1 5 J a h re ä rz te magaz i n Per U-Boot durch den Körper In das Körperinnere blicken und gleichzeitig Messungen über Gesundheitsparameter erhalten – das ist das NAUTILOS-Konzept. Das Endoskop NAUTILOS Kapsel-Endoskope bringen viele Innovationen für die Medizin, haben aber noch zahlreiche Schwächen. So haben sie bisher fast immer keinen aktiven Antrieb, sondern werden rein passiv durch natürliche Bewegungen des Körpers transportiert, was ihre Nutzbarkeit für die Diagnose und Therapie stark einschränkt. Meist sind die analytischen Fähigkeiten der Kapselendoskope sehr rudimentär, im besten Falle wie bei der iPill von Philips kann man pH-Wert und Temperatur messen. Darüber hinaus kann man bisher keine Biopsien durchführen, und man ist mit den Kapselendoskopen auf den Gastrointestinaltrakt begrenzt, andere Bereiche wie z.B. das Blut- oder Lymphsystem sind nicht erreichbar. All diese Unzulänglichkeiten wären obsolet, wenn das Konzept NAUTILOS (entwickelt von Prof. Dr.-Ing. Christian Karnutsch) Wirklichkeit werden würde. NAUTILOS steht für „Nearly AUTonomous InjectabLe Optofluidic System“, es handelt sich also um ein nahezu selbstständiges injizierbares optofluidisches Sensorsystem. Die Grundidee hierbei ist, mit Hilfe von miniaturisierten biomedizinischen Sensoren in vivo Diagnostik zu betreiben, das Ganze eingebettet in eine Art Mini-U-Boot, das aktiv angetrieben durch den Körper – besonders auch durch das Blutsystem – navigieren kann. Ein Paradigmenwechsel? NAUTILOS könnte sich durch die Blutbahnen fortbewegen, dabei ständig das Blut auf Pathogene oder Krebszellen untersuchen, und bei einem positiven Befund Alarm auslösen oder eine vorprogrammierte Aktion durchführen. Eine solche therapeutische Aktion könnte z.B. das eliminieren der Krebszelle durch einen Nano-laser sein, oder die lokale Abgabe eines Medikaments. NAUTILOS-Modelle und ihre Komponenten: LED-Beleuchtung (ringförmig angeordnet für beste Ausleuchtung) Kamera (für Fotos und Videoaufnahmen) Nanolaser Einströmöffnungen für Blut (zur Analyse, ev. zum Antrieb) Sensoren (z.B. pH-Wert, Temperatur, Gewebeart etc.) 10 Das gesamtheitliche Funktionskonzept NAUTILOS beruht auf einer extrem früh innerhalb des Krankheitsverlaufes stattfinden Diagnostik, kombiniert mit einer hochgradig lokalen Therapie. Wäre NAUTILOS Realität, so könnte sich z.B. bei der Krebsforschung ein Paradigmenwechsel vollziehen. Weg vom Entfernen eines bereits bestehenden Tumors hin zur Verhinderung der Ausbreitung von Krebszellen im Körper. Mit etwas Glück könnte man sogar die Entstehung des Primärtumors verhindern. Vision verwirklichen NAUTILOS ist bisher nur ein visionäres Konzept, welches vielleicht in 20 bis 25 Jahren Realität werden könnte. Bis es soweit ist, sind noch sehr viele Hürden zu nehmen. NAUTILOS ist de facto ein hochkomplexer, hochgradig integrierter Nanoroboter, der mit Hightech-Biosensoren vollgestopft ist und aus mehreren Funktionseinheiten besteht: n Einem Antriebs-, Navigations- und Kommunikationssystem. n Einer biomedizinischen Diagnoseeinheit, die eine kontinuierliche Untersuchung des Blutes auf Biomoleküle hin ermöglicht. Hier soll die moderne Technologie der Optofluidik zum Einsatz kommen, die eine Kombination von Flüssigkeitstransport und optischen Untersuchungsmethoden auf kleinstem Maßstab darstellt. n Einem therapeutischen System, das aus einem Medikament bestehen kann, oder aus einem Nanolaser, der gezielt Zellen zerstört. Es wird einer enormen gemeinsamen, interdisziplinären Anstrengung bedürfen, um NAUTILOS realisieren zu können. Nur wenn Mediziner mit Ingenieuren, Physikern, Biologen und Chemikern eng vernetzt zusammenarbeiten, wird es eine Chance auf Erfolg geben. Leider gibt es für diese interdisziplinäre Zusammenarbeit bisher keine geeignete Plattform. Was hier benötigt wird, sind interdisziplinäre Krebsforschungszentren, die speziell Mediziner und Ingenieure zusammenbringen und dafür sorgen, dass es einen regen tagtäglichen Gedankenaustausch gibt. n Prof. Dr.-Ing. Christian Karnutsch Institut für Optofluidik u. Integrierte Nanophotonik, Fakultät für Elektro- u. Informationstechnik Hochschule Karlsruhe Technik u. Wirtschaft, Deutschland ärztemagazin 26/2011 Fotos: Ars Electronica Futurelab, Privat E ndoskopie heißt bekanntlich wörtlich übersetzt „ins Innere sehen“. Sicherlich wäre es eine großartige Bereicherung, wenn wir tatsächlich in das Innere des Menschen blicken könnten und gleichzeitig von dort auch noch Messergebnisse über wichtige Gesundheitsparameter erhalten könnten. Die moderne Endoskopie entwickelt sich rasant, ständig kommen neue Varianten hinzu. Eine dieser neuartigen Erweiterungen ist die Kapsel-Endoskopie, bei der ein Patient eine kleine Kapsel schluckt, die anschließend durch den Gastrointestinaltrakt befördert wird und dabei Videoaufnahmen der Speiseröhre, des Magens, des Dick- und des Dünndarmes macht. Die Kapsel kann dabei sogar ein Medikament in den Körper hineintransportieren (Philips iPill) und es dort zum gewünschten Zeitpunkt lokal applizieren.
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