Häuser für Millionen an Jahren für Sethos I. Wollte man die

Häuser für Millionen an Jahren für Sethos I.
stxj mrj-n-ptH „Sety, geliebt von Ptah“
Wollte man die Bezeichnung „Haus für Millionen an Jahren“ mit dem allseits verwendeten und bekannten Begriff
„Totentempel“ gleichsetzen, dann hätte Sethos I. nicht nur
seine beiden bekanntesten Bauwerke dieser Art in Abydos
und in Theben-West (Qurna) errichten lassen, sondern weitere „Totentempel“ z.B. in Memphis in der Nähe des PtahTempels (nach Thomas Schneider) oder auch in Karnak, wo
er die große Säulenhalle zwischen dem zweiten und dritten
Pylon ebenfalls als Millionenjahrhaus bezeichnet. Der Name
der Halle ist identisch mit dem Namen des Tempels von
Qurna, nämlich Ax (stxj-mrj-n-ptH)| „Glorreich ist Sethos,
geliebt von Ptah“. Für den Qurna-Tempel galt der Zusatz
jmnt.t wAs.t „im Westen von Theben“. Es ist deshalb vielleicht glücklicher, die Millionenjahrhäuser wie von Martina
Ullmann vorgeschlagen als „Königstempel“ zu bezeichnen.
Geburtsname in der Schreibweise von Abydos, aus Gründen der Pietät ohne das Ideogramm des Seth, des mythologischen Widersachers des Osiris
Der Tempel (Mn
MnMn-MAa.tMAa.t-Ra)|
Ra hrwhrw-jb in Abydos
Tempelfassade
(Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)
Abydos ist seit frühester Zeit Begräbnisort der ägyptischen
Könige und Haupkultort des Gottes Chontamenti (Erster der
Westlichen), etwa seit der 12. Dynastie dann OsirisChontamenti. Das Grab des Königs Djer (1. Dynastie) wurde mit dem ursprünglichen Grab des Osiris identifiziert. Auf
diesem geheiligten Boden ein Grab oder ein Kenotaph
(Scheingrab) zu besitzen, war von großer religiöser Bedeutung. Jeden Ägypter zog es nach Abydos, um an den jährlichen Auferstehungsfeierlichkeiten teilzuhaben oder um die
eigene Osiriswerdung zu unterstützen– sei es durch die Errichtung einer persönlichen Stele, durch eine reale oder
durch eine virtuelle Wallfahrt, wie sie in zahllosen Gräbern
dargestellt ist.
Wahrscheinlich gleich zu Anfang seiner Regierungszeit ließ
Sethos I. sich in Abydos seinen Tempel errichten, den er der
dortigen Hauptgottheit, dem Osiris-Chontamenti bzw. Osiris-Wennefer, weihte. Diese Datierung lässt sich aus einem
Dekret des Königs aus seinem 4. Regierungsjahr ableiten,
dessen Text sich auf einer Felsstele in der Nähe von Nauri
am 3. Nilkatarakt befindet. Die darin getroffenen Schutzverfügungen beziehen sich auf Eigentum und Personal des
Tempels von Abydos, der demzufolge zu dieser Zeit bereits
existiert haben muss. Unklar ist, ob auch der Kultbetrieb
schon aufgenommen worden war.
1
Widmungsinschrift Ramses’ II.
12
2
ummauerte Schächte
13
3
Pfeiler vor Pylon
a
Schrein für Horus
4
Pfeilerportikus
b
Schrein für Isis
5
Säulenkorridor
14
Halle für Sokar und Nefertem
6
Kapelle für den vergöttlichten
Sethos
15
Barkenräume für Sokar und
Nefertem
7
Kapelle für Ptah
16
Galerie der Listen
8
Kapelle für Re-Harachte
17
Schlachthof
9
Kapelle für Amun
18
Halle für alle Götterbarken
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Kapelle für Osiris
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Korridor des Stiers
11
Kapelle für Isis
20
Lagerräume
Das Nauri-Dekret ist es auch, das wertvolle Hinweise zur
baulichen Beschaffenheit des Tempels liefert. Im Text preisen die Götter
Kapelle für Horus
Osiris-Komplex
- die Terrasse im Tempel, mit gleißendem Silber belegt
- die riesigen Türblätter aus libanesischem Koniferenholz,
beschlagen mit Elektrum, auf der Rückseite mit Kupfer
- die mächtigen Pylone aus Tura-Kalkstein, mit Laibungen
aus Granit
- den meeresgleichen, von hohen Bäumen umstandenen,
lapislazuliblauen See vor dem Tempel, in der Mitte voll
von Schilf, Papyrus und Lotus im Überfluss, auf dem sich
Wasservögel niederlassen und die Neschmet-Barke (Barke
1
Sethos und ist dem entsprechend in sehr feinem erhabenem
Relief gestaltet, das den Betrachter unweigerlich in Bann
zieht.
des Osiris) den „Vater des Bauwerks“ (wahrscheinlich ist
Osiris gemeint) transportiert
Die Schatzkammern müssen gut gefüllt gewesen sein, mit
„Haufen von Gold, Silber, mit königlichem Leinen, Ölen,
Weihrauch, Wein, Honig, Myrrhe aus Punt“ und anderen
wertvollen Dingen. Zu den Bediensteten gehörten Propheten, Priester und Opferer; die Sklaven waren Nachkommen
syrischer Häuptlinge. Der Kult begann im Morgengrauen,
wenn eine Stimme die Rituale der Nekropolengötter proklamierte, nachdem das Tempelpersonal erwacht war. All
dies wird im Nauri-Dekret detailreich beschrieben. Die Entdeckung dieses Textes kann man sicher ohne Umschweife
als Glücksfall für die Wissenschaft bezeichnen. Dass die
Tempelorganisation auch generell gut versorgt wurde, kann
man einem Text aus dem 9. Regierungsjahr Sethos’ entnehmen, der sich im Süden Ägyptens bei Edfu, im Tempel von
Kanais befindet und der besagt, dass der König in der Nähe
eine Goldmine einrichten ließ, deren Ertrag einzig und allein
an den Tempel von Abydos zu fließen hatte. Verstöße gegen
diese Anweisung waren unter schwerste Strafen gestellt und
mit einem Fluch belegt.
Nach dem Tode Sethos’ ließ sein Sohn und Nachfolger
Ramses II. die Bauarbeiten an dem offensichtlich noch nicht
komplett fertig gestellten oder brach liegenden Bauwerk
vollenden. Eine lange Weihinschrift an der Tempelwand
links des Eingangs zur ersten Hypostylhalle berichtet u.a.:
„Aufgemauert soll werden, was verfallen ist, in dem Gehöft,
das er (Sethos) liebte. Pfeiler sollen in seinem Tempel aufgestellt werden. Seine Wände werden gemauert. Seine Tore
werden festgestellt. Aufgestellt wird, was verfallen ist, an
der Stätte seines Vaters (Osiris) in dem Friedhof des Osiris
[des Herrn von Abydos]. [Hergerichtet werden soll] das
Doppeltor, das in dem Inneren (des Tempels) gemacht
wird.“
Ramses II. deklariert den Widmungstext
(an der Tempelwand rechts)
(Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)
Der Tempel liegt direkt am Rande der Wüste und ist von
einer 220 x 273 m messenden Umfassungsmauer aus Ziegeln umgeben, die das so genannte Osirein (Kenotaph des
Sethos) einschließt und in deren Westwand sich ein ebenfalls aus Ziegeln erbauter Pylon erhob. Die Tempelfront
weist nach Osten. Das Tempelhaus mit einer Breite von 56
m und einer Länge von 157 m wurde aus Kalkstein errichtet.
Man betritt das Gelände von Osten durch den ersten Pylon,
durchquert den ersten Hof, in dem sich zwei ummauerte
Schächte befinden – möglicherweise Wasserreservoirs - und
gelangt durch den zweiten Pylon, dem eine Reihe von 12
Pfeilern vorgelagert war, in den zweiten Hof. Die Blöcke
des zweiten Pylons sind mit Reliefs der Söhne und Töchter
Ramses’ II. dekoriert. Von den Pylonen und der Pfeilerreihe
sind heute allerdings nur noch Reste erhalten. Die den zweiten Hof flankierenden Mauern zeigen Kriegsszenen Ramses’.
1. Hypostylhalle
(Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)
Vom zweiten Hof aus führt eine Treppenrampe hinauf auf
eine leicht erhöht auf Tempelbodenniveau liegende weitere
Reihe von 12 Pfeilern, die erhalten bzw. durch Restaurierung wiederhergestellt sind, ebenso wie die Überdachung.
Die Rückwand dieses Portikus hatte ursprünglich sieben
Durchgänge, korrespondierend mit sieben im hinteren Teil
des Tempels befindlichen Kapellen. Vier dieser Durchgänge
ließ Ramses bei der Vollendung des Tempels schließen.
Passiert man einen der Durchgänge, befindet man sich in der
ersten Hypostylhalle mit zwei Reihen von je 12 Säulen. Die
Dekoration dieser Halle wurde unter Ramses in der für ihn
typischen Technik des versenkten Reliefs vorgenommen.
Die sich anschließende zweite Hypostylhalle mit ebenfalls
24 Säulen stammt jedoch aus der ersten Bauphase unter
2. Hypostylhalle
(Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)
2
Über weitere, zwischen den Säulen liegende Rampen gelangt man schließlich in einen quer liegenden Korridor mit
einer weiteren Säulenreihe, an dessen Rückwand sich die
Eingänge zu den bereits erwähnten sieben Kapellen befinden, von denen jede einer Gottheit gewidmet ist (von Süden
nach Norden): dem vergöttlichten Sethos, Ptah, ReHarachte, Amun, Osiris, Isis, Horus. Bis auf die OsirisKapelle bestehen alle Schreine aus zwei Kammern und sind
an der Rückwand mit einer Scheintür versehen. Die Dekoration ist größtenteils wiederum in hervorragendem erhabenem Relief gehalten, dessen Colorierung wunderbar erhalten
ist. Sie zeigt Sethos bei der Durchführung der täglichen
Tempelrituale für die entsprechende Gottheit, wie das Öffnen des Götterschreines, die Reinigung, Salbung und Einkleidung der Statue, das Opfern von Weihrauch, Wasser,
Nahrung und Blumen.
weiterer, südlich gelegener Durchgang in eine Säulenhalle
für die die Neunheit komplettierenden Gottheiten Sokar und
Nefertem mit zwei weiteren Räumen für die entsprechenden
Barken. Diese Halle bildet die erste der sich südlich des
Tempelhauses anschließenden Räumlichkeiten, die dem
gesamten Tempelkomplex eine sehr ungewöhnliche L-Form
verleihen.
Unmittelbar neben dem Eingang zur Sokar/Nefertem-Halle
führt ein Zugang zur „Galerie der Listen“, einem Korridor,
an dessen Ostwand Sethos und sein Sohn Ramses opfernd
vor einer Aufzählung von Götternamen stehen, während an
der Westwand wiederum Sethos und Kronprinz Ramses als
Sem-Priester vor der berühmten Königsliste opfern. Die
Liste zählt alle Vorgänger Sethos’ mit Ausnahme der Amarna- und der Hatschepsut-Periode auf – frühdynastisch beginnend bei Menes und ausgerichtet auf den Ort Umm elQab, wo sich die frühen Königsgräber befinden. Dieser
Korridor mündet in den sogenannten Schlachthof, der seinen
Namen wegen der dort angebrachten Szenen des Schlachtens und Zubereitens von Rindern erhielt. In der Westwand
des Korridors befinden sich zwei Ausgänge. Der eine, südlich gelegene führt in die Barkenhalle, in der die Götterbarken untergebracht waren, wie auch die Darstellungen an den
Wänden zeigen. Von dieser Halle aus führte eine Treppe
hinauf auf das Tempeldach.
Sethos vor Osiris-Wennefer
Vergöttlichter Sethos
(beide Fotos: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)
Von der Osiris-Kapelle aus betritt man einen größeren
Komplex, der nur diesem Gott gewidmet ist. Der OsirisKomplex liegt auf einer Nord-Süd-Achse und besteht aus
zwei Säulenhallen, einer größeren mit zehn und einer kleineren mit vier Säulen.
Barkenhalle
(Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)
Über den zweiten Ausgang gelangt man in den „Korridor
des Stiers“, der gleichzeitig den Ausgang nach Westen zum
Osireion bildet. An der Nordwand finden sich Ramses II. –
dem die Dekoration des gesamten Korridors zu verdanken
ist – und sein Sohn Amun-her-chepesch-ef bei der
Wildstierjagd, an der Südwand der König, eingebunden in
eine Szene des rituellen Vogelfangs und in göttlicher Begleitung. Im äußersten südwestlichen Bereich des Tempelbaus befinden sich fünf Räume, die vom Inneren des Tempels aus nicht zugänglich sind.
Osiris-Komplex
(Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)
Von der größeren Halle in nördliche Richtung abgehend
finden sich drei Kapellen für die Götterfamilie Horus, Isis
und Osiris. Südlich der kleinen Halle liegen drei weitere
Schreine, von denen man annimmt, dass sie den jährlichen
Auferstehungsmysterien des Osiris gewidmet waren. Leider
ist die Dekoration sehr zerstört, so dass eine Rekonstruktion
der Szenenfolge nicht mehr möglich ist. Die kleine Säulenhalle beherbergt die bekannte Szene der Zeugung des Horus
durch den verstorbenen Osiris mit der vogelgestaltig über
ihm schwebenden Isis. Von dem quer liegenden Korridor
mit den Eingängen zu den sieben Götterkapellen führt ein
Wildstierjagd
(Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)
3
Das Osireion
Ritueller Vogelfang
Der Eingang liegt in der äußeren westlichen Tempelwand.
Es dürfte sich hier um Lagerräume handeln.
Eingang zu den hinteren Lagerräumen
1
Rückwand/Architrav der Haupthalle.
2
Granitpfeiler
3
Wassergraben
4
Bodenvertiefung in Sarkophagform
5
Bodenvertiefung in Kanopenkastenform
6
Wandnischen
7
Zugang zum „Sarkophag“
Der Name „Osireion“ ist eine Wortschöpfung von Sir Flinders Petrie, der im Jahr 1902 als erster auf die Ruinen stieß
und sie folgerichtig als sogenanntes Osiris-Grab deutete.
Erst in den 1920er Jahren erfolgten die eigentlichen Ausgrabungen. Der unterirdische Komplex liegt unmittelbar westlich des Sethos-Tempels und wurde wegen seiner archaischen Bauweise häufig als sehr frühes Bauwerk angesehen,
das lange vor der Zeit des Sethos errichtet worden sein sollte. Es gibt jedoch nichts, das diese Auffassung belegen würde. Alle Funde stammen frühestens aus der 19. Dynastie.
Man fand beispielsweise Schwalbenschwanzklammern aus
schwarzem Granit und aus Holz, die mächtige Blöcke in situ
zusammenhielten. Sie sind mit dem Namen von Sethos beschriftet. Ostraka, die im Eingangsbreich des Osireions gefunden wurden, berichten über den Transport von Blöcken
aus einem Steinbruch „an die Südseite des Gebäudes Nützlich ist Men-Maat-Re, Leben, Heil, Gesundheit, für Osiris“,
das man mit einiger Wahrscheinlichkeit mit dem Osireion
identifizieren kann. Es ist deshalb davon auszugehen, dass
Sethos für dieses Osiris-Grab ganz bewusst eine archaische
Bauweise gewählt hat, womöglich als Reminiszenz an frühe
4
Bauwerke und deren Baumeister.
det man in der Pfeilerhalle.
Blick ins Osireion
Anlage des Osireinos (von Westen aus gesehen)
Der Zugang zum Osireion – ein absteigender Gang - befindet sich außerhalb der Tempelumfassung. Die Wände des
Ganges sind reliefiert und coloriert und zeigen Szenen aus
Unterweltsbüchern (Höhlenbuch, Pfortenbuch).
Die ebenfalls aus Granitmonolithen bestehenden Pfeiler
flankieren einen als Insel angelegten inneren Raum, durch
einen Wassergraben vom umgebenden Bauwerk abgetrennt.
In der Mitte des Raumes öffnen sich zwei in den Boden
eingelassene Vertiefungen, eine rechteckige in Form eines
Sarkophages und eine quadratische in Form eines Kanopenkastens. An den Wänden der Haupthalle finden sich 16 Nischen, an jeder Seite sechs sowie je zwei an den Stirnseiten.
Szenen aus Unterweltsbüchern
Zugang zum „Sarkophag“
An der östlichen Stirnseite führte ein niedriges Tor in eine
weitere Querhalle mit einer Giebeldecke. Wände und Decke
dieses Raumes sind mit Reliefs dekoriert. Die Decke zeigt
Darstellungen der Himmelsgöttin Nut, die die Nachfahrt der
Sonne symbolisieren. Der Zweck dieses Raumes ist unklar.
Er steht die meiste Zeit unter Wasser und es scheint so, als
sei er ursprünglich auch tatsächlich entsprechend angelegt
worden. Er wird teilweise als Sargkammer, teilweise sogar
als gigantischer Sarkophag angesehen. Die Insel in der Mitte
der Pfeilerhalle soll den Urhügel symbolisieren, der sich aus
den Wassern des Chaos erhebt. Bei den Ausgrabungsarbeiten wurden Hinweise darauf gefunden, dass das Osireion
ursprünglich von einem hügelförmigen Oberbau bedeckt
war. In späterer Zeit diente es offenbar frühen Christen als
Kirche oder Kloster, denn es wurden Graffiti und Ostraka
gefunden, die diese Nutzung wahrscheinlich machen.
Das südliche Ende dieses Ganges sowie der nach Osten
führende eigentliche Zugang zum Grab wurden unter Merenptah, Nachfolger Ramses’ II., dekoriert, ebenso wie
Rückwand und Architrave der Haupthalle. Zwischen Zugang und Haupthalle liegt ein Querhalle, erbaut aus massivem roten Granit. Nach dem Durchqueren dieser Halle lan-
5
10
Der Verwaltungstrakt
11
a
Hypostylhalle
Durchgänge zum Totenkultbereich/Sonnenhof
b
Barken- und Statuenraum Sethos’ I.
c
Kapelle des Talfestes
d
Kapelle für Isis und Osiris
12
Barkenraum des Amun
e
Kapelle für Mut
f
Kapelle für Ptah
g
Kapelle für Chons
h
Kapelle für Osiris
13
i
Den Tempelkomplex vervollständigen weitläufige Magazinund Verwaltungsanlagen, die sich in die beiden Schenkel
des „L“ einfügen und der Gesamtanlage schließlich eine
rechteckige Form geben. Der Zugang zur Verwaltungseinheit erfolgte über eine Säulenhalle oder einen Hof mit Säulenumgang, ähnlich wie im Tempel von Qurna, wie noch
festgestellt werden wird.
Portikus
Vier-Pfeiler-Raum
Kapellen für Min-Amun-Kamutef/Amun-Re/Amun-Reharachte-Atum/Osiris
14
Tempel Ramses’ I.
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Totenkulträume Sethos’
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Schlachthof
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Brunnen
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Sonnenhof
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zerstörte Räume
20
Magazine
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Nordeingang
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„zentrales Verteilungsbüro“
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Kirche und spätrömisches Wohnhaus
stxj mrj-n-ptH „Sety, geliebt von Ptah“
Der Tempel Ax (stxj mrjmrj-n-ptH)|
ptH) in Qurna
Geburtsname in der Schreibweise von Qurna
Tempelfassade mit Prozessionsstraße
1
Eingangstor 1. Pylon
2
monumentale Sphingen
3
Prozessionsstraße
4
Erscheinungsfenster
5
Portikus
6
Säulenhalle
7
Thronsaal
8
evtl. Wohnhaus des Ersten Propheten
9
Innere Umfassungsmauer
Das Gründungsdatum des Königstempels in Qurna lässt sich
nur vermuten. Anhand des Textes einer Felsstele aus dem 6.
Regierungsjahr über eine Steinbruchexpedition könnte es in
die Mitte der Regierungszeit Sethos’ fallen. Der Tempel lag
eventuell unweit von xft Hr nb-s (Cheft-her-neb-es), einer
heute nicht mehr zu lokalisierenden, aber in Inschriften erwähnten Wohn- und Residenzstadt in Theben-West. Die
Anlage wurde auf einer klassischen Ost-West-Achse erbaut
und war umgeben von einer 3,20 m breiten und vermutlich
10,50 m hohen äußeren Umfassungsmauer mit je einem
Turm an den vier Ecken und Bastionen in den Längsseiten
und der westlichen Schmalseite. Man gelangte von Osten
her durch einen Ziegelpylon auf das Tempelgelände. Das
Mauerwerk war weiß getüncht und es ist anzunehmen, dass
es mit großformatigen Darstellungen bemalt war. Das Eingangstor bestand aus Sandstein (Pfosten und Decke) und
6
Kalkstein (innere Wände). Von diesem ersten Pylon steht
heute nur noch wenig, ebenso wie vom Toreinbau, der eingestürzt ist und dessen reliefierte Blöcke nun teilweise auf
Sockeln stehend zu besichtigen sind. Von der Dekoration
der inneren Torwände, die das „Schöne Fest vom Wüstental“ zum Thema hatten, ist kaum etwas erhalten. Der Tempel
von Qurna war eine wichtige Station für die Barken der
Thebaner Triade anlässlich des Talfestes, wenn die Götterbarken alle noch betriebenen Königstempel am Westufer
besuchten und auch die Bewohner Thebens ihre Ahnen feierten. Vor dem Pylon auf westlicher Seite, also bereits auf
dem Tempelgelände, standen links und rechts zwei Sphingen. Teile der Basen sind erhalten, wenn auch in sehr
schlechtem Zustand.
siedelten sich hier Steinmetze und Kupferschmelz- und verarbeitungswerkstätten an.
Jenseitspalast
Das Gelände des eigentlichen Tempels betritt man durch
den zweiten Pylon, ebenfalls aus Ziegeln errichtet wie der
erste, nicht so mächtig zwar, aber ebenfalls mit einem Tor
aus Kalkstein versehen, dessen Stürze aus Granit gefertigt
waren. Von diesem Pylon aus zog sich eine weitere Umfassungsmauer, die den zweiten Hof, den Festhof, umgab und
an das Tempelhaus anschloss. Die ursprüngliche Absicht,
diese Mauer aus Sandstein zu errichten, wurde wohl wegen
des Todes Sethos’ aufgegeben. Ebenso wie in Abydos musste Ramses II. auch diesen Tempel seines Vaters vollenden.
Er tat dies, wie aus seiner Weihinschrift am Architrav des
Tempels hervorgeht, in Ziegelbauweise. Und tatsächlich
fand man Reste der Ziegelmauer. Ansonsten dürften die
Arbeiten Ramses’ zur Vollendung dieses Tempels sehr viel
weniger aufwendig gewesen sein als in Abydos. Sie beschränken sich auf das Errichten der Ziegelmauer und das
Hinzufügen von Dekorationselementen. Außerdem erfolgte
die Fertigstellung nicht unmittelbar nach dem Tode Sethos’,
sondern zog sich über Jahrzehnte, erkennbar an den unterschiedlichen Schreibweisen des Geburtsnamen des Ramses.
Das Niveau des Tempels liegt wie üblich höher als der Hof
und man betritt über eine Rampe zunächst den Portikus mit
eigentlich 10 Säulen, von denen die südlichste zerstört ist.
Die Säulenabstände sind nicht einheitlich, sondern lassen an
drei Stellen einen größeren Durchgang zu den Tempeleingängen frei. Der mittlere Durchgang ist breiter als die beiden
anderen und führt in das Stationsheiligtum für die Prozessionsbarke des Amun, dem der gesamte mittlere Teil des
Tempels gewidmet ist.
Im Hintergrund: Sphingenbasis (Rest) mit Doppelkrone
Eine hier aufgefundene, 2,10 m hohe Doppelkrone – einst
Bekrönung der Sphingen – lässt auf zwei gigantische Skulpturen schließen. Nach dem Passieren der Sphingen steht man
auf einer Prozessionsstraße, die durch den zweiten Pylon
hindurch zum Tempel führt. Sie durchschneidet zunächst
den ersten Hof, der bei Festanlässen allen Menschen offen
stand. Links und rechts des Weges müssen einst Bäume
gestanden haben, wie Baumgruben belegen. Möglicherweise
säumten auch weitere Skulpturen den Weg. Noch vor dem
zweiten Pylon befindet sich der südlich des Hofes gelegene
Tempelpalast, ein Gebäude aus Lehmziegeln; nur der mittlere Teil der Fassade mit einem Erscheinungsfenster war aus
Kalkstein erbaut. Dass es sich nicht um einen echten Wohnpalast handelt, ist aus der Größe der Räume und dem fehlenden Wirtschaftstrakt ersichtlich. Es war vielmehr ein
Jenseitspalast, mit vorgelagertem Portikus, durch den man
über zwei Eingänge in eine imposante Säulenhalle gelangte,
in der sich auch der Zugang zum Erscheinungsfenster befindet. Man darf sich vorstellen, dass Sethos das Erscheinungsfenster schon zu Lebzeiten nutzte, um hier dem Festgeschehen beizuwohnen. An den Säulensaal schließt sich der
Thronsaal an, in dessen Rückwand eine Scheintür eingelassen war. Dadurch wird noch einmal deutlich, dass die Palastanlage dem verstorbenen König als Wohnstatt dienen
sollte. Erhalten ist von der Anlage nur noch wenig. Die
Mauerreste – dank der Arbeiten des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo deutlich erkennbar – lassen den Grundriss sehr gut nachvollziehen. Nördlich des ersten Hofes
könnte sich das Wohnhaus des Ersten Propheten und Priesters des Königstempels befunden haben, über dessen Existenz es einen schriftlichen Hinweis gibt. In späterer Zeit
Die an der Fassade angebrachten Reliefs zeigen Szenen des
Talfestes. Durch das Portal betritt man zunächst eine Hypostylhalle mit sechs Säulen, deren Wände mit einer Dekoration versehen sind, die ebenfalls Kulthandlungen des Talfestes wiedergibt. Links und rechts der Halle befinden sich
jeweils drei Kapellen, von denen die beiden ersten, also
östlichen, als Durchgänge zum Totenkultbereich bzw. zum
Sonnenhof zu verstehen sind. Zwei der Kapellen beherbergten die Prozessionsbarke und –statue Sethos’, eine weitere
ist den Gottheiten von Abydos, Isis und Osiris, gewidmet.
7
Fassade - Talfestszenen
Barkenraum für Amun
Die mittlere nördliche Kapelle enthält bedeutende Darstellungen des Tempelkultes, etwa die jährlich beim Talfest
wiederholte Vereinigung des verstorbenen Königs mit Amun, der auf diese Weise zu Sethos-Amun wird, das Opfern
seitens Sethos als Iunmutef-Priester vor Amun-Kamutef
oder Sethos-Amun mit seinem in Form einer Göttin personifizierten Tempel.
Barke des Amun
Sethos mit personifiziertem Tempel
Auffällig ist, dass in diesem Millionenjahrhaus eine große
Anzahl an Dekorationselementen vorhanden ist, die das
Talfest repräsentieren. Das spricht noch einmal deutlich für
die damit zusammenhängende Bedeutung dieses Bauwerks.
Vom Hypostyl aus geht es weiter in westliche Richtung zu
fünf Barkenräumen. Der mittlere und größte Raum gehörte
der Barke des Amun, deren Podest noch existiert. Die
Wanddekoration zeigt die Amun-Barke mit reichen Opfergaben und verdeutlicht damit die Verwendung des Raumes.Die beiden südlichen Kapellen waren für Mut und Ptah
bestimmt, die beiden nördlichen für Chons und Osiris.
Durchschreitet man den Barkenraum des Amun, befindet
man sich im westlichen Teil des Mitteltraktes, in einem
Raum mit vier Pfeilern, an den sich nördlich und südlich
Kapellen für Min-Amun-Kamutef, Amun-Re, AmunReharachte-Atum und Osiris anschließen, so dass ein Abbild
der Jenseitsvorstellungen des Neuen Reiches entsteht.
Kapelle für Min-Amun-Kamutef
An der Westwand des Vier-Pfeiler-Raumes war einst eine
Scheintür als Verbindung zwischen Diesseits und Jenseits
angebracht.
8
Sonnenheiligtum für Re-Harachte
Szene aus dem Tempel Ramses' I.
Der nördliche Trakt des Tempelhauses besteht beinahe zur
Gänze aus einem großen Sonnenhof, dem Heiligtum für ReHarachte. In der Mitte des Hofes befinden sich die letzten,
nur ein Drittel der ursprünglichen Größe ausmachenden
Fragmente des Opferaltars. Opferhandlungen und Tempelrituale bestimmen die Wanddekoration des Sonnenhofes,
begleitet von Pavianen, die die Morgen- und Abendsonne
anbeten. Die neun Nischen in den Wänden enthielten einst
Königsstatuen. Westlich des Sonnenhofes lagen weitere,
heute stark zerstörte Räumlichkeiten – möglicherweise auch
ein Barkenraum für Ahmes-Nefertari, vergöttlichte Mutter
von Amenophis I. und am Westufer von Theben hochverehrt.
In den südlichen Trakt des Tempelhauses ist im Osten der
Königstempel für Ramses I., Vater von Sethos, integriert,
dem es wegen seiner kurzen Regierungsdauer nicht vergönnt
war, einen eigenen Tempel zu errichten. Den ersten Raum
bildet ein kleines Hypostyl mit zwei Säulen, an das sich drei
Barkenkapellen anschließen. In den Darstellungen an den
Wänden des Hyposyls nehmen die vergöttlichten Könige
Ramses I. und Sethos Opfer von Ramses II. entgegen. Die
westlich des Tempels von Ramses I. angelegten eigentlichen
Totenkulträume für Sethos sind nahezu vollkommen zerstört, ebenso wie der dahinter liegende Schlachthof.
zerstörter Westteil des Tempels
Auch dieser Tempel Sethos’ I. verfügte über ein großes
Magazin-, Werkstatt- und Verwaltungsareal, das die nördliche Seite der gesamten Tempelfläche einschließlich der
Höfe fast in voller Länge einnahm.
Brunnenanlage
Der Weg zum Schlachthof führte über einen eigenen Korridor, von dem aus man außerdem durch ein Tor ins Freie
gelangen konnte. Hier, außerhalb von Tempelhaus und Festhof, befindet sich ein zweiteiliger Brunnen, der den unterägyptischen und den oberägyptischen Nil repräsentiert.
Mauern und Gewölbeansätze sind teilweise noch vorhanden,
und das Deutsche Archäologische Institut Kairo hat auch
hier die alten Räumlichkeiten glänzend aufbereitet, so dass
der Besucher einen umfassenden Eindruck erhält, besonders
bei einem Blick von der Außenmauer des Tempels, die ebenfalls wieder hergestellt wurde und begehbar ist. Vom
Tempelareal aus führten zwei Zugänge in den zweiteiligen
Wirtschaftstrakt; ein separater Eingang befand sich im östlichen Teil der nördlichen Außenmauer, heute Eingang für die
9
Besucher des Tempels. Wie schon in Abydos findet sich
auch hier ein Gebäude, das man offensichtlich als „zentrales
Verteilungsbüro“ - ein Begriff, den Rainer Stadelmann geprägt hat - nutzte.
Tempelmagazine
Wie in Abydos handelt es sich um einen offenen Hof mit
Säulenumgang. In einigen der Magazinräume fand Sir Flinders Petrie zu Beginn des 20. Jahrhunderts Gefäße und Gefäßverschlüsse, die belegen, dass dort Wein, Honig und Öle
aufbewahrt wurden. Es dürfte auch ein Kanal bis zum Tempel geführt haben. Die zugehörige Kaianlage wird unter der
modernen Dorfbebauung liegen, die heute unmittelbar an
den ersten Pylon grenzt.
Ebenso wie das Osireion in Abydos wurde auch dieser
Tempel in späterer Zeit anderweitig genutzt. Vor dem einstigen Jenseitspalast finden sich Mauerreste einer Kirche und
eines spätrömischen Wohnhauses.
Gitta Warnemünde
Literatur:
Arnold, Dieter
Lexikon der ägyptischen Baukunst, 2000
Brock, Edwin
The Temples of Abydos, 2002
Capart, Jean
Abydos – Le Temple de Séti Ier. 1912
Gauthier, Henri
Dictionnaire des Noms Géographique, 1925
Hannig, Rainer
Großes Handwörterbuch
Kitchen, Kenneth A.
Ramesside Inscriptions I, 1993
Murray, Margaret A.
The Osireion of Abydos, 1903
Porter & Moss
Band II und VI
Roeder, Günther
Kulte und Orakel, 1998
Schneider, Thomas
Lexikon der Pharaonen, 1996
Stadelmann, Rainer
Der Totentempel Sethos’ I. in Qurna, 2001
Ullmann, Martina
Die Häuser der Millionen von Jahren, 2002
Lexikon der Ägyptologie
10