Führung und Verpflichtung in der ISO 9001:2015

STANDPUNKT
Beitrag 8
Führung und
Verpflichtung in der
ISO 9001:2015
Vergleicht man die derzeitige ISO
9001:2008 der neuen ISO 9001:2015,
fällt in Bezug auf das hier besprochene
Kapitel 5 zunächst der geänderte Titel
auf: Aus „Verantwortung der Leitung“
wird schlicht „Führung“. Und das hat es
in sich: Der Umfang des Kapitels ist um
etwa 50 % gewachsen. Auffällig ist der
hohe Detaillierungsgrad der Forderungen an die oberste Leitung. So werden
allein im ersten Unterkapitel (5.1.1) zehn
einzelne Handlungsthemen beschrieben.
In Summe benennt die neue Norm die
Aufgaben der obersten Leitung sehr viel
konkreter als bisher.
Die oberste Leitung ist gemäß der Normendefinition die Person oder
Personengruppe auf der höchsten Ebene der Entscheidungsbefugnis. Auf dieser Ebene wird über Ressourcen entschieden und es darf
Verantwortung delegiert werden. In den meisten Organisationen
gehen diese Merkmale einher mit einer Geschäftsleitungsfunktion
und der entsprechenden Handlungsvollmacht.
Eine der ersten neuen Forderungen wird in der deutschen
Übersetzung mit „Rechenschaftspflicht“ beschrieben: Die oberste
Leitung muss die Rechenschaftspflicht für die Wirksamkeit des
Qualitätsmanagementsystems übernehmen. Hinter diesem Begriff
steht die Unterscheidung im Englischen zwischen „Accountability“
und „Responsibility“. Für die Durchführung von Aufgaben können
auch andere Funktionsträger und Mitarbeitende einer Organisation
verantwortlich (responsible) sein. Die oberste Leitung muss jedoch
nicht nur Auskunft zu den Ergebnissen des Qualitätsmanagementsystems geben können, sie steht auch in der unternehmerischen
Verantwortung für dessen Wirksamkeit.
Um dies zu erreichen, sind die Forderungen des Qualitätsmanagementsystems in die Geschäftsprozesse zu integrieren und
sowohl das risikobasierte Denken als auch der prozessorientierte
Ansatz in der Organisation zu fördern. Hier hilft ein Blick in die ISO
9004:2009, um Erwartungen greifbar zu machen. Bereits im Reifegrad 2 (von 5) werden die Festlegung von Schlüsselprozessen,
deren systematische Messung sowie klare Prozessverantwortlichkeiten postuliert. Besser wäre beispielsweise die Integration der
relevanten interessierten Parteien bei der Prozessgestaltung. Und in
Bezug auf Risiken und Chancen wären eine regelmäßige Bewertung
sowie vorausschauende Risikoanalysen bis hin zu Notfallkonzepten
Kennzeichen einer guten Umsetzung des risikobasierten Denkens.
Aber Achtung: Konzepte, Ideen und Vorhaben reichen nicht –
die Ergebnisse zählen. Dieser Leitgedanke der ISO 9001:2015 wird
auch in den Forderungen an die oberste Leitung deutlich. Sie muss
sicherstellen, dass das Qualitätsmanagementsystem seine beabsichtigten Ergebnisse erzielt. Hier entsprächen das Erreichen einiger
vorhergesagter Ergebnisse und das systematische Durchführen von
Korrekturmaßnahmen lediglich einem Basisniveau. Zeichen einer
reifen Organisation wären konsistent gute Ergebnisse mit entsprechend nachhaltigen Trends, idealerweise über dem Branchendurchschnitt, und zwar sowohl in Bezug auf das Gesamtsystem, als auch
hinsichtlich der Schlüsselprozesse.
Was erwartet die DQS als Zertifizierungsunternehmen also von
der obersten Leitung, wenn sie ein Audit durchführt? „Führung“ in
der ISO 9001:2015 erfordert ein persönliches, aktives Mitwirken der
obersten Leitung im Managementsystem. Nachweise finden sich in
Form von aussagekräftigen, faktenbasierten Management Reviews,
in Protokollen, persönlichen Botschaften, Entscheidungen und, nicht
zuletzt, in einer beständig hohen Qualität der Produkte und Dienstleistungen. Wer seine Verpflichtung zu Qualität solchermaßen spürbar wahrnimmt, ist für die Zertifizierung bestens gerüstet.
Götz Blechschmidt
Geschäftsführer der DQS GmbH
©
DQS GmbH, Frankfurt am Main, September 2015
www.dqs.de