Predigt zu Amos 7,10-17: Der unbequeme Prophet

Predigt zu Amos 7,10-17: Der unbequeme Prophet
Neue Situation, dass Ruth regelmässig im Godi. Möglich dank
Kidstreff. Hoffe nur, dass es mir nicht ergeht wie dem Pfarrer, dessen
Tochter zu ihm sagte, Mama habe gesagt, er habe traurige Figur
gemacht.
Wir betrachten Amos. Ich liebe Amos, weil er grosse Leidenschaft für
die Sache Gottes, ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit sowie Herz für
die Armen und Benachteiligten hat (wie Jesaja, Micha usw.). Verhältnis
des Volkes zu Gott bildet sich für Amos am Umgang mit sozialen
Fragen ab.
Ralph las den einzigen Prosatext im Amos-Buch (Begegnung von
Amos und Amazja). Stellen wir uns vor: eines Tages kommt
Unbekannter in EMK Niederuzwil und sagt, bei uns sei vieles im argen
und es gehe dem Ende zu. Wie reagierten wir? Ängstlich? Zornig?
Gleichgültig? Würden wir dem Unbekannten Glauben schenken, und
wenn nein, wie würden wir uns wehren?
Diese für uns fiktive Situation wird in Amos 7,10-17 berichtet. Sie spielt
in Bet-El, dem Heiligtum des Nordreiches Israel. Situation:
wirtschaftliche und politische Blütezeit, kein Krieg, König Jerobeam
hat Beamte, die ihm treu dienen. Bis Unbekannter in Bet-El vor das
Volk tritt und kritisiert: satte und selbstsichere Gesellschaft,
Korruption der Oberschicht, die Grundbesitz anhäuft, während
Landbevölkerung durch hohe Abgaben in Armut und Abhängigkeit
gerät. Das alles und Richterbestechung steht in himmelschreiendem
Widerspruch zu göttlichen Anweisungen. Mächtige Feinde werden
kommen und euch in Verbannung führen.
Dem Amos tritt der oberste Priester Amazja entgegen. Er setzt
Jerobeam in Kenntnis: „Einer zettelt Aufruhr gegen dich an“ (Einer
Macht Krach). Stimmt zwar nicht (Amos handelt als einzelner), aber wer
Leute mundtot machen will, übertreibt gerne.
Dilemma des Volkes: Zwei Männer Gottes stehen sich gegenüber
(Priester und Prophet). Beide reden und handeln in Gottes Namen.
Amazja kraft seines Amtes. Er repräsentiert Institution, ist vom König
beauftragt. Unvollkommener Vergleich: EMK-Pfarrer, die Theologie
studiert haben und immerhin von Bischof beauftragt wurden
(Ordinationsformel!). Amos redet im Namen Gottes ohne Ausweis, Amt
und offizielle Macht, kündigt aber König und Priester Untergang an!
Amazja? Diplomat! „Geh doch zurück nach Juda und verdiene dort
dein Geld“ (Amos ist aus Tekoa). Er glaubt, Amos gehöre einer
Prophetenschule an. Kirche ist oft diplomatisch, um Leute bei der
Stange zu halten. Wenn jemand abenteuerlich Kirche verändern will,
heisst es: „Können wir so nicht verwirklichen. Aber wir haben Aufgabe,
Amt für dich.“
Amos? „Bin kein Prophet. Mein Metier sind Schafe und Maulbeeren“.
Und dann kommt es: „Aber der Herr hat mich von meiner Herde
weggeholt und zu mir gesagt: Geh...“ Der entscheidende Satz. Amos
hat kein Interesse, als Prophet anerkannt zu werden oder Geld zu
verdienen. Er muss den Leuten sagen, was Gott ihm gezeigt hat. Wer
von Gott ergriffen ist, strebt nicht nach Ämtern und Würden. Eigentlich
ist es ärgerlich, anstössig, unerhört, was den Glaubenden hier
zugemutet wird. Warum kann Gott nicht durch Amazja handeln?
Warum greift er sich einen Bauern, Hirten heraus?
Glauben wir ernsthaft, dass so etwas heute noch passiert? Natürlich
kann Gott durch die Institution handeln, aber man lese die Bibel! Er
braucht Menschen, die nicht dem herkömmlichen Anforderungsprofil
entsprechen (Beispiel: David!).
Ermahnung: nicht dem Irrtum verfallen, alles sei gut, wenn Strukturen
und Programme vorhanden sind. Es gibt auch noch anderes; das
zeigen Amos und David. Gottes Spezialität = Überraschungen. Beten
wir um Sensorium für ihn. Und lassen wir doch zu, dass ein Amos
auftaucht und uns den Spiegel vorhält.
Und traue Gott zu, dass er dich wie Amos gebrauchen kann! Er fühlte
sich auch nicht zum Propheten berufen, sondern war glücklich in
Tekoa mit Schafen und Maulbeeren. Er war kein gebildeter Theologe,
folgte aber Gottes Reden. Vielleicht sitzen heute Menschen hier, die
einmal sagen werden: Gott hat mich vom Feld, aus der Werkstatt oder
Küche, der Pflegeabteilung, dem Schulzimmer, dem Büro geholt und
gesagt: Geh! (Rolf Wyder)