Integration mit Hindernissen | Manuskript Integration mit Hindernissen - Flüchtlinge in Häslich Beitrag: Julia Cruschwitz Der riesige Park in der Gemeinde Haselbachtal muss vom Laub befreit werden. Eine Mammut-Aufgabe für die Mitarbeiter vom Bauhof. Maik Pollack, Bauhof Gemeinde Haselbachtal: Wie Sie so sehen, könnten wir durchaus Unterstützung gebrauchen. Weil es ist ja nicht wenig hier. Eigentlich wäre das eine gute Beschäftigung für einige der 16 Asylbewerber aus dem Ortsteil Häslich, dachte sich die Gemeinde. Die Ein-Euro-Jobs dafür wurden vom Landratsamt sofort bewilligt. Auch für die Einheimischen wäre es ein positives Signal: die Flüchtlinge packen mit an. Sabine Megel, Bufdi So lernen sie wenigstens dann auch, was wir so zu machen haben, die Arbeit, das hier zu erledigen. Aber bis heute fegt kein Asylbewerber hier Laub. Und auch bei anderen Jobs gibt es Probleme. Darüber ärgert sich der Verantwortliche Tobias Liebschner. Tobias Liebschner, Hauptamtsleiter Gemeinde Haselbachtal Von zwei Asylbewerbern gab es einen kleinen Zettel auf Deutsch, dass sie die Arbeit nicht antreten können mit einer gewissen Begründung. Und eine Person, die nicht antreten wollte, hat sich überhaupt nicht geäußert, hat es einfach abgelehnt. Die beiden Damen waren bereit, anzufangen. Flüchtlinge, die nicht arbeiten wollen? Wir sind in Häslich, wo die Asylbewerber leben. Riad Karzoun ist einer der drei, der nicht Laub fegen möchte. Er geht gerade mit der freiwilligen Helferin Franziska Kleemann seinen Lebenslauf durch. Denn der Palästinenser aus dem Libanon will sich lieber auf dem freien Arbeitsmarkt bewerben. Der Bauingenieur hat knapp 20 Jahre lang als Bauleiter gearbeitet. Für den Gemeinde-Job fühlt er sich überqualifiziert. Riad Karzoun, Asylbewerber Ich kann als Ingenieur arbeiten, um Gebäude zu entwerfen oder Straßen und kann den Bau dann auch überwachen. Ich könnte auch als Übersetzer arbeiten. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 1 Integration mit Hindernissen | Manuskript Als Übersetzer arbeiten, das macht er auch jetzt schon den ganzen Tag. Der 58jährige ist der einzige im Heim, der Arabisch und Englisch spricht. Deswegen ist er für die freiwilligen Helfer, für Behörden und auch für die Gemeinde unverzichtbar. Franziska Kleemann, freiwillige Helferin Er hilft uns damit extrem weiter. Wir können einfach über ihn kommunizieren. Wenn er dafür jetzt irgendwo - ich sage jetzt mal gemein - Laub fegen müsste, er würde uns an allen Ecken und Enden fehlen. Wie so oft ist die Kommunikation das größte Problem, meint Matthias Grimsel, auch freiwilliger Helfer. Über den Job wurden Riad Karzoun und die anderen lediglich durch ein Amtsschreiben auf Deutsch informiert. Er versuchte noch, zu vermitteln. Matthias Grimsel, freiwilliger Helfer Da hab ich versucht, ihm klar zu machen, dass es nicht um den Euro geht und nicht um ein amtliches Schreiben, sondern um Good Will zeigen: Wir sind bereit, zu arbeiten, wenn irgendwas geht. Aber offensichtlich ist mir das nicht ganz gelungen, diese Einstellung mit rüber zu bringen. Das habe ich aber noch nicht aufgegeben. Da bin ich durchaus noch dran, ihm das nochmal zu erklären. Kheder Membain treffen wir im Sprachkurs. Er ist der zweite, der im Bauhof anfangen sollte und einfach nicht kam. Mit dem neuen Asylgesetz sind jetzt alle Flüchtlinge mit Bleibeperspektive zu einem Sprachkurs verpflichtet. Auch Kheder Membain, Jeside aus dem Nordirak. Für ihn Grund genug, den Job im Bauhof nicht anzutreten. Kheder Membain: Ich möchte erst Deutsch lernen. Vorher kann ich nicht arbeiten. Und die anderen, die in der Gemeinde anfangen sollten? Riad Karzouns Frau möchte nicht gefilmt werden, erklärt uns aber, dass sie fast jeden Tag hier im Heim im Putzplan eingeteilt sei und nachmittags ihre drei Kinder betreuen müsse. Für zwei Eritreerinnen gab es die Idee, im Kindergarten auszuhelfen. Eine durfte aus medizinischen Gründen nicht, die andere fing tatsächlich an. Tobias Liebschner, Hauptamtsleiter Gemeinde Haselbachtal Ich hab sie hingefahren, habe sie da den Kolleginnen vorgestellt. Sie hat dann am ersten Tag im Kindergarten verschiedene Hilfstätigkeiten gemacht, sie hat Handtücher gewechselt, Wäsche aufgehangen und ähnliches. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 2 Integration mit Hindernissen | Manuskript Alle hier waren mit der Asylbewerberin sehr zufrieden, ihr selbst habe die Arbeit in der Kita großen Spaß gemacht, erzählt sie uns. Vor die Kamera möchte auch sie nicht. Doch am zweiten Tag war diese einzige erfolgreiche Arbeitsmaßnahme für Flüchtlinge in Häslich auch schon wieder beendet. Tobias Liebschner, Hauptamtsleiter Gemeinde Haselbachtal Nachdem der erste Tag relativ gut über die Runden gegangen ist, sollte sie am nächsten Tag halb acht da sein, sie war auch pünktlich. Und dann gab es vom Landratsamt, vom Ausländeramt einen Anruf, dass der Einsatz der Dame nicht dem Tätigkeitskonzept entspricht und ich musste daraufhin die Tätigkeit sofort beenden und die Frau aus Eritrea nach Hause schicken. Was war passiert? Wir fragen beim Landratsamt in Bautzen nach und erfahren, dass ein anonymer Anrufer sich über die Tätigkeit der jungen Afrikanerin im Kindergarten beschwert hatte. Integration durch Arbeit gestaltet sich in Häslich also schwierig. Nun sollen wenigstens die anerkannten Flüchtlinge im Haselbachtal wohnen bleiben. Das wünscht sich Bürgermeisterin Margit Boden. Übrigens: noch im Frühjahr versuchte der Gemeinderat, den Einzug der Asylbewerber in die Alte Dorfschule zu verhindern. In der bevölkerungsarmen Region ist Widerstand inzwischen Pragmatismus gewichen. Margit Boden, Bürgermeisterin Gemeinde Haselbachtal Für uns wäre es natürlich wichtig, auch Einwohner hier im Ort zu behalten, das ist auch klar. Unter dieser Rubrik oder unter dieser Maßgabe hätten wir es schon gerne gesehen, wenn es möglich wäre. Aber auch das ist gar nicht so einfach. Maria Welderafael aus Eritrea zieht demnächst weg ins 10 Kilometer entfernte Kamenz. Frank Beyer hat eine Patenschaft für sie übernommen und dort eine passende Wohnung für sie gefunden. Peter Jehnichen, Städtische Wohnungsgesellschaft Kamenz: Wir können hier ganz schnell einen Mietvertrag schließen und dem Einzug steht nichts entgegen. Frank Beyer: Sehr schön. Wenn die Eritreerin im Haselbachtal bleiben würde, wäre das eher im Sinne der Bürgermeisterin. Aber die Mietwohnungen hier sind zu groß. Die meisten anerkannten Flüchtlinge fallen zunächst unter Hartz IV. Und da gilt: nicht mehr als 45 Quadratmeter für Einzelpersonen. Die Integration in die Gemeinde scheitert in diesem Fall an 5 Quadratmetern. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 3 Integration mit Hindernissen | Manuskript Margit Boden, Bürgermeisterin Gemeinde Haselbachtal Wenn man in Deutschland der Meinung ist, dass wir dieses Asylproblem oder dieses Ausländerproblem für die Zukunft schaffen wollen, dann müssen wir uns ganz schnell von verschiedenen bürokratischen Hürden trennen. Maria Welderafael zieht bald aus, ins Heim kommen wieder neue Asylbewerber. So herrscht in der Alten Schule ein ständiges Kommen und Gehen – auch das erschwert die Integration im Dorf. Häslich kämpft also weiter mit den Mühen der Ebene - und nicht nur Häslich. Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig. 4
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