Privates Institut Vorschulstufe und Primarstufe NMS (FS15)

ERFAHRUNGSBERICHT – AUSTAUSCHSEMESTER IN MARTINIQUE
PERSÖNLICHES
Vorname:
Manuela
Alter:
22
Studiengang:
IVP NMS, OP
Abgeschlossene Semesterzahl vor dem Austauschsemester: 3 Semester
Gasthochschule: ESPE Fort de France, Martinique (Frankreich)
Bereits während dem Gymnasium hatte ich das Bedürfnis, für längere Zeit im Ausland zu wohnen, um dadurch
meinen Horizont zu erweitern und neue Menschen kennenzulernen. Nach dem Gymnasium arbeitete ich
deshalb für ein Jahr als Freiwillige in einem Wohnheim für autistische Kinder in Schottland, was für mich eine
sehr wertvolle Erfahrung war. Dank einer Informationsveranstaltung des International Office der PH Bern erfuhr
ich von der Möglichkeit eines Gastsemesters. Die Vorstellung, für ein halbes Jahr in einem anderen Land zu
studieren und eine neue Kultur kennenzulernen, packte mich sofort. Nach einigen Recherchen hatte ich meine
drei bevorzugten Universitäten ausgewählt. Neben Nizza und Dänemark als Alternativoptionen, bewarb ich mich
für die ESPE in Martinique. Die Kombination, dass Martinique in der Karibik liegt und man dort französisch
spricht, bot mir die einmalige Chance, meine Französischkenntnisse zu verbessern, gleichzeitig eine für mich
neue Kultur kennenzulernen und das Inselleben hautnah zu erfahren. Zusätzlich reizte mich die Möglichkeit, ein
neues Schulsystem zu entdecken und dank Praktika auch praktische Erfahrungen zu sammeln. Mit der
definitiven Bestätigung, dass es mit der ESPE Martinique klappt, bekam ich auch die Information, dass auch
Alena angenommen wurde. Von da an haben wir gemeinsam wichtige Dinge wie den Flug, die Wohnung und das
„learning agreement“ organisiert.
ANREISE
Im Herbst haben wir unseren Hinflug gemeinsam gebucht. Den Rückflug haben wir noch ausgelassen, da uns das
Datum des Semesterendes nicht bekannt war und wir zusätzlich am Ende andere Inseln bereisen wollten. Die
billigste Lösung war für uns, morgens um sechs Uhr Bern mit dem TGV Richtung Paris zu verlassen und dort
einen Direktflug mit Air Caraïbe nach Fort-de-France zu nehmen. Vom Bahnhof in Paris haben wir ein Taxi für ca.
30 Euro zum Flughafen genommen. Für die Hinreise haben wir alles in allem etwa 600 CHF bezahlt.
Die Hinreise verlief sehr angenehm und so kamen wir abends etwas müde in Martinique an, wo uns Madame
Moïse, die für uns zuständige Person an der ESPE, mit ihrem Auto abholte und direkt zur Wohnung brachte. Die
genaue Ankunftszeit und die Flugnummer teilten wir ihr per WhatsApp mit, was dann auch während dem
Semester unser Kommunikationsmittel blieb. Bei der Wohnung erwartete uns der Vermieter mit dem Schlüssel
und zeigte uns unsere Wohnung.
UNTERKUNFT
Alena und ich haben während unseres Aufenthaltes eine Ferienwohnung gemietet. An der ESPE gibt es zwar die
Möglichkeit, Einzelzimmer zu mieten, jedoch haben uns unsere Vorgängerinnen davon abgeraten. Die Zimmer
sind sehr klein, es fehlt ein gemütlicher Gemeinschaftsraum und es kommt kaum zu Kontakt unter den
Bewohnern. Zwei belgische Mitstudentinnen hatten sich für diese Lösung entschieden, wollten aber nach drei
Wochen bereits auf den grossen Universitätscampus wechseln.
Deshalb suchten wir auf dem Internet eine geeignete Wohnung auf leboncoin.fr und zananas.fr, was sich als
schwierig herausstellte. Denn die meisten Wohnungen waren unmöbliert, was für uns nicht in Frage kam.
Weiter wollten wir nicht einen Vertrag für eine Wohnung unterschreiben, von der wir nicht wussten, wie sie
denn in Wirklichkeit aussah. Unsere Vorgängerinnen haben uns dann auf ihre Wohnung aufmerksam gemacht.
Die Wohnung befindet sich im ruhigen Quartier Bellevue, etwa 30 Gehminuten von Fort-de-France, 15 Minuten
von der ESPE und vom nächsten Supermarkt und 20 Minuten vom nächsten Strand entfernt. In nächster
Umgebung befinden sich zudem ein Früchte- und Gemüsestand, eine Versicherungsagentur (zu empfehlen im
Falle eines Autokaufs), eine Apotheke, eine Bäckerei und eine Bushaltestelle. Da es sich um eine Ferienwohnung
handelt, ist die Wohnung bereits vollständig ausgestattet und wöchentlich kommt eine Putzfrau vorbei, welche
auch die Bettbezüge und die Handtücher wechselt. Die Wohnung besteht aus einem Schlafzimmer mit
Doppelbett, einem grosszügigen Wohnzimmer mit unter anderem einer Kochecke und zwei ausklappbaren
Bettsofas. Alena und ich haben uns so organisiert, dass jeweils eine von uns im Schlafzimmer und die andere auf
dem Bettsofa schlief und nach zwei Wochen haben wir gewechselt. Dies stellte sich als gute Lösung heraus, da
dadurch jede von uns etwas Privatsphäre hatte. Die Grösse der Wohnung fand ich für uns zwei optimal und
zudem hatte es genügend Platz für Besuch. Der Vermieter der Wohnung war immer sehr verlässlich und
meistens per Handy erreichbar. Wir hatten einzelne kleinere Probleme mit dem Internet und dem Strom, für
welche er sehr schnell einen Fachmann bestellte. Obwohl die Wohnung mit einer monatlichen Miete von 900
Euro eine teurere Variante als ein Zimmer an der ESPE war, lohnte es sich aus meiner Sicht sehr! Wir waren
unabhängig und konnten auch mal Besuch zu uns einladen. Zusätzlich hatten wir eine Waschmaschine in der
Wohnung, was das Leben sehr erleichterte!
STUDIUM
Im Juni vor unserem Austauschsemester bekamen wir von der ESPE einen Veranstaltungsplan zugeschickt. Aus
den einzelnen Beschreibungen der Vorlesungen wurden wir nicht immer sehr schlau, versuchten jedoch so gut
es ging, passende Vorlesungen zu finden und ein Learning Agreement zu erstellen. Im Januar vor der Abreise
erhielten wir jedoch einen komplett neuen Veranstaltungsplan und so haben wir ein neues Learning Agreement
erstellt, nach welchem wir dann auch an der ESPE studierten.
Als wir am 26. Januar angereist kamen, wurden wir informiert, dass sich alle anderen Studierenden aktuell im
Praktikum befinden, welches wir dann im Juni nachholen würden. Da keine Veranstaltungen stattfanden,
nutzen wir die zwei Tage, um Organisatorisches zu erledigen. Dies stellte sich als regelrechter Marathon heraus.
Wir bekamen unter anderem einen Studentenausweis, mit welchem wir gratis ein sehr umfangreiches
Sportangebot auf dem grossen Universitätscampus nutzen konnten (SUAPS). Wir bekamen eine Führung auf
dem Campus und wurden in die Bibliothek und die Lernplattform „Moodle“ eingeführt. Die nächste Woche war
noch immer vorlesungsfrei und so organisierte uns Madame Moïse in einer Schule ein Praktikum, in welchem
wir jeden Tag eine andere Klasse besuchen und den Unterricht beobachten konnten. Dies ermöglichte uns ein
erstes Eintauchen ins französische Schulsystem, in welchem doch einiges anders läuft als in der Schweiz.
Nach diesem praxisorientierten Start folgte eine Zeit, in welcher wir viele Vorlesungen besuchten. Eine
Vorlesung dauerte jeweils zwei Stunden. Zu Beginn waren für mich die Vorlesungen sehr anstrengend, da ich
zum einen von der Sprache her nicht immer alles verstand und andererseits die Vorlesungen meistens auf
Veranstaltungen des letzten Semesters aufbauten, die wir nicht besucht hatten. Mit der Zeit gewöhnte ich mich
daran und dank der Mithilfe von Mitstudierenden konnte ich dem Unterricht gut folgen.
Bezüglich der Leistungsnachweise ist es wichtig, früh genug mit den jeweiligen Dozierenden Kontakt
aufzunehmen. Bei den meisten Leistungsnachweisen hatten wir angepasste Bedingungen. Wir hielten Vorträge,
schrieben kleinere schriftliche Arbeiten und hatten drei Prüfungen.
Kontakt zu anderen Mitstudentinnen und –studenten zu knüpfen, gestaltete sich als sehr schwierig. Denn Ende
des Frühlingssemsters im ersten Jahr, findet jeweils der „Concours“, eine grosse Prüfung, statt, der für viele
grossen Stress und auch Konkurrenzkampf bedeutet. So hatten wir mit den meisten keinen weiteren Austausch
ausserhalb des Studiums. Während der Vorlesungen fühlten wir uns jedoch gut integriert, was zum Beispiel
Gruppenarbeiten anging oder auch bei Unklarheiten unterstützten sie uns.
Der grösste Unterschied zum Studienalltag an der PH Bern ist, dass es keine regelmässig stattfindenden
Vorlesungen gibt. Jede Woche sieht anders aus. Unpraktisch dabei ist, dass der jeweilige Stundenplan sehr
kurzfristig auf dem Internet aufgeschaltet wird und man somit sehr flexibel sein muss. Der regelmässige Besuch
eines Sportangebotes während der Woche war so leider fast unmöglich.
FREIZEIT
Martinique ist zwar eine kleine Insel, jedoch sehr vielfältig. Dies ermöglicht einem, eine abwechslungsreiche
Freizeit zu gestalten. Martinique hat zahlreiche schöne Strände zu bieten, an denen wir am Wochenende oder
auch nach einem Unitag gemütlich entspannt haben.
Weiter hat es im Norden der Insel einen Vulkan, den man besteigen kann. Leider ist die Spitze des Vulkans
meistens in Wolken gehüllt und man muss es oft mehrmals versuchen, bei mir waren es drei Mal, um von der
Aussicht auf der Spitze über Martinique profitieren zu können. Es lohnt sich aber auf alle Fälle! Übrigens wer
gerne wandert, kommt in Martinique voll auf seine Kosten. Es gibt zahlreiche Wanderungen von
unterschiedlicher Länge und Schwierigkeitsgrad, bei denen man die vielfältige Landschaft erkunden kann. Sehr
zu empfehlen ist die Wanderung Prêcheur nach Grand Rivière, die einem durch den Regenwald führt und auch
der Morne Larcher im Süden bietet atemberaubende Aussichtspunkte. Unbedingt also auch gute Schuhe
einpacken ;)!
Ein Erlebnis sind auch Besuche in den zahlreichen Rum-Destillen, bei denen hautnah miterlebt werden kann, wie
der Rum hergestellt wird. Am Ende gibt es meist eine Degustation des besten Rums, wie man in Martinique stolz
behauptet.
Nicht nur an Land gibt es viel zu entdecken, sondern auch auf oder unter dem Wasser. So haben wir
beispielsweise an einem Ausflug zum Delfine beobachten teilgenommen und auch beide ein Tauchbrevet
absolviert. Sehr zu empfehlen ist die Tauchschule „Alpha plongée“ in Anses d’Arlet im Süden der Insel. Die
Tauchcrew ist sehr sympathisch und zusätzlich befindet sich am gleichen Ort auch das Restaurant „Ti Sable“,
welches an einem Sonntagabend „the place to be“ in Martinique ist. Nebst einer leckeren Grillade spielt immer
eine Liveband- perfekt um ein Wochenende ausklingen zu lassen.
Um die Insel entdecken zu können, ist ein Auto sehr von Nutzen. Es gibt zwar die Möglichkeit von Sammeltaxis
oder von Autostopp, jedoch ist dies meist sehr umständlich und besonders abends nicht eine sehr verlässliche
Transportart. Ein Busnetz existiert nur in Fort-de-France und Umgebung, jedoch fahren die Busse sehr
unregelmässig. Wenn möglich empfehle ich deshalb den Kauf eines Autos, bei dem unbedingt darauf geachtet
werden muss, dass die sogenannte „Carte grise“ korrekt umgeschrieben wird (auch dann erneut wieder beim
Verkauf!). Unser Auto hatten wir bei der MAIF versichert, welche ich als Versicherung weiterempfehlen kann.
Ansonsten kann man gleich in der Nähe der ESPE Autos für 20 Euros pro Tag mieten, was ich ein sehr faires
Preis-Leistungsverhältnis finde.
In unserer Freizeit haben wir auch oft vom Sportprogramm des SUAPS der Uni profitiert. Fast jeden Samstag
fand ein Ausflug statt, wie beispielsweise eine Wanderung oder ein Schnorchelausflug. Etwa die ersten acht
Teilnehmer konnten jeweils im Minibus mitfahren, was eine gute Option für Nichtautobesitzer ist! Auch
während der Woche finden pro Tag zahlreiche sportliche Aktivitäten statt, an denen man gratis teilnehmen
kann. Neben Judo, verschiedenen Tanzarten, zahlreichen Ballsportarten etc. kann man auch surfen oder
„wakeboarden“, was ich beides sehr empfehlen kann!
In Fort- de- France gibt es einige Bars, in denen man am Abend gemütlich etwas trinken kann, so beispielsweise
in der Strandbar „Lili’s“, im „New Corner“ in Cluny oder in der „Garage Popular“ in Fort-de- France. Ansonsten
gibt es zahlreiche Abendveranstaltungen mit Musik und Tanz. Wichtig ist es, sich jeweils direkt bei
Einheimischen zu erkundigen, denn meistens sind sie nicht öffentlich ausgeschrieben.
FAZIT
Das Austauschsemester in Martinique war eine unglaublich bereichernde Erfahrung für mich!
Von der fachlichen Perspektive her, habe ich in ein mir unbekanntes Schulsystem direkten Einblick erhalten.
Dabei habe ich viele spannende Eindrücke gesammelt, die mich unter anderem auch zum Nachdenken über
unser Schweizer Schulsystem anregten. Besonders der Austausch mit dortigen Lehrpersonen, Studierenden und
Bekannten hat mir viele neue Ideen gegeben und meinen Blickwinkel erweitert.
Das Austauschsemester ermöglichte mir zusätzlich ein Eintauchen in eine andere Kultur, in der bestimmte Dinge
zwar anders (oder gar nicht) organisiert sind und es trotzdem irgendwie funktioniert. Gelassenheit, Vertrauen
und eine Portion Humor sind dabei sehr hilfreich und auch für den hiesigen (Schul-) Alltag wichtig!
Zukünftige Outgoing-Studierende möchte ich besonders dazu ermuntern, nebst mit anderen ERASMUSStudierenden auch mit Einheimischen in Kontakt zu treten. Denn vor allem dies ermöglichte mir, einen tieferen
Einblick in das dortige Leben und die Kultur zu erhalten und weitere Facetten der Insel kennenzulernen, die mir
ansonsten wohl verborgen geblieben wären.