ERFAHRUNGSBERICHT – AUSTAUSCHSEMESTER IN MARTINIQUE PERSÖNLICHES Vorname: Manuela Alter: 22 Studiengang: IVP NMS, OP Abgeschlossene Semesterzahl vor dem Austauschsemester: 3 Semester Gasthochschule: ESPE Fort de France, Martinique (Frankreich) Bereits während dem Gymnasium hatte ich das Bedürfnis, für längere Zeit im Ausland zu wohnen, um dadurch meinen Horizont zu erweitern und neue Menschen kennenzulernen. Nach dem Gymnasium arbeitete ich deshalb für ein Jahr als Freiwillige in einem Wohnheim für autistische Kinder in Schottland, was für mich eine sehr wertvolle Erfahrung war. Dank einer Informationsveranstaltung des International Office der PH Bern erfuhr ich von der Möglichkeit eines Gastsemesters. Die Vorstellung, für ein halbes Jahr in einem anderen Land zu studieren und eine neue Kultur kennenzulernen, packte mich sofort. Nach einigen Recherchen hatte ich meine drei bevorzugten Universitäten ausgewählt. Neben Nizza und Dänemark als Alternativoptionen, bewarb ich mich für die ESPE in Martinique. Die Kombination, dass Martinique in der Karibik liegt und man dort französisch spricht, bot mir die einmalige Chance, meine Französischkenntnisse zu verbessern, gleichzeitig eine für mich neue Kultur kennenzulernen und das Inselleben hautnah zu erfahren. Zusätzlich reizte mich die Möglichkeit, ein neues Schulsystem zu entdecken und dank Praktika auch praktische Erfahrungen zu sammeln. Mit der definitiven Bestätigung, dass es mit der ESPE Martinique klappt, bekam ich auch die Information, dass auch Alena angenommen wurde. Von da an haben wir gemeinsam wichtige Dinge wie den Flug, die Wohnung und das „learning agreement“ organisiert. ANREISE Im Herbst haben wir unseren Hinflug gemeinsam gebucht. Den Rückflug haben wir noch ausgelassen, da uns das Datum des Semesterendes nicht bekannt war und wir zusätzlich am Ende andere Inseln bereisen wollten. Die billigste Lösung war für uns, morgens um sechs Uhr Bern mit dem TGV Richtung Paris zu verlassen und dort einen Direktflug mit Air Caraïbe nach Fort-de-France zu nehmen. Vom Bahnhof in Paris haben wir ein Taxi für ca. 30 Euro zum Flughafen genommen. Für die Hinreise haben wir alles in allem etwa 600 CHF bezahlt. Die Hinreise verlief sehr angenehm und so kamen wir abends etwas müde in Martinique an, wo uns Madame Moïse, die für uns zuständige Person an der ESPE, mit ihrem Auto abholte und direkt zur Wohnung brachte. Die genaue Ankunftszeit und die Flugnummer teilten wir ihr per WhatsApp mit, was dann auch während dem Semester unser Kommunikationsmittel blieb. Bei der Wohnung erwartete uns der Vermieter mit dem Schlüssel und zeigte uns unsere Wohnung. UNTERKUNFT Alena und ich haben während unseres Aufenthaltes eine Ferienwohnung gemietet. An der ESPE gibt es zwar die Möglichkeit, Einzelzimmer zu mieten, jedoch haben uns unsere Vorgängerinnen davon abgeraten. Die Zimmer sind sehr klein, es fehlt ein gemütlicher Gemeinschaftsraum und es kommt kaum zu Kontakt unter den Bewohnern. Zwei belgische Mitstudentinnen hatten sich für diese Lösung entschieden, wollten aber nach drei Wochen bereits auf den grossen Universitätscampus wechseln. Deshalb suchten wir auf dem Internet eine geeignete Wohnung auf leboncoin.fr und zananas.fr, was sich als schwierig herausstellte. Denn die meisten Wohnungen waren unmöbliert, was für uns nicht in Frage kam. Weiter wollten wir nicht einen Vertrag für eine Wohnung unterschreiben, von der wir nicht wussten, wie sie denn in Wirklichkeit aussah. Unsere Vorgängerinnen haben uns dann auf ihre Wohnung aufmerksam gemacht. Die Wohnung befindet sich im ruhigen Quartier Bellevue, etwa 30 Gehminuten von Fort-de-France, 15 Minuten von der ESPE und vom nächsten Supermarkt und 20 Minuten vom nächsten Strand entfernt. In nächster Umgebung befinden sich zudem ein Früchte- und Gemüsestand, eine Versicherungsagentur (zu empfehlen im Falle eines Autokaufs), eine Apotheke, eine Bäckerei und eine Bushaltestelle. Da es sich um eine Ferienwohnung handelt, ist die Wohnung bereits vollständig ausgestattet und wöchentlich kommt eine Putzfrau vorbei, welche auch die Bettbezüge und die Handtücher wechselt. Die Wohnung besteht aus einem Schlafzimmer mit Doppelbett, einem grosszügigen Wohnzimmer mit unter anderem einer Kochecke und zwei ausklappbaren Bettsofas. Alena und ich haben uns so organisiert, dass jeweils eine von uns im Schlafzimmer und die andere auf dem Bettsofa schlief und nach zwei Wochen haben wir gewechselt. Dies stellte sich als gute Lösung heraus, da dadurch jede von uns etwas Privatsphäre hatte. Die Grösse der Wohnung fand ich für uns zwei optimal und zudem hatte es genügend Platz für Besuch. Der Vermieter der Wohnung war immer sehr verlässlich und meistens per Handy erreichbar. Wir hatten einzelne kleinere Probleme mit dem Internet und dem Strom, für welche er sehr schnell einen Fachmann bestellte. Obwohl die Wohnung mit einer monatlichen Miete von 900 Euro eine teurere Variante als ein Zimmer an der ESPE war, lohnte es sich aus meiner Sicht sehr! Wir waren unabhängig und konnten auch mal Besuch zu uns einladen. Zusätzlich hatten wir eine Waschmaschine in der Wohnung, was das Leben sehr erleichterte! STUDIUM Im Juni vor unserem Austauschsemester bekamen wir von der ESPE einen Veranstaltungsplan zugeschickt. Aus den einzelnen Beschreibungen der Vorlesungen wurden wir nicht immer sehr schlau, versuchten jedoch so gut es ging, passende Vorlesungen zu finden und ein Learning Agreement zu erstellen. Im Januar vor der Abreise erhielten wir jedoch einen komplett neuen Veranstaltungsplan und so haben wir ein neues Learning Agreement erstellt, nach welchem wir dann auch an der ESPE studierten. Als wir am 26. Januar angereist kamen, wurden wir informiert, dass sich alle anderen Studierenden aktuell im Praktikum befinden, welches wir dann im Juni nachholen würden. Da keine Veranstaltungen stattfanden, nutzen wir die zwei Tage, um Organisatorisches zu erledigen. Dies stellte sich als regelrechter Marathon heraus. Wir bekamen unter anderem einen Studentenausweis, mit welchem wir gratis ein sehr umfangreiches Sportangebot auf dem grossen Universitätscampus nutzen konnten (SUAPS). Wir bekamen eine Führung auf dem Campus und wurden in die Bibliothek und die Lernplattform „Moodle“ eingeführt. Die nächste Woche war noch immer vorlesungsfrei und so organisierte uns Madame Moïse in einer Schule ein Praktikum, in welchem wir jeden Tag eine andere Klasse besuchen und den Unterricht beobachten konnten. Dies ermöglichte uns ein erstes Eintauchen ins französische Schulsystem, in welchem doch einiges anders läuft als in der Schweiz. Nach diesem praxisorientierten Start folgte eine Zeit, in welcher wir viele Vorlesungen besuchten. Eine Vorlesung dauerte jeweils zwei Stunden. Zu Beginn waren für mich die Vorlesungen sehr anstrengend, da ich zum einen von der Sprache her nicht immer alles verstand und andererseits die Vorlesungen meistens auf Veranstaltungen des letzten Semesters aufbauten, die wir nicht besucht hatten. Mit der Zeit gewöhnte ich mich daran und dank der Mithilfe von Mitstudierenden konnte ich dem Unterricht gut folgen. Bezüglich der Leistungsnachweise ist es wichtig, früh genug mit den jeweiligen Dozierenden Kontakt aufzunehmen. Bei den meisten Leistungsnachweisen hatten wir angepasste Bedingungen. Wir hielten Vorträge, schrieben kleinere schriftliche Arbeiten und hatten drei Prüfungen. Kontakt zu anderen Mitstudentinnen und –studenten zu knüpfen, gestaltete sich als sehr schwierig. Denn Ende des Frühlingssemsters im ersten Jahr, findet jeweils der „Concours“, eine grosse Prüfung, statt, der für viele grossen Stress und auch Konkurrenzkampf bedeutet. So hatten wir mit den meisten keinen weiteren Austausch ausserhalb des Studiums. Während der Vorlesungen fühlten wir uns jedoch gut integriert, was zum Beispiel Gruppenarbeiten anging oder auch bei Unklarheiten unterstützten sie uns. Der grösste Unterschied zum Studienalltag an der PH Bern ist, dass es keine regelmässig stattfindenden Vorlesungen gibt. Jede Woche sieht anders aus. Unpraktisch dabei ist, dass der jeweilige Stundenplan sehr kurzfristig auf dem Internet aufgeschaltet wird und man somit sehr flexibel sein muss. Der regelmässige Besuch eines Sportangebotes während der Woche war so leider fast unmöglich. FREIZEIT Martinique ist zwar eine kleine Insel, jedoch sehr vielfältig. Dies ermöglicht einem, eine abwechslungsreiche Freizeit zu gestalten. Martinique hat zahlreiche schöne Strände zu bieten, an denen wir am Wochenende oder auch nach einem Unitag gemütlich entspannt haben. Weiter hat es im Norden der Insel einen Vulkan, den man besteigen kann. Leider ist die Spitze des Vulkans meistens in Wolken gehüllt und man muss es oft mehrmals versuchen, bei mir waren es drei Mal, um von der Aussicht auf der Spitze über Martinique profitieren zu können. Es lohnt sich aber auf alle Fälle! Übrigens wer gerne wandert, kommt in Martinique voll auf seine Kosten. Es gibt zahlreiche Wanderungen von unterschiedlicher Länge und Schwierigkeitsgrad, bei denen man die vielfältige Landschaft erkunden kann. Sehr zu empfehlen ist die Wanderung Prêcheur nach Grand Rivière, die einem durch den Regenwald führt und auch der Morne Larcher im Süden bietet atemberaubende Aussichtspunkte. Unbedingt also auch gute Schuhe einpacken ;)! Ein Erlebnis sind auch Besuche in den zahlreichen Rum-Destillen, bei denen hautnah miterlebt werden kann, wie der Rum hergestellt wird. Am Ende gibt es meist eine Degustation des besten Rums, wie man in Martinique stolz behauptet. Nicht nur an Land gibt es viel zu entdecken, sondern auch auf oder unter dem Wasser. So haben wir beispielsweise an einem Ausflug zum Delfine beobachten teilgenommen und auch beide ein Tauchbrevet absolviert. Sehr zu empfehlen ist die Tauchschule „Alpha plongée“ in Anses d’Arlet im Süden der Insel. Die Tauchcrew ist sehr sympathisch und zusätzlich befindet sich am gleichen Ort auch das Restaurant „Ti Sable“, welches an einem Sonntagabend „the place to be“ in Martinique ist. Nebst einer leckeren Grillade spielt immer eine Liveband- perfekt um ein Wochenende ausklingen zu lassen. Um die Insel entdecken zu können, ist ein Auto sehr von Nutzen. Es gibt zwar die Möglichkeit von Sammeltaxis oder von Autostopp, jedoch ist dies meist sehr umständlich und besonders abends nicht eine sehr verlässliche Transportart. Ein Busnetz existiert nur in Fort-de-France und Umgebung, jedoch fahren die Busse sehr unregelmässig. Wenn möglich empfehle ich deshalb den Kauf eines Autos, bei dem unbedingt darauf geachtet werden muss, dass die sogenannte „Carte grise“ korrekt umgeschrieben wird (auch dann erneut wieder beim Verkauf!). Unser Auto hatten wir bei der MAIF versichert, welche ich als Versicherung weiterempfehlen kann. Ansonsten kann man gleich in der Nähe der ESPE Autos für 20 Euros pro Tag mieten, was ich ein sehr faires Preis-Leistungsverhältnis finde. In unserer Freizeit haben wir auch oft vom Sportprogramm des SUAPS der Uni profitiert. Fast jeden Samstag fand ein Ausflug statt, wie beispielsweise eine Wanderung oder ein Schnorchelausflug. Etwa die ersten acht Teilnehmer konnten jeweils im Minibus mitfahren, was eine gute Option für Nichtautobesitzer ist! Auch während der Woche finden pro Tag zahlreiche sportliche Aktivitäten statt, an denen man gratis teilnehmen kann. Neben Judo, verschiedenen Tanzarten, zahlreichen Ballsportarten etc. kann man auch surfen oder „wakeboarden“, was ich beides sehr empfehlen kann! In Fort- de- France gibt es einige Bars, in denen man am Abend gemütlich etwas trinken kann, so beispielsweise in der Strandbar „Lili’s“, im „New Corner“ in Cluny oder in der „Garage Popular“ in Fort-de- France. Ansonsten gibt es zahlreiche Abendveranstaltungen mit Musik und Tanz. Wichtig ist es, sich jeweils direkt bei Einheimischen zu erkundigen, denn meistens sind sie nicht öffentlich ausgeschrieben. FAZIT Das Austauschsemester in Martinique war eine unglaublich bereichernde Erfahrung für mich! Von der fachlichen Perspektive her, habe ich in ein mir unbekanntes Schulsystem direkten Einblick erhalten. Dabei habe ich viele spannende Eindrücke gesammelt, die mich unter anderem auch zum Nachdenken über unser Schweizer Schulsystem anregten. Besonders der Austausch mit dortigen Lehrpersonen, Studierenden und Bekannten hat mir viele neue Ideen gegeben und meinen Blickwinkel erweitert. Das Austauschsemester ermöglichte mir zusätzlich ein Eintauchen in eine andere Kultur, in der bestimmte Dinge zwar anders (oder gar nicht) organisiert sind und es trotzdem irgendwie funktioniert. Gelassenheit, Vertrauen und eine Portion Humor sind dabei sehr hilfreich und auch für den hiesigen (Schul-) Alltag wichtig! Zukünftige Outgoing-Studierende möchte ich besonders dazu ermuntern, nebst mit anderen ERASMUSStudierenden auch mit Einheimischen in Kontakt zu treten. Denn vor allem dies ermöglichte mir, einen tieferen Einblick in das dortige Leben und die Kultur zu erhalten und weitere Facetten der Insel kennenzulernen, die mir ansonsten wohl verborgen geblieben wären.
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