„Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt werden, und dem Ölkrug soll nichts mangeln bis auf den Tag, an dem der HERR regnen lassen wird auf Erden.“ 1. Könige 17,14 Die Witwe von Sarepta ist erfüllt von Trauer. Ihren Namen kennen wir nicht. Ich sehe viele Gesichter wie ihres vor der Tür der Acción Social Protestante (ASP), der Diakonie unserer evangelischen Kirche in Madrid. In der biblischen Geschichte bittet ein Mensch um Essen und Trinken. Mich erinnert diese Szene an Jesus, der sagte: „Ich hatte Hunger und ihr gabt mir zu essen, ich hatte Durst und ihr gabt mir zu trinken, ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen.“ (Matthäus 25,35). Foto: Gast-Kellert Die Geschichte der Witwe von Sarepta habe ich als Kind in der Sonntagsschule gehört. Mich hat diese Frau schon damals tief beeindruckt, weil sie gegeben hat von dem, was sie nicht hatte. Die Leiterin der Sonntagsschule sagte, dass sie es aus Liebe tat, trotz eigener Hilflosigkeit. Man kann sie sich gut vorstellen: eine Witwe, die um ihren Lebensunterhalt und den ihres Sohnes kämpft und in Zeiten des Hungers Feuerholz sammelt. Heute erlebe ich ähnliche Situationen in Spanien. Denn das Land leidet unter einer Wirtschaftskrise. Frauen, Männer und Kinder gehen in den Straßen Madrids umher auf der Suche nach Arbeit, Essen und Hilfe. Sie nehmen auch Essen, das schon im Müll gelandet ist. Viele arbeiten in prekären Verhältnissen, die absolut unwürdig sind. Evangelisch weltweit 3/2015 Das ist die Botschaft, die wir in der ASP nicht vergessen können. Dieser Mensch, der Prophet Elia, war fremd und bedürftig, als er sich der Witwe von Sarepta näherte. Er war von Gott gesandt, an die Tür ihres Herzens zu klopfen. Es ist Gott, der uns in den Bittenden begegnet. Es ist Gott, der durch die Armen und Bedürftigen zu uns spricht, durch die, die kein Dach über dem Kopf haben, die ihre Heimat verloren haben oder keine Arbeit mehr haben. Und wie oft wird dieser Ruf Gottes eher von den Armen gehört als von denen, die alles haben. In der ASP habe ich erlebt, wie Menschen vor lauter Verzweiflung um ein Kleidungsstück oder um ein Spielzeug kämpften. Wir mussten einschreiten und versuchen, Frieden zu stiften. Es ist erschütternd. Doch ich habe auch Mütter beobachtet, die ein Paket Windeln geteilt haben, oder dass jemand gesagt hat: Er hat diesen „letzten Mantel“ nötiger als ich. Es ist eine Herausforderung, das Wenige zu teilen und – angesichts der Armut und des Mangels – Brot zu backen mit dem „Mehl des Herzens“, das nicht zu Ende geht. Denn allein die Liebe hört niemals auf. Und was wir von Herzen geben, das sind die Früchte der Liebe. Diese Liebe lenkt den Blick auf den, der in Not ist, und versucht ihm aufzuhelfen. Gott lehrt uns, dass unser Glaube nicht allein darin besteht, gute Taten zu tun oder Almosen zu geben. Gott lehrt uns, dass es um unser Herz geht. Hier entscheidet sich, ob wir IHM in unserem Leben Raum geben. Solidarisch sein und achtsam sein sind Zeichen der Kirche Jesu Christi. Wie die Witwe von Sarepta stehen wir an der Seite der Ausgeschlossenen und geben ihnen Raum. Wir sind eingeladen, Christus in den Notleidenden aufzunehmen – ohne Unterschied. Wie Elia sind wir gerufen, angesichts des Leidens Hoffnung zu verkünden: „Komm, geh, trau dich, teile, schau nicht zurück, denn in deinen Bemühungen wirst du erkennen, dass du etwas tun kannst. Gott will, dass du lebst und liebst!“ Esther Ruiz de Miguel, Pastorin der evangelischen Gemeinde „El Salvador“ in Madrid, Spanien
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