Zum Abschied von Prof. Dr. Wolfgang Hantel-Quitmann am 19. Januar 2016 Um es mit Loriot zu sagen: „Ein Leben ohne HQ an der HAW ist zwar möglich, aber sinnlos“. So schloss am 19. Januar der Vortrag von Privatdozentin Dr. Astrid Wonneberger aus dem Team der Angewandten Familienwissenschaften an der Fakultät Wirtschaft und Soziales anlässlich der Verabschiedung von Prof. Dr. Wolfgang Hantel-Quitmann. Der Hochschullehrer für Klinische und Familienpsychologie verlässt nach über 30 Dienstjahren zum Sommersemester die HAW. Er selbst hatte Vicco von Bülow, alias Loriot, einmal als „einen der größten Familienpsychologen in Deutschland“ bezeichnet. Zur abendlichen Feier waren zahlreiche Gäste in den Hörsaal 1.13 im Berliner Tor 5 gekommen, um Hantel-Quitmann mit ihren teilweise nicht ganz ernst gemeinten Vorträgen und Darbietungen, die sein Wirken als Professor an der HAW, aber auch als privater Pensionär zu Hause („Pappa ante Portas“) thematisierten, zu verabschieden. Seit 1982 hat Hantel-Quitmann an der HAW Hamburg im Department Soziale Arbeit gelehrt und geforscht. In dieser Zeit hat er nicht nur 14 Bücher, darunter Titel wie zuletzt „Klinische Familienpsychologie“ (2015) und „Basiswissen Familienpsychologie“ (2013) veröffentlicht und sich im Bereich der Familienpsychologie und -beratung und vor allem auch in der Weiterbildung in Systemischer Familienberatung und -therapie über die Hochschule hinaus einen Namen gemacht. Zudem ist Hantel-Quitmann seit einigen Jahren Mitglied im Editorial Board der Zeitschrift Familiendynamik sowie Mitglied des Kuratoriums des Internationalen Bundes in Hamburg und Schleswig-Holstein. Für die HAW besonders bedeutsam ist wohl die Tatsache, dass Hantel-Quitmann gleich zweifacher Vater neuer Studiengänge der Hochschule ist: 2007 hat er den Bachelor Studiengang „Bildung und Erziehung in der Kindheit“ auf den Weg gebracht. 2013 folgte dann, im Rahmen des durch den Bund-Länder-Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung“ eingeworbenen HAW-weiten Forschungsprojekts „Fit für soziale Netzwerke“, kurz „Fit Weiter“, der weiterbildende Master „Angewandte Familienwissenschaften“. Dank der Initiative von Hantel-Quitmann gibt es seit 2015 die ersten ausgebildeten Familienwissenschaftler in Deutschland, denn dieser Studiengang ist bislang der einzige seiner Art im deutschsprachigen Raum. In den vergangenen Jahren lag ihm die Entwicklung dieses Studienprogramms besonders am Herzen: „Verrückt ist doch, dass man das, was den Menschen nach Ergebnissen vieler Befragungen, noch vor Beruf und Gesundheit, häufig am wichtigsten ist – nämlich die Familie - bislang in Deutschland nicht studieren konnte.“, so Hantel-Quitmann. Die Idee für den Studiengang entsprang insbesondere auch der Erkenntnis, dass Familien heute vor besonderen Herausforderungen stehen, die in Umfang und Qualität neu sind. Dies betrifft Flexibilisierungen im Berufsleben ebenso wie Veränderungen in den Bereichen Bildung und Erziehung. Hinzu kommen demografische und gesellschaftliche Entwicklungen wie z. B. der Anstieg von Trennungs- und Scheidungsraten, das vermehrte Aufkommen von Patchworkfamilien und anderen Familienformen oder die sinkenden Geburtenquoten mit ihren Folgen für die Familienstruktur und Generationenbeziehungen sowie Veränderungen und Probleme durch Migration oder Armut. Im Zentrum des von Hantel-Quitmann angestoßenen interdisziplinären Masterprogramms steht daher die Betrachtung von Familie u.a. aus kultureller, politischer, psychologischer, rechtlicher und soziologischer Perspektive. Die Studierenden lernen, mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden die Entwicklung, das Verhalten und die Probleme von Familien zu verstehen und zu erforschen. Anwendungsmodule im Wahlpflichtbereich bieten zudem die Möglichkeit, die erlernten Kenntnisse und Kompetenzen auf die Praxis zu übertragen. Schwerpunkte liegen dabei auf Beratungs-, Leitungs- sowie Führungskompetenzen. Die Programmentwicklung des Studiengangs orientiert sich an den im angloamerikanischen Raum bereits seit langer Zeit etablierten entsprechenden Studiengängen Family Science bzw. Family Studies auf Master-Niveau und erfolgte in Austausch mit nationalen und internationalen Experten aus dem Feld der Familienwissenschaften. Der Master zielt darauf ab, die Absolventen zu Fach- und Führungskräften in der Familienhilfe, Familienberatung, Familienförderung oder Familienbildung zu qualifizieren, aber auch für Tätigkeiten in der Familienpolitik, in der Aus- und Weiterbildung sowie in Wissenschaft und Forschung. Das Feedback von Behörden und freien Trägern als potenzielle Arbeitgeber der Absolventen des Weiterbildungs-Masters ist bisher sehr positiv ausgefallen, insbesondere bezogen auf den wissenschaftlich-interdisziplinären Ansatz, den hohen Anwendungsbezug sowie auf die Blockstruktur. Auch bei relevanten wissenschaftlichen Einrichtungen sowie bei einschlägigen Vereinen und Verbänden stößt das Studienangebot auf positive Resonanz. Einige Absolventen konnten in der Abschlussphase des Studiums bereits eine höhere Karrierestufe erklimmen; die große Mehrheit der ersten Master-Kohorte sah das Studium auf jeden Fall als eine fundierte Wissensbereicherung. „Das Studium hat mich für mein berufliches Leben sehr bereichert“, so eine Absolventin, die auch die Veranstaltung zum Abschied von Prof. HantelQuitmann besucht hat. Seit 2015 befindet sich das Programm nun im Akkreditierungsprozess. Die zweite Kohorte des Weiterbildungs-Studiengangs wird zum Sommersemester 2016 starten. Und obwohl nun zum ersten Mal Studiengebühren anfallen, wie es für Weiterbildungsstudiengänge in Deutschland obligatorisch ist, war das Interesse an einer Teilnahme, ebenso wie bei der noch kostenlosen Pilot-Kohorte, so hoch, dass ein umfangreiches Auswahlverfahren durchgeführt wurde. Erstmals wurden dabei auch einige fachlich Qualifizierte ohne ersten Hochschulabschluss nach dem erfolgreichen Bestehen einer Eingangsprüfung zum Master zugelassen. Im Zusammenhang mit der Entwicklung des Studiengangs „Angewandte Familienwissenschaften“ sind auch neue Fortbildungsformate an der HAW im Bereich Familienpsychologie entstanden, die von Hantel-Quitmann geleitet werden. Das Networking war Hantel-Quitmann stets ein wichtiges Anliegen - sowohl mit der Praxis in der Metropolregion Hamburg als auch mit der nationalen und internationalen Wissenschaft, insbesondere der Austausch mit Familienwissenschaftlern in Australien, Neuseeland und den USA. Dem wissenschaftlichen Austausch diente auch die erste „Nationale Fachtagung Kindheits- und Familienwissenschaften“ im Februar 2015, die zusammen mit dem Studiengang „Bildung und Erziehung in der Kindheit“ an der HAW und zahlreichen Experten rund um Kindheit und Familie ausgerichtet und 15 Referenten und mit über 200 Teilnehmern sehr gut besucht worden war. Für Februar 2017 ist eine weitere, diesmal internationale Tagung mit diesem Schwerpunkt, geplant. Eine Absolventin der beiden von Hantel-Quitmann initiierten Studiengänge sagte im Anschluss an die Feier: „Der Besuch seiner Vorlesungen und Seminare, in denen Professor HantelQuitmann im wahrsten Sinne „spricht wie gedruckt“, waren immer wieder ein Genuss. Sein Unterricht war sowohl für meinen beruflichen Kontext als Kitaleiterin und Sozialarbeiterin als auch für das Verständnis privater Beziehungen bestens geeignet, denn er lehrte mich, eine mehrdimensionale Sichtweise auf Familien und ihre Beziehungen einzunehmen. Ich wünsche mir, dass noch viel von ihm zu hören und zu lesen sein wird“. Nicht nur den Weiterbildungskursen, auch dem Master-Studiengang wird Hantel-Quitmann in seinem Ruhestand ab März noch erhalten bleiben und zur Seite stehen. Als er sich nach fast vier Stunden Beisammensein mit vielen Studierenden, Kollegen und Weiterbildungsteilnehmern bei Snacks und Getränken aus dem Hörsaal verabschiedete, war dies also kein endgültiger Abschied von der Hochschule.
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