strukturen. Auch die Bankfilialen
werden 2020 eine andere Funktion erfüllen. Sie werden noch
stärker in die Digitalisierung eingebunden sein. Berater wird es
vor Ort weniger geben, Digital Banking wird als Self Service und
Videoberatung für Spezialthemen angeboten.
18
UNTERNEHMEN
Geschäftsmodelle
Retail-Bank mit klarem Digitalfokus
Kaum eine Branche steht in den kommenden Jahren vor einem so grundlegenden Wandel wie die
Finanzindustrie. Neben den regulatorischen Änderungen sind es insbesondere technologische
Innovationen, die das Potenzial haben, die Finanzbranche zu revolutionieren und die Karten im
Anbietermarkt neu zu mischen. Die Digitalisierung bricht alte Strukturen auf und lockt zugleich
neue Anbieter, die sich auf Finanztechnologie spezialisiert haben – sogenannte FinTechs –, an.
Während manche noch vor den neuen Herausforderern und Herausforderungen des digitalen Zeitalters zurückschrecken, hat sich die Wüstenrot Bank frühzeitig entschieden, voll auf die digitale
Karte zu setzen und bewusst die Zusammenarbeit zu FinTechs gesucht.
vertrauten Ansprechpartner vor Ort
geschätzt. Aus Unternehmenssicht
mündet diese Zufriedenheit in einer
hohen Abschlussquote. In den bisher
geführten Video-Beratungen endeten über 44 Prozent unmittelbar in
einem Geschäftsabschluss.
Neuer Internetauftritt –
„Verkaufsraum“ und digitale
Serviceplattform
Ein weiterer wesentlicher Schritt
auf der digitalen Reise der Wüstenrot Bank war der unlängst erfolgte
Relaunch des Internetauftritts unter
www.wuestenrotdirect.de. Er wurde
für mobile Endgeräte optimiert und
im „look and feel“ deutlich verbessert. Die Kunden der Wüstenrot
Bank erhalten damit einen schnellen,
bedarfsgerechten Zugang zu allen
online abschließbaren Produkten des
W&W Konzerns in einem frischen
und modernen Umfeld.
Zugleich bietet der neue Internetauftritt den Rahmen für eine Vielzahl
von neuen digitalen Services, die –
ebenso wie beispielsweise das Produktangebot – den Unterschied zwischen einer Bank alten Zuschnitts
und einer kundenfokussierten Digi-
19
talbank mit hohem Zukunftspotenzial ausmachen können. So hat die
Wüstenrot Bank dort bereits jetzt
einen Online-Kontowechsel, der in
Zusammenarbeit mit der Fino GmbH
entwickelt wurde, etabliert. In nur
drei Schritten können Zahlungspartner informiert, Lastschriftaufträge
geändert, Daueraufträge im OnlineBanking erfasst und die Kündigung
der bisherigen Kontoverbindung vorbereitet werden.
Auch der Kundenservice wurde
auf mobile Füße gestellt. Über die
App Smoope können Kunden über
das Smartphone, egal zu welcher Zeit
und ganz gleich, wo sie sich gerade
befinden, Kontakt mit der Wüstenrot
Bank aufnehmen. Ganz so, wie sie es
im privaten Bereich mit Messengern
wie WhatsApp auch tun. 
Kontakt
Wüstenrot Bank AG
Wüstenrotstraße 1
71638 Ludwigsburg
Internet: www.wuestenrotdirect.de
Banken+Partner ∙ 5/2015
Die Wüstenrot Bank zählt heute zu
den Pionieren beim Einsatz von neuen digitalen Techniken. Als eine der
ersten Banken in Deutschland startete sie im Januar 2015 die Videolegitimation bei der Kontoeröffnung. Das
geschieht in Zusammenarbeit mit
dem Partner Web-ID-Solution. Sehr
schnell war dieser Service nicht nur
bei den jungen, technik-affinen Kunden, sondern überwiegend bei den
40 bis 60 Jährigen etabliert. Auch
aufgrund dieser positiven Erfahrungen zweifelt heute kaum ein Experte mehr daran, dass Video schon in
naher Zukunft eine der Schlüsseltechnologien in der digitalen Transformation von Banken ist.
Daher geht die Wüstenrot Bank
beim Thema Video noch einen
Schritt weiter und hat das Medium
mittlerweile auch in ihren Beratungsund Verkaufsprozessen eingeführt. In
einem ersten Schritt nutzt die Wüstenrot Bank die Videotechnologie seit
einigen Monaten als Beratungsins­
trument im Investmentgeschäft –
und dies bereits überaus erfolgreich.
Von den Kunden wird insbesondere die Kombination aus dem Spezialwissen des Videoberaters bei
gleichzeitiger Betreuung durch den
INKASSO
„Die Herkunft der Daten belegen“
„Daten – Schatz und Schutz“, so lautete das Thema einer Podiumsdiskussion bei der diesjährigen Heidelberger Fachtagung von Altor. Die Diskussionsteilnehmer waren sich dabei
einig: Um den Datenschatz zu heben, ist ein kluger Umgang mit dem Datenschutz nötig.
nen wir abwägen, wie wir weiter vorgehen. Unser Ziel ist es ja
immer, einen effektiven und dennoch kostengünstigen Weg zu
finden, die Forderung doch noch durchzusetzen.
Bieber: Damit ersparen wir ja auch dem Schuldner zusätzliche Kosten. Gibt es beispielsweise eine Ratenzahlungsvereinbarung, dann ist eine Titulierung der Forderung oft nicht notwendig. Die benötigen wir häufig nur, um eine Verjährung zu
verhindern.
Banken+Partner ∙ 5/2015
Die geplante EU-Datenschutz-Grundverordnung soll die Verarbeitung von personenbezogenen Daten EU-weit vereinheitlichen. Welche Daten darf ein Gläubiger dann noch erheben?
Berg: Unklar ist, welche Daten der Gläubiger im Fall von Zahlungsstörungen noch weitergeben darf. Die damit verbundenen
Schlagworte lauten „Berechtigtes Interesse“ und „Zweckbindung“. Die Datenweitergabe an Inkassounternehmen ist in der
Verordnung leider nicht klar geregelt. Wir befürchten Rechtsunsicherheit, auch wenn Inkasso selbst natürlich weiterhin
möglich bleiben wird.
Goebel: Zumal Verbraucherschutz ja nicht unbedingt mit
Schuldnerschutz gleichzusetzen ist. Denn die meisten Unternehmen legen die Kosten des Forderungsausfalls auf ihre Preise um – und damit zahlen die anderen Kunden für die Ausfälle.
Weniger Forderungsausfall führt daher zu mehr Verbraucherschutz.
Nun wird immer wieder die Bedeutung des Datenschutzes
betont – und dennoch sind viele Menschen sehr nachlässig
mit ihren Daten. Wie passt das zusammen?
Schuster: Jeder Mensch muss ständig abwägen, welche
Daten er von sich preisgibt. Und da entscheiden die meisten
nicht mit dem Blick auf das Große und Ganze, sondern haben
in erster Linie ein Interesse daran, ihre aktuellen Bedürfnisse
zu befriedigen. Im Übrigen bin ich der Überzeugung, dass beispielsweise Google sehr intelligente Dinge macht und dabei
auch alle rechtlichen Vorgaben einhält. Nur sind inzwischen
große Internetkonzerne entstanden, auf deren Marktmacht nun
mit Regulierung geantwortet wird.
Wie kommt man denn überhaupt an die Daten der Kunden?
Bieber: Ganz wichtig sind die Telefonate mit den Schuldnern mit dem Ziel, eine für ihn machbare Zahlungsvereinbarung
zu treffen und Daten zu verifizieren oder zu ergänzen. Dabei
begegnen wir dem Schuldner stets fair und auf Augenhöhe. Die
zusätzlichen Informationen werden nur dann verwendet, wenn
der Schuldner seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.
Milcic: Wenn es in die Vollstreckung geht, sind für uns alle
diese gespeicherten Informationen wichtig. Denn dann kön-
Führt Regulierung zu mehr Klarheit?
Thomas: Nicht unbedingt. Denn teilweise können sich
Widersprüche aus der Anwendung verschiedener Vorschriften
ergeben. Ein Beispiel dafür ist das Geldwäschegesetz. Um den
20
INKASSO
Diskussionsteilnehmer (v.l.): Kay Uwe Berg, Moderator der Podiumsdiskussion und Hauptgeschäftsführer, Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen;
Gabriele Bieber, Bereichsleitung Customer & Operation Services, Altor Gruppe; Frank-Michael Goebel, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Koblenz; Marija
Milcic, Bereichsleitung Legal Collection, Altor Gruppe; Dr. Dirk Thiel, Geschäftsführer, GBB-Rating Gesellschaft für Bonitätsbeurteilung; Marion Thomas, Leiterin
Compliance & Datenschutzbeauftragte, Altor Gruppe; Prof. Dr. Herbert Schuster, Geschäftsführer, Innoplexia und Professor an der SRH Hochschule Heidelberg.
Anforderungen gerecht zu werden, müssen sehr viele Daten erhoben werden.
Diese Datenerhebung kann im Widerspruch zum Grundsatz der Datensparsamkeit stehen.
Thiel: Hinzu kommt, dass der Datenschutz der Realität häufig hinterherläuft.
Cyberkriminelle, die Daten stehlen oder
ihre Identität verbergen, um zu betrügen,
sind den rechtlichen Regelungen häufig
um Längen voraus.
Schuster: Das führt dann zu schnellen Reaktionen der Politik und zu Widersprüchen zwischen den einzelnen
Regelungen. Diese liegen nämlich auch
häufig daran, dass derzeit viele Regulierungen stattfinden, weil die Politik damit
auf Missstände und Skandale reagiert.
Die Geschwindigkeit im Gesetzgebungsprozess hat sehr stark zugenommen und
das geht dann häufig zu Lasten der Einheitlichkeit der Regelungen.
Wie haben sich die Kommunikation mit
und die Kommunikationskanäle zu den
Schuldnern in den vergangenen Jahren
verändert?
Milcic: Die Kommunikation ist sehr
viel intensiver geworden. Gerade der
telefonische Kontakt wird immer wichtiger. Wir profitieren dabei vom persönlichen Gespräch. So ist es beispielsweise deutlich einfacher, Informationen während eines Telefongesprächs
zu erhalten als durch eine schriftliche
Anfrage.
Goebel: Die Frage ist, welche Kommunikationswege der Schuldner und
welche der Rechtsdienstleister nutzt
beziehungsweise nutzen will. Eröffnet
der Schuldner einen bestimmten Kommunikationsweg wie Telefon oder E-Mail
durch Angabe der Nummer oder Adresse, muss der Rechtsdienstleister auch
berechtigt sein, auf diesem Wege zu antworten. Das will der Schuldner regelmäßig auch. So werden Medienbrüche vermieden sowie Zeit und Aufwand erspart.
Nur wenn der Rechtsdienstleister die
Kommunikationsdaten weder vom
Schuldner noch aus öffentlichen Quellen
21
hat, darf der allgemeine Datenschutz der
Verwendung entgegenstehen.
Berg: Tatsächlich kommt es durch die
zunehmende Regulierung zu einer immer
stärkeren Verrechtlichung der Kommunikation. Dadurch werden wir häufig
massiv eingeschränkt.
Welche Wege möchten die Schuldner
denn gerne nutzen?
Thomas: An erster Stelle steht hier
sicherlich die E-Mail. Viele Schuldner
möchten damit schnell und unkompliziert mit uns kommunizieren. Das ist
unter bestimmten Voraussetzungen
auch möglich. Wesentlich ist zunächst
die ausdrückliche und dokumentierte
Einwilligung des Schuldners. Außerdem
ist darauf zu achten, dass Dokumente
nicht unverschlüsselt verschickt werden. Ein weiterer Kommunikationsweg
ist die SMS. Jedoch ist bei jedem Kommunikationsweg darauf zu achten, was
über diesen Kanal verschickt werden
soll.
Schuster: Zumal man auch nicht alle
Kommunikationswege auf einmal umsetzen kann. Jeder Kanal hat andere Anforderungen an die Art der Kommunikation
und die Antwortzeit. Ein App Messenger
erfordert beispielsweise eine sofortige
Antwort. Bei der E-Mail wird hingegen
eine langsamere Reaktionszeit akzeptiert. Es ist daher gut, erst einmal damit
anzufangen. Margaretha Hamm
Banken+Partner ∙ 5/2015
Bei allem Interesse an der Regulierung
ihrer Forderung ist es für die meisten
Gläubiger auch sehr wichtig, dass ihre
Reputation durch den Umgang mit den
Kunden nicht leidet. Wie kann man solche Risiken vermeiden?
Thiel: Reputationsrisiken entstehen
in der Regel nicht bei der Datenerhebung, sondern meist erst dann, wenn
eine Forderung durchgesetzt werden soll. Dann werden die Angaben
des Gläubigers angezweifelt und sein
Umgang mit den Schuldnern gerügt.
Deshalb müssen Ratingagenturen wie
wir und Inkassounternehmen so arbeiten, dass sie nicht angreifbar sind. Wir
müssen belegen können, woher wir die
Daten haben und wie wir sie nutzen.
FIRMENKUNDENGESCHÄFT
„Die Banken müssen
sich stärker spezialisieren“
Ein Tischgespräch
von COIN MEDIEN
mit Chefredakteurin
Magaretha Hamm.
Die Finanzkrise hat die Veränderungen im Firmenkundengeschäft massiv beschleunigt: Regulierung,
Kostendruck und gestiegene Kundenansprüche erfordern bei den Banken und Sparkassen opti­
mierte Prozesse und mehr Effizienz. Das ist dauerhaft nur möglich, wenn sich die Institute stärker
spezialisieren, so die Teilnehmer einer Diskussionsrunde von „Banken+Partner“.
Tempsch: Die Finanzkrise war allerdings nur der Beschleu­
niger einer Entwicklung, die schon sehr viel früher begann. Wir
haben natürlich schon vorher auf die Profitabilität unsere Kun­
den geachtet, doch mit der Finanzkrise kam zusätzlich die Frage
auf, ob und in welchem Ausmaß wir den Kunden die nunmehr
knappe Liquidiät zu Verfügung stellen – das hat die Bedeutung
der Profitabilität der Kundenbeziehung wesentlich erhöht. Ähn­
lich sieht es mit der Frage nach der Risikotragfähigkeit des
Geschäftsmodells oder dem Potenzial für Cross Selling aus.
Das alles hat sich verschärft und wurde auf einen neuen Level
gehoben, den wir nur noch partiell senken werden können.
Foto: Christian Husar
Banken+Partner ∙ 5/2015
Wie haben sich die Anforderungen ans Firmenkundengeschäft
in den vergangenen Jahren geändert?
Nowak: Es gab sehr viele Faktoren, die das Firmenkun­
dengeschäft beeinflusst haben, und das hat deutliche Verän­
derungen mit sich gebracht. Das begann mit der Finanzkrise,
die zu regulatorischen Änderungen, zur Niedrigzinsphase und
geringem Wirtschaftswachstum geführt hat. Gleichzeitig sind
die Anforderungen der Kunden größer geworden. Sie erwarten
mehr Transparenz und mehr Schnelligkeit – und was uns als
gesamte Branche trifft, ist der Vertrauensverlust in die Kredit­
institute.
Gesprächsteilnehmer Rosar, Mayr, Tempsch, Aigner, Thiel, Auer, Strasser, Nowak (v.l.):
Die Kunden überlegen inzwischen sehr genau, mit welchem Haus sie zusammenarbeiten wollen.
22
FIRMENKUNDENGESCHÄFT
sagen die Verbesserung der operativen
Unternehmenssteuerung.
Aigner: Alles, was Sie über die Aufga­
ben, vor denen die Banken im Kommerz­
kundengeschäft stehen, gesagt haben,
ist absolut richtig. Die gute Nachricht
ist allerdings, dass die Kunden mit ihren
Instituten nach wie vor recht zufrie­
den bis sehr zufrieden sind. Und auch
die Weiterempfehlungsbereitschaft ist
immer noch eine relativ große – das zei­
gen jedenfalls unsere Befragungen.
Allerdings – und das wird immer häu­
figer angemerkt – fokussieren die Kredi­
tinstitute bei ihrem Produktangebot für
Kommerzkunden sehr stark auf die Kre­
ditfinanzierung und auch in der Beratung
wird in erster Linie darauf eingegangen.
Alternative Angebote wie zum Beispiel
Leasing, Factoring oder Förderungen
sind meist Mangelware.
Thiel: Veränderungen innerhalb der
Produktpalette des Kreditgeschäfts gibt
es aber durchaus. Der Margendruck im
Kreditgeschäft und vor allem die Regu­
latorik führen beispielsweise dazu, dass
strukturierte Finanzierungen zunehmen.
Das sehen wir zumindest bei unseren
Kunden in Deutschland. Konsortialge­
schäfte werden wichtiger im Vergleich
zu bilateralen Engagements, da dadurch
Ausstiegskanäle für die Banken entste­
hen, über die die Risikoaktiva reduziert
werden können, ohne die Stammkund­
schaft zu verlieren. Gerade kleineren
Banken, die vielleicht kein großes Fir­
menkundengeschäft betreiben, bieten
Konsortialgeschäfte dagegen die Mög­
lichkeit, sich in Investments einzukau­
fen, die zur eigenen Strategie passen.
Auer: Das ist ein interessanter
Ansatz, denn das Thema Portfoliosteue­
rung im Firmenkundengeschäft gewinnt
an Bedeutung. Das darf jedoch nicht
zu Lasten der Kundenbeziehung gehen.
Einerseits ist es wichtig, dass die Bank
einen Blick für das Gesamtportfolio hat
und weiß, wo sie hin will. Andererseits
ist das Firmenkundengeschäft immer
23
Dr. Barbara Aigner
Geschäftsführerin,
emotion banking
Herbert Auer
Vertriebsdirektor,
Kommerzkunden Österreich,
BAWAG P.S.K.
Christoph Mayr
New Business Development
Germany, Austria,
Misys
Dr. Andreas Strasser
Leiter Firmenkunden &
Strukturierte Finanzierungen,
Hypo NOE Gruppe Bank
noch ein Business zwischen Menschen,
das auch so gelebt werden soll.
Ein wichtiger Aspekt ist dabei auch
die Preisfindung und -transparenz, und
zwar sowohl nach Innen für die Portfo­
liosteuerung, als auch nach Außen zum
Kunden. Wer mit großen Firmenkunden
zu tun hat weiß, dass die Kalkulation
heute durchaus eine offene Diskussion
mit dem Kunden verlangt. Die Kunden
wollen die Preisbestandteile wissen und
welchen Einfluss sie selbst auf die Preis­
findung haben können.
Strasser: Die Kunden schauen tat­
sächlich inzwischen sehr genau darauf,
mit welchem Institut sie zusammenar­
beiten. Dabei geht es allerdings nicht
alleine um den Preis, sondern auch um
Kontinuität. Es geht darum, dass die
Banken+Partner ∙ 5/2015
Rosar: Allerdings haben wir in den
vergangenen Jahren immer mehr Effizi­
enz verloren. Alle Verbesserungen, die
wir erzielt haben, verlieren wir durch
zusätzliche regulatorische Vorschriften
wieder. Und das wird sich in Zukunft
nicht ändern. Wir müssen in die Umset­
zung der neuen Reglierung investieren
und versuchen, diese Kosten zusätzlich
zu erwirtschaften.
Die Kunden erwarten dagegen etwas
ganz anderes von uns. Sie wollen, dass
wir unsere Ankündigungen und Zusagen
einhalten – und zwar schnell und unkom­
pliziert. Daher müssen wir in Zukunft an
unseren Prozessen arbeiten und vor
allem auch das Zusammenspiel von
Markt und Marktfolge deutlich verbes­
sern. Zwar haben die beiden Bereiche
unterschiedliche Aufgaben, doch das
gemeinsame Ziel muss es sein, die Kun­
den zufriedenzustellen und gleichzeitig
die regulatorischen Rahmenbedin­
gungen einzuhalten.
Mayr: Dass die Prozesse – und die
Software-Architektur – bei den Kredit­
instituten noch nicht wirklich optimiert
sind, sehen wir in vielen unserer Pro­
jekte. Für einige dieser Prozesse haben
wir Lösungen entwickelt. Sie betreffen
Fragen der Transparenz, der Regula­
torik und natürlich der Digitalisierung.
Diese Themen betreffen den Kommerz­
kundenbereich und wir decken sie ab.
Allerdings geht es nicht alleine um Soft­
wareprojekte, sondern auch um die Ver­
änderung der Prozesse.
Wir sehen in den Systemlandschaf­
ten der Banken zahlreiche Medienbrü­
che. Unsere Vision ist ein End-to-EndProzess, den wir durchgehend anbieten.
Dabei geht es sehr stark um Transpa­
renz gegenüber dem Kunden – damit
dieser weiß, wo sein Anliegen im Augen­
blick bearbeitet wird. Aber es geht auch
um die Transparenz im Institut. Damit
alle Beteiligten wissen, wer gerade an
welcher Aufgabe arbeitet und wie die
Verantwortlichkeiten verteilt sind; sozu­
FIRMENKUNDENGESCHÄFT
Martin Nowak
Leiter Firmenkunden
Wien/NÖ Nord,
Erste Bank
Dir. Dipl.-Ing. Martin Rosar
Bereichsleiter Großkommerz,
Volksbank Wien
Herbert Tempsch
Deputy Head of
Financing & Advisory,
UniCredit Bank Austria
Banken+Partner ∙ 5/2015
Andreas Thiel
Partner,
Finbridge
Bank in diesem Geschäftsbereich wei­
terhin tätig ist und die Mitarbeiter nicht
zu oft wechseln. Deshalb versuchen wir,
einen sehr persönlichen, transparenten
Ansatz gegenüber unseren Kunden zu
verwirklichen. Wir positionieren uns
als Hypo NOE Gruppe ganz bewusst
unterhalb der großen Drei in Österreich
als starke Regionalbank, die Unterneh­
men wirklich gut begleitet. Die Kunden
müssen das Gefühl haben, dass sich
ihre Bank um ihre Bedürfnisse kümmert
– und da ist es gut, wenn sie eine feste
Person haben, mit der sie ihre Probleme
gemeinsam lösen können.
Das Thema Digitalisierung wurde von
Ihnen bisher nur wenig angesprochen.
Im Retailbanking ist es der Megatrend.
Welche Rolle wird die Digitalisierung
im Firmenkundengeschäft spielen?
Strasser: Die Digitalisierung ist natür­
lich auch aus unserem Geschäft nicht
wegzudenken. Doch Digitalisierung ver­
langt in der Regel nach einem standardi­
sierten Geschäft, das über Masse funk­
tioniert. Das reicht im Firmenkundenge­
schäft allerdings nicht aus. Aus Sicht
der Bank – und der Bankerträge – ist im
Geschäft mit den Firmenkunden zusätz­
lich ein individueller Ansatz notwendig.
Viele Bereiche sind dabei nicht wirklich
automatisierbar. Wir bewegen uns bei­
spielsweise sehr stark im Bereich mit­
telständischer Managament-Buy-outs
oder -Buy-ins. Das ist sehr komplex und
die Lösungen müssen individuell mit den
Kunden entwickelt und umgesetzt wer­
den.
Nowak: Allerdings ist Firmenkunde
ja nicht gleich Firmenkunde. Gerade im
Klein-Kommerzgeschäft wird man um
eine deutlich größere Standardisierung
nicht herumkommen. Das ist vielleicht
schmerzhaft für die Kunden oder die
Kundenbetreuer, weil diese häufig noch
aus einer anderen Welt kommen. Des­
halb gibt es in den Instituten ja auch
noch Widerstände gegen standardisier­
te Lösungen. Für unser Haus ist aller­
dings vollkommen klar, dass wir zu viel
24
mehr Standardisierung kommen müs­
sen. Dennoch darf der Kunde nicht das
Gefühl haben, er sei nur eine Nummer.
Im Kundenkontakt zählt natürlich weiter­
hin die menschliche Komponente, aber
die Beratung mündet in einen standar­
disierten Prozess und dieser bringt letzt­
endlich auch dem Kunden eine höhere
Qualität.
Tempsch: Standardisierung hängt
allerdings nicht nur mit der Größe der
Kunden zusammen, sondern auch mit
den jeweiligen Angeboten. Bei einzelnen
Produkten – beispielsweise im Zahlungs­
verkehr oder im Dokumentengeschäft
– ist es ein klarer Wettbewerbsvorteil,
wenn die Prozesse hoch standardisiert
sind. Denn dabei geht es um Schnel­
ligkeit und Qualität zu akzeptabelen
Kosten. Gleichzeitig kann dadurch auch
die Kundenbindung erhöht werden, weil
die Systeme des Kunden mit unseren
verflochten werden – und da fällt ein
Wechsel dann relativ schwer.
Wenn allerdings die Regulatorik 80
bis 90 Prozent des IT-Budgets weg­
frisst, dann ist es nicht mehr die Frage,
ob die Kunden automatisierte Prozesse
akzeptieren, sondern es fehlen schlicht
und ergreifend die Mittel, um diese zu
entwickeln. Die Prozesse sind oft noch
immer suboptimal und müssten verbes­
sert werden.
FIRMENKUNDENGESCHÄFT
ken im Firmenkundengeschäft sind. Das zeigt auch die Erwar­
tungshaltung der Kunden. Wenn sie das Schild einer Bank
sehen, haben sie den Anspruch, dass sie dort alle ihre Bedürf­
nisse erfüllt bekommen – genauso wie bei jeder anderen Bank
auch. Ich glaube, daran wird sich, auch im Sinne der Effizienz,
etwas ändern. Wir werden künftig unsere Kernkompetenz in
bestimmten Segmenten mehr nach außen tragen müssen.
Also müssen sich die österreichischen Kreditinstitute im Firmenkundengeschäft künftig sehr viel stärker spezialisieren?
Strasser: Davon bin ich überzeugt. Jedes Haus muss sich
darüber bewusst sein, dass es Themen gibt, die es selbst nicht
adäquat oder gut genug abdecken kann. Auch aus einer Risiko­
perspektive ist es dann besser, diese Bereiche nicht zu bedie­
nen.
Auer: Das ist dann natürlich ein sehr schmerzhafter Prozess
für die betroffenen Mitarbeiter und teilweise für den Kunden.
Doch man muss auch den Mut haben zu sagen, was nicht zur
Kernkompetenz des Instituts gehört.
Tempsch: Es ist tatsächlich die Frage, ob bei einer großen
Produktpalette noch jede Bank alle Risiken richtig abschät­
zen und die gefragte Qualität kosteneffizient vorhalten kann.
Manche Banken werden sich daher auf Standardprodukte
beschränken und andere Banken stärker fokussiert auftreten
müssen oder wollen. Nur sehr große Banken werden noch die
heute gewohnte Produktvielfalt anbieten können.
Thiel: Es ist allerdings schwierig, die Einsicht, dass nicht
mehr alle Produkte angeboten werden können, in den Markt­
bereich hineinzutragen. Denn die Berater möchten natürlich
Umsatz erzielen und schließen auch unrentable Produkte oder
Spielarten eines Produktes ab, da ihnen aufgrund fehlender
Messbarkeit der Kosten einzelner Produktvarianten oft nicht
bewusst ist, ob diese in der Marktfolge nur schwierig abbildbar
25
Banken+Partner ∙ 5/2015
Rosar: Wenn es um Standardlösungen versus individuelle
Angebote geht, gibt es noch eine dritte Dimension, die beachtet
werden muss. Es geht nicht nur nach Groß- und Kleinkommerz
oder Produktart, sondern nach den Ertragsmöglichkeiten der
Bank mit den Kunden. Entscheidend ist die Frage, was man mit
einem Kunden verdienen kann. Manches Großunternehmen hat
für den lokalen Zahlungsverkehr der vor Ort ansässigen Toch­
terfirma lediglich ein Konto, zahlt den vollen Spesensatz und
wickelt nur seinen Zahlungsverkehr ab. In einem solchen Fall
ist es entscheidend, dass man dem Kunden vor Ort genau seine
Anforderungen erfüllt, um ihn langfristig zu binden.
Und genau deshalb ist auch die Bedeutung der Mitarbei­
ter so groß. Im Kommerzgeschäft hebt man sich weniger über
die Marke ab, als über das Persönliche, das RelationshipManagement. Wenn man sich das bewusst macht, kann man
trotz standardisierter Prozesse, die man natürlich braucht, die
Individualität hervorkehren. Wenn die Kunden merken, dass sie
geschätzt werden, dann ist der Preis nicht alleine ausschlag­
gebend.
Mayr: Digitalisierung muss nicht nur Standardisierung
bedeuten. Es geht auch um die Optimierung und Beschleu­
nigung von Prozessen. Nach unseren Erfahrung dauert bei­
spielsweise das Aufsetzen eines neuen Kreditprodukts relativ
lange, weil viele Details händisch in unterschiedliche Systeme
eingepflegt werden müssen. Das führt dazu, dass der Kunde
lange warten muss oder nicht das Angebot bekommt, das für
ihn optimal wäre. Mit einer geeigneten IT-Infrastruktur können
solche Entwicklungen stark beschleunigt werden – sie dauern
dann nur noch Tage statt Monate. Das führt zu einem besseren
Kundenservice, zu mehr Effizienz und Transparenz.
Auer: Allerdings muss uns klar sein, dass künftig nicht mehr
jedes Institut alle Leistungen anbieten kann. Eigentlich ist es
verblüffend, wie wenig spezialisiert die österreichischen Ban­
Banken+Partner ∙ 5/2015
FIRMENKUNDENGESCHÄFT
sind und dadurch hohe Kosten verursa­
chen.
Rosar: Das Thema ist doch weniger,
dass man die Produktpalette verkleinert,
sondern vielmehr, dass man die Komple­
xität verringert. Wir müssen also nicht
weniger anbieten, sondern das, was
der Kunde letztendlich wirklich für sein
Geschäft bankseitig benötigt. Wenn ich
den Kundennutzen im Blick habe, dann
kann ich damit auch Geld verdienen,
ohne die Komplexität zu sehr zu erhöhen.
Nowak: Spezialisierung kann natür­
lich auch innerhalb eines Instituts erfol­
gen – wenn es groß genug dafür ist.
Allerdings sehe ich auch bei einigen
Banken, dass es für diese sehr schmerz­
haft ist, wenn sie merken, dass sie für
eine bestimmte Kundenschicht kein
Partner mehr sein können. Das gilt ganz
besonders für das komplexe, anspruchs­
volle Kommerzgeschäft. Denn man
braucht eine gewisse Losgröße, damit
es funktioniert.
Aigner: Da stimme ich Ihnen absolut
zu. Es ist einfach unmöglich, dass ein
Institut alles für Jeden in der höchsten
Qualität abdecken kann. Man kann damit
vielleicht eine gute Qualität erreichen,
aber keine exzellente. Erfolgreich kann
man sicherlich mit einer Spezialisierung
sein. Also: stärkeren Fokus auf eine Ziel­
gruppe, auf ein Produktbündel oder eine
spezielle Leistung. Und: Mut haben und
sich bewusst von bestimmten Leistun­
gen trennen.
Frau Aigner, sie sagten zu Beginn, dass
die Firmenkunden ganz zufrieden mit
ihrer Bank sind. Also gibt es in Wirklichkeit überhaupt keinen Handlungsbedarf?
Aigner: Doch, den gibt es. Denn
obwohl die Zufriedenheit in den vergan­
genen Jahren relativ gleich geblieben
und die Weiterempfehlungsquote immer
noch akzeptabel ist, hat sie doch deut­
lich abgenommen. Ausschlaggebend für
die Treue zum eigenen Institut ist, dass
die Kunden in einer anderen Bank oder
Sparkasse keine Alternative sehen. Die
Unterschiede zwischen den einzelnen
Sektoren und Instituten sind aktuell
recht sehr unklar für die Kunden.
Die Kunden sprechen bei Bedarf die
einzelnen Großbanken an, in der Hoff­
26
nung, dadurch das beste Angebot zu fin­
den. Es für die Firmenkunden allerdings
relativ schwierig, festzustellen wer
wirklich der richtige Partner ist. Daraus
entsteht dann eine gewisse Neutralität
der Bank gegenüber, das ist keine Verär­
gerung, aber es ist auch keine Begeiste­
rung. Hinzu kommt, dass auch die Kom­
petenz bei den Mitarbeitern abnimmt
und dass es eine Art Glücksspiel ist, ob
der Kunde einen kompetenten Berater
bekommt oder nicht. Das fällt natürlich
sehr negativ auf die Banken zurück,
denn letztlich ist der Berater ja auch das
Gesicht der Bank.
Ein weiterer Punkt ist, dass die Kun­
den eine umfassende Beratung vermis­
sen. Was dabei beanstandet wird, sind
zwei Punkte. Erstens haben die Unter­
nehmen das Gefühl, dass ihre aktuelle
Situation nicht umfassend betrachtet
und auf ihre tatsächlichen Bedürfnisse
nicht eingegangen wird. Zweitens ent­
steht der Eindruck, dass den Beratern
keine umfassende Produktpalette zur
Verfügung steht und sie daher nur Stan­
dardlösungen anbieten.
Womit wir wieder beim Thema der
technischen Unterstützung im Firmenkundengeschäft wären. Denn um den
Überblick über den Kunden und die für
FIRMENKUNDENGESCHÄFT
sie geeigneten Produkte zu bekommen,
reichen Block und Bleistift schon lange
nicht mehr aus.
Mayr: Nein, dazu benötigt man ITSysteme, die nahtlos ineinandergreifen.
Bei uns im Unternehmen haben wir die
Vision einer kompletten Abdeckung der
Prozesse unserer Kunden vom Frontzum Backoffice. Also beispielsweise von
der Kreditanbahnung bis zur Auszahlung
und der Abwicklung. Um das zu errei­
chen, haben wir massiv investiert und
Unternehmen zugekauft.
In den Banken werden solche Pro­
jekte von den Vorständen vorangetrie­
ben. Denn sie wissen, dass sie die Nutz­
nießer der dadurch entstehenden Trans­
parenz sind. Das Management weiß, wo
die Daten herkommen, weiß wer was
gemacht hat, kann die Gesamtbanksteu­
erung verbessern und Risiken besser
erkennen.
Thiel: Damit schlagen wir auch wie­
der den Bogen zum Thema Spezialisie­
rung. Wenn eine Bank nicht spezialisiert
ist, dann braucht sie auch enorm viele
unterschiedliche Prozesse und unter­
schiedliche Systeme. Denn – das sieht
man beispielsweise am Produktportfolio
von Misys – es gibt viele Systeme, die
bestimmte Dinge sehr gut können. Wenn
ein Institut in allen Bereichen gut sein
will, braucht es auch eine heterogene
IT-Landschaft, weil das eine System viel­
leicht für syndizierte Kredite hervorra­
gend geeignet ist, das andere für Trade
Finance und das dritte für den normalen
Zahlungsverkehr.
So entstehen immer komplexere ITLandschaften mit unzähligen Schnittstel­
len und es wird sehr teuer, die ganzen
Systeme zu verwalten, zu betreuen,
weiter zu entwickeln und an veränderte
regulatorische Anforderungen anzu­
passen. Deshalb bringt ein klarer Fokus
auf Kundengruppen oder Produkte an
allen Stellen Vorteile: Effizienzgewinne
in der IT, aber natürlich auch Gewinne
dadurch, dass die Bank den jeweiligen
Prozess viel besser im Griff hat und sich
dadurch gegenüber den anderen Markt­
teilnehmern besser positionieren kann.
Rosar: Allerdings dürfen diese Syste­
me nicht dazu führen, dass die einzelnen
Prozesse länger dauern, weil ein Mitar­
beiter auf den anderen warten muss und
Aufgaben nicht parallel erledigt werden
können. Heute haben wir Systeme, die
viele Dinge einfacher machen, dafür
brauchen wir allerdings immer mehr
Zeit. Dabei hätten wir eigentlich nur ger­
ne ein System, das uns klare Informatio­
nen liefert und die Arbeit erleichtert.
Mayr: Diesen Wunsch hören wir
öfter. Früher konnten sich die Mitarbei­
ter bei der Bearbeitung eines Geschäfts­
vorfalls absprechen. Heute ist das durch
automatisierte Prozesse oft nicht mehr
möglich. Unsere Aufgabe ist es, dies zu
ändern. Wir nennen es „orchestrieren“.
Dadurch wird es möglich, dass Bereiche
parallel an einer Aufgabe arbeiten und
nicht ein Mitarbeiter auf den anderen
warten muss. Wir fördern somit die
Zusammenarbeit der Mitarbeiter. Das ist
ein Effizienzgewinn, den jeder Mitarbei­
ter und jeder Kunde spürt.
Margaretha Hamm
Banken+Partner ∙ 5/2015
27
BACKOFFICE-DIENSTLEISTER
„Das Beste beider
Gesellschaften verbinden“
Die Konsolidierung der Marktfolge-Dienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe geht weiter.
Ende 2015 haben sich NRS und S-Servicepartner zusammengeschlossen. Im Gespräch mit
„Banken+Partner“ berichten die Geschäftsführer der neuen Gesellschaft über ihre Pläne.
sehr treffend, aussagekräftig und verständlich ist: Wir bieten
Service für Sparkassen, und zwar rund um die Marktfolge und
Kompetenzthemen. Das Thema „Marktfolge“ stand ja recht lange nicht im zentralen Fokus, wenn es um die Weiterentwicklung
in der Sparkassen-Finanzgruppe ging. Daher ist es gut, dass
nun Bewegung in den Markt gekommen und das Thema weiter
oben auf der Agenda gelandet ist.
Stefan Haemmerling
Sprecher der Geschäftsführung,
S-Servicepartner Deutschland
Sie setzen in Ihrer Struktur sehr stark auf das Organschaftsmodell. Weshalb?
Haemmerling: Dabei spielt natürlich die Umsatzsteuer
eine wichtige Rolle. So lange die Sparkasse am jeweiligen
Dienstleis­ter die Mehrheit hat, muss auch keine Umsatzsteuer
berechnet werden. Was bei einer Großbank im Konzern automatisch möglich ist, wollen wir durch diese Konstruktion auch
den Sparkassen ermöglichen.
Remke: Allerdings funktioniert das Organschaftsmodell nur
bei großen Sparkassen. Wir arbeiten jedoch auch für viele
kleine und mittlere Institute. Da bei diesen dann Umsatzsteuer
anfällt, müssen wir insgesamt – wie unsere Mitbewerber auch
– um mindestens 25 bis 30 Prozent günstiger produzieren, als
das im Institut selbst möglich ist. Nur dann lohnt sich eine Auslagerung trotz Steuerbelastung.
Rainer Remke
Stellvertretender Sprecher der
Geschäftsfühung,
S-Servicepartner Deutschland
Banken+Partner ∙ 5/2015
Die S-Servicepartner-Gruppe hat sich neu aufgestellt und
tritt seit dem 1. November 2015 als gemeinsame Unternehmensgruppe auf. Unter einem Dach sind nun bundesweit an acht Standorten rund 2.500 Mitarbeiter für über
270 Sparkassen tätig.
Als Fullservice- und Spezialdienstleister bietet der S-Servicepartner seinen Kunden ein breites Leistungsspektrum
in den Bereichen Marktfolge Aktiv und Passiv, Finanzen
und Controlling, Personalservice, Kapitalmarktgeschäft,
Zahlungsverkehr, Dokumentenmanagement und Consulting.
Wie sieht die Struktur der neuen Gesellschaft aus?
Haemmerling: Die S-Servicepartner-Gruppe ist ein recht
komplexes Gebilde aus mehreren Tochtergesellschaften, an
denen zum Teil mehrheitlich auch Sparkassen beteiligt sind.
Doch diese Struktur ist nicht ausschlaggebend. Wichtig ist
vielmehr, dass durch solch einen Zusammenschluss ein neues
Unternehmen entsteht – gleichgültig welcher Name darübersteht. Wir wollen das jeweils Beste aus beiden Ursprungsgesellschaften übernehmen und verbinden.
Remke: Und dass wir uns auf den Namen „S-Servicepartner“ geeinigt haben, liegt ganz einfach daran, dass der Name
Was ändert sich durch den Zusammenschluss an Ihrem Dienstleistungsangebot?
Remke: Unsere Aufgabe ist es, unsere Kunden bestmöglich
bei Ihrer Arbeit zu unterstützen. Und da hat jeder MarktfolgeDienstleister in Deutschland unterschiedliche Schwerpunkte.
28
BACKOFFICE-DIENSTLEISTER
Haemmerling: Sicherlich. Im Verbund wird ja insgesamt
eine Vereinheitlichung der Prozesse angestrebt. Denn nur mit
standardisierten Prozessen werden wir die Kosten auf Dauer
in den Griff bekommen. Da sind wir noch auf dem Weg, denn
die Entwicklung von Standards können wir nur gemeinsam mit
allen Beteiligten erreichen.
Remke: Dazu haben wir jetzt allerdings eine große Chance. Im Verbund gibt es mit der Finanz Informatik nur noch ein
Rechenzentrum, das mit OSPlus ein IT-System zur Verfügung
stellt und sich mit OSPlus Neo nun auf die digitale Welt ausrichtet. Daher muss es auch unser Ziel sein, in absehbarer Zeit nur
noch einen Dienstleister zu haben, der mit optimierten Prozes-
Die können wir nun verbinden und den angeschlossenen Sparkassen ein breiteres Spektrum zur Verfügung stellen.
Haemmerling: Zumal es in einer größeren Einheit natürlich auch einfacher ist, Synergien zu erzeugen und dadurch
die Kosten zu senken. Insgesamt wird es in Zukunft neben
der Abwicklung des standardisierten Retail-Geschäftes auch
darum gehen, den Sparkassen Spezialdienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Denn nicht jedes Institut wird beispielsweise
auf Dauer alleine alle regulatorischen Anforderungen umsetzen
können. Wir können hier mit langjährigem Experten-Know-how
den Sparkassen zur Seite stehen.
Wie sieht die operative Umsetzung des Zusammenschlusses
aus?
Haemmerling: Wir sind im November mit unserem neuen
Marktauftritt gestartet und haben uns über einen reibungslosen
Auftakt gefreut. Auch das, was hinter den Kulissen organisatorisch zu regeln war, ist abgeschlossen. Selbstverständlich ist
aber auch jetzt noch viel zu tun. Denn solch ein Zusammenschluss, der auch die Entwicklung einer neuen Unternehmenskultur mit sich bringt, funktioniert ja nicht auf Zuruf. Wir müssen
unsere Mitarbeiter mitnehmen und mit ihnen gemeinsam unser
Unternehmen formen.
Remke: Parallel zum Zusammenschluss nach innen haben
wir auch eine Vertriebsoffensive gegenüber den Sparkassen
gestartet, um die einzelnen Institute über unsere Dienstleis­
tungen und die Möglichkeit einer Zusammenarbeit zu informieren.
Bundesweit vertreten
Die acht Standorte der S-Servicepartner-Gruppe
Hamburg
Berlin
Fürstenwalde
Die Umsetzung regulatorischer Aufgaben, die Durchsetzung von Kostensenkungsprogrammen sowie die Professionalisierung des Prozess- und Qualitätsmanagements
gehörten für jeweils rund die Hälfte der deutschen Kreditinstitute zu den Leuchtturmprojekten des Jahres 2015,
so ein Ergebnis der Trendstudie „Bank & Zukunft
2015“ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft
und Organisation (IAO). „Die Gestaltung bankübergreifender Geschäftsprozesse wird derzeit von knapp 41 Prozent
der Befragten als bedeutsam eingestuft“, so die Studie.
Dieser Bereich wird vor allem dann besonders relevant,
wenn sich Banken sowohl über das Outsourcing von Prozessen und Leistungen Gedanken machen als auch bei
der Gestaltung neuer Leistungen, welche die Integration
externer Partner notwendig macht.
Münster und Warendorf
Düsseldorf
Wiesbaden
Landau
Auch nach dem Start des neuen S-Servicepartners gibt
es innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe noch mehrere
Marktfolge-Dienstleister. Wird die Konsolidierung in diesem
Bereich weitergehen?
Schwabmünchen
29
GASTBEITRAG
Beratungsqualität – Chancen und
Risiken für Filialbanken
Die Beratungsqualität wird für Kunden und Banken künftig immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Aus Sicht der Kunden macht die Notwendigkeit der privaten Altersvorsorge in Zeiten niedriger Zinsen eine fundierte und qualitativ hochwertige Beratung unerlässlich. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit den Fragen „Was ist Beratungsqualität?“ beziehungsweise „Wie und wann erkenne ich
eine exzellente Beratung?“ und dies auch in Zeiten einer digitalen Welt, in der immer wieder das
Wort „Multikanal-Vertrieb“ fällt. Wir machen es konkret und formulieren Erwartungen und Notwendigkeiten aus Sicht des Kunden. Denn auch morgen gilt: „Der Köder muss dem Fisch schmecken!“.
Markus Gauder
Banken+Partner ∙ 5/2015
Geschäftsführer,
Gesellschaft für Qualitätsentwicklung in der Finanzberatung
Die Gesellschaft in Deutschland altert dramatisch, immer
weniger Junge müssen immer mehr Alte versorgen, die
gesetzliche Rente wird künftig immer seltener reichen,
den Lebensstandard im Ruhestand aufrechtzuerhalten.
Vor diesem Hintergrund wird die private Altersvorsorge
immer wichtiger. Der dafür notwendige Aufbau eines Vermögens wird aber angesichts anhaltend niedriger Zinsen
zunehmend schwieriger. Bankkunden brauchen deshalb
dringender denn je eine qualitativ hochwertige Beratung
in Finanzangelegenheiten.
Eine individuelle Finanzanalyse und -beratung soll den
Kunden in die Lage versetzen, seine Finanzen sinnvoll zu
verwalten und sein Geld möglichst zu vermehren. Doch
wie sieht die Realität bei Banken und Versicherungen
aus? Regelmäßige Tests zeigen einerseits, dass es durchaus Banken gibt, die eine hochwertige Beratung anbieten,
30
nach dem Motto „Gute Beratung darf
kein Zufall sein.“
Andererseits zeigt sich jedoch
auch, dass die Analyse- und Beratungsqualität oft zu wünschen übrig
lässt. Bei zu vielen Geldhäusern, ist
die Qualität der Beratung häufig von
der Qualifikation oder der persönlichen Tagesform des Beraters abhängig. Die Folge: Schlechte Beratung,
die Deutschlands Sparer jedes Jahr
Milliarden von Euro kostet. So fragt
man sich, wie es denn sein kann,
dass rund ein Drittel der privaten
Haushalte in Deutschland keine Privathaftpflichtversicherung haben.
Es hat wenig Sinn, einem Kunden komplizierte Wertpapiere für
die Geldanlage zu empfehlen, bevor
überhaupt über seine finanziellen
Grundbedürfnisse gesprochen wurde. Dabei müsste ein Beratungsgespräch immer mit einer fundierten
Bedarfsanalyse beginnen, bei der mit
dem Kunden zuerst über die wichtigsten alltäglichen Risiken gesprochen wird, gegen die er sich absichern sollte. Erst wenn die grundlegenden Risiken abgedeckt sind,
GASTBEITRAG
Alle Kontaktpunkte im Blick
Die 360°-Analyse der Gesellschaft für Qualitätsentwicklung
in der Finanzberatung
baren Regeln, besteht für die Banken die Chance, verlorengegangenes Vertrauen bei den Kunden zurückzugewinnen und Marktchancen besser zu nutzen. Zu zeitgemäßer Beratung gehört aber noch mehr.
Quelle: qualität-in-der-finanzberatung.de
MultiKanal-Check
Testkäufe
FilialHospitation
Kundenbefragung
Die Herausforderung, auch in der digitalen Welt
exzellent zu sein
sollte über einen möglichen Bedarf an weiteren Bankprodukten für die Bereiche Vorsorge und Vermögensplanung
gesprochen werden.
Standards sind notwendig –
DIN SPEC 77222 als Grundlage für gute Beratung
Es haben viele Banken bereits Konzepte für den Ablauf
des Beratungsgesprächs entwickelt. Dennoch herrscht in
der Praxis noch Wildwuchs. Allgemeine Maßstäbe über
Inhalte, Ziele und Ablauf einer kundengerechten Finanzanalyse und -beratung fehlen. Abhilfe soll die von Professoren und Verbraucherschützern erarbeitete DIN Spezifikation (SPEC) 77222 „Standardisierte Finanzanalyse für
den Privathaushalt“ schaffen.
Die Logik der DIN SPEC 77222 setzt auf das Standardisieren und Optimieren von Prozessen, wobei gleichzeitig
die individuelle Situation des Kunden berücksichtigt werden soll. Im Idealfall soll die gemäß diesem
Standard erfolgte Finanzanalyse eines Kunden zu einem
einzigen, wertfreien und emotionslosen Ergebnis führen,
unabhängig davon, ob sie von einem Bankberater, einem
provisionsabhängigen Vermittler oder einem auf Honorarbasis arbeitenden Finanzberater durchgeführt wird.
Das bedeutet nicht, dass am Ende des computergestützten Analyseprozesses ein konkretes Finanzprodukt
steht, beispielsweise die Berufsunfähigkeitsversicherung
des Anbieters A oder das Riester-Produkt des Anbieters
B. Doch Produktklassen, aus denen der Kunde dann auswählen kann, sollen schon genannt werden. Handeln die
Berater nach eindeutigen, anerkannten und nachvollzieh-
Beratungsqualität 2.0
Beratung erfüllt in vielerlei Hinsicht eine wichtige Funktion, um Menschen bei Finanzentscheidungen zu unterstützen und zu begleiten. Die Mehrheit der Regional-
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Banken+Partner ∙ 5/2015
Wenn die klassischen Filialbanken künftig noch als kompetente Ansprechpartner für Finanz- und Vorsorgethemen
wahrgenommen werden wollen, sollten sie zügig attraktive Multikanal-Strategien entwickeln, die ihnen ermöglichen, flexibel auf die Kundenwünsche einzugehen. Private Finanzvermittler machen es den Banken seit Jahren
vor. Sie bieten ihren Kunden maximale zeitliche Flexibilität und stehen auch nach Büroschluss für Beratungsgespräche zur Verfügung.
Selbst wenn das nicht uneingeschränkt auf Bankberater übertragbar ist, sollte doch so viel Flexibilität möglich sein, dass kein Arbeitnehmer gezwungen ist, Urlaub
zu nehmen, um seinen Bankberater zu sprechen. Zumal
gerade vielbeschäftigte Arbeitnehmer eine attraktive Kundengruppe darstellen, die man ungern an die Konkurrenz
verlieren möchte. Klassische Banken tun also gut daran,
neben der Filiale weitere Vertriebswege (innerhalb und
außerhalb der bisherigen Öffnungszeiten) zu etablieren;
beginnend beim Telefonteam. Bei Neukunden ist ein Telefonanruf oft der erste Kontakt zur Bank. Das macht es
unerlässlich, im Telefonteam gut geschulte und eloquente
Mitarbeiter einzusetzen, die den Erwartungen der Kunden entsprechen.
Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, wie man
die telefonische beziehungsweise eine Video-Beratung
durch webbasierte Dokumente, Charts, Grafiken und
Rechenprogramme, die der Kunde auf seinem ComputerBildschirm sehen kann, umsetzt. Die moderne Technik
birgt für traditionelle Finanzinstitute also keineswegs nur
Risiken. Sie bietet auch Chancen für neue Wege in der
Beratung sowie Möglichkeiten, die bereits vorhandenen
Service- und Beratungsangebote zu verbessern und auszubauen – und auf diesem Weg neue Kundengruppen zu
erschließen. Aber was bedeutet heute und morgen gute
Beratung ganz konkret?
GASTBEITRAG
Beratungen erhalten, ist das die Grundvoraussetzung für
Beratungsqualität. Aber was unterscheidet „gute“ von
„sehr guten“ Anbietern?
beziehungsweise Filialbanken in Deutschland hat bereits
seit Jahren erkannt, dass eine exzellente Qualität von
Beratung und Service das zentrale Differenzierungsmerkmal ist, um im aktuellen Wettbewerb erfolgreich bestehen
zu können.
Wann darf man sich „Qualitätsführer“ nennen?
Die besten Regionalbanken in Deutschland gehen in
ihren Prozessbeschreibungen so weit, dass auch die Kunden- und Sachgerechtigkeit im Detail definiert wird. Das
heißt konkret, dass für die möglichen Lebensphasen in
Verbindung mit einer denkbaren Finanzsituation ein klares Muster definiert wird, was für die Kunden in welcher
Reihenfolge wichtig wäre. Dabei orientieren sich bereits
heute zahlreiche Institute am Gedankengut der DIN SPEC
77 222. Auf Basis solcher priorisierten Handlungsempfehlungen, werden dann auch die Visualisierungshilfen definiert, die im Vorfeld einer Angebotserstellung – für eine
verbraucherorientierte Beratung – notwendig sind. Unser
Credo lautet hier „Weniger ist mehr!“. Dabei geht es darum, immer das „wichtigste Thema“ für die Kunden zu
finden, sofern die Kunden keine andere Meinung haben
beziehungsweise an einer Beratung interessiert sind.
Seit Jahren beobachten wir die Entwicklung rund um
den Themenkomplex „Multi- beziehungsweise Omnikanal-Banking“. Wichtig ist, dass die Notwendigkeit der klaren und kundenorientierten Prozessbeschreibung auch in
Zukunft bestehen bleibt. Wir gehen sogar davon aus, dass
es noch mehr Notwendigkeiten gibt, als in der Vergangenheit, da es immer seltener persönliche Gespräche geben
wird, in denen man leichter improvisieren und auf die
Kundenreaktionen (bei Einwänden, Fragen oder Unverständnis) reagieren konnte.
Wir glauben daran, dass der Kunde zwar künftig über
verschiedene Kanäle die Bank zu verschiedensten (Service-)Themen kontaktiert, aber für die individuelle Beratung wird sich weiterhin ein zentraler Ansprechpartner –
zumindest pro Bedarfsfeld – herauskristallisieren müssen.
Unser Wunsch wäre es sogar, dass jeder Berater künftig
den Kunden für ein persönliches Gespräch über alle angebotenen Kanäle zur Verfügung steht und ihn zu einem
Telefonat, einem Chat oder auch einer Videoberatung
(oder Desktop-Sharing) einladen kann.
In dieser digitalen Welt ist eine Prozesstreue, in der auch
die Beratungshilfen und Gesprächsleitfäden im Detail definiert und eingehalten werden, von zentraler Bedeutung.
Wenn das nicht gelingt, ist die neue Welt nicht besser als
die alte Welt, denn Technik kompensiert keine schlechten
Gespräche, welche die investierte Zeit (für beide Seiten)
nicht wert sind – egal über welchen Kanal!

Was heißt „Beratungsqualität“?
Der Begriff „Beratungsqualität“ sagt nichts über deren
Güte aus, da wir zwischen guter und schlechter Qualität unterscheiden. Die zentrale Herausforderung ist, dass
mindestens neun von zehn Kundenerlebnisse beziehungsweise -gespräche, die vergleichbar sind, gleichartig gut verlaufen. Wenn dem so ist, sprechen wir von
einer positiven Berechenbarkeit durch einen robusten
und vordefinierten Prozess. Vor dem Hintergrund beginnt
ein Projekt zum Thema „Beratungsqualität“ immer erst
beim Vorstand beziehungsweise in der Zentrale, da es die
Erwartungshaltung im Detail und praxistauglich zu definieren gilt, bevor man sie von den Mitarbeitern erwarten kann. Wenn das „Drehbuch“ erstellt ist, ist die Basis
für „Gute Beratungsqualität“ gelegt und die Hoffnung ist
mehr als begründet, dass die Mehrheit der Kollegen (Ziel:
mindestens 90 Prozent) nach diesen Vorstellungen die
Kunden beraten. Das gilt darüber hinaus auch für alle
Servicethemen: Von den Servicekräften in den Filialen bis
hin zum Telefon- beziehungsweise Kundenservicecenter.
Banken+Partner ∙ 5/2015
Woran erkennt man „Gute Beratung“?
Finanzdienstleister, die ihre Qualität definiert haben,
müssen sich regelmäßig für die „Ist-Erlebnisse“ interessieren. Jeder Marktvorstand oder Vertriebsleiter erkennt
die „Gute Beratung“ nur, wenn er selbst daran interessiert ist, diese zu messen. Das bietet die Möglichkeit, die
Mitarbeiter für gute Leistungen zu loben beziehungsweise Fehlentwicklungen zu erkennen und gegensteuern zu
können.
Wichtig ist unseres Erachtens, dass man nicht nur
die Neukundenprozesse testet (mit Testkäufen), sondern
beispielsweise auch die Kundenzufriedenheit und die
erlebte Beratungsqualität bei den Bestandskunden.
Vor dem Hintergrund haben wir die sogenannte
„360°-Analyse der Gesellschaft für Qualitätsentwicklung
in der Finanzberatung“ entwickelt, die darüber hinaus
auch noch die Qualität in allen möglichen Kommunikationswegen ermittelt.
Wenn vergleichbare Kunden (mit ähnlichen Bedarfssituationen) bei einem Finanzdienstleister gleichartige
32
Compliance?
Wir haben die Spezialisten.
Das Competence Center Financial Services (CCFS) von Trivadis verbindet bankfachliche Schwerpunkte mit technologischer Exzellenz.
Der Fokus liegt auf den Bereichen KYC, AML, FATCA, AEOI/CRS, MiFID II, BCBS 239 sowie bei Compliance Data Warehouses.
Das CCFS -Team versteht sich als Brückenbauer zwischen Fach- und IT-Bereich und reduziert durch seine ganzheitliche Betrachtung
Kosten und Risiken bei der Umsetzung mandatorischer Themen. [email protected] | www.trivadis.com
BASEL BERN BRUGG DÜSSELDORF
HAMBURG KOPENHAGEN LAUSANNE
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MÜNCHEN STUTTGART WIEN ZÜRICH
DIGITALISIERUNG
E-Zustellung als
Innovation groß im Trend
Elektronisches Postfach statt Briefkasten: Seit kurzem bietet die österreichische Bank
Austria ihren Kunden die sogenannten E-Zustellung an. „Banken+Partner“ sprach mit
Robert Macho, First Vice President eBusiness MCM Bank Austria, über das innovative
Angebot und bat Dr. Barbara Aigner, Geschäftsführerin der Unternehmensberatung
emotion banking, um ihre Einschätzung des neuen Services.
alberatungen zuschalten zu können. Banken werden hier auch
noch weiter daran arbeiten, das Angebot zu verbessern. Mit
der Erreichbarkeit sind Kunden derzeit noch ganz zufrieden,
allerdings ist diese tendenziell eher in der Abwärtsbewegung
begriffen, weil man damit immer noch ein Telefonat oder den
persönlichen Kontakt verbindet. Doch hier wird sich in Zukunft
einiges verändern – die E-Zustellung ist ein weiterer Schritt in
diese Richtung.
Dr. Barbara Aigner
Banken+Partner ∙ 5/2015
Geschäftsführerin,
emotion banking
Herr Macho, ein neues Angebot im Digital Banking
der Bank Austria ist die sogenannte E-Zustellung.
Wozu und wie nutzen Sie diesen Kanal?
Macho: Das Wort Kanal, im Sinne eines Vertriebskanals, ist
hier doch ein wenig zu hoch gegriffen. Beispielsweise ist unser
Smart-Banking mit der Fülle von Onlineangeboten und der
Videoberatung so ein Vertriebskanal, der übrigens von unseren
Kunden auch hervorragend angenommen wird.
Die E-Zustellung allerdings ist eine sinnvolle Komponente
im Rahmen des digitalen Vertriebskanals und ermöglicht uns,
Geschäftskorrespondenz digital, verschlüsselt und technisch
sicher und nicht zuletzt auch mit einer rechtlichen Beweisbarkeit unseren Kunden zuzustellen. Leider sind ja einfache
E-Mails auf Grund der mangelnden Sicherheit für den Versand bestimmter Informationen und Nachrichten absolut nicht
geeignet. Mit der E-Zustellung können wir dies nun auf eine
qualitativ höhere Ebene heben.
Frau Dr. Aigner, emotion banking führt regelmäßig Befragungen bei Kunden, Mitarbeitern und Führungskräften in der
DACH-Region durch. Wo gibt es für Banken noch Potenziale
beim Thema digitale Kanäle?
Aigner: Aktuell springen viele Unternehmen im B2CGeschäft auf Whatsapp als Kommunikationskanal an. Banken
hinken traditionell hinterher und warten erst einmal ab. Fakt ist
jedoch: Digitalisierung ist kein Trend, der wieder verschwinden
wird. Wir sehen anhand unserer victor Studien im deutschsprachigen Raum, dass beispielsweise fast 50 Prozent der Privatkunden Online-Banking-Dienste nutzen, aber nur 5,8 Prozent
den jeweiligen Facebook-Seiten der Kreditinstitute folgen. Hier
gilt es, die Content-Strategie tunlichst zu überdenken. Reine
Produktplatzierungen sind wirkungslos und erzeugen Ablehnung. Gefragt sind echte Informationen, keine Werbebotschaften.
Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit ihre
Kunden ihre Korrespondenz über die E-Zustellung erhalten
können?
Macho: Sie müssen ganz einfach ein elektronisches Postfach bei unserem Kooperationspartner www.postserver.com
Wie sieht es mit Videoberatung aus?
Aigner: Die Zustimmung dazu ist noch verhalten, aber im
urbanen Raum klar ein Thema. Umgekehrt ist es im ländlichen
Bereich ein großer Vorteil, Experten aus der Zentrale für Spezi-
34
DIGITALISIERUNG
Robert Macho
First Vice President eBusiness,
Bank Austria
eröffnen. Das dauert ein paar Minuten und ist kostenlos. Den
Rest, also die Digitalisierung der Briefstücke und Zustellung in
dieses E-Postfach, machen wir danach automatisch im Hintergrund.
Grundsätzlich nutzen wir als Versender wie auch der Kunde als Empfänger eine neutrale Infrastruktur, die auf Spezifikationen des österreichischen Bundeskanzleramtes und der
Wirtschaftskammer zurückgehen, und über die man nicht nur
Bank Austria Korrespondenz, sondern auch behördliche Zustellungen oder Dokumente anderer Unternehmen erhalten kann.
In unserem Falle nutzen wir eben die Dienste von Postserver, da
dieser Anbieter bisher als einziger, offiziell registrierter Zustelldienst die behördliche und auch die privatwirtschaftliche Zustellung unterstützt. Es ist zu hoffen, dass weiter Zustelldienste diesem Beispiel folgen.
Wie selten Sie sicher, dass der Kunde keine wichtige Post verpasst?
Macho: Ein Benachrichtungsservice mit SMS oder Mail
informiert in Folge den Empfänger, wenn neue Nachrichten eingegangen sind. Dieser findet dann zum Beispiel die aktuellen
AGBs oder Informationen über Zinsänderungen im digitalen
Postfach. Maximal 14 Tage bleibt das Zustellstück im Postfach,
dann muss es leider doch ausgedruckt und konventionell zugestellt werden.
Gibt es Befürchtungen seitens der Kunden, dass mit der
E-Zustellung nur auch noch ein weiterer Werbekanal eröffnet
wird?
Macho: Nein, unabhängig davon, dass das bei diesem neuen Service gar nicht unsere Intention war, haben wir auch
einen Zustellungsdienst als Kooperationspartner ausgesucht,
der den Empfängern die Möglichkeit gibt, den Empfang von
Werbung auszuschließen. Auch beim klassischen Briefversand
berücksichtigen wir diesbezügliche Kundenwünsche – weshalb sollten wir dann bei der elektronischen Post auf einmal
anders vorgehen?
Der Kunde braucht also nicht für jeden Absender ein eigenes
Postfach?
Macho: Nein, um es nochmals zu betonen: Es ist für den
Empfang digitaler Post nur ein einziges E-Zustellungspostfach
für die unterschiedlichsten digitalen Postsendungen notwendig.
Weite Bereiche des sogenannten E-Governments nutzen diese
Standards bereits und das war auch der Grund, warum die Bank
Austria bereits im Mai dieses Jahres den E-Zustellungs-Service
gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Weitere Unternehmen aus der Privatwirtschaft werden diesem Beispiel sicherlich folgen.
Wie sicher ist der neue Zustellungsweg und wie können Kunden ein solches Postfach erhalten?
Macho: Sehr sicher. Für den Empfänger ist dabei folgendes
wichtig: Bei der Eröffnung des Postfaches müssen die eigenen
Daten verifiziert werden. Bank Austria Kunden können das ganz
einfach online mittels Bankident über das Onlinebanking durchführen. Wenn zusätzlich behördliche Post gewünscht wird,
muss die Verifizierung über die Handysignatur erfolgen. Falls
keine Handysignatur vorhanden, kann man sogar dies direkt
online freischalten lassen.
Was sind die größten Vorteile für die Bank Austria?
Macho: An erster Stelle steht der enorme Kostenvorteil. Wir
haben als Bank Austria in diesem Jahr zirka elf Millionen Euro
35
Banken+Partner ∙ 5/2015
Können die Empfänger ihnen über E-Zustellung auch antworten?
Macho: Das digitale Postfach, als eine moderne Form des
Briefkastens, ist an sich nicht als Dialog-Medium konzipiert,
sondern um Dokumente zuzustellen. Der einfache „reply“Knopf würde zwar technisch funktionieren, aber das erfüllt
nicht unsere Ansprüche. Daher gibt es bei Rückfragen oder
gewünschten Zusatzinformationen die Möglichkeiten des
Smart Bankings oder auch im Online-Banking die beliebte
Kommunikationszentrale für die direkte Interaktion mit dem
Betreuungsteam. Hier ist der Kunde dann mit seinen Wünschen
goldrichtig.
DIGITALISIERUNG
an reinen Portokosten. Zu einem großen
Teil deswegen, weil wir aus rechtlichen
Gründen in vielen Bereichen unsere
Kunden brieflich informieren müssen.
Aber – und das ist ganz besonders
wichtig – wir sehen es auch als wesentlichen Vorteil an, wenn wir unseren
Kunden eine neue und moderne Dienstleistung anbieten können. Eine, die
schneller und sicherer funktioniert, mit
anderen Diensten kombiniert werden
kann, langweilige Medienbrüche ver-
Bedarf, offenbar ist vielen Geschäftsleuten aber noch nicht klar, wie sie davon
profitieren können.
Macho: Der Markt ist eindeutig vorhanden und die Menschen sind sehr
zugänglich dafür. Unseren Studien
zufolge sind 30 Prozent unserer Kunden generell offen für E-Zustellung für
bankspezifische Schriftstücke. Noch
mehr, nämlich 44 Prozent Zustimmung
gibt es auf die Frage, ob die Befragten
E-Zustellung generell nutzen würden.
Diese Zustimmung steigt sogar auf 50
Prozent bei informierten Personen, die
bereits von der Idee der E-Zustellung
gehört haben.
Aigner: Banken können durch solche
unkomplizierten und nachvollziehbaren
Lösungen stark beim Kunden punkten,
das belegen auch unsere Studien. Die
Nutzung der E-Zustellung ist hier sicherlich ein wesentlicher Baustein zu deutlich höherer Kundenzufriedenheit.
Margaretha Hamm
meidet und nicht zuletzt auch kostenlos
angeboten wird. Und ganz ehrlich: Wer
hat denn selbst heutzutage noch gerne
stapelweise Papier-Korrespondenz zu
Wissenswertes zur E-Zustellung
Hause? Musik, Familienfotos, Videos,
das ist doch bei den Meisten längst
schon alles digital.
Wer sind die Nutzer bei den Kunden der
Bank Austria und von welchem Volumen sprechen wir?
Banken+Partner ∙ 5/2015
Macho: Unser Fokus liegt primär bei
den bereits heute existenten 670.000
Onlinebanking-Kunden, die wir ersuchen, sich bei unserem Kooperationspartner www.postserver.com ein
kostenloses Postfach einrichten zu lassen. Das Service selbst ist erst ein paar
Monate jung und die bisher versendeten
knapp 10.000 Schriftstücke sehen wir als
Anfang. Wir haben uns vor 20 Jahren ja
auch über die ersten 100 Internet-Banker gefreut.
Frau Dr. Aigner, wie schätzen Sie das
Potenzial des neuen Services der Bank
Austria ein?
Aigner: Solche Services werden
genauso wie die Umstellung vom Schalter auf SB-Zonen oder die Nutzung von
Online-Banking eine gewisse Zeit brauchen, bis sie in der Breite angekommen
sind. Gleichzeitig muss die Bank es aber
schaffen, dass der Kunde den Mehrwert
in diesem Service sieht – sprich die Kommunikation dazu ist entscheidend. Auch
im Firmenkunden-Bereich wäre dafür
Unter E-Zustellung versteht man
ein zentrales, sicheres Postfach
für elektronische Dokumente.
Nutzer können sich unkompliziert
über einen elektronischen Zustelldienst anmelden und Schriftstücke
von Behörden und Unternehmen
sicher über dieses kostenlose elektronische Postfach empfangen. Die
Dokumente können vom Empfänger
heruntergeladen, angesehen, weitergeleitet, gedruckt oder archiviert
werden.
Gerade für Banken ist der Kommunikationsweg via E-Mail in der
Regel nicht ausreichend. Denn Kreditinstitute wollen und brauchen
sowohl rechtliche als auch technische Sicherheit, Datenschutz,
Vertraulichkeit durch automatische
Verschlüsselung sowie eine automatische Übermittlungs- und Empfangsbestätigung als rechtlich anerkannter Zustellnachweis.
Absender-Vorteile auf einen Blick:
u rechtliche und technische
Sicherheit,
uDatenschutz,
uVertraulichkeit,
u schnellere Zustellung,
u Prüf- und Beweisbarkeit,
u signifikante Kostenreduktion,
u zertifizierte Identität des Empfängers
36
Die Anwender wollen eine skalierbare Lösung – also ein einheitliches, virtuelles Postfach, über das
sie alle behördlichen und privaten
Zustellungen empfangen können. Im
Postfach sollen Behördliches, Bankund Steuerunterlagen oder auch
Rechtliches inhaltlich strukturierbar
sein. (Der Absender muss dafür wiederum seine Nachrichten inhaltlich
standardisiert kennzeichnen.)
Empfänger-Vorteile auf einen Blick:
ukostenfrei,
usicher,
uvertraulich,
u weltweit erreichbar,
uunkomplizierte elektronische
Ablage,
Postfach für sämtliche
Zustellstücke (keine gelben Zettel und Wege zum Postamt),
u Abwesenheitszeiten durch deaktiviertes Postfach möglich.
uein
Anbieter in Österreich ist unter
anderem das Unternehmen Postserver.
Näheres zur E-Zustellung:
www.bankaustria.at/aktuellespostserver.jsp
Näheres zum 360 Grad Analyse­
instrument victor unter:
www.emotion-banking.com
PSIMMOBILIEN
Unternehmen
Eckdaten
Baujahr 1654
Lage Außerhalb
Kaufpreis 770.000,00 €
Grundstücksfläche ca. 180.000 m2
Wohnfläche ca. 225 m2
Ort Katzenelnbogen
Ein Mühlenanwesen für Pferdefreunde
Das Wohngefühl lässt das Herz eines jeden Pferdeliebhabers höher schlagen, denn egal aus welchem Fenster man
schaut, man hat stets den Blick auf eine der Pferdekoppeln, die das Haus einrahmen. Auch die geräumige Terrasse befindet sich mitten zwischen den Koppeln und die
Pferde können bis unmittelbar an das Haus laufen. Stalltür
auf, Pferde raus, das ist hier möglich. Die gesamte Wohnfläche beträgt 225 qm und verteilt sich momentan auf
drei getrennte Wohneinheiten, was jedoch individuell aufteilbar wäre. Die Immobilie wurde seit 2010 saniert. Alles
Wichtige ist seitdem erneuert worden, wie z.B. neue Heizung (Öl), neue Hebeanlage, Strom- und Wasserleitungen,
Rohrheizungssystem, neuer Fassadenanstrich, Scheunenund Stallausbau, Verlegung diverser Leerrohre, Drainage
auf diversen Paddocks sowie neue Fenster.
Insgesamt bietet die gesamte Immobilie mit den zahlreichen Nebengebäuden Platz für bis zu 40 Pferde, aufgeteilt auf diverse Offenställe mit drainagierten Paddocks
und einigen Boxen. Alle Pferdeställe sind ausgerüstet mit
Selbsttränken und Rohrbegleitheizung.
2015 wurde ein neuer Reitplatz 20 x 40 mit Allwetterboden "Swing Ground" errichtet. Des Weitere gibt es eine
Longierhalle Besonders interessant ist der Umstand, dass
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GASTBEITRAG
Compliance-Services mit
ambitionierten Zielen für 2016
Die neuen Compliance-Dienste von Swift zur Bekämpfung der Finanzkriminalität sind 2015 auf eine
Rekordnachfrage gestoßen: Nur ein Jahr nach seiner Einführung weist das KYC-Register mehr als
2.000 Teilnehmer auf, die angestrebte Kundenzahl bei Compliance Analytics wurde signifikant übererfüllt. Die Zahlen bestätigen, dass das Service-Portfolio den Bedarf der Finanzindustrie voll und
ganz erfüllt. Sie bilden nun die Grundlage neuer, ambitionierter Ziele für 2016 und darüber hinaus.
und erfüllt damit einen Bedarf aller Finanzinstitutionen –
ob groß oder klein und ungeachtet ihres Standorts.
Die künftige Entwicklung der drei miteinander verbundenen Compliance-Services für regulatorische Vorgaben
zu Sanktionen, Know Your Customer (KYC) und
Geldwäschebekämpfung (Anti-Money Laundering –
AML) ist in der „Financial Crime Compliance Roadmap“
vorgezeichnet (siehe Grafik Seite 39). Diese Services ergänzen einander innerhalb der Compliance-Produktgruppe,
die zurzeit aus dem KYC-Register, Compliance Analytics,
Sanctions Screening, Sanctions Testing und der „Relationship Management Application“ (RMA) besteht.
Jürgen Marstatt
Head of Swift Germany
Das Einhalten von Regulierungsvorgaben zur Verhinderung von Finanzkriminalität ist nach wie vor eine der
großen Herausforderungen, vor denen die Banken heute
weltweit stehen. Als genossenschaftliches Dienstleistungsunternehmen im Besitz der Finanzindustrie wurde Swift
von seinen Eigentümern beauftragt, sich dieser Herausforderung anzunehmen und sein strategisches Lösungsangebot über Zahlungsverkehr und Wertpapiergeschäft hinaus
um Compliance-Services zu erweitern. Deshalb wurde ein
Portfolio bereitgestellt, mit dessen Hilfe die damit verbundenen Abläufe rationalisiert, Kosten gesenkt und Risiken
vermindert werden können.
Das KYC-Register
Mit dem im Dezember 2014 eingeführten KYC-Register konnte eines der bisher ambitioniertesten Ziele
erreicht werden: 2.000 neue Institutionen (BICs) als aktive
Mitglieder im Zeitraum von nur einem Jahr zu gewinnen.
Ende 2015 verzeichnete das Register 2.009 Institute in 191
Ländern. Die Unterstützung bei der KYC-Compliance wird
von den Nutzern sehr geschätzt. Auf der Sibos 2015 in Singapur – der jährlichen, weltweit größten Veranstaltung der
Finanzindustrie – lobte der Präsident der Financial Action
Task Force (FATF), Je-Yoon Shin, das Register als Möglichkeit vor allem für kleinere Banken, wachsende KYC-Auflagen sicher und kostengünstig zu bewältigen.
Ziel für 2016 ist es, weitere 1.600 Institutionen – Banken, Fondsgesellschaften und Depotbanken – bis zum
Jahresende als Mitglieder für das Register zu gewinnen.
Die Weiterentwicklung des KYC-Service konzentriert sich
auf neue, zusätzliche Dienstleistungsangebote im Laufe
des Jahres sowie den qualifizierten Ausbau des standardisierten Datenbestands.
Banken+Partner ∙ 5/2015
Portfolio mit Zukunft: Compliance-Services
Erklärtes Ziel von Swift bei der Entwicklung des neuen
Portfolios von Compliance-Services war es, eine starke
Plattform mit solidem, zukunftsorientiertem Angebot zu
schaffen, das – den wachsenden, sich stetig ändernden
regulatorischen Anforderungen entsprechend – kontinuierlich erweitert wird. Als eine der tragenden Säulen im
Rahmen der Strategie „Swift2020“ ergänzt das Compliance-Portfolio das Kerngeschäft der Nachrichtenservices
38
GASTBEITRAG
Compliance-Anforderungen im Griff
Compliance Services Roadmap von Swift
Financial Crime Compliance
(FCC) Roadmap
Entwicklung von drei
miteinander verbundenen
Einheiten zur effizienten
Nutzung der Daten und
Gemeinsamkeiten aller
Compliance-Produkte
und -Services
Ein umfassendes ServiceAngebot für alle SwiftNutzer ungeachtet ihrer
Größe
Quelle: Swift
Sanktionen
zum Beispiel:
Transaction Screening
Sanctions Testing
SanktionslistenManagement
Kunden-Screening
KYC
zum Beispiel:
KYC-Register
KYC Marketplace
Analytics/AML
zum Beispiel:
Compliance Analytics
(Weiterentwicklung zu
Bank-zu-Bank-Monitoring)
Qualität von Zahlungsdaten
(FATF 16)
„Financial Crime Compliance Utility“
Compliance Analytics
Sanctions Screening/
Sanctions Testing
Die korrekte Einhaltung neu aufkommender Sanktionsgesetze und
ständig aktualisierter Listen ist für
Finanzinstitutionen wesentlich komplexer, teurer und zeitaufwendiger
geworden. Bereits im April 2012 wurde dazu „Sanctions Screening” von
Swift geschaffen, ein erster zentraler, gemeinschaftlich nutzbarer und
kosteneffizienter Compliance-Dienst
vor allem für kleine und mittlere
Finanzinstitute, der schnell, unkompliziert und ohne internen Aufwand
eingerichtet werden kann. Nur wenig
später folgte „Sanctions Testing“,
ein Service zur Unterstützung großer Banken bei der Überprüfung und
39
Banken+Partner ∙ 5/2015
Mit dem Business-IntelligenceService Compliance Analytics
können Institute ihren Traffic über
Swift auf Abweichungen vom Normverhalten analysieren und ungewöhnliche Muster oder Trends in
Transaktionsverläufen, verdeckte
Beziehungen und Aktivitäten auf
signifikantem Niveau in Hochrisikofeldern erkennen. Compliance Analytics verschafft den Banken Zugang
zu einer reichhaltigen Quelle standardisierter Daten, die ihnen eine
globale Übersicht über ihre geschäftliche Tätigkeit auf dem Swift-Netzwerk – einschließlich ihrer Niederlassungen und Tochterfirmen sowie
ihrer gesamten KorrespondenzbankAktivitäten – ermöglicht. Sie können
Risikofelder identifizieren, einschätzen und vorhandene Prozesse bewerten, um Risikomodelle zu entwickeln, Warnsignale zur Markierung
bestimmter Risikobereiche in ihrer
Geschäftstätigkeit zu setzen und
ihre eigene Marktposition gegenüber
direkten Mitbewerbern zu beurteilen.
Compliance Analytics ist für eine
breite Gruppe im Bankmanagement
von Bedeutung: Group Compliance,
AML, Sanktionen, Korrespondenzbankgeschäft, Revision und Risikomanagement. Das Instrument ergänzt
die bestehenden Sanctions Screeningund Sanctions Testing-Services ebenso wie das KYC-Register. Die schnelle
Aufnahme des Service durch 21 der
weltgrößten Banken spricht für sich.
Er bildet die Grundlage einer künftigen AML-Serviceeinheit; zudem wird
2016 ein neuer Dienst zur Prüfung
der Datenqualität im Zahlungsverkehr eingeführt, um die Banken bei
der Bewertung der Absender- und
Empfängerangaben in ihren SwiftNachrichten zu unterstützen.
Abstimmung ihrer Filtersysteme entsprechend ihrem Risikoprofil.
Auch der Sanctions Screening-Service hat im Jahr 2015 mit 414 neuen Nutzern die Zielsetzung deutlich
übererfüllt. Dazu haben vor allem
Produktverbesserungen beigetragen,
mit denen sich der Service noch stärker auf den speziellen Bedarf der mittelgroßen Banken eingestellt hatte. In
allen Regionen der Welt haben sich
neue Institute angeschlossen.
Den Sanctions-Testing-Service setzen mittlerweile 33 der international
führenden Institute als einzelnes Produkt oder im Rahmen eines ganzen
Servicepakets ein. Ausgerichtet auf
den Bedarf der 200 Spitzeninstitute weltweit wird Sanctions Testing
zur Überprüfung und Abstimmung
der eigenen Screening-Systeme für
Transaktionen, Kundenbeziehungen
und politisch exponierte Personen
(PEPs) genutzt. Zudem wurde 2015
der „Peer Assessment Service” eingeführt; mit Clearstream und Euroclear
der Einstieg in das Wertpapiergeschäft erreicht und mit der Allianz als
Nutzer auch die Versicherungsbranche erschlossen.
Künftig ist eine „Sanctions Utility”
geplant, die die Interoperabilität mit
den diversen Swift-Financial-Crime
Compliance-Produkten und -Services sichern soll. Ein weiterer Service
für das Sanktionslisten-Management
wird 2016 eingeführt; 2017 folgt ein
Service zur Unterstützung des Kunden-Screenings.
Der Erfolg der Compliance-Services beweist den hohen Bedarf der
Finanzindustrie an gemeinschaftlichen Lösungen, um den Folgen
zunehmender Regulierung, geopolitischer Veränderungen und dem damit
wachsenden Kostendruck zu begegnen. Mit dem Ausbau solcher Services für die tägliche Praxis hilft Swift,
dies auch in Zukunft zu sichern.

IT-SYSTEME
Foto: Heiner Hamm
Ein Tischgespräch
von COIN MEDIEN
mit Chefredakteurin
Magaretha Hamm.
Gesprächsteilnehmer Grögeder, Ertle, Barkmann: Die Wertschöpfungskette ganz neu strukturieren.
„Wir brauchen eine agile Organisation“
Banken+Partner ∙ 5/2015
Einfach, effizient, agil, flexibel: So müssen IT-Architekturen heute aussehen. Darüber waren sich die
Experten bei einem Gespräch von „Banken+Partner“ einig. Um dieses Ziel zu erreichen, ist noch viel
zu tun. Denn es geht nicht alleine darum, die IT umzubauen. Auch die Prozesse und die Organsisation müssen angepasst werden.
Services zu kreieren. Das ist sicherlich keine neue Aufgabe –
durch die zunehmenden Möglichkeiten der Datengewinnung,
-haltung und -auswertung nimmt ihre Bedeutung allerdings zu.
Barkmann: Zumal wir es verstärkt mit Kundengruppen zu tun
haben, deren Erwartungshaltung sich stark verändert. Besonders die viel zitierte Gruppe der Millenials, junge Menschen,
die um das Jahr 2000 geboren sind, stellen neue Anforderungen
an die Vertriebskanäle. Darauf müssen die Banken und Sparkassen mit der Anpassung ihrer IT-Systeme reagieren. Neben
dem Druck der Regulatorik, der ja bereits angesprochen wur-
Vor welchen Herausforderungen stehen die Banken bei der
Erneuerung ihrer IT-Architektur?
Grögeder: In erster Linie geht es darum, agile und flexible Systeme zu bekommen, die es dem Institut ermöglichen,
schnell auf Veränderungen des Umfeldes zu reagieren. Ein weiteres Thema ist die Datenarchitektur. Auf der einen Seite steigen die regulatorischen Vorgaben an das Reporting und damit
auch die Anforderungen an die Aufarbeitung unserer Daten.
Auf der anderen Seite nutzen wir die Daten, die wir haben,
noch nicht ausreichend, um damit zusätzliche Angebote und
40
IT-SYSTEME
Regulierung, Kundenwünsche, neue
Mitbewerber, Margendruck: Wie
schafft man es, alle diese Punkte unter
einen Hut zu bekommen?
Grögeder: Das Spannende ist ja, dass
die altbewährten Anforderungen wie
Stabilität, Verlässlichkeit und Informationssicherheit wegen der zusätzlichen
Aufgaben nicht plötzlich weniger werden. Und ihre Einhaltung wird ja auch
von der Aufsicht kontrolliert. Banken
verbindet man zudem immer mit Stabilität. Von daher ist es die Kunst, Stabilität
und Agilität unter einen Hut zu bekommen.
Barkmann: Mit den zunehmenden
Anforderungen wächst die Komplexität
und die muss beherrschbar bleiben. Das
bekommt man im Prozessmanagement
gut hin, wenn man von großen monolithischen Systemen weggeht und zu granularen Service-Funktionsbausteinen
kommt. Diese Bausteine sind dann zwar
standardisiert, können jedoch flexibel
zusammengesteckt werden. Damit können die Banken eine gewisse Prozessflexibilität erreichen.
Grögeder: Auch wenn der Begriff
„Digitalisierung“ inzwischen zu einem
Buzzword geworden ist – wir nehmen
sie natürlich auf der Konsumentenseite immer mehr wahr. Bei den Prozessen innerhalb der Bank ist sie wahrlich
nichts Neues. Inzwischen reicht sie
allerdings bis zum Kunden. Wir müssen
heute mehr denn je versuchen, End-toEnd-Prozesse ohne Medienbruch zu
erreichen.
Ertle: Dafür benötigen wir einfache,
effiziente, automatisierte Prozesse, die
möglicherweise ganz anders aufgebaut
sind als bisher. Das wirkt sich natürlich
auch auf die Organisation und die Mitarbeiter aus. Ein gutes Beispiel dafür ist
das Controlling: Da brauchen wir künftig ein ganz anderes Mindset als bei
der Arbeit in den einfachen Standardprozessen. Wir haben daher keine Mitarbeiter in der Fonds-Buchhaltung, die
41
Ole Barkmann
Head of Business Development
Financial Solutions,
Pass Consulting Group
Achim Grögeder
Leiter IT/Operations,
Triodos Bank
Andreas Ertle
Geschäftsführer,
IntReal
nur buchen, ohne die Zusammenhänge
zu verstehen. Wir brauchen Mitarbeiter,
die sich mit dem jeweiligen Objekt auseinandersetzen und auch einmal eine
Rechnung hinterfragen. Damit steigen
die Anforderungen – die Arbeit wird
anspruchsvoller.
Verändert sich dadurch auch die Zusammenarbeit von Fachbereich und IT?
Ertle: Aber sicher. Die Anforderungen an die Qualität der Arbeit und die
Komplexitätsbewältigung durch die
Mitarbeiter werden steigen. Und alles
was standardisierbar ist, wird technisch
unterstützt. Und es wird nicht mehr ausreichen, einen analogen Prozess einfach
mithilfe der IT zu automatisieren. Digitalisierung ist viel mehr – es geht darum,
die Wertschöpfungskette ganz neu zu
strukturieren.
Grögeder: Tatsächlich gibt uns die
technologische Entwicklung die Möglichkeit, neue Wege zu gehen. Gleichzeitig haben wir den Effekt, die Process
Owner in den Fachbereichen tatsächlich
Banken+Partner ∙ 5/2015
de, kämpfen die Institute derzeit auch
noch mit sinkenden Margen. Und noch
etwas ist wichtig: Mit den FinTechs
entstehen neue Mitbewerber, die ganz
neue Services und Produkte anbieten.
Auch darauf müssen die Banken reagieren. Sie müssen sich überlegen, wie
sie trotzdem im Bankgeschäft bestehen
können, wie ihr künftiges Geschäftsmodell aussehen könnte und welche Kanäle sie bedienen müssen. Dafür benötigen
die Institute eine moderne IT-Infrastruktur, die eine schnelle Time-to-Market
und einen hohen Automatisierungsgrad
ermöglicht.
Ertle: Und vor allem auch standardisierte Prozesse und Schnittstellen. Die
sind für uns ganz besonders wichtig.
Ein wichtiges Beispiel ist das Reporting.
Wir müssen den Investoren, aber auch
den Aufsichtsbehörden, immer mehr
Informationen zur Verfügung stellen.
Das ist eine große Herausforderung.
Insgesamt betrachtet ist hier leider nur
sehr wenig standardisiert. Da helfen die
einheitlichen Reports von BaFin, Esma
und der Bundesbank leider nur sehr
wenig. Es wäre es sinnvoll gewesen,
wenn die Branche eine gemeinsame
Lösung entwickelt hätte, um die regulatorischen Anforderungen kosteneffizient
und schnell umzusetzen. Leider war das
nicht der Fall und jede Gesellschaft hat
ein eigenes Tool eingeführt.
Eine Standardisierung bei einzelnen
Werkzeugen bedeutet ja nicht, dass sich
die Institute nicht mehr von einander
unterscheiden. Die Vereinheitlichung
von Prozessen ist die Grundlage des digitalen Datenmanagements und im Backoffice durchaus machbar. Unser Fokus
liegt dabei auf der Schnittstelle. Durch
funktionierende Schnittstellen wird es
einfacher, die Geschäftsprozesse so zu
verändern, dass sie effizienter, schneller,
besser, stabiler und transparenter werden. Das ist Digitalisierung, die wirklich
substanzielle Veränderungen und Vorteile mit sich bringt.
IT-SYSTEME
Banken+Partner ∙ 5/2015
dazu zu befähigen, sich wirklich vollverantwortlich um ihre Prozesse kümmern
zu können. Damit wachsen natürlich
die Anforderung an die Mitarbeiter des
Fachbereiches.
Barkmann: Dadurch kann es auch
zu einer Gewichtsverschiebung zwischen Fachbereich und IT kommen. Bei
vielen Instituten steckt unglaublich viel
Fachkompetenz in den IT-Abteilungen.
Das ist auch notwendig, damit neue Prozesse und Produkte schnell umgesetzt
werden können. Manche Banken brauchen immer noch einige Monate, um
ein neues Produkt einzuführen. Das ist
heute nicht mehr angemessen. Es muss
schneller gehen.
Sind die Anforderungen an die IT auch
durch das Aufkommen neuer Mitbewerber gestiegen? Welchen Einfluss haben
FinTechs auf die Entwicklung der Banken und ihrer IT?
Barkmann: FinTechs bewirken eine
große Veränderung. Wenn eine Bank
heute mit einem FinTech kooperiert,
dann möchte sie natürlich auch dessen
Business-Case umsetzen und davon
profitieren – das muss allerdings schnell
gehen, denn sonst ist ein eventuell vorhandener Marktvorsprung verloren.
Und so etwas ist nur mit einer agilen ITArchitektur möglich.
Grögeder: Doch agile IT-Systeme
reichen nicht aus. Was die Institute
eigentlich brauchen, ist eine agile Organisation. Die gesteigerten Anforderungen an die IT-Architekturen speisen
sich am stärksten aus dem geänderten
Kundenverhalten. Gleichzeitig gibt es
auf der regulatorischen Ebene gestiegene Anforderungen an Reports. Dazu
benötigt die Bank eine andere Datenhaltung und muss die Nachvollziehbarkeit
der Ergebnisse sicherstellen. Die Kunst
besteht jetzt darin, beides unter einen
Hut zu bringen.
Ertle: Deshalb ist es wichtig zu fragen, wo es Geschäftsprozesse gibt, die
man mithilfe der Technik vereinfachen
kann – oder bei denen man dadurch
einen Mehrwert erzeugt. Gerade in
unserem Spezialgebiet, der Immobilienverwaltung, sind einige Unternehmen
noch ganz weit von effizienten Prozessen entfernt. In den einzelnen Bereichen
hat jeder versucht, möglichst effizient zu
arbeiten, doch nun geht es darum, die
Grenzen zu überschreiten und durchgängige Prozesse zu etablieren.
Wird es dadurch zu einer verstärkten
Arbeitsteilung kommen?
Barkmann: Sicherlich. Früher haben
Banken alles gemacht. Das hat sich
schon geändert und wird sich weiter
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ändern. Wir sehen bei vielen Häusern
den Trend, dass sie häufiger bereit sind,
einzelne Leistungsblöcke nach draußen zu geben. Es gibt Service-CenterAnbieter, Kreditfabriken und BackofficeDienstleister und auch die IT selbst wird
teilweise ausgelagert. Das bringt eine
sehr viel stärkere Fragmentierung mit
sich. Die Banken stehen damit verstärkt vor der Herausforderung, trotz der
Arbeitsteilung effiziente Gesamtprozesse zu etablieren. Das funktioniert nur,
wenn die Organisation flexibel auf Veränderungen reagieren kann.
Grögeder: Finanzdienstleister werden damit in viel stärkerem Maße als
früher Gestalter eines Netzwerks. Sie
müssen bei ihren Partnern bestimmte
Kompetenzen voraussetzen und benötigen ein gemeinsames Mindset, um Aufgaben partnerschaftlich zu lösen.
Sie betonen immer wieder, dass flexible Strukturen geschaffen werden müssen. Wäre es also am besten, die IT von
Grund auf zu erneuern?
Ertle: Wir standen ja vor einigen Jahren vor der Aufgabe, unsere Architektur
neu aufzusetzen. In einem ersten Schritt
haben wir überlegt, wie unser Zielsys­
tem aussehen soll. Dann haben wir die
bestehenden Lösungen mit unserer Zielvorstellung verglichen. Von drei vorhan-
IT-SYSTEME
denen Systemen ist eines geblieben und
wir haben zusätzlich eine neue Lösung
implementiert, die Anforderungen erfüllt,
die das Altsystem nicht abdeckt.
Barkmann: Tatsächlich muss man ab
und zu überlegen, ob man alles abreißen
und neu bauen soll. Das gilt auch für uns
als Anbieter. Wir haben gerade unser
komplettes Darlehensmodul neu gebaut,
um angesichts der zunehmenden Globalisierung auch im Kreditgeschäft flexibler zu sein. Der Weg geht zu standardisierten Lösungen, die so konfiguriert
werden können, dass über sehr viele
Einstellungen letztlich das jeweilige
Geschäftsmodell des Kunden abgebildet
wird. Nur so schafft man es, eine Lösung
effizient zu gestalten. Der Trend geht
also hin zu Product Engines, bei denen
viele Parameter vorkonfiguriert sind,
die sich allerdings auch granular an
die Bedürfnisse des jeweiligen Instituts
anpassen lassen.
43
Prozesse, sondern zusätzlich standardisierte Schnittstellen. Nur so können
wir Flexibilität und Agilität tatsächlich
sicherstellen.
Bieten offene Schnittstellen wirklich
die Möglichkeit, Geschäftsmodelle flexibel anzupassen?
Grögeder: Aber sicher. Gerade indem
sie dafür sorgen, dass Architekturen
offener sind und über Schnittstellen
verfügen, haben die Banken tatsächlich
die Möglichkeit, ihre Geschäftsstrategie
rasch anzupassen, Dienste hinzu- oder
auch wegzunehmen sowie SourcingStrategien umzusetzen. Das wird immer
wichtiger. Die Institute suchen den
besten Partner, um mit ihm gemeinsam
neue Produkte und Services umzusetzen.
Barkmann: Das sehe ich genauso. Deshalb haben wir beispielsweise
zusammen mit Kunden eine Schnittstelle gebaut, an der sich vornehmlich
FinTechs andocken können. Das Ganze
funktioniert über Web-Services und
andere Standard-Austausch-Formate.
In Deutschland sind wir ja in der glücklichen Lage, Standards wie HBCI-FinTS zu haben, die man durchaus nutzen
kann, um den Austausch mit externen
Partnern zu befeuern.
Margaretha Hamm/Dr. Thomas Leims
Banken+Partner ∙ 5/2015
Nun verändert sich die Welt immer
schneller. Was wir uns heute noch nicht
vorstellen können, ist morgen Realität.
Wie kann man sich auf Herausforderungen vorbereiten, von denen man
überhaupt noch nicht weiß, wie sie
aussehen werden?
Barkmann: Das kriegen Sie nur hin,
indem Sie wirklich ein neues System
aufbauen, wie ich es eben beschrieben
habe. Dazu braucht man natürlich eine
Menge Erfahrung, um beispielsweise zu
wissen, was die gängigen Produkte sind,
die abgebildet werden müssen. Dann
muss man das Ganze so konzipieren,
dass eine Lösung entsteht, die in der
Lage ist, die heute denkbaren Produkte
und Prozesse abzubilden und auch ein
bisschen in die Zukunft zu blicken.
Bei unserem Darlehensmodul haben
wir uns zum Beispiel viele Gedanken
darüber gemacht, was heute im deutschen Markt noch nicht üblich ist, was
es aber in anderen Ländern bereits gibt.
Dazu gehören Tilgungsstop oder veränderliche Tilgungsraten, dafür haben wir
bereits die Voraussetzungen geschaffen. Doch natürlich kann es sein, dass
übermorgen ein FinTech auftritt und
etwas ganz Neues anbietet – darauf
muss man im System flexibel reagieren
können – das ist der einzige Weg. Dafür
braucht man dann Schnittstellen.
Grögeder: Offenheit und Schnittstellen sind tatsächlich ein ganz wichtiges
Thema. In diesem Zusammenhang
kommt auch die Standardisierung der
Schnittstellen zum Tragen. Sie erfüllt den
alten Traum der IT, neue Lösungen problemlos in bestehende Systeme integrieren zu können. Wir brauchen also nicht
in erster Linie eine Standardisierung der
SERVICE
HEFT 6 ∙ 2015 erscheint am 29.02.2016
ANZEIGENSCHLUSS ist am 13.02.2016
IMPRESSUM
Ende der Schonfrist
Finanzdienstleister,
die sich an traditionellen Geschäftsmodellen orientieren,
wird es in zehn bis 15
Jahren – zumindest in
der Form wie wir sie
heute kennen – nicht
mehr geben, davon ist
Christian Rieck, Professor für Finance und
Zukunftsforscher, überzeugt.
Im Mittelpunkt seines Buches
„Können Roboter mit Geld umgehen“, stehen die sogenannten FinTechs. Dabei geht Rieck allerdings
über alles, was bis jetzt zu den Wettbewerbern der etablierten Finanzinstitute, über Start-ups und ihre
Geschäftspraktiken gesagt wurde und
wird, weit hinaus. Als ausgewiesener
Spieltheoretiker widmet er sich ganz
der Interaktion zwischen Mensch
und Maschine und wagt sich dabei
weit in den Bereich der Robotik vor.
Banken+Partner
ISSN 1612-7757, Ausgabe 5 · 2015; 12. Jahrgang
Vieles von dem, was noch vor
wenigen Jahren im Bereich der
Kybernetik schlichtweg als unmöglich erachtet wurde, sei heute bereits
gängige Praxis, so Rieck. Dabei wagt
er sich bis zu den Fragen nach künstlicher Intelligenz und emotional
denkenden und fühlenden Maschinen vor, die auch auf automatisierte
Finanzberatung eingestellt werden
können. Mit – manchmal allerdings
ein wenig konstruiert wirkenden Beispielen – verficht Rieck vor allem
die finanziellen Vorteile (sinkende Grenzkosten) der Roboberater.
Ein kontroverses und deshalb umso
lesenswerteres Buch.
Können Roboter mit Geld umgehen?
– Die digitale Zukunft der Finanzberatung
Christian Rieck
Christian Rieck Verlag, Eschborn 2015
ISBN 978-3-924043-64-3 (Printausgabe)
ISBN 978-3-924043-65-0 (Ebook)
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Autoren dieser Ausgabe:
Markus Gauder, Margaretha Hamm,
Dr. Thomas Leims, Jürgen Marstatt
Beirat:
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Rolf Mangold, Versicherungskammer Bayern
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Mathias Walter, Trivadis
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Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 1. November 2015.
IT-Sicherheitsbeauftragter
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Termin: 18. Februar 2016
Ort: Frankfurt
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Veranstalter: Forum · Institut für Management
Internet World
Die E-Commerce Messe
Termin: 1. und 2. März 2016
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Veranstalter: Handelsblatt Fachmedien
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Prüfung: 16. Juli 2016
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