VON DER LEERE ZUR FÜLLE Gesellschaftliche Herausforderungen und die Raumplanung. Rainer Rosegger, PlanerInnentag 2016, Leoben 22. 1. 2016 Inhalt Grundthese Gesellschaftliche Herausforderungen Ergebnisse BürgermeisterInnenbefragung Studie „Dorf 2.0“ Beispielhafte Maßnahmen: Interventionen Schlussfolgerungen und Empfehlungen These Räumliche und soziale Zentrifugalkräfte haben sich derart erhöht, dass bisherige Strukturen aus den „Fugen“ geraten sind. Zersiedelte Landschaften und eine zunehmende fragmentierte Gesellschaft kennzeichnen gegenwärtige (Sozial)Räume. Räumliche Verdichtung kann sozialen Zusammenhalt stärken und so die Basis für das Leben im 21. Jahrhundert mit seinen gegebenen Notwendigkeiten und Bedürfnissen schaffen! PlanerInnen haben eine wesentliche Bedeutung in der Gestaltung unserer Gesellschaft! Gesellschaftliche Herausforderungen > Fragmentierung der Gesellschaft in untersch. Milieus > Alterung der Gesellschaft und demogr. Wandel Auseinanderdriften der Generationen „Verlust“ der Jugendlichen! Negativdiskurs im demographischen Wandel Abwanderungsbewegungen aus ländl. Räumen > Wirtschafts- und Finanzkrisen Steigende Arbeitslosigkeitszahlen Zunehmende Einkommensschere Ende des bisherigen Wachstumsmodells Gesellschaftliche Herausforderungen > Digitalisierung der Gesellschaft > Neue Kommunikationsmuster > Änderung des Mobilitätsverhalten > Veränderung der Handelslandschaft > Herausforderung „Industrie 4.0“ > Klimaveränderung und Gefahrenabwehr > Frage der Zukunft des Ländlichen Raums > Dörfer und Mittelstädte zunehemnd unter Druck > Notwendigkeit zur „ökonomischen und sozialen Innovation“ Soziale Strukturen Westdeutsche Gesellschaftsschichtung um 1965 (CC) Sinus Institut 2015 Räumliche Strukturen Sinus InstitutSinus Institut Negativspirale Bernt 2003; Bearbeitung: Rosegger, 2006 S.12 Ergebnisse Befragung „Dorf 2.0“ Dorf 2.0, 2015. N = 51; Rücklaufquote 18%; Befragung: Juni 2015 Leerstand leere1Geschäesflächen1 leere1Wohnungen1 50%1 42%1 34%1 26%1 24%1 12%1 6%1 keine1 wenige1 mehrere1 4%1 viele1 Geschäesflächen1 Wohnungen1 2%1 0%1 sehr1viele1 37%1 32%1 BürgermeisterInnenbefragung Dorf 2.0, 2015. N = 51 Mögliche Strategien Kommunale1Entwicklungsstrategien1abseits1der1 Parteistrukturen1fördern1(n1=139)1 91%1 81%1 Gemeindekooperakonen1stärken1(n1=134)1 Gemeindeautonomie1stärken1(n1=138)1 79%1 Regionalmanagements1stärken1(n1=139)1 62%1 direkte1Demokrake1stärken1(n1=136)1 BürgermeisterInnendirektwahl1einführen1 (n1=140)1 58%1 25%1 BürgermeisterInnenbefragung Dorf 2.0, 2015. N = 51 Notwendigkeiten Baugesetze1und1Normenwesen1müssen1entrümpelt1 werden1(n1=145)1 98%1 akkve1Belebung1des1öff.1Raums1(n1=147)1 96%1 Wohnen1im1OrtsU/1Stadtkern1muss1wieder1leistbar1 werden1(n1=144)1 96%1 neue1Mechanismen1für1die1Gemeindefinanzierung1 bzgl.1Stärkung1der1OrtsU/1Stadtkerne1(n1=146)1 93%1 Lenkungsabgaben1mit1Zweckbindung1zur1OrtsU/1 Stadtkernbelebung1(n1=145)1 Raumordnungsvollzug1sollte1auf1überkommunale1 Ebene1gehoben1werden1 1(n1=142)1 63%1 45%1 BürgermeisterInnenbefragung Dorf 2.0, 2015. N = 51 Mögliche Maßnahmen Erweiterung1des1innerstädkschen1Wohnangebots1 1(n1=138)1 100%1 Neue1Formen1der1Mobilität1etablieren1(n1=144)1 96%1 Öff.1Raum1als1Raum1für1Gemeinschae1stärken1(n1=1 42)1 93%1 Eigenverantwortung1der1BürgerInnen1stärken1und1 Beteiligung1fördern1(n1=144)1 93%1 Stärkere1Einbindung1der1Jugend1(n1=145)1 93%1 Schaffung1von1betreubaren1und1betreuten1 Wohnungen1(n1=145)1 93%1 Erstellung1eines1umfassenden1 Entwicklunsgkonzeptes1für1die1Gemeinde1(n=145)1 91%1 Mobilisierung1und1Unterstützung1von1 ImmobilienbesitzerInnen1(n1=134)1 68%1 Eigene1Widmungskategorie1für1förderbaren1 Wohnbau1in1Innenstadtbereichen1(n1=138)1 Rücknahme1von1Bauland1außerhalb1von1Kernzonen1 1(n1=140)1 66%1 40%1 BürgermeisterInnenbefragung Dorf 2.0, 2015. N = 51 Maßnahmen Gemeinschaftliche Dynamik Zuwachs AkteurInnenkreis Vernetzung von AkteurInnen Stärkere Identifikation mit Gemeinde Mehr Dienstleistung und Gewerbe z.B. Impulsmaßnahme Ausbau und Verdichtung sozialer und technischer Infrastruktur ZENTRUMSBELEBUNG Tradition eines Aktivbürgertums Pflege des Bestands Motivation für weitere Aktionen Weitere sichtbare positive Entwicklung ZENTRUMSBELEBUNG Weniger Leerstand Mehr Mittel um Anliegen umzusetzen Nutzung vorhandener Ressourcen Sichtbare positive Entwicklung Analyse und Strategie Impulse setzen Leerstand öffnen und nutzen ©H.O. Siedlung Münichtal: in Zukunft Ferienwohnungen Foto: Josef Koppler UMBAU-RÜCKBAU BERG DIENSTAG, 13. OKTOBER 2015, SEITE 27 Das Potenzial der Porubskyhalle in Leoben wird derzeit im Rahmen des Steirischen Herbsts ausgelotet schaunitzer Impulse für das Herzstück Vernetzung von Akteuren Kooperative Geschäftsmodelle URBAN CAMPING HOTEL Abbildung 1: Zyklische Perspektive auf Stadteinwicklungsstrategie (Q: Schlappa, H. Zyklische Perspektive auf Enwicklungsstrategien (Q: Schlappa, H. 2012 basierend auf Mintzberg et al., 2009, S. 342) Schlussfolgerungen • Kooperation an Stelle von Parteipolitik auf Kommunalebene und regionale Zusammenarbeit stärken! • Leerstandsanalysen und –management. • Förderung alternativer Nutzungen von leerstehenden Gewerbeobjekten – Beispiel Zwischennutzung. • Stärkung und Förderung der Eigenverantwortung der BürgerInnen über innovative Beteiligungs- und vor allem Umsetzungsprojekte. • Installierung einer Stabstelle mit Budgetverantwortung in der Landesverwaltung zur Beratung der politischen Verantwortlichen auf kommunaler Ebene (Beispiel Baukultur in der Landesbauabteilung) • Schaffung eines konzertierten Landesförderungspakets mit Einbindung der unterschiedlichen Ressorts um sozialen Wohnbau und Alternativnutzungen in bestehender leerstehender Bausubstanz in Ortszentren zu ermöglichen – Pilotprojekte schaffen! • Fond für Gemeinden zur Finanzierung des Ankaufs für Schlüsselobjekte im Ortszentrum und Flächensicherung. Interkommunale Kooperation! Schlussfolgerungen • Infragestellung der Auftraggeberfunktion der Gemeinden in der Raumplanung – Koordination auf überkommunale Ebene. • Abgrenzung der Ortsgrenzen in den Entwicklungsprogrammen und Erstellung von Maßnahmenpaketen zur Innenentwicklung. • Austausch unter den Gemeinden fördern – gute Beispiele kommunizieren und Handlungsmöglichkeiten für das Problem aufzeigen. • Ortsbildschutz ist nicht Fassadenschutz: Nur lebendige und bewohnt Ortszentren sichern die Zukunft der Orte! Baukultur für leerstehende Häuser zielt an den Zukunftsnotwendigkeiten vorbei. Soziale Aspekte spielen eine wesentliche Rolle für das Leben im ländlichen Raum. • GEDULD! Innenentwicklung benötigt Zeit! EMPFEHLUNGEN ZUR RAUMPLANUNG UND -ENTWICKLUNG Aus der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den räumlich planerischen Grundlagen, Problemstellungen und Entwicklungen in den drei Pilotgemeinden lassen sich folgende, teils visionär formulierte Handlungsansätze nach Akteursebenen gegliedert ableiten. Es handelt sich dabei um eine Auswahl an Ideen und Möglichkeiten für innenstadtorientierte Planungsinstrumente, zum Teil untermauert durch Beispiele aus anderen Ländern, die vorbehaltlich der gesetzlichen Grundlagen des Bundes bzw. der einzelnen Bundesländer und räumlich-funktionellen Gegebenheiten in der Planung angewandt werden könnten. Eine Weiterentwicklung und Umsetzung der formulierten Empfehlungen ist abhängig von der jeweils bestehenden Struktur und Rechtsmaterie fachlich rechtlich zu prüfen. Aktuelle Flächenwidmungs- und Förderpolitik verstärkt Außen- anstelle von Innenentwicklung Wachstum nach außen und erhöhter Baulandbedarf als Folge Inhalt Örtlicher Entwicklungskonzepte (§ 22 StROG i.d.g.F.) ist in der Steiermark schwerpunktmäßig die Siedlungsentwicklung im Sinne von Wachstum entsprechend dem berechneten Baulandbedarf. Dadurch kommt es zu einer Entwicklung nach außen. Die Flächenwidmung hat derzeit kaum Einfluss auf den Bestand und ist hauptsächlich ein Instrument für Wachstum. Eine Schwerpunktsetzung in der örtlichen Raumplanung auf Innenentwicklung statt Außenentwicklung ist abhängig von einer klaren politischen Willensbildung und darauf aufbauend von der Erarbeitung konkreter Kriterien für die örtliche Planungsebene. Außerdem sind die Fördermittel derzeit stark darauf ausgerichtet, dass die Schaffung von neuen Gebäuden und Einrichtungen gefördert wird. Es sollte diesbezüglich ein Umdenken stattfinden und die Förderung auf die Nutzung des Baubestandes bzw. von Althäusern ausgerichtet werden. EMPFEHLUNG 1: NUTZUNG VON FLÄCHENRESSOURCEN VOR NEUWIDMUNG Allgemein gilt es, die Instrumentarien der Raumordnung zu überarbeiten, um der Innenentwicklung gegenüber „Außenentwicklungsplänen“ den Vorzug zu geben. In diesem Sinne sind Nutzungen bestehender Baulandreserven bzw. bestehender Ressourcen der Neuwidmung vorzuziehen. Das Stmk. Raumordnungsgesetz sieht in seinen Zielen – § 3 StROG i.d.g.F. – bereits Grundsätze der Planung hinsichtlich Innenentwicklung oder „Flächenrecycling und Wiedernutzbarmachung von Konversionsflächen“ vor. LÄNDER • Bestandsnutzung im Rahmen der örtlichen Raumplanung durch eine Ergänzung der im Leitfaden des Landes Steiermark vorgegebenen Mindestinhalte für Örtliche Entwicklungskonzepte durch entsprechende Bestimmungen über die Nutzung von Flächenressourcen vor Neuwidmungen für die Planungsinstrumente Örtliches Entwicklungskonzept (ÖEK), Flächenwidmungs- und Bebauungsplan › Innenentwicklung soll Standardinhalt eines jeden ÖEK werden und in der Folge Ziele und Maßnahmen zur Nutzung, Revitalisierung und maßvollen Verdichtung des Bestandes fördern • Forderung und Förderung der Auseinandersetzung der Städte mit der Innenentwicklung durch entsprechende Konzepte und Pläne (siehe Best-Practice-Beispiel „Stärkung der Innenentwicklung in Deutschland durch Innenentwicklungspläne“) Chancen und Herausforderungen der Innenstadtbelebung für Klein- und Mittelstädte • Örtliche Raumordnung: umfassende Erhebung und Dokumentation der Leerstände und Eigentumsverhältnisse (als Basis für eine Prüfung der Flächen- u. d. Gebäuderessourcen vgl. verpflichtende Vorschreibung bei Baulandreserven im Rahmen von Überarbeitungen bzw. Revisionen in der Steiermark als fixen Bestandteil der Grundlagenforschung bzw. Bestandsaufnahme vor einer Neuwidmung) • Einhebung von Rekultivierungsentgelten (vgl. Vorgehen bei Mineralstoffgebieten) im Rahmen rechtlich möglicher Modelle für die Brachlage bzw. den Leerstand von Handelsgebäuden schon vor bzw. während der aktiven Nutzung der Flächen › Verwendung des Ertrags für Nachnutzungsmaßnahmen (Bewerbung, Rückbau, Räumung etc.) • Aufzeigen der Kostenwahrheit standortbezogener Infrastruktur- und Erhaltungsbeiträge und Abstimmung der überörtlichen Grundlagen sowie Voraussetzungen auf Förderebene › zusätzliche Infrastrukturabgabe speziell für periphere Bereiche (bspw. außerhalb von definierten Ortszentren) bei gleichzeitiger Einhebung von Stellplatzabgaben in zentrumsfernen Lagen erhöht die Chancengleichheit zwischen Ortszentrum und grüner Wiese Auftrag- und Fördergeber Projekt- und Fördergeber Investitionen in Ihre Zukunft Kofinanziert von der Europäischen Union Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) Auftragnehmer 14
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