Rede des Landesvorsitzenden Albert Duin beim Landesparteitag in Lauingen am 21.11.2015 Liebe Parteifreunde, liebe Gäste liebe Vertreter der Presse, meine sehr geehrten Damen und Herren. ich begrüße Sie auch nochmal herzlich hier zum Landesparteitag der bayerischen FDP in Lauingen. Attentat von Paris Es sind bewegte Zeiten, in denen wir uns treffen. Vor einer Woche haben Attentäter des IS in Paris 130 Menschen in den Tod gerissen. Wir alle kannten die Bilder aus Syrien, aus dem Irak, die grausamen Hinrichtungsvideos des IS, die Meldungen von Bombenanschlägen aus ferneren Ländern. Wir alle wussten um das Wesen dieser Organisation und auch, dass sie uns ebenfalls im Visier hat. Und trotzdem trifft uns dieses Attentat von Paris so tief ins Mark. Weil wir jetzt Gewissheit haben, dass der Terror bei uns angekommen ist, im Herzen Europas. Unser Mitgefühl gehört den Angehörigen der Opfer. Unsere Solidarität gehört dem französischen Volk. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Terroristen ihr Ziel erreichen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie unsere Herzen vergiften. Dass sie Zwietracht säen zwischen den Menschen unterschiedlicher Religionen. Dies ist kein Konflikt zwischen Abendland und Morgenland, zwischen Christentum und Islam. Wenn wir diese Sichtweise übernehmen, gehen wir dem IS in die Falle. Nein, dies ist ein Konflikt zwischen der überwältigenden Mehrheit der Menschen aller Religionen, die friedlich und frei zusammenleben wollen, und einer kleinen Gruppe von Fundamentalisten, der genau das ein Dorn im Auge ist. Unsere Art zu leben Genauso wenig wie wir dem IS in die Falle gehen dürfen, indem wir Menschen anderer Religion ausgrenzen, genauso wenig dürfen wir vor ihm kapitulieren und unsere Art zu leben ändern. In unserer Gesellschaft darf, kann und soll jeder leben, wie er möchte: Er soll essen, was er möchte. Er soll trinken, was er möchte. Er soll tragen, was er möchte. Er soll lieben, wen er möchte. Er soll tanzen, feiern und Musik hören können, beten zu wem auch immer er will und frei seine Meinung äußern. Ich habe letzte Woche in Berlin den marokkanischen Journalisten Ali Anouzla und die Ehefrau des saudischen Bloggers Raid Badawi getroffen. Meine Gespräche mit diesen Menschen haben mir wieder mal vor Augen geführt, wie kostbar das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit ist. Wir dürfen sie niemals preisgeben. Wir haben eine großartige freie Gesellschaft geschaffen, und wir laden jeden, der diese Freiheit schätzt, ein, daran teilzuhaben. Aber genauso werden wir diese Freiheit mit aller Macht gegen diejenigen verteidigen, die sie abschaffen wollen! Das sage ich als Liberaler mit voller Überzeugung: Bei unserer Freiheit machen wir keine Kompromisse! Freiheit vs Sicherheit Leider sehen das nicht alle so. Die Bereitschaft, Freiheit gegen vermeintliche Sicherheit zu opfern, ist seit jeher bei vielen Politikern ausgeprägt. Es ist inzwischen ja schon ein trauriges Ritual geworden, dass nach jedem Terroranschlag keine 24 Stunden vergehen, bis aus der Union die Forderung nach schärferen Überwachungsgesetzen kommt. Aktuell geht es um die Vorratsdatenspeicherung. Wir haben sie vier Jahre lang erfolgreich verhindert, mit unserer Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Der aktuelle Justizminister von der SPD hingegen ist nach kürzester Zeit umgefallen! Wir bleiben dabei: Das Ansammeln von Datenbergen verhindert keine Anschläge! Die Vorratsdatenspeicherung ist ein massiver Eingriff in die Privatsphäre der Bürger und deshalb werden wir auch beim Bundesverfassungsgericht dagegen klagen! Flüchtlingskrise Die zynischsten Reaktion auf die Anschläge von Paris kam aber von Bayerns Möchtegern-Ministerpräsident Markus Söder. Diese Tragödie zu missbrauchen, um Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen – Flüchtlinge, die ja gerade vor der Gewalt in ihren Herkunftsländern fliehen, vor den Bomben Assads und den Anschlägen des IS – das ist allerunterste Schublade! Die Flüchtlingskrise ist die größte Herausforderung für unser Land seit der Deutschen Einheit. Ihre Lösung erfordert Ernsthaftigkeit, keine Stammtischparolen. Die Bundesregierung gibt hier ein klägliches Bild ab! Wir müssen die Zahl der Flüchtenden reduzieren, und das geht nur indem wir zur Befriedung ihrer Heimatländer beitragen und deren Nachbarländer dabei unterstützen, den Flüchtlingen dort lebenswürdige Bedingungen zu bieten. Aber für die, die sich bereits auf den Weg gemacht haben, brauchen wir eine Lösung, und diese Lösung kann nicht heißen, innerhalb Europas wieder Beton und Stacheldraht hochzuziehen! Wir müssen klarmachen: Deutschland kann nicht alle aufnehmen. Aber ich bin auch nicht bereit, in Kauf zu nehmen, dass Menschen vor unserer Haustüre verhungern oder erfrieren! Jetzt ist die Stunde, in der Europa zeigen muss, dass es mehr ist als eine Wirtschaftsgemeinschaft, dass es auch bereit ist, politische Probleme gemeinsam zu lösen! Wenn wir zurückfallen in Kleinstaaterei und nationale Egoismen und uns von Menschen in Not abwenden, verrät Europa seine eigenen Werte. Lauinger Erklärung Wir werden diesen Parteitag nutzen, um unser Konzept für Flüchtlingsschutz, Migration und Integration zu beraten. Und es passt gut, dass wir das in Lauingen tun. Ihr kennt alle unseren Parteifreund Georg Barfuß. Er ist vor etwa einem Jahr schwer erkrankt und befindet sich aktuell gottseidank auf dem Weg der Besserung. Lieber Georg, von hier aus ein ganz herzlicher Gruß und alles Gute für eine baldige Genesung! Georg Barfuß war 18 Jahre lang erster Bürgermeister dieser Stadt Lauingen. In dieser Funktion hat er vor 20 Jahren den Bau der ersten Moschee mit Minarett auf bayerischem Boden ermöglicht. Sein Mott war damals: Raus aus den Hinterhöfen, rein in die Mitte unserer Gesellschaft! Er hat sich damit massiv um die Integration der muslimischen Gemeinde verdient gemacht. Von seinen damaligen Parteikollegen, den CSUlern, wurde er daraufhin scharf kritisiert und als Türken-Schorsch betitelt – in der CSU gilt so etwas offenbar als Schimpfwort. Wir sagen: Georg, du kannst stolz auf das sein, was Du hier als Bürgermeister erreicht hast. Und wir freuen uns, in Deiner Stadt die Lauinger Erklärung für Flüchtlingsschutz, Migration und Integration zu beraten! Bundesregierung Liebe Freunde, Terrorgefahr und Flüchtlingskrise sind die drängenden Herausforderungen dieser Zeit, aber es gibt andere wichtige Themen, die dahinter in Vergessenheit zu geraten drohen. Unsere Bundesregierung – also CDU, CSU und SPD - versagt komplett bei der Aufgabe, Chancen für unsere Kinder und Enkel zu schaffen – sie verfrühstückt nur den Wohlstand von heute. Wo sind die Initiativen der Regierung für mehr Unternehmensgründungen? Für eine Digitalisierungsoffensive? Dafür, dass Kinder bei uns die weltbeste Bildung bekommen? Nichts. Stattdessen führen sie die Rente mit 63 ein und wollen regeln, wie viel Tageslicht eine Teeküche haben muss Deutschland geht es momentan wirtschaftlich gut, auch dank schwachem Euro und niedrigen Zinsen, aber das ist nicht Verdienst der Regierung! Wir müssen heute die Weichen dafür stellen, dass es uns auch morgen gut geht! Gründerkultur Der Wohlstand von morgen hängt von den Unternehmensgründungen von heute ab. Ich war schockiert als ich neulich gelesen habe, dass die Zahl der Unternehmensgründungen in Deutschland aktuell um 100.000 niedriger als vor vier Jahren. Deutschland ist bei der Gründungsquote in Europa fast Schlusslicht, nur Italien schlechter! Wir müssen mehr Chancen für Startups und Existenzgründer schaffen! Wir müssen Unternehmergeist schon in der Schule fördern. Wir müssen die Rahmenbedingungen für Wagniskapitalfinanzierungen verbessern, zB Investitionen privater Geldgeber sofort steuerlich absetzbar machen. Und wir müssen bürokratische Hürden abbauen – mein Vorschlag wäre zum Beispiel ein "bürokratiefreies erstes Jahr" für Existenzgründer. 3. Startbahn Der Wohlstand von morgen hängt aber auch noch von etwas anderem ab: Nämlich von den Infrastrukturentscheidungen, die wir heute treffen. Wir haben aktuell wieder die Diskussion um den Ausbau des Münchner Flughafens. Und Seehofer wackelt, liebe Freunde, er wackelt wie immer wenn er Gegenwind spürt, weil er kein Rückgrat hat! Sein Parteifreund, der ehemalige Verkehrsminister Wiesheu, hat vor zwei Wochen einen Vorschlag aufgegriffen, den ich bereits im Juli gemacht habe: Wenn die Landeshauptstadt München sich nicht am Flughafenausbau beteiligen will, dann soll sie ihre Anteile daran verkaufen und somit die Blockade beenden! München braucht die dritte Start- und Landebahn - das sage ich sowohl als Politiker als auch als mittelständischer Unternehmen. Denn der Flughafen ist unser Tor zur Welt. Er bringt Geschäftspartner zu uns und unsere Produkte in alle Welt. Er bringt uns damit Wohlstand und Arbeitsplätze. Aber genau das ist vielleicht das Problem: Es geht uns momentan einfach zu gut. Wir haben ein hohes Wohlstandsniveau erreicht und glauben, wenn wir nichts ändern wird alles so bleiben wie es ist. Was für ein Irrglaube, liebe Freunde! Was für ein Irrglaube. Hätten wir schon damals auf diejenigen gehört, die heute gegen die dritte Startbahn sind, hätte es auch die erste und zweite Startbahn nicht gegeben. Wir hätten immer noch den alten, kleinen Flughafen in Riem. Genau wie damals, dürfen wir auch heute nicht den Anschluss verpassen. Beste Bildung Zu guter letzt, liebe Freunde, hängt der Wohlstand von morgen auch ganz maßgeblich davon ab, dass wir heute die beste Bildung der Welt ermöglichen. Beste Bildung fängt nicht erst mit der Einschulung an, sondern schon viel früher. Es ist deswegen ein Skandal, dass die CSU den damals von uns durchgesetzten Zuschuss zum zweiten Kindergartenjahr einfach mirnichtsdirnichts wieder einkassiert hat! Gerade in den ersten Lebensjahren stellen sich die entscheidenden Weichen für die Entwicklung eines Kindes. Frühkindliche Bildung ist eine wesentliche Voraussetzung für Chancengerechtigkeit. Wir wollen Bildungserfolg unabhängig von Elternhaus und Herkunft für jedes Kind ermöglichen und halten deswegen an unserer Forderung fest: Der Kindergartenbesuch soll beitragsfrei sein! Comeback der FDP Liebe Delegierte, liebe Parteifreunde, hier in der Stadthalle trifft sich heute eine andere Partei als vor zwei Jahren in Bamberg. Die Verzagtheit und die Resignation sind neuem Mut und neuem Selbstbewusstsein gewichen. Wir spüren wieder Rückenwind, und das haben wir uns hart erarbeitet. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich bei allen Mitgliedern des amtierenden Landesvorstandes zu bedanken. Ich möchte mich vor allem aber auch bedanken bei jedem einzelnen Kreisvorsitzenden, bei jedem Stellvertreter oder Schatzmeister, bei Ihnen allen, die Sie am Wiederaufstieg der FDP mitgearbeitet haben und mitarbeiten. Es macht mich stolz, Vorsitzender einer so tollen Partei zu sein! Immer mehr Bürger spüren: Es braucht eine starke liberale Kraft im Land! Es braucht eine Kraft, die den Einzelnen groß machen will und nicht den Staat. Es braucht eine Kraft der wirtschaftlichen Vernunft, weiß, dass man jeden Euro erst verdienen muss bevor man ihn ausgibt. Es braucht eine Kraft, die sich auch traut, Unpopuläres zu vertreten, wenn es nötig ist. Es braucht eine Kraft, die für Freiheit und Menschenrechte streitet. Es braucht Freie Demokraten.
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