Die kleine Seele

Die kleine Seele
Ein Märchen für Erwachsene
Es war einmal eine junge Seele, die wie alle anderen auch in der Weite des
Universums geboren worden war. Dort, wo keinem Anfang auch kein Ende
folgte, schrieb auch die Zeit kein Muster. Es gab nur die Weite und die
Unendlichkeit.. Gegensätze und Kausalität, Aktion und Reaktion, Ursache und
Wirkung waren noch fremd.
Am Ursprung dieser jungen Seele strahlte die Liebe Gottes und sein
Schöpferstrahl belebte und tauchte alles in sein warmes Licht.
Um sich herum nahm unsere neue Seele andere Seelen war, die unterschiedlich
beschaffen waren, teils wie rohe oder angeschliffene Steine, teils wie
Edelsteine, glattpoliert oder teils wie Edelsteine mit bereits spiegelnden Facetten
oder wie durch und durch in ihrer vollen Schönheit geschliffene und nun
funkelnde Diamanten.
Die junge Seele sah sich an und erkannte, dass sie eine Seele der ersten
Kategorie war, unauffällig anzusehen. Sie fühlte sich nicht, keine Wärme, keine
Kälte nur die Enge ihres Panzers. Wie sie sich so umsah bemerkte sie, dass sich
die anderen Seelen entsprechend ihrem Äußeren versuchten in das Zentrum der
Liebe Gottes und seines Schöpferstrahls zu stellen. Sie tat es ihnen gleich, spürte
aber keine Veränderung in ihrem Empfinden und Wohlbefinden. Sie sah sich
ihre Mitstreiter an, nahm allen Mut zusammen und fragte eine nahe stehende
Seele mit glänzenden Facetten an ihrer Außenfläche, was dies alles bedeute.
Die andere Seele antwortete:
„Du kannst das nicht wissen, denn du bist neu hier. Wenn wir geboren werden,
können wir uns, die Liebe und das Licht Gottes nicht fühlen. Wir wissen aber,
dass er uns liebt, sonst wären wir nicht da. Der Schöpferstrahl und sein Licht ist
das Leben, die Wärme und ein nicht zu beschreibende Gefühl der Liebe, wenn
uns all das im Inneren erreichen würde. Aber wir sind wie rohe Steine, dick
eingepackt und unerreichbar für das, was er uns schenken will. Je mehr wir von
unserem äußerem Kostüm befreit werden, um so intensiver fühlen wir ihn.
Deshalb siehst Du hier überall, wie die Seelen in ihrer unterschiedlichen
Beschaffenheit versuchen, den Strahl Gottes durch sich hindurchleuchten
zulassen, um ihn und sich zu fühlen.
Die eine schafft es mehr, die andere weniger, entsprechend ihrer Entwicklung.
Die reinen Diamanten haben es geschafft. Sie brechen das Licht Gottes in
unterschiedlichster Stärke, wenn es durch sie hindurchfließt, sie fühlen ihn, sie
fühlen sich, ohne die Unermäßlichkeit des Gefühls beschreiben zu können.“
Die junge Seele war tief berührt von dem, was sie gehört hatte und wollte nun
von ihrer Gesprächspartnerin wissen, wie und wo man diesen glückseligen
Zustand erreichen könne.
„Es ist ein langer und mühevoller Weg, der Vollendung nahe zu kommen. Viele
bleiben auf halben Weg stehen und verweilen dort lange. Andere schreiten
zielstrebig voran. Wir alle, wenn wir an der Schönheit Gottes teilhaben und
seine Gaben nehmen und wertschätzen wollen, müssen zum äußersten Winkel
seines Einflusses reisen, wohin sein göttlicher Strahl gerade noch reicht.
Dorthin, wo sich Hell und Dunkel, Ursache und Wirkung treffen und zu Hause
sind.. Ein Ort, wo die Bewegung und Ruhe, die Macht und die Ohnmacht, das
Schicksal und die Zeit und andere Seelen mit ihren Bewegungen uns schleifen.
Ein Ort, den wir die Erde nennen. Die Seelen,. die sich diesem Vorgang des
Schleifens oder der Läuterung unterziehen, wähnen sich in der Hölle. Aber das
Licht Gottes ist gnädig. Es verfinstert auf Erden unseren Blick und macht unser
Herz stumpf für die Qualen vor Ort, so dass wir erst im Rückblick das Ausmaß
vollends erfassen und verstehen können. Betreten wir die Erde erhalten wir ein
Mäntelchen und werden Menschen. Wir verlieren sobald wir dort ankommen
jegliche Erinnerung an unseren Ursprung, so dass wir uns unbekümmert ,ohne
Fesseln und ohne Wünsche unserer Arbeit hingeben können. Auf der Erde wird
an uns gestemmt und geschliffen. Wir erleben die verschiedensten Emotionen in
diversen Abstufungen. Jedes durchlebte Gefühl, jede geschaffene Klarheit, jedes
innere Leuchten und jede wachsende Sehnsucht nach unserer Heimat lässt uns
schon auf Erden mehr strahlen .
Irgendwann, wenn uns das Schleifen und Formen nicht mehr erreicht und der
Wunsch nach weitergehender Veränderung stirbt, ist unsere Zeit gekommen
zurückzukehren, von wo wir irgendwann aufgebrochen sind. Viele Dinge, die
ich nicht benannt habe, wirst Du erleben und Du wirst wissen, was und wo Dein
Weg ist.“
Die junge Seele hatte genug gehört, um für sich klar zu wissen, was sie wollte.
Sie machte sich auf den Weg. Unterwegs begegneten ihr viele Seele mit
unterschiedlichem Aussehen.. Einige sahen noch recht roh aus, andere
reflektierten an einigen Stellen schon den Strahl Gottes. Alle, die von der Erde
zurückkehrten waren fröhlich und gut gelaunt. Trotzdem gab es auch da
Unterschiede. Je klarer und reiner eine Seele war, desto mehr schien sie den
Frohsinn zu fühlen und auszudrücken. Je roher eine Seele war, desto äußerlicher
und anonymer schien das Gefühl zu sein, wenn der Strahl Gottes sie berührte.
Das, was die junge Seele sah, machte ihr Mut. Irgendwann erreichte sie den so
genannten Banngürtel der Erde. Je mehr sie fortschritt, desto mehr hatte sie das
Gefühl sie würde angesaugt. Es kam der Punkt, da spürte sie, die Kraft des
Soges war größer als ihr eventuelles Zögern. Sie spürte, wie sich langsam Ihr
Äußeres veränderte und allmählich die Erinnerung an das, was sie war und
woher sie kam, schwand. Die junge Seele wurde ein Mensch auf Zeit. Aber all
das, was folgte spürte sie als Seele schon nicht mehr. Sie lebte jetzt auf der Erde.
Wurde geboren, wuchs heran, erlebte Höhen und Tiefen, Freude und Leid,
Leben und Tod, Gut und Böse, Stille und Bewegung, Macht und Ohnmacht, halt
die Hölle.
Irgendwann hörte der innere Wunsch nach Wandlung und Klärung auf, und sie
verließ unter einem letzten Eindruck ihren Körper. Sie wurde nun unter einem
ähnlichen Sog zurück in den Bannkreis gesogen, wie sie vor langer Zeit in Richt
Erde gezogen wurde.
Sie veränderte während dieses Prozess auch wieder ihr Äußeres, wurde wieder
zur jungen Seele und konnte sich zusehends besser an alles erinnern, was sie
war, woher sie kam und was sie auf Erden erlebt hatte.
Sie spürte auch wieder ihre Hülle, aber diese war jetzt anders, schlanker und
besaß bereits eine kleine glänzende, in Gottes Strahl leuchtende und
reflektierende Facette. Immer, wenn das Licht Gottes diese kleine Stelle
berührte, fühlte die junge Seele in sich aufkeimenden Frieden, ein sich langsam
entfaltendes Gefühl der Liebe und ein inneres Verständnis für alles.
Während sie sich so innerlich und äußerlich betrachtete, wandelten an ihr vorbei
alte und junge Seelen in Richtung Erde. Eine junge Seele, die scheinbar völlig
verunsichert ihren Weg beschritt, hielt an und bat sie um Auskunft, was sie auf
der Erde erlebt hätte.
Unsere junge Seele sprach: „Ich kann es so recht gar nicht beschreiben, denn das
was auf der Erde als Wahrheit bezeichnet wird, ist die Unwahrheit und das, was
als falsch angesehen wird, birgt den Funken der eigentlichen Wahrheit. Das, was
Du auf Erden bist, ist nur die Hülle und nicht der Kern. Deinen Kern aber
versuchtst Du auf Erden zu finden. Du wirst ihn nicht finden, aber die Suche
allein führt Dich zur Wahrheit. So sind alle Seelen auf der Erde auf der Suche
und versuchen mit ihrer falschen Wahrheit die Wahrheit zu beweisen. Unser
Kern kennt die wirkliche Wahrheit und so reiben sich die Seelen während ihrer
Erdenzeit unaufhörlich mit Ihrer Wahrheit an der Wahrheit des anderen. Im
Höllenfeuer der verschiedensten Wahrheiten sucht eine jede Seele den Kern
ihrer inneren Wahrheit und unter Schmerzen, Trauer, Zorn, Wut und anderer
Emotionen ahnt sie oft, wie es wirklich ist. Die wirkliche Wahrheit ist
emotionslos. Sie ist einfach. Aber ihre Geburt ist schmerzhaft., auch unsere
eigene auf der Erde. Die Menschen freuen sich zum ersten und letzten Mal
während ihres Erdendaseins über einen Schmerz. Wir sträuben uns diese Erde zu
betreten und wehren uns mit Händen und Füßen diese Hölle wieder zu
verlassen. All dieses Hin und Her schleift und poliert die Hülle um unseren
Kern, die Seele. Die letztendliche Wahrheit, die einfach nur ist, erkennen wir in
einem Leben nicht. Einen Vorgeschmack auf unsere seelische Wirklichkeit
erlangen wir zusehends im Alter. Die Weisheit der letzten Jahre auf der Erde
lässt den Menschen mit den göttlichen Augen der Weisheit zwischen den
Wirklichkeiten unterscheiden. Er begreift tiefer, fühlt seinen Kern und seinen
göttlichen Ursprung. Die Sehnsucht nach der Heimat wächst. Für die
Vollendung allerdings reicht ein Erdenleben nicht aus.“
Tief beeindruckt bedankte sich die andere Seele ging weiter. Irgendwann wurde
unsere junge Seele weitergereicht auf eine andere Ebene, auf der Seelen
ähnlicher Beschaffenheit und Erkenntnis verweilten. Sie gingen in einen regen
Austausch über ihre Erfahrungen auf der Erde. Ein weißes Wesen betrat den Ort
und fragte unsere junge Seele nach ihrer tiefsten Erkenntnis ihres Erdenlebens.
Sie antwortet: „. All das, was wir glauben auf der Erde zu sein, sind wir
nicht..“
Geschichte z ( Philosophie)