Sigmund-Freud-Vorlesungen 2016 Fremd. Im eigenen Haus Freitag, 29. April 2016 16.00-18.30 Moderation: Hemma Rössler-Schülein Elisabeth Pelzl: Fernweh und die Suche nach dem inneren Orient Oder: „Oh, wie schön ist Panama!“ Im Gegensatz zur gesellschaftspolitisch aktuellen Thematik der Angst vor dem Fremden, der Phantasie einer Überfremdung, welche das Eigene bedroht, richtet sich der Fokus meines Vortrags einerseits auf das Fremde als einem Ort des Begehrens, der Heimkehr, mit Freud eines Wiederfindens des verlorenen Objekts, auch einer Vorstellung von schrankenloser Sexualität. Am Beispiel von Motiven aus der Romantik, wie jenem von Novalis Heinrich von Ofterdingen soll dieses Thema dargestellt und aus psychoanalytischer Sicht verständlich gemacht werden. Andererseits soll hier auch das unheimlich – Fremde in uns selbst, der Trieb als das Fremde, als innerer (dunkler) Orient dargestellt werden. Bettina Reiter: Vom Fremden zum Anderen. Eine Anleitung 19.00- 20.30: Moderation: Christine Butterfield-Meissl Giorgi: Tod eines Terroristen als junger Mann Zeitgenössische Erklärungsversuche über den islamischen Terrorismus verweisen auf den mutmaßlich fundamentalistischen Charakter des Islams als Religion und Staatsform und legen die Ansicht nahe, dass der islamische Terrorismus neuartig und unberechenbar sei. Im Gegensatz dazu zeigen soziologische Studien des Terrorismus und psychologische Untersuchungen von Terroristen ein anderes Bild, das das Phänomen der sozialen und psychischen Entfremdung im post-kolonialen Kontext hervorhebt. Diese alternative Betrachtung ist mit psychoanalytischen Theorien über Ich- und Gruppenpsychologie vereinbar, wie die von Sigmund Freud, Wilfred Bion, Frantz Fanon, Vamik Volkan und Fakhry Davids. Der Vortrag bietet einen Überblick über diese Literatur und diskutiert die politischen, theoretischen und klinischen Implikationen. Livia Klingl: Wir können doch nicht alle nehmen! „Das Boot ist voll“ und „Wir sterben aus“ Samstag, 30. April 2016 9.00- 10.30 Moderation: Renate Kohlheimer August Ruhs: Zum Ding bei Freud und Lacan als Urerfahrung von Fremdheit Jeanne Wolff Bernstein: Ich ist ein Anderer: Das Fremde/Befremdende und Fremdartige in Freuds und Lacans Schriften 11.00- 12.30: Moderation: Gertrude Maderthaner Rainer Danzinger: Der eigene und der fremde Mordwunsch Vom Analysanden auf den Analytiker, von der Mutter auf ihr Kind, vom Einheimischen auf den Fremden - und umgekehrt - können heftige Emotionen übertragen werden. Manifestationen solcher zerstörerischer Impulse lassen sich in Psychoanalysen am Beispiel aggressiver (Gegen)übertragungen zeigen, oft besonders deutlich bei Psychosen. Ausgehend von diesen klinischen Erfahrungen, wird im weiteren der Frage nachgegangen, ob radikale Entwicklungen bei Randgruppen, bis hin zu terroristischen Fantasien und Aktivitäten, Kunstreich Tjark: Doppelt fremd. Aus der langjährigen Begleitung eines psychisch erkrankten Migranten. Herr A. wird als doppelt fremd empfunden: seiner Herkunft und seiner psychischen Erkrankung wegen. Im Verlauf der mehrere Jahre währenden Begleitung von Herrn A. wird erst durch psychoanalytisches Verstehen der Dynamik eine Veränderung möglich. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Erfahrung von Ohnmacht gegenüber den sich gegenseitig verstärkenden Faktoren der inneren und äußeren Realität. 13.00-14.30: Moderation: Wolfgang Groysbeck Dragica Stix: Ariadnefaden im Labyrinth: Psychoanalyse als multilinguale, polyphone Praxis Eveline List: Das eigene Leben als fremdes: Aneignungsversuche Der Wunsch, etwas Fremdes im eigenen Lebenszusammenhang nicht (mehr) als Behinderung und Leidensgrund ertragen zu müssen ist Grundlage der Kultur und hat Kult, Kunst und Wissenschaft seit je motiviert. Die Psychoanalyse hat für dieses Streben eine historisch spezifische Form des Vermittlungsversuchs entwickelt, die das Wissen um das Illusionäre der Wunscherfüllung als immanentes Paradox aufrecht hält. Der Illusion zu erliegen, macht Psychoanalyse unmöglich. Freitag, 18. November 2016 16.00- 18.00 Moderation: Wolfgang Till Friedl Früh: Jenseits des Anderen In dieser Arbeit soll über die Verbindung zwischen dem Anderen, Fremden, Unbekannten und dem Paradigma des Anderen, Fremden, Unbekannten schlechthin, dem Tod, nachgedacht werden. Das entspricht der Deutung von Freuds Text Jenseits des Lustprinzips in der Lesart von Jean Laplanche, wonach der Todestrieb als sexueller Todestrieb zu verstehen ist und der Sexualtrieb als unbekannte Fremdheit das je eigene Unbewusste bewohnt. Irene Bogyi: Blaue Blume – Niemandsland? Das Fremde in Alessandro Bariccos Roman Seide Eine Geschäftsreise nach Japan, beschrieben als Ort „Am Ende der Welt“, das jedem Fremden die Einreise verwehrt, wird für den Protagonisten Hervé Joncour zum Inbegriff seiner Sehnsucht, entfacht durch den Blick eines sehr jungen Mädchens. Der scheinbare Gegensatz dieser fernen rätselhaften Welt und der vertrauten Umgebung von Lavilledieu in einem überschaubaren komfortablen Lebens an der Seite seiner Frau wird im Laufe der Erzählung mehr und mehr verwischt, die Blaue Blume markiert den Schmerz, „Vor Sehnsucht nach etwas zu vergehen, das man nie erleben wird.“ 18.30 -20.30 Moderation: Marianne Scheinost-Reimann Blüml: Fremdkörper – fremde(r) Körper. Über Eindringlinge, Infiltrate und die Körperlichkeit des Fremden. Schon in den Studien über Hysterie verglich Freud das neurotische Symptom mit einem Fremdkörper, der zu einer beständigen entzündlichen Reaktion des umliegenden Gewebes führt. Die Metapher des Fremdkörpers soll als Leitfaden für eine Auseinandersetzung mit dem nicht assimilierten / assimilierbaren Fremden im Subjekt dienen. Ausgehend von Freuds Überlegungen zur Entstehung von Innen und Außen in seinem Aufsatz „Die Verneinung“ sollen Fragen der Verstrickung von Eigenem und Fremden untersucht werden, wobei der Körperlichkeit des Fremd-körpers besondere Beachtung geschenkt wird. Wielant Machleidt: Fremdheit, Identität und Beziehung in der interkulturellen Begegnung Samstag, 19. November 2016 9.00-10.30: Moderation: Peter Wuzella Gertraud Diem-Wille: Emigration und Identität. Probleme der Integration der fremden, neuen Kultur bei Immigranten Zunächst wird die psychische Verarbeitung der Emigration wie der Verlust der Heimat, Sprache, Familie und Beruf aus psychoanalytischer Sicht beschrieben. Grinberg spricht von einer „Psychopathologie der Migration“. Es wird gefragt, welchen Einfluss das Erleben der Emigration auf die Identität einer Person hat, um das scheinbar unverständliche und widersprüchliche Verhalten von Fremden zu verstehen: Emigration als Risiko einer katastrophalen Geburt, Begegnung mit der neuen Kultur. Missverständnisse sind strukturell vorprogrammiert. Einsamkeit und Sich-Fremd-Fühlen kann zur Fähigkeit zum Alleinsein wandeln (Winnicott), wenn die unvermeidliche Aktualisierung früher Entwicklungen und Spaltungstendenzen bearbeitet werden können. Die Spannungen zwischen der Diskontinuität und Adaption an die neue Kultur werden anhand von drei Falldarstellungen syrischer Flüchtlinge diskutiert. Bettina Jordan: "Die Erfahrung der Fremdheit, eine Annäherung". Die Erfahrung der Fremdheit begleitet uns vom Anfang an und bis zum Ende. Sie ist nahezu konstitutiv. Und doch frage ich mich, welche Bedingungen , sie zu eine bereichernde, entwicklungsfördernde Erfahrung machen, und welche andere zu einen Scheitern führen. Scheitern kann wieder der Ausgangspunkt für verheerende Erfahrungen mit katastrophalen Verläufe, und auch zu Wendepunkte führen, die auch wieder Entwicklung und Wachstum ermöglichen. 11.00-12.30: Moderation: Krista Placheta Irene Berkel: "Das Unheimliche" revisited Die ästhetische Erfahrung und das psychologische Phänomen des Unheimlichen führt Freud in seinem Aufsatz auf das "Altbekannte und Längstvertraute" zurück, das verdrängt wurde und sich anschließend als das Fremde in uns selbst bei bestimmten Anlässen im schreckhaften Erleben einer Begegnung mit dem Unheimlichen äußert. Die amerikanische Popkultur hat im Unterschied zur europäischen zahlreiche Figuren des Unheimlichen hervorgebracht wie beispielsweise den "Walking Dead". Gegenwärtig haben Zombies in Serien oder in Form von Zombie Walks Konjunktur. Im Vortrag wird sowohl die Beziehung zwischen der zunehmenden "Zombifizierung" und aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen behandelt als auch die Frage, ob diese mit Freuds Begriff des Unheimlichen zureichend zu erfassen ist. Thomas Aichhorn: Das Absurde und der Mord - Albert Camus Roman "Der Fremde" wiedergelesen. 13.00-15.00: Moderation: Christof Zedrosser Georg Augusta: Der Fremde als Wiedergänger: Das Rätsel des Revenant Ausgehend von biographischen Fakten aus SFs Leben (sein Neffe John wird ab 1875 in keinem Brief mehr erwähnt, erst in der Traumdeutung "taucht" er wieder auf, an der Stelle, wo Freud sich mit dem Begriff des Revenant beschäftigt) wird auf psychoanalytische Aspekte des Begriffs "Revenant" eingegangen. Beate Hofstadler: Fremdschämen WIENER PSYCHOANALYTISCHE AKADEMIE Die Wiener Psychoanalytische Akademie versteht sich als ein auch öffentlich zugängliches Zentrum für Psychoanalyse und ihre Anwendungen. Sie stellt den institutionellen Rahmen für Vermittlungs- und Forschungsaufgaben, interdisziplinären Austausch, projektbezogene Zusammenarbeit und Aus- und Fortbildung zur Verfügung. Getragen wird die Akademie vom Wiener Arbeitskreis für Psychoanalyse und der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung. Beide sind Mitglieder der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV/IPA). ANMELDUNG/INSKRIPTION: Um die Organisationsabläufe zu vereinfachen und Wartezeiten zu vermeiden, bitten wir Sie, sich schriftlich mittels des Anmeldeformulars anzumelden, das Sie über den Newsletter der Akademie oder die Website der Akademie abrufen können: www.psy-akademie.at Bitte mailen Sie Ihre Anmeldungen an: [email protected], oder senden Sie die Anmeldung an die Wiener Psychoanalytische Akademie, 1010 Wien, Salzgries 16/3. ADMINISTRATION: Wiener Psychoanalytische Akademie Viola Seibert Salzgries 16/3, A-1010 Wien T +43 1 532 01 50 M [email protected] INSKRIPTIONSGEBÜHREN: Wir bitten Sie, Ihre Inskriptionsgebühren mit der Anmeldung zu überweisen. EN-BLOC-INSKRIPTION (beide Tagungen) 100,–/50,–* EINZELKARTEN FÜR EINE TAGUNGEN: Tagung I: Freitag, 29./Samstag, 30. April. 2016 70,–/35,–* Tagung II: Freitag, 18./Samstag, 19. November 2016 70,–/35,–* *Ermäßigung für StudentInnen Psychotherapie-Propädeutikums und TeilnehmerInnen der Fachspezifika Bankverbindung: IBAN: AT29 1200 0528 5433 4501 BIC: BKAUATWW Als Fortbildung anerkannt bei: ÖBVP, ÖÄK (DFP). Bestätigung bei der Tagung Wissenschaftliche Leitung und Organisation: Ulrike Kadi, Elisabeth Skale Impressum: Wiener Psychoanalytische Akademie Salzgries 16/3, A-1010 Wien Für den Inhalt verantwortlich: Elisabeth Skale, Ulrike Kadi und des
© Copyright 2024 ExpyDoc