Sigmund-Freud-Vorlesungen 2015 Lust. Verschlingen. Alles. Ort: Salzgries 16/3, 1010 Wien „Als die erste kenntliche Sexualorganisation habe ich die sogenannte kannibale oder orale betrachten müssen, in welcher die ursprüngliche Anlehnung der Sexualerregung an den Eßtrieb noch die Szene beherrscht. Der Sprachgebrauch hat gewisse Prägungen dieser oralen Sexualphase dauernd angenommen, er spricht von einem „appetitlichen“ Liebesobjekt, nennt die Geliebte „süß“. Wir erinnern uns, daß unser kleiner Patient auch nur Süßes essen wollte. Süßigkeiten, Bonbons vertreten im Traume regelmäßig Liebkosungen, sexuelle Befriedigungen.“ Freud, 1918, 140 Freud, S. (1918). Die Geschichte einer infantilen Neurose. Gesammelte Werke: Gesammelte Werke XII, 29–157 Lust. Verschlingen. Alles. Sigmund-Freud-Vorlesungen 2015 Das Orale taucht in theoretischen Konzepten der Psychoanalyse als eine Dynamik von Beißen, Verschlingen und Verschlungenwerden ebenso auf wie in Bildern des zerstückelten Körpers. Freud hat den oralen Modus mit der Inkorporation und der Introjektion des Objekts im Rahmen von Identifizierungs- und Trauerprozessen in Verbindung gebracht. Er hat die orale Einverleibung und das Ausspucken als Möglichkeit der Unterscheidung von Innen und Außen erkannt und damit als grundlegenden Mechanismus der Urteilsbildung beschrieben. Es ist aber nicht nur der Mund, der zur Aufnahme fähig und zum Verschlingen bereit ist, gefräßige Augen machen auf andere Formen des Hungers aufmerksam. Unsere Lust am Sattsehen zeigt, dass das Schauen ein Modus ist, der Ähnlichkeiten mit dem Essen hat. Orale und skopische Triebe sind eng miteinander verflochten, auch Bilder müssen verdaut werden. Wer gern kocht, kann davon berichten: Es sind oft gerade die Bilder in Kochbüchern, Küchenblogs oder Fernsehkochsendungen, die den Rezepten erst ihren besonders anregenden Charakter verleihen. Neben der Depression oder Melancholie sind Essstörungen Ausdrucksformen einer oral determinierten Symptombildung und gehen an manchen Stellen geradezu nahtlos in deren kulturelle Manifestationsformen über. Die Ansichten zu Gier und Völlerei sind ebenso einem kulturellen Wandel unterworfen wie die Körperformen, in denen sich Essverhalten widerspiegelt. Programm Lust. Verschlingen. Alles. Freitag, 8. Mai 2015, 16.00–20.30 Uhr Samstag, 9. Mai 2015, 9.00–14.30 Uhr Freitag, 13. November 2015, 16.00–20.30 Uhr Samstag, 14. November 2015, 9.00–14.30 Uhr Ort: Salzgries 16/3, 1010 Wien Freitag, 8. Mai 2015 16.00–18.30 Uhr Moderation: Christine Butterfield-Meissl Friedl Früh: Die Oralität im Feld des infantil Sexuellen Esther Hutfless: Il faut bien manger. „Mündlichkeit“ als Ethik der Offenheit in Philosophie und Psychoanalyse Roman Widholm: Umgehungen – Das Problem der Stimme im Autismus 19.00–20.30 Uhr Moderation: Elisabeth Skale Peter Kubelka: Der Mund im Tier Samstag, 9. Mai 2015 9.00–10.30 Uhr Moderation: Alexander Parte August Ruhs: Gier des Mundes – Gier des Auges Walter Pamminger: Media Flavour – Metaphern und Modelle 11.00–12.30 Uhr Moderation: Hemma Rössler-Schülein Bodo Kirchner: Consumo ergo sum! Die Bedeutung der Oralität für Internalisierungen und Identität Christof Zedrosser: TRIEB SUCHT OBJEKT. Überlegungen zum Konzept der Oralität im Verständnis von Sucht und späteren Entwicklungen 13.00–14.30 Uhr Moderation: Bettina Reiter Suzanne Kirsch: Von Frauen ohne Schatten, Spinnenmüttern und Krokodilmäulern Rainer Fliedl: Behandlung als giftige Milch Freitag, 13. November 2015 16.00–18.00 Uhr Moderation: Christine Diercks Wolfgang Groysbeck: Oralität – Moralität Daru Huppert: Oralität und Schlaf 18.30–20.30 Uhr Moderation: Thomas Kuzara Peter Schuster: Die neiderfüllte Beziehung Gabriele Jutz: Das gefräßige Auge Samstag, 14. November 2015 9.00–10.30 Uhr Moderation: Peter Skriboth Katharina Leithner-Dziubas: Muttermund Marianne Springer-Kremser: Vom Objekt zum Abjekt. Verschlingende und ausspuckende Mütter – traumatisierte Töchter 11.00–12.30 Uhr Moderation: Brigitte Jakubowics Johanna Sommer-Frenzel: Zivilisierung und die Abwehr primärer Sinnlichkeit. Psychoanalytische Betrachtungen zum Thema Mensch und Tier Ulrike Kadi: Virtuelle Esskulturen 13.00–14.30 Uhr Moderation: Klaus Doblhammer Sylvia Zwettler-Otte: Überlegungen zum Hunger nach Realität, seinen Ursachen und Folgen Irene Bogyi/ Ela Hornung-Ichikawa: „Du stirbst nicht, wenn du nicht isst…“ Zur tödlichen Dimension des Genießens im Film „Das große Fressen“ (Marco Ferreri, Frankreich 1973) WIENER PSYCHOANALYTISCHE AKADEMIE Die Wiener Psychoanalytische Akademie versteht sich als ein auch öffentlich zugängliches Zentrum für Psychoanalyse und ihre Anwendungen. Sie stellt den institutionellen Rahmen für Vermittlungs- und Forschungsaufgaben, interdisziplinären Austausch, projektbezogene Zusammenarbeit und Aus- und Fortbildung zur Verfügung. Getragen wird die Akademie vom Wiener Arbeitskreis für Psychoanalyse und der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung. Beide sind Mitglieder der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV/IPA). ANMELDUNG / INSKRIPTION Um die Organisationsabläufe zu vereinfachen und Wartezeiten zu vermeiden, bitten wir Sie, sich schriftlich mittels des Anmeldeformulars anzumelden, das Sie über den Newsletter der Akademie oder die Website der Akademie abrufen können: www.psy-akademie.at Bitte mailen Sie Ihre Anmeldungen an: [email protected], oder senden Sie die Anmeldung an die Wiener Psychoanalytische Akademie, Salzgries 16/3, A-1010 Wien. Wir bitten Sie, Ihre Inskriptionsgebühren mit der Anmeldung zu überweisen. ADMINISTRATION Wiener Psychoanalytische Akademie, 1010 Wien, Salzgries 16/3 Administration: Viola Seibert, T. +43 1 532 01 50, M. office@psy–akademie.at INSKRIPTIONSGEBÜHREN EN-BLOC-INSKRIPTION (beide Tagungen) 100,– / 50,–* EINZELKARTEN FÜR DIE TAGUNGEN Tagung I: Freitag, 8. Mai / Samstag, 9. Mai 2015 Tagung II: Freitag, 13. November / Samstag, 14. November 2015 70,– / 35,–* 70,– / 35,–* Wir bitten Sie, Ihre Inskriptionsgebühren mit der Anmeldung zu überweisen. Bankverbindung: IBAN: AT29 1200 0528 5433 4501, BIC: BKAUATWW *Ermäßigung für StudentInnen und TeilnehmerInnen der Fachspezifika und des Psychotherapie-Propädeutikums Als Fortbildung anerkannt bei: ÖBVP, ÖÄK (DFP). Bestätigung bei der Tagung. Wissenschaftliche Leitung und Organisation: Ulrike Kadi, Elisabeth Skale Impressum Wiener Psychoanalytische Akademie, Salzgries 16/3, A-1010 Wien Für den Inhalt verantwortlich: Elisabeth Skale, Ulrike Kadi
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