Älter werden vietnamesischer Berlinerinnen und Berliner

Dokumentation des 4. Fachtags
Vietnamesisches Berlin
Älter werden
vietnamesischer Berlinerinnen
und Berliner
Erwartungen und
künftige Herausforderungen
19. November 2014
im Nachbarschaftshaus
im Ostseeviertel
in Lichtenberg
Berlin
Impressum
Titel
Dokumentation des 4. Fachtags: Älter werden vietnamesischer Berlinerinnen und Berliner
Herausgeber
Verband für interkulturelle Arbeit (VIA)
Regionalverband Berlin/Brandenburg e. V.
EIF-Projekt MSO AKtIV
Petersburger Straße 92, 10247 Berlin
Tel
(030) 2900 7155
Mail [email protected]
WEB www.via-in-berlin.de
Redaktion und Layout
Holger Förster
Nina Grube
Nozomi Spennemann
Januar 2015
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten manche Referent_innen/Autor_innen auf eine Genderschreibweise. Die Bezeichnung von Personengruppen bezieht jedoch die weibliche Form und die Transgender-Form
jeweils ein.
Der 4. Fachtag war eine Veranstaltung von
VIA Regionalverband Berlin/Brandenburg e.V. und
Bezirksamt Lichtenberg von Berlin, Integrationsbeauftragte
Mit Unterstützung von
Herrn Andreas Geisel (Schirmherr), Bezirksbürgermeiser von Lichtenberg
Verein für ambulante Versorgung Hohenschönhausen e.V.
Das EIF-Projekt MSO AktIV (2012-2014) ist gefördert durch
Inhalt
Vorwort.................................................................................................................................2
Programm.............................................................................................................................4
In-Sun Kim| Dr. Quyen Le Schreiber|Dr. Dharma Raj Bhusal
Erfahrungen mit älteren, pflegebedürftigen Vietnames_innen in Berlin:
Bericht der ehrenamtlicher Hospizhelferinnen ....................................................................5
Belgin Habel
Migrant_innen mit Demenz: Wie geht die türkische Community damit um? ..................10
Victoria Schwenzer
Vorstellung des Gutachtens „Interkulturelle Altenhilfe in Berlin“......................................14
Ergebnisse des World Cafés
Tisch 1 „Seniorenarbeit und Freizeit“.................................................................................20
Tisch 2 „Pflege“...................................................................................................................22
Tisch 3 „Hospiz und Vorsorge“............................................................................................24
Tisch 4 „Gesund altern“......................................................................................................26
Tisch 5 „Existenzsicherung im Alter“...................................................................................28
Anlage
Beratungs- und Gruppenangebote in vietnamesischer Sprache........................................30
Gesundheitliche/medizinische Angebote in vietnamesischer Sprache ..............................34
Einwohnerregisterstatistik Berlin - Bürger_innen mit vietnam. Hintergrund......................35
Die Pflegestützpunkte in Berlin...........................................................................................38
Verzeichnis der Informationsblätter der Pflegestützpunkte Berlin/
1
............39
zur ambulanten ehrenamtlichen Hospizarbeit für
asiatische Migrant_innen in Berlin.
Frau Dr. Quyen Le Schreiber vom Verein für Humanität, traditionelle Sport-Kultur e.V., die als
ehrenamtliche Hospizhelferin tätig ist, schilderte
anschließend, welchen Stellenwert ältere Menschen in Vietnam haben und mit welchen Problemen sie hierzulande konfrontiert sind. Während
beispielsweise ältere Menschen in Vietnam ein
hohes Ansehen genießen und in der traditionellen Großfamilien altern, können sie in Berlin
nicht immer mit Unterstützung der Kinder rechnen. Mangelnde Deutschkenntnisse behindern
zusätzlich den Zugang zu bestehenden Angeboten.
Da die türkischsprachige Community Berlins bereits auf wesentlich längere Erfahrungen in der
Versorgung älterer Migrant_innen verweisen
kann, wurde Frau Belgin Habel vom Projekt IdeM
(VdK Sozialverband Berlin-Brandenburg) eingeladen, die Problemlagen von türkischsprachigen,
demenziell erkrankten Migrant_innen vorzustellen und konnte sehr authentisch darlegen, wie
mit diesen in ihrem Projekt umgegangen wird.
Für das Auditorium war besonders ermutigend,
zu hören, dass vor allem spezifische und sensible
Informations- und Beratungsangebote einiges
verändern können.
Den Fachvortragsteil rundete Frau Victoria
Schwenzer von Camino Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich gGmbH ab. Sie stellte ein von der
Integrationsbeauftragten des Senats in Auftrag
gegebenes Gutachten zur Interkulturellen Altenhilfe in Berlin erstellt, das am 18.11.2014 der
Öffentlichkeit präsentiert wurde. Anhand von Interviews mit Fachexpert_innen sowie mit von
Pflegebedürftigkeit betroffenen Migrant_innen
arbeitete Camino die Bedarfslagen von Menschen mit Migrationshintergrund heraus und formulierte Handlungsempfehlungen.
Vorwort
Der 4. Fachtag „Vietnamesisches Berlin“ hatte das
Thema „Älter werden vietnamesischer Migrantinnen und Migranten“ - ein Thema, das uns länger am Herzen lag, jedoch bisher auf wenig
Interesse bei den mitstreitenden Vereinen stoß.
Bei dem geringen Anteil älterer Migrant_innen
vietnamesischer Herkunft ist es sicher verständlich, dass gerade dieses Thema nicht unter den
Nägeln brennt. Von rund 22.000 vietnamstämmige Migrant_innen in Berlin sind gerade einmal
910 Personen über 60 Jahre alt. Um so mehr hat
es uns gefreut, dass der Impuls für das Thema des
4. Fachtages von Seiten der vietnamesischen Vereine kam.
Wie in den vergangenen Jahren begann die Vorbereitung mit einem Brainstorming im Februar
2014, um mögliche Themenschwerpunkte zu vereinbaren. Es stellte sich heraus, dass es genügend
Stoff für Diskussionen rund um das Thema des
Älterwerdens gibt, jedoch noch wenig Erfahrungen und Praxisbeispiele vorliegen.
Der 4. Fachtag Vietnamesisches Berlin - Älter
werden vietnamesischer Berlinerinnen und Berliner“, sollte deshalb, gemeinsam mit der Migrationsbeauftragten des Bezirksamtes Lichtenberg
organisiert, zu einer Art Auftaktveranstaltung
zum Thema werden.
Als Veranstaltungsort des am 19.11.2014 durchgeführten Fachtages wurde das Nachbarschaftshaus im Ostseeviertel in Wartenberg gewählt,
einem Wohnviertel mit hohem Anteil vietnamesischer Bevölkerung. Die „Hausherrin“ Frau Evelyn Ulrich, Geschäftsführerin des Vereins für
ambulante Versorgung e.V., eröffnete den Fachtag mit einem Grußwort, dass vietnamesische
Migrant_innen im Nachbarschaftshaus besonders willkommen heißt.
Alle Fachbeiträge sind in der hier vorliegenden
Dokumentation enthalten. Sie bildeten die Basis
für den nachmittäglichen Teil der Veranstaltung,
ein World Café mit fünf Themen „Seniorenarbeit/
Freizeit“, „Pflege“, „Hospiz/Vorsorge“, „Gesund
altern“ und „Existenzgründung“.
Vereine aus der vietnamesischen Community
(Verein für Humanität, Sport-Kultur e.V., Reistrommel e.V., Vereinigung der Vietnamesen e.V.),
Einrichtungen, die sich mit vietnamesischen
Migrant_innen befassen (Bürgerinitiative Auslän-
Der Vormittag des Fachtages war Fachbeiträgen
vorbehalten. Beginnend mit einem Erfahrungsbericht aus der Arbeit mit älteren, schwerkranken vietnamesischen Migrant_innen erläuterten
Frau In-Sun Kim und Dr. Dharma Raj Bhusal von
Dong Ban Ja (HVD) die Entstehung dieses Projekts
2
dische MitbürgerInnen e.V., Dong Heng e.V., Lebensmut e.V.) sowie
das KomZen Kompetenzzentrum interkulturelle Öffnung der
Altenhilfe
übernahmen
die
Rolle
der
Gastgeber_innen an den 5 Tischen und moderierten insgesamt drei halbstündige Diskussionsrunden.
Im World Café sollte für die Themenbereiche eine
Bestandsaufnahme erfolgen.
Das für den Fachtag ungewöhnliche Format der
offenen Gruppendiskussion im World Café stieß
auf große Resonanz und führte zu sehr fruchtbaren Diskussionen unter den Teilnehmer_innen.
Die Ergebnisse wurden von Studierenden des
Instituts für Ethnologie der FU Berlin, unter Anleitung von Dr. Anita von Poser, festgehalten und
dem Plenum präsentiert.
Wir bedanken wir uns beim langjährigen Mitveranstalter, dem Bezirksamt Lichtenberg von Berlin
für die wieder sehr gute Zusammenarbeit und
Unterstützung, insbesondere beim Schirmherren
Herrn Andreas Geisel, im November 2014 noch
Lichtenberger Bezirksbürgermeister und bei Frau
Bärbel Olhagaray, bezirkliche Beauftragte für
Migration und Integration, die den Fachtag auch
hervorragend moderierte.
Ein großer Dank gilt den Vereinen und engagierten Einzelpersonen aus der vietanmesischen
Community, ohne die unsere Fachtage
„Vietnamesisches Berlin“ weder mit derart interessanten Inhalten gefüllt werden könnten, noch
einen so großen Zuspruch sowohl von vietnamesischen
Berliner_innen
als
auch
von
Expert_innen aus den Fachdiensten und aus der
Politikbekommen hätten .
Das durch den Europäischen Integrationsfonds
geförderte Projekt MSO AktIV endete Dezember
2014. Wir bedanken uns beim EIF und bei der für
den EIF zuständigen Behörde im Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge (BAMF) für die Förderung und für die Unterstützung der Fachtagsreihe. Wir danken der Integrationsbeauftragten des
Berliner Senats für die finanzielle (Ko-)Förderung
des Projektes im Rahmen des Partizipations-und
Integrationsprogramms, sowie für die fachliche
Unterstützung.
Das Fazit der Bestandsaufnahme: Es gibt nach
wie vor vor allem einen enormen Bedarf nach
mehr Informationen und Aufklärung seitens der
vietnamesischen Migrant_innen, insbesondere
was Pflegeberufe anbetrifft. Pflegeberufe genießen kein hohes Ansehen in der Community und
demzufolge werden vietnmeischstämmige Jugendliche kaum dazu motiviert, gerade diesen
Berufsweg einzuschlagen.
Migran_innen der ersten Generation wünschen
sich in ihrer Sprache unter Berücksichtigung kultureller Besonderheiten im Alter versorgt zu werden.
Von Seiten der nichtvietnamesischen Einrichtungen und Regelversorgungsangebote wurde
der Wunsch nach mehr Vernetzung mit Gruppen
und
Vereinen
der
vietnamesischen
Migrant_innen artikuliert. Vor allem Einrichtungen aus dem Bereich der Pflege im Bezirk
Lichtenberg signalisierten ein deutliches Interesse daran.
VIA wird sich auch in Zukunft für die bessere
Einbindung von Migrant_innenorganisationen in
kommunalen und politischen Strukturen stark
machen und hofft auf weitere gute Zusammenarbeit mit den genannten und mit neuen Partnern.
Der Fachtag „Vietnamesisches Berlin“ soll als ein
maßgebliches partizipationspolitisches Format in
Sachen vietnamesischstämmige Community Berlins erhalten bleiben und weiter entwickelt
werden.
Wie nach den bisherigen Fachtagen wird VIA sich
dafür einsetzen, auf der Grundlage der Ergebnisse dieses Fachtags den Aufbau nachhaltiger
Strukturen zu begleiten. Ein erster Anstoß dazu
soll diese Dokumentation sein. Im Anhang wurden deshalb Beratungs- und Gruppenangebote
sowie gesundheitliche und medizinische Angebote in vietnamesischer Sprache, eine Liste der
Pflegestützpunkte in Berlin sowie eine Auflistung
der bei den Pflegestützpunkten erhältlichen Informationsmaterialien in vietnamesischer Sprache aufgenommen.
VIA Regionalverband Berlin/Brandenburg e.V.
Holger Förster, Geschäftsführer
Nina Grube, MSO AKtIV
Nozomi Spennemann, MSO AktIV
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Älter werden
vietnamesischer Berlinerinnen und Berliner
am 19.11.2014 im Nachbarschaftshaus im Ostseeviertel
Ribnitzer Straße 1b, 13051 Berlin
Programm
Moderation
Bärbel Olhagaray, Integrationsbeauftragte des Bezirksamtes Lichtenberg
9.30 Uhr
Ankommen & Anmeldung
10.00 Uhr
Begrüßung
Evelyn Ulrich, Geschäftsführerin des Vereins für ambulante Versorgung e.V.
Holger Förster, Geschäftsführer vom VIA Berlin/Brandenburg e.V.
10.10 Uhr
Vorträge
Erfahrungen mit älteren, pflegebedürftigen Vietnames_innen in Berlin:
Bericht der ehrenamtlicher Hospizhelferinnen
In-Sun Kim, Dr. Dharma Raj Bhusal, Dr. Quyen Le Schreiber| Dong Ban Ja
Humanistischer Verband Deutschland (HVD), Landesverband Berlin
Migrant_innen mit Demenz: Wie geht die türkische Community damit um?
Belgin Habel |Projekt IdeM, VdK Sozialverband Berlin-Brandenburg e.V.
Ergebnisse und Empfehlungen aus dem Gutachten zur Interkulturellen
Altenpflege
Victoria Schwenzer | Camino Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und
Forschung im sozialen Bereich gGmbH
12.15 Uhr
Mittagspause
13.00 Uhr
World Café mit drei Gesprächsrunden (je 30 Minuten)
Themen:
1) Seniorenarbeit/Freizeit (Vereinigung der Vietnamesen in Berlin-Brandenburg e.V.,
Lebensmut e.V.)
2) Pflege (Kom-Zen, Yna Dao/Seniorenvertretung Lichtenberg)
3) Hospiz/ Vorsorge (Verein für Humanität, Kultur-Sport e.V. und Dong heng e.V.)
4) Gesund altern (Bürgerinitiative Ausländische MitbürgerInnen e.V.)
5) Existenzgründung im Alter (Reistrommel e.V.)
15.00 Uhr
Ergebnispräsentation
16.00 Uhr
Ende
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In-Sun Kim | Dr. Quyen Le Schreiber |
Dr. Dharma Raj Bhusal
Erfahrungen mit älteren, pflegebedürftigen
Vietnames_innen in Berlin:
Bericht der ehrenamtlicher Hospizhelferinnen
In-Sun Kim: Mein Name ist In-Sun Kim. Ich bin die
Leiterin des Projekts Dong Ban Ja des Humanistischen Verbands Deutschland. Wir haben den Vortrag in zwei Teile geteilt. Im ersten Teil erzähle ich
von Dong Heng e.V., weil das Projekt Dong Ban Ja,
Hospiz-Dienst, aus dem Verein Dong heng hervorging. Dann übernimmt unser Kollege Dr. Bhusal den Teil über das Projekt Dong Ban Ja.
Dong Heng wurde 2005 gegründet. Damals haben wir das Ziel gehabt, dass die Menschen aus
Süd- und Ostasien eine Möglichkeit haben, ihr
Lebensende menschenwürdig zu gestalten und
wir sie dabei begleiten. Damals hatten wir schon
mehrere Länder im Blick, mittlerweile sind es 14
Länder geworden. Wir haben direkt mit HospizSchulungen begonnen. Der interkulturelle Hospiz-Dienst hieß damals Dong Heng. Dong Heng
heißt „mitgehen“. Wir wollten alle mitgehen und
so haben wir jährlich zwei große Gruppen ausgebildet. Von 2005 bis 2009 haben wir es auch
durch unsere eigenen Mittel und private Unterstützung gerade geschafft, diese Hospiz-Mitarbeiter ehrenamtlich auszubilden und Bürokosten
und alle Unkosten zu decken. Aber diese Gruppe
wird immer größer, deshalb konnten wir das mit
privaten Mitteln nicht aufrecht erhalten. So haben wir 2009 einen anderen Schritt gemacht. Der
Hospiz-Dienst ist nämlich in den HVD, den Humanistischen Verein Deutschlands, eingetreten.
Dann mussten wir einen anderen Namen finden
und seitdem heißen wir Dong Ban Ja. Dong Ban Ja
heißt „Menschen begleiten“. Ich glaube, viele
Migrant_innen hier wissen, dass man in Deutschland alles genau und korrekt aufteilen muss und
von der Satzung her darf man nicht schummeln.
So ist Dong Ban Ja nur im Hospiz-Dienst tätig.
Das Hospiz ist für Menschen, die die Ärzte schon
aufgegeben haben und die unheilbare Krankheiten haben. Dann dürfen wir uns einschalten.
Aber die Migranten, die schon 30 oder 40 Jahre
hier gelebt haben, haben ihre Wurzeln in ihrer
Heimat und diese Menschen brauchen viel eher
Hilfe. Das heißt, wenn sie beginnen älter zu werden und hier sesshaft zu werden, dann brauchen
sie alle mögliche Hilfe. Diese Arbeit müssen wir
irgendwie organisieren. So haben wir Dong Heng
erhalten als Förderverein für Hospiz-Dienste. Die
Hospiz- Dienste Dong Ban Ja und Dong Heng
machen andere Schulungen, z.B. für Freiwilligendienst und für allgemeine Helfer und wir bieten
auch Deutschkurse an für Vietnamesen, Koreaner und andere Gruppen. Wir machen auch einen Smartphone-Kurs. Wir machen auch
Beratungen. Wir bekommen Unterstützung vom
Senat aus dem Partizipationsprogramm.
Wir haben auch ein Projekt zur Krisenintervention. Wir helfen Menschen, egal ob sie hier bleiben möchten oder später doch in ihre Heimat
zurückkehren möchten. Das ist immer eine offene Frage.
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Dr. Quyen Le Schreiber, Vertreterin von Frau Thi
Quyet Thang Nguyen: Sehr geehrte Damen und
Herren, Frau Thi Quyet Thang Nguyen, Vorsitzende des Humanität und Kultur-Sport Vereins, sollte heute diesen Vortrag machen. Aber sie ist im
Moment krank.
Ich bin eine ehrenamtliche Hospiz-Mitarbeiterin
und ich habe etwas zu berichten über Vietnamesen in Vietnam und Vietnamesen in Berlin. Mein
Name ist Quyen Le Schreiber und ich kam vor drei
Jahren nach Berlin und deshalb kenne ich in Berlin noch nicht viel. Seit einem Jahr helfe ich im
Hospiz, weil mein Mann Deutscher ist und gestorben ist. Während seiner Krankheit haben die
Mitarbeiterinnen im Hospiz in Halle unserer Familie viel geholfen. Aus Dankbarkeit und inspiriert für diese Arbeit kam ich zu diesem Hospiz.
Ich war sehr glücklich, vielen kranken Patienten
zu helfen. Ich bin wirklich sehr glücklich.
Ich bin mit 22 als junge Frau hierher gekommen
und ich lebe schon 42 Jahre lang in Deutschland.
Jetzt bin ich 64. Ich bin älter geworden in
Deutschland, ich werde auch in Deutschland
sterben, aber viele andere wünschen sich, in ihre
Heimat zurück zu gehen. Das kann ich auch gut
nachvollziehen. Die Menschen, die älter werden,
suchen ihre Wurzeln. Sie möchten das Essen essen, das ihre Mutter früher gekocht hat und ihre
Sprache ist am besten. Mit zunehmendem Alter
können sie die deutsche Sprache immer weniger
und nicht so tüchtig wie in jungen Jahren. Wenn
sie an Demenz erkrankt sind, werden sie die später gelernte Sprache verlernen und ihre Sprache
wird die Muttersprache. So können wir den Menschen die Möglichkeit geben, dass sie die deutsche Kultur ein bisschen vertiefen und
gleichzeitig auch zu ihrer Heimat noch mehr Kontakt haben. Das ist ein Integrationsprozess.
Nächstes Jahr im Mai wird Dong Heng 10-jähriges
Jubiläum feiern. Von Anfang an hatten wir den
Hospiz-Dienst, aber auch den übrigen Teil – die
Beratung, Übersetzungen bis hin zum Arztbesuch. Das machen wir und das ist ein wichtiger
Ansatz für die Migranten, die hier älter werden,
weil das Familiensystem auch Rücksicht darauf
nehmen muss. Wir, unsere Generation, haben
gelernt, dass die Familie im Mittelpunkt steht
und den Leuten, die Familie haben, wurde immer
geholfen – wenn sie krank werden, älter werden
und sterben.
Aber in Deutschland ist es ein ganz anderes System. Hier ist ja Individualität sehr wichtig. Aber
trotzdem ist der Zwiespalt immer da. Diese Situation müssen wir genau in Betracht ziehen und
was anders ist auch respektieren.
Wir werden weiterhin diese Arbeit fortsetzen,
aber Dong Ban Ja ist auch ein wichtiger Teil. Dong
Ban Ja arbeitet seit 2009 im HVD. So werde ich
jetzt das Mikrofon an meinen Kollegen weitergeben.
Dankeschön!
Die älteren Menschen in Vietnam, Menschen
über 65, machen nur 5,5% der Bevölkerung aus
und unsere Lebenserwartung ist ungefähr 73 Jahre. In Vietnam ist die Nummer eins in unserem
Leben, Kinder zu haben. Weil Kinder die Versicherung sind für unser Alter. Wer keine Kinder und
keine Familie hat ist wirklich unglücklich. Manchmal bekommen sie Mitleid von der Gesellschaft.
Nach unserer Tradition haben wir Mehrgenerationen-Häuser. Die, die Glück haben mit der Familie, da kommen die Kinder, sie erziehen die
Kinder, pflegen den Haushalt und viele sind auch
Mitglied in einem Sport-Club oder machen QiGong oder schwimmen etc. Wegen des Wetters
ist unsere Haustür täglich geöffnet. Deshalb haben wir auch sehr engen Kontakt mit unseren
Nachbarn. Den anderen Vietnamesen ist nicht
langweilig und sie sind nicht alleine in ihrer Wohnung wie in einem Gefängniszimmer. Sie fühlen
sich wertvoll, weil sie Kontakt zu anderen Leuten
haben und das stimuliert das Gehirn. Deshalb
haben wir in Vietnam wenige Leute mit Demenz
oder Alzheimer. Ich denke, das ist ein guter Faktor.
Aber unser Sozialversicherungssystem ist neu.
Wir haben eine Krankenversicherung, aber nicht
für alle Leute. Eine Pflegeversicherung haben wir
noch nicht. Wenn wir Hilfe bei der Pflege brauchen, müssen wir das normalerweise selbst bezahlen.
In Vietnam gehen Frauen ab 55 Jahren in Rente
und Männer ab 60 Jahren. Nur Fachspezialisten
gehen mit 60 Jahren (Frauen) bzw. mit 65 Jahren
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(Männer) in Rente. Aber das gilt nur für Fachspezialisten, weil die Gesellschaft sie noch braucht.
Zur Zeit haben wir in Vietnam bessere Lebensbedingungen. Deshalb haben wir viele Vereine und
den Menschen ist nicht langweilig.
Weit weg von zu Hause zu sein ist in der Vorstellung vieler Vietnamesen eine Katastrophe, aber
seit DDR-Zeiten und im jetzigen System kommen
viele Vietnamesen hierher als Gastarbeiter. Sie
hatten in Ost-Berlin die ehemaligen Vertragsarbeiter, die überwiegend Ende der 80er Jahre in
die DDR kamen. Erst 4% der 22.000 Vietnamesischstämmigen in Berlin sind über 60 Jahre alt
und ich bin eine davon. Nur 14,5% sind zwischen
50 und 60 Jahre alt. Und wir sehen, in Zukunft, in
ein paar Jahren wird das ein Problem sein. Viele
der ersten Generation der Vertragsarbeiter sind
alleinstehend. Die Deutschkenntnisse sind oft
unzureichend und dementsprechend schlecht
sind sie auch informiert über die Hilfsstrukturen
und Angebote in Deutschland. Sie haben eine
schlechte gesundheitliche Situation auf Grund
von prekären Arbeitsbedingungen. Vor 10 Jahren, früher, sagten fast alle Vietnamesen: „Wenn
ich über 60 Jahre alt bin oder ab 50 kehre ich
zurück in die Heimat.“ Aber langsam wachsen die
Kinder hier heran, sie gewöhnen sich an das Klima, an die Lebensbedingungen etc. und die Verwandten und Bekannten in Vietnam sind nicht
mehr da. Es ist zum ersten Mal fremd geworden.
Die Kinder wachsen hier auf und ihre Verhältnisse werden deutscher. Deshalb müssen sie
nicht mehr mit uns leben. Sie kommen uns besuchen, aber ab 18 Jahren möchten sie, wie die
Deutschen auch, gern eine eigene Wohnung haben. Ich denke, auch das Sozialsystem stimuliert
den Wunsch nach einer getrennten Wohnung.
Wir Vietnamesen sehen, dass auch die andere
Sprache ein Problem macht. Zweitens gibt es
auch ein finanzielles Problem. Viele Vietnamesen
arbeiten zu viel, aber wir haben nicht genug Geld
für Theater, Kino oder andere Veranstaltungen.
Viele Vietnamesen hier leben mit Hartz IV und
Hartz IV reicht gerade für das Essen. So haben wir
für Urlaub und Kulturleben nicht genug. Und so
sind viele sehr isoliert.
Wir können sagen, dass die Vietnamesen viele
Probleme in Deutschland haben. Wir haben andere Probleme als die Deutschen. Zusätzlich haben wir Probleme mit der Sprache, mit den
Finanzen und dem Wetter. Denn, ehrlich gesagt,
macht die Winterzeit viele depressiv. Bei uns ist
immer blauer Himmel und dann haben wir viel
Kontakt miteinander und das hilft gegen Depressionen. Wir sind das nicht gewöhnt. Ja, die Deutschen haben das auch. Wenn sie krank sind,
haben sie wenig Ahnung über Sozialversicherung
und andere Angebote in Deutschland. In Vietnam
müssen wir das alles selbst organisieren. Wie
gesagt ist unser Sozialversicherungssystem neu
und deshalb haben wir nicht so viele Angebote
wie hier. Viele Vietnamesen kennen das nicht.
Deshalb denke ich, dass wir Vietnamesen und
anderen Ausländern helfen müssen. Dafür brauchen wir mehr Sozialarbeiter mit Deutsch- und
Vietnamesischkenntnissen. Und auch finanzielle
Unterstützung für diese Sozialarbeiter. Wir brauchen auch mehr Hospize und Organisationen, die
im sozialen Bereich helfen.
Das sind nur einige Ideen von mir. Vielleicht haben Andere unterschiedliche Ideen. Darüber können wir heute Nachmittag diskutieren.
7
Dankeschön für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Dr. Dharma Raj Bhusal: Guten Morgen, sehr
geehrte Damen und Herren! Mein Name ist
Dharma Raj Bhusal. Ich komme aus Nepal und
seit 10 Jahren lebe ich in Deutschland. Ich bin
Koordinator im Dong Ban Ja Hospizdienst. Ich
möchte ein bisschen zu Dong Ban Ja erklären. Bis
2009 hat Frau In-Sun Kim schon erzählt, wie Dong
Ban Ja entstanden ist. Wir bilden seit 2005 Hospiz-Begleiterinnen und –Begleiter aus. Bei uns
arbeiten drei ausgebildete Koordinatoren hauptamtlich. Zur Zeit haben wir 97 ausgebildete ehrenamtliche Mitarbeiter aus Korea, Vietnam,
Nepal, Japan und anderen 27 Ländern. Zur Zeit
begleiten wir ungefähr 70 Patienten. Für die Finanzierung müssen wir selber Spenden sammeln. Aber die Personalkosten übernimmt die
Krankenkasse. Wir begleiten schwerkranke Menschen aus Südasien, Ostasien und Südostasien.
Wenn etwas passiert, arbeiten wir zusammen
mit Pflegediensten, Ärzten und Angehörigen. Wir
bieten auch Gespräche und Trauergespräche an,
allgemeine Beratung, Vernetzung und Organisation von weiteren Hilfen und Beratung für palliative Versorgungsmöglichkeiten. Wenn jemand
krank ist oder einen Hospiz-Platz sucht, helfen
wir auch.
Wir haben jährliche Vorbereitungskurse. Der
Kurs dauert ungefähr 130 Stunden. Wir versuchen, diese Kurse auch in der Muttersprache
anzubieten. 40 Stunden Praxis-Arbeit sind dabei,
wo sie in ein ambulantes oder stationäres Hospiz
gehen müssen. Sie bekommen auch regelmäßige
Supervision und Einzelgespräche mit hauptamtlichen Mitarbeitern.
Nach dem Kurs gibt es einen Erstkontakt mit
einem Koordinator und danach fängt die HospizBegleitung an. Das kann manchmal eine Stunde
dauern, manchmal eine lange Zeit. Für die Ehrenamtlichen gibt es auch die Möglichkeit der Weiterbildung, der Supervision usw. 2013 sind
sieben vietnamesische Frauen bei uns ausgebildet worden. Z.Z. sind drei vietnamesische Begleiterinnen tätig. 22 Patienten sind aus Vietnam
und drei sind Ehepartner von vietnamesischen
Migranten. Laut Statistik kommen zehn dieser
Patienten aus Lichtenberg, aus Marzahn und Hellersdorf sechs, aus Pankow sind drei, aus Mitte
einer, aus Reinickendorf einer, Charlottenburg
einer und aus Eberswalde drei. Vom Alter her
sind 11 über 60 Jahre alt, zehn sind 50-60 Jährige
und vier Patienten sind unter 50. Die meisten
Patienten sind in sozialen und finanziellen
Schwierigkeiten. Die meisten leben alleine oder
in Pflegeeinrichtungen. Die meisten haben kaum
Informationen über das Pflege- oder Gesundheitssystem, wie Frau Schreiber vorhin erzählt
hat. Der Betreuungsaufwand ist sehr hoch und ist
mit drei Ehrenamtlichen schwer zu bewältigen.
Es müssten unbedingt weitere vietnamesische
Ehrenamtliche qualifiziert werden. Es gibt jedoch
nur begrenztes Geld, so dass es wenige vietnamesische Migranten im Ehrenamt gibt. Wir wollen bei uns auch hauptamtliche Strukturen
aufbauen und wir suchen einen Koordinator oder
eine Koordinatorin mit vietnameischem Hintergrund. Wenn jemand Interesse hat, können wir
die Person auch als Hauptamtlichen einstellen.
Um den vietnamesischen Einrichtungen ein bisschen mehr Informationen zu geben und sie zu
unterstützen, haben wir den Humanitären Kultur-Sport-Verein.
Vielen Dank!
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Frage aus dem Publikum: Sie haben gesagt, dass
der Betreuungs-Aufwand sehr hoch ist bei der
Hospiz-Begleitung. Und dass Sie zur Zeit drei ehrenamtliche Betreuer haben. Könnten Sie sagen,
was alles bei der Betreuung dazugehört?
Frau Kim: Die drei Ehrenamtlichen betreuen jetzt
25 Gäste. Natürlich gibt es da Überforderung. Sie
brauchen erst mal Sprachkenntnisse und sie müssen auch die Kultur gut verstehen. Wenn man
deutsche Ehrenamtliche hinschicken würde, würde das nicht gehen. Das Verständnis ist nicht da.
Deshalb ist es dringend notwendig, dass mehr
Vietnamesen an dem Kurs teilnehmen. In den
130 Stunden lernen sie, wie sie sie Menschen
begleiten und sich um ihre Leute kümmern können. Wir bilden viele Leute aus, aber die Vietnamesen sind eine große Gruppe. Und wenn
Vietnamesen die Ausbildung machen möchten,
geben wir ihnen natürlich diese Möglichkeit. Bei
25 Gästen muss sich jetzt jede der drei Ehrenamtlichen um sieben Leute kümmern und das ist
einfach eine wahnsinnige Zahl.
Frau Schreiber: Das Problem ist: Wir sehen 25
Leute, aber in Wirklichkeit machen wir mehr.
Viele haben z.B. Krebs oder andere Krankheiten
und sie kommen in ein Pflegeheim. Viele rufen
auch an aus anderen Städten und wir beraten sie.
Und dann gibt es auch Vietnamesen, die ohne
Familie hier sterben und sie rufen uns auch an
und wir helfen ihnen, z.B. mit der Vorbereitung
der Beerdigung oder wir haben Kontakt mit der
Familie in Vietnam. Gestern war ich bei einer
Beerdigung. Der Vater ist sehr krank und kann
sich nicht mehr bewegen und die Tochter ist gestorben. Sie waren sehr unglücklich und traurig.
Mit Frau Van, eine ehrenamtliche Mitarbeiterin
von uns, kommen wir fast jeden Tag zu ihnen
nach Hause und rezitieren.
Wir organisieren auch viel und das haben wir hier
nicht erzählt.
denen auch viel mit. Auch die Menschen, die als
richtige Migranten hergekommen sind. Die nehmen auch an dem Kurs teil. Es sind jetzt ein bisschen mehr junge Leute geworden, aber zurzeit
haben wir ungefähr 120 ausgebildete Leute und
davon sind fast 70% ältere Menschen. Natürlich
appellieren wir an alle, dass die jüngere, 2. Generation auch der vietnamesischen Gruppe teilnehmen könnte. Das wäre natürlich sehr gut, weil sie
auch zweisprachig sind. Wir müssen immer Dolmetscher engagieren und das ist natürlich sehr
mühsam. Aber wir sind der Hoffnung, dass wir es
schaffen, Aufwandsentschädigungen zu zahlen,
mindestens die Fahrkarte. Es sind ja alles sozial
schwache Leute. Wenn Sie also verlangen alles
ganz freiwillig zu machen wie bei Deutschen, das
schaffen wir nicht. Deshalb machen wir auch
Rundfahrten bei langen Wegen. Da mieten wir
ein Auto, sind den ganzen Tag unterwegs und das
Benzingeld und all das müssen wir als Verein
selber tragen. Bezüglich der Aufwandsentschädigung appellieren wir auch immer an große Einrichtungen, z.B. Paritätische und so, aber mit dem
Finanziellen ist es immer schwierig. Wenn die
Politiker da ein bisschen mehr unterstützen
könnten, sind wir natürlich sehr dankbar.
In-Sun Kim
Dr. Dharma Raj Bhusal
Dong Ban Ja (HVD Berlin)
Wallstr. 65
10179 Berlin
T: 030/ 613 90 46 40
[email protected]
Dr. Quyen Le Schreiber
Verein für Humanität, traditionelle
vietnamesische Kultur-Sport e. V.
Frage aus dem Publikum: Gibt es eine Altersbegrenzung für ehrenamtlich Mitarbeitende? Ich
habe überlegt, inwieweit man auch die Jüngeren,
die zweite Generation mit einbeziehen könnte.
Frau Kim: Leute von 18 bis 90 können diese Ausbildung mitmachen. Nur hat die zweite Generation diese Notsituation noch nicht so erkannt. Sie
fühlen sich auch nicht so. Sie sind noch viel zu
jung. Die meisten, die Interesse zeigen, sind
selbst schon hilfsbedürftig. Das ist natürlich ein
Problem. Wir haben auch eine jüngere Generation, z.B. Koreaner, die hier studieren. Wir teilen
9
Belgin Habel
Migrant_innen mit Demenz:
Wie geht die türkische Community damit um?
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie haben Akkordarbeit verübt und längere Stunden gearbeitet. Sie lebten in Wohnungen oder
Heimen, wo häufig für viele Arbeiter nur eine
sanitäre Einrichtung, wie Toilette oder Bad, zur
Verfügung stand.
Psychisch wirkte sich dies auf die Gastarbeiter so
aus, dass sie eine Entfremdung erlebten. Einerseits Heimweh, anderseits fehlende Sprach- und
Kulturkenntnisse und dadurch fehlender Bezug
zum Land und zur Kultur. Sie hatten keine Perspektive in Bezug auf ein Leben in Deutschland
und lebten alleine für die Arbeit. Längerfristig
litten sie unter psychischen Erkrankungen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass Immigranten altersmäßig früher von demenziellen Erkrankungen
betroffen sind, als die Erkrankten der einheimischen Bevölkerung. Leider gibt es bis heute keine
gesicherten Erkenntnisse darüber, wie z.B. Langzeitstudien.
ich begrüße Sie herzlich zur heutigen Fachtagung
und freue mich, hier sein zu dürfen.
Als Idem vor 10 Jahren seine Tätigkeit aufgenommen hat, gab es weder in Berlin noch in Deutschland oder sogar in Europa ein Projekt, welches
eine muttersprachliche Beratung für Migranten
im Bereich Demenz anbot.
Wir wissen, dass die deutsche Bevölkerung durch
den demografischen Wandel immer älter und das
durchschnittliche Lebensalter dementsprechend
höher wird. Dagegen verringert sich die Zahl der
Gesamtbevölkerung. Nach Angaben der Weltbank beträgt das durchschnittliche Lebensalter in
Deutschland 81 Jahre. 1
Das durchschnittliche Lebensalter von Migranten
erhöht sich dementsprechend auch. Da Demenz
häufig in höherem Alter auftritt, wird geschätzt,
dass die Zahl der an Demenz erkrankten Migranten in Zukunft schnell wächst.
Die Zahl der deutschen Gesamtbevölkerung beträgt heute 80, 8 Millionen Menschen. 16, 7 %
sind 65 Jahre alt oder älter. Der Anteil der Zuwanderer, die älter als 65 sind, beträgt davon 9,7
%. Prognosen für das Jahr 2030 bestätigen mit
29% eine rasante Zunahme älterer Menschen.
Davon werden Zuwanderer über 65 Jahre 15 %
ausmachen. Die Zahl der an Demenz erkrankten
Zuwanderer wird sich der Prognose nach bis zum
Jahr 2030 vervielfachen, sie wird sich voraussichtlich von 120.000 auf ca. 340.000. erhöhen. 3
Als die ersten türkischen Gastarbeiter vor mehr
als vor 53 Jahren nach Deutschland kamen, stellten sie sich nicht vor bzw. hatten sie gar nicht vor,
hier zu leben. Sie leben nun zum Teil seit mehr als
50 Jahren in Deutschland und sind eigentlich keine Gastarbeiter mehr. Heute leben mehr als 1.5
Millionen türkische Zuwanderer in Deutschland
und somit bilden sie die größte Gruppe der Ausländer. 2
Selbstverständlich hatte die Zuwanderung nach
Deutschland psychosoziale Folgen.
Soziale Folgen sind, dass die Familienmitglieder
über längere Jahre getrennt waren. Dadurch sind
neue Familiensysteme entstanden. Ein Teil der
Familie lebte in Deutschland, während der andere Teil in der Türkei lebte. Die Familienmitglieder,
die in Deutschland lebten, hatten einen starken
Rückkehrwillen. Sie haben kein Deutsch gelernt
bzw. konnten dies nicht tun. Dabei hatten sie sehr
schwere Arbeits- und Lebensbedingungen.
Als IdeM im Jahr 2003 seine Arbeit aufgenommen hat, war das Thema Demenz bei Migranten
überhaupt nicht aktuell und im Versorgungssystem bestand eine große Lücke in Bezug auf erkrankte Zuwanderer. Migranten konnten sich
aufgrund verschiedener Barrieren und Hürden
nicht in das deutsche Versorgungssystem integrieren.
10
In den meisten Fällen, die wir betreuen, liegt
noch keine Diagnose vor.
In diesen Fällen gehen Familiensysteme kaputt,
Angehörige sind überfordert, die erkrankte Person wird von der Gemeinschaft isoliert und falsch
behandelt. Dies fördert leider ein rasantes Fortschreiten der Krankheit. Um dies zu verhindern,
empfehlen wir unseren Klienten immer, unbedingt eine Diagnose einzuholen, um andere
Krankheiten ausschließen zu können und dementsprechende Therapien oder Behandlungen zu
bekommen bzw. Medikamente nehmen zu können. Darüber hinaus können die Klienten und
deren Angehörige sich auf ein Leben mit Demenz
vorbereiten, da ab einer Demenzdiagnose die
durchschnittliche Lebenserwartung nur noch
weitere 8-12 Jahre beträgt. 4
In letzter Zeit ist Demenz auch unter türkischen
Zuwanderern ein aktuelles Gesundheitsthema
geworden. Unseren Beitrag als Projekt IdeM und
als Sozialverband VdK Berlin-Brandenburg e.V.
sehen wir in der Öffentlichkeitsarbeit durch verschiedene Medien, in Veranstaltungen und in der
Erstellung muttersprachlichen Infomaterials. Unseren Auftrag als Brücke zwischen den ehemaligen türkischen Zuwanderern und den
Institutionen oder Hilfssystemen werden wir
auch weiterhin verfolgen.
Migranten waren uninformiert über das
deutsche Versorgungssystem
Migranten gehen allgemein nicht gern zum
Amt oder zu einer Institution und erzählen
nicht gern von sich selbst. Sie besitzen Vorurteile, weil sie Angst haben.
Aufgrund kultureller Unterschiede konnten
sie sich nicht in das Versorgungssystem integrieren.
Fehlende Interkulturelle Kompetenz der
Versorgungseinrichtungen/Beratungsangeb
ote verhinderten, dass Migranten sich informierten bzw. informiert wurden.
Migranten verwechselten die Leistungen
der Pflegeversicherung mit der Sozialhilfe
und betrachteten die ihnen zustehenden
Leistungen als, dem muslimischen Geboten
nach, verboten bzw. als haram.
Seit 2005 arbeitet IdeM als Vermittlungsagentur.
Ziel unseres Projektes ist es, durch muttersprachliche Beratung zur Integration der Zuwanderer
(anfangs nur türkisch sprechender Zuwanderer)
in das bestehende gerontopsychiatrische Versorgungssystem beizutragen. Das heißt einen Zugang für Migranten dazu zu schaffen, um die
Lebensqualität der Zuwanderer nachhaltig zu
verbessern, und zwar durch Beratung, Informationen, Aufklärung, Begleitung und Vermittlung.
Wir beraten also nicht nur unsere Klienten, sondern begleiten sie und helfen ihnen dabei, ihre
rechtlichen Ansprüche durchzusetzen.
Inhalt unserer Arbeit ist also mehr als eine reine
Beratungstätigkeit, da unsere Klienten in der Regel sehr wenige Kenntnisse der deutschen Sprache besitzen.
Wie wird im türkischen Kulturkreis Demenz verstanden?
Demenz wird unter den türkisch sprechenden
Zuwanderern als Altersschwäche verstanden und
das Wort „Demans“, also Demenz, wird viel weniger verwendet als das Wort „Bunama“. Bunama
ist mit negativer Bedeutung besetzt, im Sinne von
„den Verstand verlieren" oder sogar „verblöden".
Aufgrund dieses Verständnisses wird das Familienmitglied, das an Demenz erkrankt ist, nicht
verstanden und bekommt leider die nötige Hilfe
nicht.
11
Unserer Erfahrung nach, und wie es auch die
entsprechenden Studien belegen, werden von
den pflegebedürftigen türkischen Zuwanderern
90% familiär gepflegt.5
Unsere Klienten sind über Leistungen der Pflegeversicherung sehr wenig informiert. In den meisten Fällen, die wir bisher betreuten, lagen den
Klienten trotz bereits mehrerer Jahre andauernden Pflege des Erkrankten keine Einteilung in
eine Pflegestufe vor. Motivationen für die familiäre Pflege sind:
Erklärung des Krankheitsbildes Demenz
Feststellung der Pflegebedürftigkeit
Informationen über Tagespflege, stationäre und ambulante Pflege
Kulturspezifische Pflege/ gängige Pflege
Fragen rund um die Pflege
Behinderung
Entlastung der pflegenden Angehörigen
Vermittlung von niedrigschwelligen
Betreuungsangeboten
Soziale Leistungen
Selbsthilfegruppen
Rechtliche Betreuung
Muttersprachliche Ärzte und Psychologen
Erstellung muttersprachlichen Infomaterials
Vielseitige Kooperation mit anderen
Fachkräften wie beispielsweise Ärzten,
Psychologen, Heilpädagogen, Neurologen, Physio-, Ergo-, Logotherapeuten,
Angehörigen und Betreuern
Wiedergutmachung
Pflicht /Verpflichtung/ Prüfung Gottes: Pflege
des erkrankten Angehörigen wird als Pflicht
und teilweise auch als eine Prüfung Gottes
angesehen
Schamgefühl
Unzureichender Leistungsumfang der Pflegeversicherung oder fehlende Hilfe zur Pflege
Skepsis gegenüber Pflegediensten und unzureichender Umfang der Pflegeleistungen. Unserer
Erfahrung
nach
sind
die
türkischstämmigen Pflegebedürftigen meistens mit den Leistungen der ambulanten Pflegedienste unzufrieden. Das hat, unserer
Meinung nach, drei Gründe: 1. Fehlende Aufklärung über den Leistungsumfang 2. Falsche
Vorstellungen der Betroffenen bzw. der Angehörigen der Betroffenen. Die Erwartungen
sprengen den Rahmen der Leistungen. 3.
Mangelnde oder fehlende interkulturelle
Kompetenz der Pflegekräfte.
Frau Yildiz
Als ich vor einem Jahr den Mann von Frau Yildiz
kennenlernte, habe ich gleich einen Termin mit
ihm zum Hausbesuch ausgemacht, weil die demenziell erkrankte Frau Yildiz nicht mehr so gut
laufen und nicht zu uns kommen konnte. Sie ist 68
Jahre alt und lebt seit 40 Jahren in Deutschland.
Beide haben hart gearbeitet und wollen jetzt eigentlich ihre Rente genießen, obwohl sie nur eine
kleine Rente beziehen. Nach meinem Hausbesuch konnte ich feststellen, dass Herr Yildiz fast
alleine (er selbst ist auch 68 Jahre alt und hat
gesundheitliche Probleme) seine Frau pflegte. Er
hat zwar auch gesundheitliche Probleme, möchte
aber seine Frau nicht fremden Händen überlassen. Für ihn ist es ein Pflicht, sie zu pflegen, obwohl er sehr überfordert ist. „Sie hätte dasselbe
auch für mich gemacht“, sagt er. Zuerst habe ich
ihn über technische Hilfen beraten, um die Pflege
seiner Ehefrau für ihn zu erleichtern. Als nächstes
wurde eine höhere Pflegestufe beantragt, weil
sie, unserer Meinung nach, nicht mehr in die
Pflegestufe gehörte, in die sie zu dieser Zeit eingestuft war. Die von uns beantragte Pflegestufe
wurde abgelehnt. Ich habe Herrn Yildiz dann geraten, ein Pflegetagebuch zu führen, und habe
eine Beratung bezüglich der MDK-Begutachtung
Wir beraten unsere Klienten entweder in unseren
Räumlichkeiten oder statten Hausbesuche ab,
wenn sie aufgrund der Schwere der Erkrankungen nicht in der Lage sind, zu uns zu kommen.
Im ersten Gespräch führen wir eine Analyse der
Lebenssituation des Betroffenen durch. Der Inhalt unserer Beratung richtet sich nach den Bedürfnissen der Klienten und umfasst ein breites
Spektrum:
Ich möchte Ihnen als Beispiel Familie Yildiz
(natürlich habe ich den Namen geändert) vorstellen:
12
geführt. Da die Angehörigen in den meisten Fällen nicht wissen, was als Pflege gilt, haben sie
manche Sachen verheimlicht (meistens in Inkontinenzfälle). So war Herr Yildiz jeden Tag bei mir
und wir haben gemeinsam sein Pflegetagebuch
ausgefüllt. Jetzt hat Frau Yildiz eine höhere Pflegestufe erhalten. Um Herrn Yildiz zu entlasten,
habe ich ihm empfohlen, die Leistungen der zusätzlichen Betreuungsangebote in Anspruch zu
nehmen. Mit unserer Hilfe hat er mittlerweile
einen ehrenamtlichen Besuchsdienst für seine
Frau gefunden. Jetzt kann er dadurch, ohne ein
schlechtes Gewissen zu haben, eine Auszeit nehmen, um sich selbst zu erholen.
1
http://data.worldbank.org/indicator/SP.DYN.LE
00.IN
2 Statista (Stand 31.12.2013)
3 Statistisches Bundesamt, Piechotta & Matter,
2008.
4 Deutsche Alzheimer Gesellschaft
5 ZQP, Pflegesituation von türkischstämmige
älteren Migranten und Migrantinnen in Berlin
2014
Belgin Habel
Projektleiterin VdK-Projekt IdeM
Informationsstelle
für demenzkranke, geistigbehinderte
und psychisch kranke Migranten
Rubensstr. 84
12157 Berlin-Schöneberg
T: (030) 85 62 96 57
[email protected]
.
Durch unsere Arbeit ist Demenz bei türkischen
Migranten in Deutschland kein Tabuthema mehr.
Es wird inzwischen über das Thema Demenz
mehr diskutiert. Ich möchte diese Gelegenheit
heute nutzen und mich bei allen bedanken, die
mit uns kooperieren und zur Sensibilisierung für
Demenzkranke beizutragen. Idem betreut 250
Menschen jährlich und konnte bis jetzt vielen
Menschen helfen, seien es Angehörige oder Betroffenen.
Unsere Botschaft an unseren Ratsuchenden ist:
„Sie sind nicht allein, wir helfen Ihnen gerne,
wenn Sie es möchten!“
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Informationszentrum für demenziell
und psychisch erkrankte sowie
geistig behinderte Migranten und
ihre Angehörigen
10.02.2015
1
13
Victoria Schwenzer
Vorstellung des Gutachtens
„Interkulturelle Altenhilfe in Berlin“1
Wir sind methodisch wie folgt vorgegangen:
Wir haben elf Expertengespräche geführt,
sowohl mit Vertreter/innen von MigrantenSelbstorganisationen als auch von interkulturellen Angeboten. Weiterhin gab es acht fallbezogene Einzel- bzw. Familieninterviews, an
denen auch pflegende Angehörige beteiligt
waren und natürlich Pflegebedürftige. Diese
Interviews haben wir in der Muttersprache
geführt und zwar ausschließlich mit türkischen Pflegebedürftigen. Weiterhin gab es
sieben Gruppendiskussionen mit überwiegend nicht pflegebedürftigen älteren
Migrant/innen. Insgesamt waren das 44
Menschen aus acht Ländern, darunter gab es
auch eine Gruppen von vietnamesischen
Migrantinnen und Migranten. Das waren
zehn Männer und Frauen vietnamesischer
Herkunft, die wir im Rahmen dieser Gruppendiskussion befragt haben. Weiterhin gab es
noch ein Expertengespräch, wo wir die ersten
Ergebnisse des Gutachtens diskutiert haben
und auch noch mal die Perspektive von Experten eingeholt haben. Es waren alles Experten von interkulturellen Angeboten, bzw.
aus Migranten-Selbstorganisationen. Dort
haben wir die Empfehlungen auch noch mal
gemeinsam mit den Experten weiterentwickelt.
Ich möchte Ihnen jetzt einige der Ergebnisse des
Gutachtens vorstellen, das wir im Auftrag der
Berliner Integrationsbeauftragte erstellt haben.
Das Gutachten ist brandaktuell, es ist gestern
öffentlich vorgestellt worden. Die Empirie ist allerdings schon ein bisschen älter - wir haben die
Untersuchung im vergangenen Herbst durchgeführt. Für mich war es interessant, die Vorträge
heute zu hören, weil sehr viele von den Ergebnissen und den Punkten, die wir diskutiert haben
und die auch in den Vorträgen zur Sprache kommen, sich auch in unserem Gutachten wiederfinden. Insofern ist das für Sie vielleicht auch noch
mal ein Überblick oder eine Zusammenfassung
von Punkten, die heute schon genannt worden
sind.
Ich möchte zunächst ganz kurz etwas zu Fragestellung und Methodik sagen – wie wir das Gutachten erstellt haben. Danach werde ich
schlaglichtartig auf Ressourcen und Bedarfe eingehen, die genannt worden sind und dann noch
einige Punkte nennen, die speziell die vietnamesische Community betreffen. Am Ende werde ich
noch einige der Empfehlungen vorstellen.
Die Grundlage des Gutachtens für die Berliner
Integrationsbeauftragte war eine Studie mit qualitativen Interviews - sowohl mit Experten als
auch mit Senior/innen mit Migrationshintergrund.
Wir haben gefragt:
Welche Bedarfe bestehen in Bezug auf die
interkulturelle Altenpflege?
Welche Barrieren gibt es hinsichtlich des Zugangs und der Nutzung der Institutionen und
Unterstützungsangebote der Altenpflege?
Welche Ansätze und Modelle guter Praxis bestehen bereits in der interkulturellen Altenpflege?
Und ganz wichtig: Welche Ressourcen sind
vorhanden?
Perspektive
Ganz wichtig bei diesem Gutachten war die
Sicht der Betroffenen und ihrer Angehörigen,
die im Vordergrund stand. Und eben die Sicht
der Experten. Es ging also weniger um eine
Perspektive der Einrichtungen, der stationären Angebote der Altenpflege, sondern
stärker um eine migrantische Innensicht.
Familie als Ressource
Ein ganz wichtiges Ergebnis unserer Studie
ist, dass Familie die zentrale Ressource in der
Pflege ist. Von der Mehrheit der befragten
14
Betroffenen wird eine Pflege zu Hause im vertrauten Umfeld durch Angehörige gewünscht
bzw. im Falle der bereits pflegebedürftigen Befragten, die wir interviewt haben, von den Angehörigen auch geleistet.
Es gab einige wenige Befragte, die sich ausschließlich durch Familienangehörige zu Hause
pflegen lassen. Es wurde schon genannt, dass das
Ehepartner sein können, aber auch Kinder oder
sogar Enkelkinder, die bestimmte Leistungen z.B.
im Haushaltsbereich übernehmen. In den meisten Fällen wird aber die Pflege zu Hause durch
ambulante Dienstleistungen und Pflegedienste
unterstützt.
Wunsch nach muttersprachlichen kultursensiblen Angeboten
In unserer Untersuchung wurde deutlich, dass ein
starker Wunsch nach muttersprachlichen, kultursensiblen, ambulanten Pflegeangeboten besteht,
um die Pflege zu Hause zu unterstützen.
Dabei ist die Pflege in der Muttersprache zum
einen eine Notwendigkeit der Verständigung wie
z.B. bei Demenzerkrankten, bei denen die Kenntnisse in der Zweitsprache verlorengehen, oder
bei denjenigen Migranten insbesondere der ersten Einwanderungsgeneration, die über geringe
Sprachkenntnisse verfügen.
Zum anderen geht es aber auch um Sprache als
Kommunikationsmittel der Vertrautheit, als Mittel, um sich als pflegebedürftige Person wohl zu
fühlen und auch aufgehoben zu fühlen.
Zusätzlich werden auch transnationale Ressourcen eingesetzt, d.h. es werden kreative Pflegemodelle entwickelt, um den Pflegebedürftigen
einen zeitweiligen oder auch vollständigen Aufenthalt im Heimatland zu ermöglichen, z.B. durch
die Einbeziehung der Familie oder auch durch
nachbarschaftliche Unterstützungsnetzwerke vor
Ort. Es gibt also auch Pendelmodelle, wo Pflegebedürftige – natürlich nicht mit sehr hoher Pflegestufe, sondern mit eher niedriger Pflegestufe –
zwischen dem Heimatland und dem Lebensort
Deutschland pendeln. Das betrifft vor allem die
befragten Pflegebedürftigen türkischer Herkunft.
Wichtig war in dem Zusammenhang die Erkenntnis, dass die Muttersprachlichkeit eines Pflegeangebots noch keine kultursensible Pflege
garantiert, sondern dass Kultursensibilität in der
Pflege eine Frage der konkreten Pflegequalität
und der konkreten Rahmenbedingungen der Pflege darstellt.
Kultursensible Pflege bezeichnet eine Pflege, die
auf die individuellen Bedürfnisse des Pflegebedürftigen eingeht und seine kulturellen Besonderheiten berücksichtigt. Eine Pflege, die seine
spezielle, individuelle Biografie in den Mittelpunkt der Pflege stellt, was der explizite Wunsch
vieler Befragter war, sowohl der Pflegebedürftigen wie auch der Angehörigen.
Aus der großen Bedeutung familiärer Pflege folgt
auch eine starke Belastung von pflegenden Angehörigen. Auch das ist ein Punkt, den wir hier
schon gehört haben. Es wurde deutlich in unserer
Studie, dass pflegende Angehörige stärkere Unterstützung benötigen, sowohl in psychosozialer
als auch in pflegerischer Hinsicht. Ein Ergebnis
der Studie ist, dass das insbesondere Angehörige
von Demenzerkrankten betrifft, die einen großen
Unterstützungsbedarf formuliert haben, z.B.
auch um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, beispielsweise im Rahmen von Selbsthilfegruppen. Es wurde von den Angehörigen auch
formuliert, dass sie sich mehr Angebote wünschen, die sie wahrnehmen können – auch gemeinsam mit ihren Pflegebedürftigen, wie z.B.
Bewegungsangebote oder auch Demenz-Cafés.
Es gibt Anzeichen dafür, dass es eine wachsende
Anzahl muttersprachlicher ambulanter Dienstleister in Berlin gibt. Das gilt allerdings nicht für
kleinere Migrantengruppen, sondern eher für
größere Sprachgruppen wie eben die türkische
oder auch die russische Community.
Allerdings beschreiben die Befragten häufige Anbieterwechsel, oft aufgrund von Unzufriedenheit
mit der Qualität der erbrachten Dienstleistungen.
Das wird von den Befragten selbst auf die
schlechten Rahmenbedingungen in der Pflege
zurückgeführt, u.a. wegen der zu schmalen Zeitkontingente, die für bestimmte Arbeiten zur Verfügung stehen. Es wird aber auch auf eine
ungenügende Ausbildung der Pflegekräfte, die
bei den muttersprachlichen Dienstleistungsträgern beschäftigt sind zurückgeführt.
15
Bedarf an interkultureller Öffnung von Pflegeeinrichtungen
Grundsätzlich wurde ein Bedarf an interkultureller Öffnung von Pflegeeinrichtungen formuliert.
Die Angehörigen und die Pflegebedürftigen berichten, dass stationäre Angebote in der Regel
erst dann in Anspruch genommen werden, wenn
die Pflege zu Hause nicht mehr bewältigt werden
kann und auch keine Alternativen wie z.B. Wohngemeinschaften zur Verfügung stehen. Barrieren
ins Pflegeheim zu gehen, bestehen in der vorrangig oder ausschließlich deutsch geprägten Einrichtungskultur. Von den Befragten wurden
konstatiert, dass Pflegeheime häufig nicht ausreichend auf die individuellen Bedürfnisse von Pflegebedürftigen eingestellt sind.
Das betrifft zum Beispiel die Berücksichtigung
von kulturell geprägten Freizeit- und Essgewohnheiten, das Begehen von Festen und Feiern, den
Medienkonsum, aber auch Hygiene- und Reinheitsvorstellungen und religiöse Rituale.
Zum einen ist hier die Ausbildung von mehr qualifizierten Fachkräften mit Migrationshintergrund
nötig, zum anderen geht es aber auch um die
Herausbildung von interkulturellen Kompetenzen
beim Pflegepersonal insgesamt. Das umfasst
auch die Reflexion eigener Haltungen und die
kritische Überprüfung der Einrichtungskultur.
Vorhin hatte die Kollegin ein ganz gutes Beispiel
aus Frankfurt genannt, wie so etwas realisiert
werden kann.
Es gab eine Expertin, die in diesem Zusammenhang einen sehr schönen Satz gesagt hat: „Die
Haltung der Mitarbeiter/innen einer solchen Einrichtung sollte von dem Bewusstsein geprägt
sein, dass jeder Mensch ein Recht auf Sonderbehandlung hat.“
Pflegebedürftige ihre Ansprüche geltend machen.
Manche Pflegebedürftige haben Diskriminierungserfahrungen in Institutionen gemacht – unabhängig vom Pflegesystem. Das führt dazu, dass
bestimmte Anträge bei der Pflegeversicherung
gar nicht erst gestellt werden oder bestimmte
Institutionen nicht in Anspruch genommen werden.
Der geringe Kenntnisstand in Bezug auf das Pflegesystem wurde von den Expert/innen in einen
Zusammenhang gestellt mit einem Mangel an
diversitätsbewusster Öffentlichkeitsarbeit von
Beratungs- und Informationsangeboten. Wir haben schon gehört, dass die Pflegestützpunkte
eine ganze Reihe von Materialien in verschiedenen Sprachen haben. Hier stellt sich die Frage,
wie diese Materialien auch tatsächlich zu den
Communities kommen. Hier ist offensichtlich
auch eine Lücke, die bearbeitet werden muss.
Gleichzeitig haben wir heute auch schon von einigen erfolgversprechenden Wegen gehört. Zum
einen über muttersprachliche Medien wie Zeitungen, Fernsehen oder Radio als Informationsangebote, die genutzt werden können. Oder über
die Ausbildung von Multiplikatoren, die auch die
Möglichkeiten haben Informationen weiter zu
geben.
Zur Situation und Bedarfen in der vietnamesischen Community aus Sicht von Experten
In unserer Studie lag kein Schwerpunkt auf der
vietnamesischen Community, aber ich habe noch
mal geschaut, was sowohl von den Experten als
auch von den befragten Senior/innen vietnamesischer Herkunft stärker betont worden ist.
Die Vertreter/innen der vietnamesischen Migranten-Selbstorganisationen und des interkulturellen Angebots mit Schwerpunkt Südostasien
beschreiben, dass das Nachdenken über das eigene Altwerden lange hinausgezögert wird. Wir haben ja auch schon gehört, dass die
vietnamesische Community in Berlin noch vergleichsweise jung ist.
Im Unterschied zu anderen Migrantengruppen
rückt die Familie hier als Ressource eher in den
Hintergrund, weil Kinder nicht vor Ort sind oder
durch ihre Berufstätigkeit eingebunden sind. Dadurch werden aus Sicht der Experten soziale
Netzwerke bei der Bewältigung potentieller Pflegebedürftigkeit zukünftig immer wichtiger, wie
z.B. Nachbarschaften und Religionsgemeinschaften.
Geringer Kenntnisstand zum Pflegesystem
Zum geringen Informationsstand bei Senioren:
Wir haben festgestellt, dass insgesamt der Kenntnisstand zum Versorgungssystem eher gering ist.
Migrant/innen wissen zum Teil nicht über ihre
Ansprüche Bescheid oder haben Schwierigkeiten,
diese gegenüber der Pflegekasse durchzusetzen.
Auch das war vorhin schon Thema. Wir haben in
den Interviews auch immer nach den Pflegestützpunkten gefragt. Das Beratungsangebot der Pflegestützpunkte war den Befragten weitgehend
unbekannt. Aus den Interviews lässt sich schließen, dass sprachliche und bürokratische Barrieren
bestehen,
die
verhindern,
dass
16
Weiterhin wurde genannt, dass Schwierigkeiten
in einer geringen sozialen Absicherung bestehen,
da viele vietnamesische Migrant/innen nur geringe Rentenversicherungsbeiträge eingezahlt
haben und deshalb nur geringe Renten zu erwarten haben.
Gruppendiskussion die Idee eines gemeinschaftlichen Wohnmodells entwickelt, einer vietnamesischen Alten-WG, in der sich die Senioren
gegenseitig unterstützen und bei der eine bedarfsorientierte individuelle häusliche Pflege möglich
ist. Einige Befragte, die in einem vietnamesischen
Verein organisiert sind, haben schon erste
Schritte unternommen, um diese Idee in die Tat
umzusetzen. Es fehlt allerdings noch an Finanzierungsmöglichkeiten. Aber die Idee ist da und das
Engagement ist auch vorhanden.
Damit greifen diese Befragten ein Thema auf, was
bundesweit bereits als Alternative zu stationärer
Unterbringung stark diskutiert und auch umgesetzt wird, z.B. in Form von Wohngemeinschaften, die von einem ambulanten Pflegedienst
versorgt werden, oder gemeinschaftlichen Wohnsiedlungen, die von Wohnungsbauunternehmen
in Kooperation mit einem Pflegedienst umgesetzt
werden und die auch einen gemeinschaftlichen
Fokus haben, d.h. es gibt gemeinschaftliche Räume der Begegnung, wo auch Angebote stattfinden können.
Es wurde auch bestätigt, dass es bei der vietnamesischen Community ähnlich wie bei den anderen befragten Gruppen einen geringen
Kenntnisstand über das Versorgungssystem gibt.
Gleichzeitig werden Vietnamesen als Zielgruppe
von Institutionen weniger berücksichtigt. Sie sind
sozusagen unsichtbarer. Z.B. gibt es wenige oder
keine Informationsmaterialien in der Muttersprache.
Es wurde auch benannt, dass Migrantenorganisationen Ressourcen benötigen, um das Thema auf
ihre Agenda setzen zu können, da sie mit den
bestehenden Aufgaben bereits völlig überlastet
sind. Die befragte vietnamesische Organisation
hat betont, dass ihnen das sehr wichtig ist und
dass aber im Grunde die Ressourcen fehlen, weil
sie sehr viele Aufgaben im Bereich Familie, Jugend, Beratungen absichern. So dass für dieses
Thema eigentlich kaum noch Kapazitäten bleiben, obwohl man sieht, wie wichtig dieses Thema
ist und auch in Zukunft noch werden wird.
Soweit zu den Ergebnissen. Jetzt möchte ich Ihnen noch ein paar von unseren Handlungsempfehlungen, die wir in dem Gutachten formuliert
haben vorstellen.
Was sagen die befragten Vietnames/innen zu
ihrer Situation?
Hier stelle ich Ergebnisse der Gruppendiskussion
mit zehn älteren, überwiegend nicht pflegebedürftigen vietnamesischen Migrant/innen vor.
Die Befragten aus der Gruppendiskussion beschreiben deutlicher als andere Migrantengruppen einen Wertewandel der jüngeren
Generation: Sie gehen davon aus, dass die familiäre Pflege für ihre Kinder anders als im Herkunftsland keineswegs mehr selbstverständlich
ist und formulieren auch keine dementsprechenden Erwartungen an ihre Kinder. Sie möchten ihren Kindern, die beruflich stark
eingebunden sind, eine häusliche Pflege in der
Zukunft nicht zumuten.
Gleichzeitig wurde in der Gruppendiskussion die
Angst vor dem Alleinsein im Alter und vor sprachlich-kultureller Isolation im Pflegeheim besonders deutlich.
Um Lösungen für diese Situation zu finden, haben die Befragten versucht, Alternativen zu entwickeln. Beispielsweise wurde in der
17
denke, das ist wirklich ein herausragendes Beispiel, wie das funktionieren kann.
(1) Pflegende Angehörige stärker durch bedarfsgerechte Angebote unterstützen und ihre Selbsthilfepotentiale fördern, z.B. durch die Förderung
von Selbsthilfegruppen oder auch von entsprechenden Angeboten für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen gemeinsam, um sie aus ihrer
Isolation herauszuholen.
(3) Selbsthilfestrukturen und präventive Angebote für Senior/innen ausbauen: Hier gilt es den
Vereinsamungstendenzen von Senior/innen entgegenzuwirken und präventive Angebote auszubauen,
z.B.
im
Rahmen
von
Nachbarschaftshäusern und Seniorenbegegnungsstätten, aber auch im Rahmen von Migrantenorganisationen. Wie wir vorhin auch von dem
Nachbarschaftshaus gehört haben, indem wir
hier heute tagen, ist es offen für alle Menschen,
die hier im Stadtteil wohnen.
(2) Multiplikator/innen aus den Communities
ausbilden und einsetzen: Hier empfehlen wir
Pflegelotsen einzusetzen, die Informationen über
das Pflegesystem in den Communities weitergeben und eine niedrigschwellige aufsuchende Arbeit betreiben, z.B. durch Hausbesuche oder
Veranstaltungen in Religionsgemeinden. Ein weiterer wichtiger Punkt in dem Gutachten ist, dass
wir festgestellt haben, dass es neben der zentralen Ressource „Familie“ auch informelle Netzwerke gibt, die eine sehr wichtige Ressource
darstellen und wo auch Informationen weitergegeben werden. Es gab Pflegebedürftige, die beschrieben haben, dass sie regelmäßig in ein Bistro
gehen oder in Bäckereien, wo sich Senioren treffen und Informationen austauschen, z.B. über
empfehlenswerte Ärzte oder wie man bestimmte
Anträge stellt. Diese informellen Netzwerke sind
also gute Orte, um Informationen weiterzugeben.
Noch mal zum Thema Multiplikator/innen in
Communities ausbilden: Dong Ban Ja ist da sicher
ein hervorragendes Beispiel, wie das funktionieren kann. Ihr Angebot geht ja noch weiter. Da
geht es nicht nur um Informationen, sondern da
geht es ja auch wirklich um Sterbebegleitung. Ich
(4) Muttersprachliche Pflegedienste ausbauen
und ihre Qualität sichern: Das kann z.B. gehen in
Kooperation von kleinen Anbietern mit großen
bewährten Trägern, so dass es auch möglich ist,
voneinander zu lernen.
(5) Die Attraktivität des Pflegeberufs erhöhen
und die Ausbildung von Pflegefachkräften mit
Migrationshintergrund fördern: Solange der Bereich der Pflege so schlecht bezahlt ist und unter
so schwierigen Rahmenbedingungen stattfindet,
muss die Forderung nach mehr Migranten in der
Pflege auch die Verbesserung der Rahmenbedingungen der Pflege und eine bessere Bezahlung
umfassen.
(6) Gemeinschaftsorientierte neue Wohnformen
ausbauen, bewährte Praxismodelle übertragen
und Projektideen aus Migranten-Selbsthilfeorga-
Handlungsempfehlungen
1)
2)
3)
4)
5)
6)
7)
Pflegende Angehörige stärker durch bedarfsgerechte Angebote unterstützen und
ihre Selbsthilfepotentiale fördern
Multiplikator/innen aus den Communities ausbilden und einsetzen
Selbsthilfestrukturen und präventive Angebote für Senior/innen ausbauen
Muttersprachliche Pflegedienste ausbauen und ihre Qualität sichern
Die Attraktivität des Pflegeberufs erhöhen und die Ausbildung von Pflegefachkräften mit Migrationshintergrund fördern
Gemeinschaftsorientierte Wohnformen ausbauen und Projektideen aus den
Migrantenorganisationen fördern
Quartiersbezogene Netzwerke zur Verbesserung der Beratung und der
Informationsvermittlung stärken
18
nisationen fördern: Hier gibt es, wie geschildert,
in der vietnamesischen Community bereits Ideen
des gemeinschaftlichen Wohnens, die jedoch der
Unterstützung und Finanzierung bedürfen. Bei
einer anderen Gruppendiskussion gab es auch
bei arabisch sprechenden Migranten Überlegungen in diese Richtung.
Komplette Broschüre:
http://www.berlin.de/imperia/md/content/lbintegrationmigration/publikationen/ikoe/interkulturelle_alt
enhilfe_bf_03.pdf
Zusammenfassung:
http://www.berlin.de/imperia/md/content/lbintegrationmigration/publikationen/ikoe/gutachten_interk
ulturelle_altenpflege_2014_11_12_zusammenfa
ssung.pdf?download.html
(7) Quartiersbezogene Netzwerke zur Verbesserung der Beratung und Informationsvermittlung
stärken: Hier geht es insbesondere darum, Kooperationen aufzubauen, um Kontakte in die Communitys zu etablieren, bspw. zwischen
Pflegestützpunkten,
Nachbarschaftshäusern,
Migrantenorganisationen, Hausärzten, muttersprachliche Medien usw. Hausärzte wurden vorhin schon als wichtige Multiplikatoren genannt
und das kam auch in unserer Studie noch einmal
zum Tragen. Hausärzte und Physiotherapeuten
haben wichtige Funktionen, weil die Leute dort
hingehen und ihre Probleme besprechen. Ich
denke, das Angebot von IDEM, mit den Kooperationen, die sie haben, ist ein vorbildliches Angebot
im
Sinne
von
Beratung
und
Informationsvermittlung mit einem Quartiersbezug und auch mit einem Community-Bezug.
Victoria Schwenzer
Camino Werkstatt für
Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im
sozialen Bereich gGmbH
[email protected]
Die hier vorgestellten Empfehlungen stellen – angesichts der Kürze der Vortragszeit – nur eine
Auswahl der Empfehlungen dar, die wir auf der
Grundlage der empirischen Untersuchung erarbeitet haben. Das gesamte Gutachten mit den
Handlungsempfehlungen ist aber auf der Website
von Camino unter www.camino-werkstatt.de in
digitaler Form als Download verfügbar, falls Sie
Interesse haben, das eine oder andere noch einmal vertiefend nachzulesen. Bei Fragen können
Sie sich auch gerne per Mail an mich wenden
unter [email protected]
________
1
Senatsverwaltung
für
Gesundheit
und
Soziales/Senatsverwaltung für Arbeit, Integration
und Frauen (Hrsg.): Interkulturelle Altenhilfe in
Berlin. Empfehlungen für eine kultursensible
Pflege älterer Migrantinnen und Migranten. Ein
Gutachten der Camino – Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich gGmbH, erstellt im Auftrag der
Beauftragten des Senats für Integration und Migration. Berlin 2014.
19
World-Café
Tisch 1 „Seniorenarbeit und Freizeit“
Moderiert von Herrn Nguyen Son Thach (Vereinigung der Vietnamesen Berlin & Brandenburg e.V.)
sowie Herrn Michael Kargus (Lebensmut e.V.) wurde an diesem Tisch diskutiert, wie die
„Seniorinnen und Senioren“ vietnamesicher Herkunft ihre Freizeit verbringen und ob sie die
bestehenden Angebote kennen bzw. nutzen. Auch die Frage, was getan werden muss, damit die
bestehende Angebote der offenen Altenhilfe von Migrant_innen aktiv genutzt werden, war ein
wichtiges Thema.
Die Teilnehmer_innen stellten fest, dass unterschiedliche Faktoren den Zugang der Gruppen
zueinander verhindern. Unter dem Begriff „Alter“ gibt es zunächst unterschiedliche Vorstellungen.
So gelten in Vietnam Frauen ab 50 bzw. Männer ab 55 als Senior_innen, während in Deutschland
über 65-Jährige dazu zählen. Auch gibt es Unterschiede in der Freizeitgestaltung. Die wenige frei
Zeit, die die vietnamesischen Migrant_innen haben, verbringen sie lieber mit Freunden und
Familien. Es wird gemeinsam gekocht und gegessen. Viele haben auch keinen finanziellen Spielraum, um kostenpflichtige Angebote zu nutzen. Es gibt einige Gruppen von vietnamesischen
Senior_innen mit 55+, die mehr oder weniger unter sich bleiben. Wenige kennen und nutzen
öffentliche Angebote für Senior_innen.
Für die Zusammenkunft der vietnamesischen Gruppen mit nicht-vietnamesischen Gruppen soll vor
allem Motivationen geschaffen werden. Wichtig ist aber, dass feste Personen als
Ansprechpartner_in die Kontakte aufbauen und pflegen.
Stolpersteine
Unterschiedliche Vorstellung vom Alter
Geld wird lieber für Familien ausgegeben
Wenig Zeit für „Freizeit“ außerhalb der Familie
Wenig Schnittmengen und Gemeinsamkeiten zwischen
vietnamesischen und nichtvietnamesischen Gruppen
Demzufolge wenig Motivation für einen Austausch
Schaffung von Motivation für Zusammenkunft
Vorschläge
Information & Aufklärung über kostenlose Angebote
Nutzung von Räumen in Seniorenheimen zum gegenseitigen
Kennenlernen und zum Abbau von Vorurteilen
Initiieren vom herkunftsübergreifenden Treffen
schon
gewusst?
Gruppen von vietnamesischen Senior_innen gibt es z.B. bei:
Bürgerinitiative Ausländische MitbürgerInnen in Hohenschönhause n e.V.
Vereinigung der Vietnamesen in Berlin & Brandenburg e.V.
20
21
World-Café
Tisch 2 „Pflege“
Angeleitet von Frau Antje Sachs (Kompetenzzentrum Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe - KomZen) und Frau Yna Dao (Seniorenvertretung Lichtenberg) war hier die Pflegearbeit ein großes Thema. Für die Versorgung der älteren Migrant_innen sind muttersprachliche Fachkräfte
wünschenswert Es gibt jedoch innerhalb der vietnamesischen Bevölkerung nur wenige Pflegekräfte. Es herrschenweitgehend Unkenntnisse über den Beruf einer Pflegefachkraft. Auch ist der Beruf
nicht besonders anerkannt. Hier sind Information und Aufklärung, vor allem bei der 2. Generation,
notwendig. Es müsste viel mehr über die positiven Beispiele kommuniziert werden, wofür die Vernetzung der bestehenden Angebote wichtig ist.
Stolpersteine
Pflegeberuf ist nicht besonders anerkannt
Es gibt Befürchtung, dass der Beruf für zierliche
Vietnames_innen nicht geeignet ist
Wenig Wissen über den Unterschied zwischen Hilfs- und Fachkraft, Weiterbildungsmöglichkeiten, Karriere- und Aufstiegschancen sowie Verdienst
Es gibt finanzielle und sprachliche Barrieren für die Pflegeausbildung
Bestehende Angebote für vietnamesische Migrant_innen sind
nicht immer bekannt
Lösungsansätze
Mehr Informationen und Aufklärung in vietnamesischer Sprache über
den den Pflegeberuf, die Ausbildung und Aufstiegschance
Gezielte Ansprache der 2. Generation als Potenzial für die Versorgung der
älteren Migrant_innen
Zusätzliche Unterstützung, vor allem sprachliche Förderung, bei Bedarf
Förderung der Vernetzung und Zusammenarbeit mit bestehenden Angeboten für vietnamesische Migrant_innen
Öffnung der Angebote (auch der Räume) für vietnamesische
Migrant_innen
Zum Prozess des Älterwerdens der Gesellschaft gehören selbstverständlich Migrant_innen. Die Willkommenskultur ist zu stärken!
schon
gewusst?
Es ist auch möglich, von einer Pflegekraft bis zur Heimleitung aufzusteigen.
Selbst zierliche koreanische Frauen haben als Krankenschwester
in Deutschland gearbeitet. Es ist eine Frage der Technik, wie man
körperschonend arbeitet.
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23
World-Café
Tisch 3 „Hospiz und Vorsorge“
Die Kooridnator_innen des interkulturellen Hospizdienstes Dong Ban Ja, Frau In-Sun Kim und Herr
Dr. Dharma Raj Bhusal, waren Gastgeber_innen des Tisches. Hier ging es um das Thema, wie das Lebensende in Würde und entsprechend der kulturellen Bedürfnisse zu gestalten ist. Anhand der stationären und ambulanten Hospize diskutierten die Tischteilnehmer_innen, welche Zugangsbarriere es
seitens der Politik bzw. Dienstanbieter_innen zu Migrant_innen gibt, auf welche kulturellen Besonderheiten zu achten ist und was für eine bessere Verorgung getan werden muss.
Die Teilnehmer_innen sind sich dabei einig, dass viele Aspekte nicht nur auf Menschen mit Migrationshintergrund zutreffen, sondern auf alle Bevölkerungsgruppen. Dennoch ist es notwendig, sensible Aspekte soweit wie möglich zu berücksichtigen. Interkultureller ambulanter Hospizdienst ist eine
gute Alternative zur stationären Einrichtung, der jedoch fest finanziert werden sollte.
Stolpersteine
Fehlendes Wissen über Hospiz und Vorsorgemöglichkeiten
(Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht usw.)
Weniger Erfahrungen im Umgang mit bürokratischer Praxis
Sprachliche Schwierigkeiten bei der Inanspruchnahme der Angebote
Fehlender Zugang der Politik & Institutionen zu den Communities,
vor allem für die Bedarfsermittlung
Lösungsansätze
Mehr Information und Aufklärung
Mehr Sensibilität und Toleranz
Bessere Bezahlung für Pflegekräfte
Finanzielle Unterstützung für ehrenamtliche Hospizarbeit
Passende religiöse und sprachliche Betreuung im Hospiz
schon
gewusst?
Es gibt in der vietnamesichen Kultur strenge Hierarchien gemäß
dem Alter: „Zum Beispiel wird man als älterer Mensch nicht gefragt, was einem fehlt. So kriegt man keine Antwort.“
Vielen asiatischen Migrant_innen fehlen zwischenmenschliche
Beziehungen (Wärme) in der Pflege: „Man spricht in Deutschland miteinander, indem man eine Armlänge Abstand bewahrt,
während es in Vietnam normal ist, näher aneinander zu sein
und einander anzufassen.“
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25
World-Café
Tisch 4 „Gesund altern“
An dem Tisch diskutierten die Teilnehmer_innen mit den Gastgeberinnen Bettina Grotewohl und
Nguyen Thi Hong Loan von der Bürgerinitiative Ausländische MitbürgerInnen e.V. über verschiedene Aspekte des gesunden Alterns. Dazu gehören allgemeine Faktoren wie z.B. Wohnen, Mobilität, Familie, soziale Kontakte, finanzielle Situation usw., aber auch migrationsspezifische Faktoren.
Es gibt kulturspezifische Ernährungsgewohnheiten, bestimmte Vorstellungen von sportlichen Aktivitäten oder seelischer Gesundheit. Ebenfalls gibt es einen respektvollen Umgang mit älteren
Menschen in der vietnamesischen Kultur, wobei das alles bei jüngeren Generationen vielfach
anders gelebt wird. Die Teilnehmer_innen kommen zu dem Schluss, dass unabhängig von Herkunft
und Generation gemeinsame Aktivitäten zu ermöglichen sind, die jedoch unter Beteiligung von
Adressat_innen nach ihrem Bedarf und Bedürfnissen zu entwickeln sind.
Stoplersteine
Sprache, Kosten und Informationsdefizite führen zu
Barrieren in der gesundheitlichen Versorgung
Ohne die korrekte Ansprache der älteren
Vietnames_innen können Anerkennung und Respekt
nicht gezeigt werden
Lösungsansätze
Gemeinsame herkunfts-, generations- und sozialübergreifende
Aktivitäten ermöglichen, um nicht eine Lücke zwischen AlterKrankheit und Jugend-Gesundheit entstehen zu lassen
Muttersprachiliche Beratung als Kassenleistung um Informationsdefizit abzubauen
Traditionelle Heil- und Hausmittel nutzen und in bestehende
Strukturen integrieren
Geistiges Wohlergehen nicht vom Körper getrennt sehen
Partizipation von Adressaten an der Entwicklung von Angeboten
ist eine wichtige Voraussetzung
schon
gewusst?
Der Arbeitsbereich Interkulturelle Kommunikation des Charité Comprehensive Cancer Center (CCCC) untersucht mit migrationssensiblen Angeboten, Projekten und Studien Gemeinsamkeiten und Unterschiede
onkologischer Erkrankungen aus verschiedenen kulturellen Kontexten
und trägt somit zu einer nachhaltigen Verbesserung der Krebsversorgung
von Krebspatientinnen und Krebspatienten mit Migrationshintergrund
bei. Hierfür plant das CCCC die Einrichtung einer Sprechstunde für vietnamesische KrebspatientInnen. Das Projekt befindet sich derzeit im Aufbau.
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World-Café
Tisch 5 „Existenzsicherung im Alter“
Ein Großteil der vietnamesischen Migrant_innen sind selbständig oder in Niedriglohnsektoren
(Reinigungsbranche, Gastronomie) mit sehr prekären Arbeitsverhältnissen tätig. Daher haben sie
kaum in die Rentenversicherung eingezahlt. Viele investierten in die Bildung der Kinder und erhofften sich ein Leben im Alter in der Heimat. Dies ist jedoch für viele nicht realisierbar und Altersvorsorge ist ein Thema, womit man sich nicht gern auseinandersetzt. Unter Anleitung von Frau Tamara
Hentschel, Reistrommel e.V., diskutierten die Teilnehmer_innen an diesem Tisch, was getan werden
kann, damit die Vietnames_innen ihre materielle und geistige Existenz im Alter sicherstellen können
und in Würde älter werden können.
Es sollte den Menschen ermöglicht werden, hauptamtliche Beschäftigungen zu finden und dass dies „eine genauso begehbare Zone wird wie für alle anderen auch“. Vorschlag: Regelmäßiger vietnamesischer Tag mit Essen in Senioren-Cafés.
Stolpersteine
Unzureichende finanzielle Absicherung der 1. Generation
Wegschauen von der Problematik bei betroffenen Migrant_innen
„Blindheit“ der Politik für die Zielgruppe und mangelnde
interkulturelle Öffnung
Lösungsansätze
Gründung einer selbstorganisierten Stiftung zur Finanzierung von Räumlichkeiten, Behandlungen, Pflege, religiösen und sozialen Praktiken,
Bestattungen usw.
Vertrauenswürdige, unabhängige Vermögensberatung in vietnamesischer
Sprache zu Geldanlagen sowie Investitionen
Interkulturelle Öffnung der Fachstellen dErhöhung der Motivation für die
sogenannten Vertrauensberufe bei der 2. Generation
Vernetzung und Zusammenarbeit mit anderen Communities, um gemeinsame bzw. ähnliche Erfahrungen zu teilen und voneinander zu lernen.
Aufklärungsarbeit, Selbsterfahrungs-Workshops und Online-Kommunikation: Informationen und Erfahrungen über und mit Altersvorsorge sollen
innerhalb der vietnamesischen Community, auch mit Hilfe des Internets weiter vermittelt werden
Schaffung von selbstorganisierten und geschützten Räumen ohne
„Integrationszwang“
Formulierung von Forderungen aus der Community heraus, auch von der
2. Generation für deren Eltern
28
29
Anlage
Beratungs- und Gruppenangebote
in vietnamesischer Sprache
Name des Vereins/des Projekts
Ansprechpartner_in
abw – gemeinnützige Gesellschaft für Arbeit, Bildung, Wohnen
mbH DIALOG
Adresse
Plönzeile 4, 12459 Berlin (Köpenick)
Tel | E-Mail|WEB
Tel 030/535 0174
[email protected]
www.abw-berlin.de/Angebote/BeratungMigranten
Sozialberatung /
Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE)
Mo. und Do. 10-12 und 13-16 Uhr
und nach Vereinbarung
Beratung
(Art, Sprechzeiten)
Name des Vereins/des Projekts
Ansprechpartner_in
Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin
des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg ADNB des TBB)
(Frau) Anh Ngo
Adresse
Oranienstraße 53, 10969 Berlin (Kreuzberg)
Tel | E-Mail|WEB
Tel 030/ 6130 5328
[email protected]
www.adnb.de
Beratung
(Art, Sprechzeiten)
Antidiskriminierungs-beratung für Menschen mit
Migrationsgeschichte, People of Color, Schwarze Menschen,
Muslim_innen
Offene Sprechstunden:
Di. 15-17h,
Do. 10-12h und gerne nach telefon. Vereinbarung
Name des Vereins/des Projekts
Ansprechpartner_in
Bürgerinitiative Ausländische MitbürgerInnen e.V.
Nguyen Thi Hong Loan / Yna Dao
Adresse
Neustrelitzer Straße 63, 13055 Berlin (Hohenschönhausen)
Tel | E-Mail|WEB
Tel 030/981 45 46030
[email protected]
http://www.bi-berlin.org/
Beratung
(Art, Sprechzeiten)
Sozialberatung
Mo,Di 9-15 Uhr, Mi 11-17 Uhr, Do 12-16 Uhr
Fr 9-14 Uhr
Doan Ket (vietnam. Club) - Jeden 3. und 4. Do 14 Uhr
Vietnamesische Tanzgruppe - Jeden 1. und 2. Do 16 Uhr
Unterm Bambusdach – Beisammensein und Essen für Frauen
Jeden 2. Mi ab 11 Uhr
Elterncafé - Jeden 2. Fr 15 Uhr
Offene
Gruppenangebote für Erwachsene
30
Name des Vereins/des Projekts
Ansprechpartner_in
Caritas-Migrationszentrum Marzahn/Hellersdorf
Anne Lam
Adresse
Borkheider Str. 30, 12689 Berlin(Marzahn)
Tel | E-Mail|WEB
Tel 030/ 66633-671
[email protected]
Integrationslotsin übernimmt Begleitung von vietnam.
Klient_innen
Beratung
(Art, Sprechzeiten)
Name des Vereins/des Projekts
Ansprechpartner_in
Adresse
Tel | E-Mail|WEB
Beratung
(Art, Sprechzeiten)
Offene
Gruppenangebote für Erwachsene
Club Asiaticus e.V. Vinaphunu
Frau Thu
Schönfließer Str. 7, 10439 Berlin (Prenzlauer Berg)
Tel 030 / 441 5090
[email protected]
http://vinaphunu.wordpress.com/
Sozialberatung/ Rechtsberatung (nach Vereinbarung)
Mo-Fr 15-21 Uhr, Mi 10 – 21 Uhr , Fr 9-14 Uhr
Frauenfrühstück Mi 10 -12 Uhr;
Teestube, div. kulturelle Angebote Fr 15-21 Uhr
Name des Vereins/des Projekts
Ansprechpartner_in
Danke Deutschland e.V.
Adresse
c/o DRK-Berlin, 1.OG,
Bundesallee 73, 12161 Berlin (Schöneberg)
Tel 030 / 600 300 123 4
[email protected]
http://danke-deutschland.org/
Tel | E-Mail|WEB
Beratung
(Art, Sprechzeiten)
Sozialberatung Fr 11-15 Uhr
Name des Vereins/des Projekts
Ansprechpartner_in
Adresse
Tel | E-Mail|WEB
Beratung
(Art, Sprechzeiten)
Humanität und Kultur-Sport e.V.
Nguyen Thi Quyet Thang, Nguyen Thi Van
10365 Berlin (Lichtenberg)
Tel 0173/6219 143
[email protected]
Beratung und seelische Unterstützung von Schwerkranken sowie
Angehörigen Mi 13-17 Uhr
Offene
Gruppenangebote für Erwachsene
Gruppentreff mit Teestube und Unterhaltung
So von 15- 18 Uhr
Tanzlernen für Erwachsene
31
Anlage
Name des Vereins/des Projekts
Ansprechpartner_in
Integrationsbeauftragte des Senats
Adresse
Potsdamer Str. 65, 10785 Berlin (Tiergarten)
Tel | E-Mail|WEB
Tel 030/ 9017 2379
[email protected]
www.berlin.de/lb/intmig/
Beratung
(Art, Sprechzeiten)
Rechtsberatung in ausländerrechtlichen Angelegenheiten;
Prüfung und ggf. Einbringung von Härtefällen in die
Härtefallkommission Berlin Mo/Di 9-13 Uhr, Do 9-13, 15-18 Uhr
Name des Vereins/des Projekts
Ansprechpartner_in
IOM Rückkehrberatung
Pham Thanh Ha
Adresse
Ausländerbehörde, Haus A, 1. OG (Zi. 177)
Friedrich-Krause-Ufer 24, 13353 Berlin (Tiergarten)
Tel 030/ 90269 4848
[email protected]
Tel | E-Mail|WEB
Beratung
(Art, Sprechzeiten)
Beratung für freiwillige Rückkehr nach Vietnam
Mo/Di 8-13 Uhr, Do 8-14 Uhr
Name des Vereins/des Projekts
Ansprechpartner_in
Migrationsrat Berlin-Brandenburg e.V. |
Thuy Nonnemann
Adresse
Oranienstr. 34, 10999 Berlin (Kreuzberg)
Tel | E-Mail|WEB
Tel 030 / 6953 6788
[email protected]
www.mrbb.de
Härtefallberatung (für ausreisepflichtige Migrant_innen, für sie
die Ausreise aus humanitären Gründen zu gravierenden Härten
führen)
Beratung
(Art, Sprechzeiten)
Name des Vereins/des Projekts
Ansprechpartner_in
Reistrommel e.V.
Phan Huy Thao (MBE), Nguyen Thi Lan Huong (Frauen)
Adresse
Coswiger Str. 5, 12681 Berlin (Marzahn)
Tel | E-Mail|WEB
Tel 030/ 2175 8548
[email protected]
www.reistrommel-ev.de
Migrationsberatung für Erwachsene (MBE) Mo, Di, Do, Fr 10-15
Uhr
Soziale Beratung von vietnamesischen Frauen
Beratung
(Art, Sprechzeiten)
32
Name des Vereins/des Projekts
Ansprechpartner_in
Interkulturelles Frauenzentrum S.U.S.I.
Nguyen Thi Hien
Dr. Le Thanh Thuy (Gesundheitsberatung)
Adresse
Bayerischer Platz 9, 10779 Berlin (Schöneberg)
Tel | E-Mail|WEB
Tel 030/ 28879511, 030/ 78959394
[email protected]
www.susi-frauen-zentrum.com
Beratung
(Art, Sprechzeiten)
Sozialberatung Di 11-13.30 Uhr, Do. 12.30-17 Uhr und nach
Vereinbarung
Gesundheitsberatung 2 mal im Monat (Freitag und Sonnabend).
Genaue Termine bitte dem Programmheft oder der Webseite
www.susi-frauen-zentrum.com entnehmen.
Gruppentreffen- jeden 3. Samstag des Monats ab 13.00 Uhr
Bitte vorher anrufen!
Offene
Gruppenangebote für Erwachsene
Name des Vereins/des Projekts
Ansprechpartner_in
Vereinigung der Vietnamesen in Berlin/Brandenburg e.V.
Chu Tien Tang
Adresse
Tel | E-Mail|WEB
Sewanstr. 43, 10319 Berlin (Lichtenberg)
Tel 030/ 2390 8800
[email protected]
http://www.vietnam-bb.de
Sozialberatung Mo, Di, Do, Fr 9.30-16 Uhr, So 14-17 Uhr
und nach Vereinbarung
Beratung
(Art, Sprechzeiten)
Offene
Gruppenangebote für Erwachsene
Kommunikationstraining (in Deutsch) für Erwachsen (genaue
Termine bitte erfragen)
Aktivitäten am Wochenende:
Fußball Sa 17-19 Uhr, danach gemütliches Beisammensein
Volleyball So 10-13 Uhr
Federball So 14-16 Uhr
Frauenclub: einmal im Monat
Club 50+: einmal im Monat
Club der Freunde: 2 mal im Monat , jeden 2. und 4. Sonntag des
Montas
33
Anlage
Gesundheitliche/medizinische Angebote
in vietnamesischer Sprache
Name des Vereins/
des Projekts | Ansprechpartner_in
Charité
Campus Benjamin Franklin
Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapie
Vietnam-Ambulanz
Dr. med. Thi Minh Tam Ta
Adresse | E-Mail | WEB
Hindenburgdamm 30
12203 Berlin (Steglitz)
Terminvergabe Ambulanz:
Tel 030/ 450517 666
Durchwahl Dr. Ta:
Tel 030/ 450 517 624
[email protected]
Evangelisches Krankenhaus
Königin Elisabeth Herzberge (KEH)
Psychiatrische Institutsambulanz
Vietnam-Ambulanz
Herzbergstraße 79
10365 Berlin (Lichtenberg)
Tel 030/5472 3011
[email protected]
www.keh-berlin.de
Sozialpsychiatrischer Dienst
Treptow/Köpenick
Bac si To Nga Tran
Hans Schmidtr. 16,
12489 Berlin (Köpenick)
Zimmer 21
Tel 030/ 90297 6009
Familienplanungszentrum Berlin - Mauritius-Kirch-Str. 3
BALANCE
10365 Berlin (Lichtenberg)
Tel 030/ 2362 3680
Angebote
Psychosoziale Beratung,
ausführliche
vietnamesisch-kultursensitive
Diagnostik, ambulante und bei
Bedarf auch stationäre Behandlung aller psychischen
Erkrankungen.
Schwerpunkte:
Verhaltenstherapie und
Traumafokussierte
Psychotherapie
Psychosoziale Beratung,
ausführliche
vietnamesisch-kultursensitive
Diagnostik, ambulante und bei
Bedarf auch stationäre Behandlung aller psychischen
Erkrankungen.
Sprechstunde Dienstag 15-19
Uhr
Psychiatrische Beratung auch
für die Vietnamesen
phu trach ve tam ly/tam than
cho nguoi Viet.
Mo-Fr. 9-16 Uhr
Beratung und medizinische Versorgung von schwangeren
Frauen, auch ohne Krankenversicherung, mit vietnam. Sprachmittlerin
Mi. 9-12 Uhr
2-wöchentlich Sprachmittlerin
für Vietnamesisch
Zentrum für sexuelle Gesundheit
und Familienplanung
Charlottenburg- Wilmersdorf
Hohenzollerdamm 174-177
10713 Berlin (Wilmersdorf)
Tel 030/ 90291 68 80
Zentrum für sexuelle Gesundheit
und Familienplanung
Marzahn-Hellersdorf
Etkar-André-Str.8
12619 Berlin (Hellersdorf)
Tel 030/90298 36 81
tägl. Sprachmittlerin für
Vietnamesisch
Gemeindedolmetscherdienst
Berlin
Müllenhoffstr. 17
10967 Berlin (Kreuzberg)
Tel 030/ 44 31 90 90
Vermittlung von
Dolmetscher_innen u. a. für
Einrichtungen im
Gesundheitswesen
34
Einwohnerregisterstatistik Berlin Bürger_innen mit vietnam. Hintergrund
Migrationshintergrund
Region
Berlin gesamt
Deutsche mit
vietnam. MH
unter 1 Jahr
287
131
418
1 bis unter 6
1.760
688
2.448
6 bis unter 15
2.705
793
3.498
15 bis unter 18
396
364
760
18 bis unter 25
308
1.507
1.815
25 bis unter 55
2.056
9.265
11.321
55 bis unter 65
460
1.349
1.809
65 bis unter 80
153
186
339
24
58
82
8.149
14.341
22.490
27
159
236
48
40
330
58
24
6
928
20
163
320
30
34
177
30
3
777
27
137
227
24
22
131
19
4
591
6
33
67
20
179
876
134
24
6
1.345
7
50
103
48
158
989
168
10
6
1.539
3
52
67
41
106
816
120
16
1.221
33
192
303
68
219
1.206
192
48
12
2.273
27
213
423
78
192
1.166
198
13
6
2.316
30
189
294
65
128
947
139
20
1.812
Total
02 FriedrichshainKreuzberg
03 Pankow
Total
Altersgruppen
80 und mehr
01 Mitte
Vietnam.
Staatsangehörige
unter 1 Jahr
1 bis unter 6
6 bis unter 15
15 bis unter 18
18 bis unter 25
25 bis unter 55
55 bis unter 65
65 bis unter 80
80 und mehr
Total
unter 1 Jahr
1 bis unter 6
6 bis unter 15
15 bis unter 18
18 bis unter 25
25 bis unter 55
55 bis unter 65
65 bis unter 80
80 und mehr
Total
unter 1 Jahr
1 bis unter 6
6 bis unter 15
15 bis unter 18
18 bis unter 25
25 bis unter 55
55 bis unter 65
65 bis unter 80
80 und mehr
Total
Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Stichtag 31.12.2013
35
Anlage
04 CharlottenburgWilmersdorf
05 Spandau
06 Steglitz-Zehlendorf
07 TempelhofSchöneberg
Migrationshintergrund
unter 1 Jahr
1 bis unter 6
6 bis unter 15
15 bis unter 18
18 bis unter 25
25 bis unter 55
55 bis unter 65
65 bis unter 80
80 und mehr
Total
unter 1 Jahr
1 bis unter 6
6 bis unter 15
15 bis unter 18
18 bis unter 25
25 bis unter 55
55 bis unter 65
65 bis unter 80
80 und mehr
Total
unter 1 Jahr
1 bis unter 6
6 bis unter 15
15 bis unter 18
18 bis unter 25
25 bis unter 55
55 bis unter 65
65 bis unter 80
80 und mehr
Total
unter 1 Jahr
1 bis unter 6
6 bis unter 15
15 bis unter 18
18 bis unter 25
25 bis unter 55
55 bis unter 65
65 bis unter 80
80 und mehr
Total
Deutsche mit
vietnam. MH
19
106
136
35
28
264
43
21
652
7
54
60
15
15
151
23
15
340
10
33
52
19
8
63
39
12
6
242
16
47
87
12
6
170
38
9
385
36
Vietnam.
Staatsangehörige
4
26
37
14
82
498
53
12
6
732
4
9
10
7
38
206
30
6
310
3
10
12
40
160
12
4
6
247
9
17
21
53
249
23
6
378
Total
23
132
173
49
110
762
96
33
6
1.384
11
63
70
22
53
357
53
15
6
650
13
43
64
19
48
223
51
16
12
489
16
56
104
33
59
419
61
15
763
08 Neukölln
09 Treptow-Köpenick
10 Marzahn-Hellersdorf
11 Lichtenberg
12 Reinickendorf
Migrationshintergrund
unter 1 Jahr
1 bis unter 6
6 bis unter 15
15 bis unter 18
18 bis unter 25
25 bis unter 55
55 bis unter 65
65 bis unter 80
80 und mehr
Total
unter 1 Jahr
1 bis unter 6
6 bis unter 15
15 bis unter 18
18 bis unter 25
25 bis unter 55
55 bis unter 65
65 bis unter 80
80 und mehr
Total
unter 1 Jahr
1 bis unter 6
6 bis unter 15
15 bis unter 18
18 bis unter 25
25 bis unter 55
55 bis unter 65
65 bis unter 80
80 und mehr
Total
unter 1 Jahr
1 bis unter 6
6 bis unter 15
15 bis unter 18
18 bis unter 25
25 bis unter 55
55 bis unter 65
65 bis unter 80
80 und mehr
Total
unter 1 Jahr
1 bis unter 6
6 bis unter 15
15 bis unter 18
18 bis unter 25
25 bis unter 55
55 bis unter 65
65 bis unter 80
80 und mehr
Total
Deutsche mit
vietnam. MH
14
68
109
44
22
206
73
19
4
559
6
64
139
19
12
59
9
308
43
323
467
54
28
72
9
6
1.002
85
553
749
71
81
200
37
6
1.782
13
53
123
25
12
233
82
34
8
583
37
Vietnam.
Staatsangehörige
10
15
6
31
280
35
6
13
396
13
24
42
6
103
476
77
3
744
35
203
144
69
227
1.563
178
12
6
2.437
56
256
276
123
451
2.940
500
77
4.679
6
3
9
39
212
19
16
9
313
Total
14
78
124
50
53
486
108
25
17
955
19
88
181
25
115
535
86
3
1.052
78
526
611
123
255
1.635
187
18
6
3.439
141
809
1.025
194
532
3.140
537
83
6.461
13
59
126
34
51
445
101
50
17
896
Zillestr. 10, 10585 Berlin
Bundesallee 50, 10715 Berlin
Heinickeweg 1, 13627 Berlin
Pankow
0800 265080-25201
030 8931231
030 33091770
Hauptstr. 42, 13158 Berlin
Mühlenstr. 48, 13187 Berlin
0800 265080-24890
030 47531719
Reinickendorf
Friedrichshain-Kreuzberg
Strausberger Platz 13/14, 10243 Berlin
Wilhelmstr. 115, 10963 Berlin
Wilhelmstr. 138, 10963 Berlin
0800 265080-22660
030 25700673
030 613760761
030 98317630
030 259357955
0800 265080-28686
030 5143093
Karl-Marx-Allee 3, 10178 Berlin
Reinickendorfer Str. 61, 13347 Berlin
0800 265080-28100
030 45941103
Neukölln
Donaustr. 89, 12043 Berlin
0800 265080-27110
Werbellinstr. 42, 12053 Berlin
030 6897700
Joachim-Gottschalk-Weg 1, 12353 Berlin 030 670666290
www.pflegestuetzpunkteberlin.de
Stand: 23.01.2014
0800 265080-26550
030 76902600
Tempelhof-Schöneberg
Pallasstr. 25, 10781 Berlin
Reinhardtstr.7, 12103 Berlin
Mitte
030 902792026
030 343559960
Steglitz-Zehlendorf
Teltower Damm 35, 14169 Berlin
Johanna-Stegen-Str. 8, 12167 Berlin
Marzahn-Hellersdorf
Janusz-Korczak-Str. 11, 12627 Berlin
Marzahner Promenade 49, 12679 Berlin
Spandau
Carl-Schurz-Str. 2-6, 13578 Berlin
Rohrdamm 83, 13629 Berlin
Lichtenberg
Einbecker Str. 85, 10315 Berlin
Rummelsburger Str. 13, 10315 Berlin
Schloßstr. 23, 13507 Berlin
030 41744891
Wilhelmsruher Damm 116, 13439 Berlin 030 49872404
0800 265080-26210
030 7550703
Treptow-Köpenick
Hans-Schmidt-Str. 16-18, 12489 Berlin
Spreestr. 6, 12439 Berlin
Myliusgarten 20, 12587 Berlin
0800 265080-27450
030 39063825
030 25928245
Service-Nummer der Berliner Pflegestützpunkte
0800 5950059 (kostenfrei)
Montag Freitag von 9:00 18:00 Uhr
38
Die Pflegestützpunkte sind neutrale und kostenlose Beratungsstellen für Pflegebedürftige,
für von Pflegebedürftigkeit bedrohte Menschen, für Behinderte und Angehörige.
Wir beraten und unterstützen Sie wohnortnah und individuell bei allen Fragen zur Pflege.
Zögern Sie nicht uns anzurufen!
Die Pflegestützpunkte in Berlin
Anlage
Charlottenburg-Wilmersdorf
Verzeichnis der Informationsblätter der
Pflegestützpunkte Berlin/
1
Häusliche Krankenpflege/
2
Pflegeversicherungsgesetz/
3
Pflegeleistungen bei Einschränkung der Alltagskompetenz/
4
Betreuungs- und Entlastungsleistungen/
5
Auswahl eines Pflegedienstes/
6
Hilfe im Haushalt/
7
Zuzahlungen zu Leistungen der Krankenkasse/
8
Verhinderungspflege/Kurzzeitpflege/
9
Tagespflege/Nachtpflege/
10
Geriatrische Tagesklinik/
11
Vollstationäre Pflege/
12
Checkliste Pflegeheim/
13
Wohnen im Alter/
14
Service-Wohnen/
15
Checkliste Service-Wohnen/
16
Wohnungsanpassung/
17
Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel
18
Hilfsmittel/Pflegehilfsmittel/
19
Hausnotrufsystem/
20
Mobilitätshilfe/
21
Berliner Sonderfahrdienst/
22
Schwerbehindertenausweis/
23
Fahrbarer Mittagstisch/
39
Anlage
24
Vorsorgevollmacht, Betreuungs-/ Patientenverfügung/
25
Gesetzliche Betreuung/
26
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung/
27
Beratung und Hilfe bei Gedächtnisstörungen im Alter/
28
Landespflegegeldgesetz/
29
Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz/
29a
Checkliste Wohnumfeld für Menschen mit Demenz/
30
Checkliste Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz/
31
Pflegetagebuch
32
Soziale Sicherung für Pflegende/
33
Pflegezeitgesetz/
34
Familienpflegezeitgesetz/
35
Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen/
36
Berliner Leistungskomplexe zur Pflege/
Abrufbar unter:
http://www.pflegestuetzpunkteberlin.de/index.php/informationsblaetter/b-n-thong-tinvi-t
Die Informationsblätter sind neben Vietnamesisch verfügbar in:
Englisch, Arabisch, Bosnisch, Polnisch, Russisch und Türkisch
40
Wir bedanken uns herzlich bei den Studierenden des Seminars "Research on Elderly
Migrants/Aging and Migration" des Instituts für Ethnologie der FU Berlin unter Leitung
von Dr. Anita von Poser:
Carmen Glink Buján, Maria Christina Druga, Jakob Langsdorf, Slavena Mincheva,
Valerie Mozaffari, Janne von Seggern, Maija Susarina, Ronja Thum und Jana Wilkens
für die großartige Dokumentation im World Café und die Ergebnispräsentation!
41
Verband für interkulturelle Arbeit (VIA)
Regionalverband Berlin/Brandenburg e. V.
42