Positionen Zur „Gewerbesteuerlichen Hinzurechnung“ in Deutschland Die obersten Finanzbehörden der Länder wenden die Unternehmenssteuerreform von 2008 auch auf den Handel mit Reiseleistungen an. In einem Erlass vom 2. Juli 2012 haben sie verfügt, dass der Einkauf von Hotelleistungen durch Reiseveranstalter rückwirkend ab 2008 durch Hinzurechnung zum Gewinn der Gewerbesteuer unterliegen soll. Damit haben die Finanzbehörden eine vom Gesetzgeber nicht vorgesehene Sondersteuer auf Urlaubsreisen geschaffen, die dem Verbraucherschutz schadet und darüber hinaus zu diskriminierenden Steuervorteilen für ausländische Reiseanbieter führt. Die Länder-Finanzverwaltung greift mit dieser Fehlauslegung in die gestalterische Kompetenz der Politik ein, indem sie deutsche Anbieter von Pauschalreisen massiv gegenüber Online-Vermittlern („Click & Mix“) sowie ausländischen Anbietern benachteiligt. Eine bei einem US-Buchungscomputer „vermittelte“ Reise mit Flug und Hotel wird nicht besteuert. Ein bei einem deutschen Veranstalter, Reisebüro oder Busreiseunternehmen gebuchtes „veranstaltetes“ Reisearrangement dagegen schon. Diese Auslegung der Gewerbesteuerreform schadet vor allem den Verbrauchern. Von den jährlich rund 30 Millionen Gästen deutscher Reiseveranstalter buchen mehr als 12 Millionen – das sind über 40 Prozent – Pauschalreisen. Diese bieten ein besonderes Schutzniveau für den Urlauber bei Unglücken, Insolvenzen oder Verspätungen. Bei Online-Anbietern erwerben die Verbraucher dagegen meist Einzelbuchungen mit unterschiedlichen Reiseverträgen, bei denen oftmals ausländisches Recht wirksam ist. Im Schadens-/Streitfall gilt dann ausländisches Recht. Nicht so bei einer in Deutschland gebuchten Pauschalreise. Sie gewährleistet den Reisenden höchsten Verbraucherschutz. Das Finanzgericht Münster hat am 10. Februar 2016 entschieden, dass Finanzämter nur den Anteil bei der Berechnung der Gewerbesteuer hinzurechnen, der einer Kaltmiete der Zimmer entspricht. Serviceleistungen des Hotels und weitere Kostenpunkte müssen herausgerechnet werden. Diese vermeintliche Musterklage wurde von Politik und Verwaltung bisher häufig herangezogen, um Vorstöße der Interessenvertretungen abzuwehren. Der Hoteleinkauf der TUI-Veranstalter in Deutschland weicht in wesentlichen Punkten ab von der in Münster verhandelten Vertragsgestaltung. So sind in den Verträgen der TUI-Veranstalter in der Regel wesentlich umfangreichere Leistungen der Hotels enthalten (Unterhaltung, Sportangebote, Services etc). Auch die Dauer der Überlassung von Hotelkontingenten ist bei TUI-Veranstaltern wesentlich kürzer. Aus diesem Grund ergibt sich aus dem jetzt ergangenen Urteil auch kein Mustercharakter für die bei TUI üblichen Beziehungen zu Hotelpartnern. Der Deutsche Reiseverband ging bisher von einer bundesweiten Belastung von jährlich 230 Millionen Euro und Nachzahlungen von 1,4 Milliarden Euro aus. Bis zu 25.600 Arbeitsplätze deutscher Reiseveranstalter sind akut gefährdet. Aufgrund der unsicheren Lage sind Unternehmen zu Konsequenzen gezwungen: Erste Reiseveranstalter haben ihren Hoteleinkauf bereits ins benachbarte Ausland verlagert. Auch größere Unternehmen denken über die Verlagerung des Hoteleinkaufs konkret nach. Dadurch werden absehbar Gewerbesteuermindereinnahmen und deutliche Arbeitsplatzverluste in Kommunen resultieren. Veranstalter werden zusätzliche Steuerlast in margenschwachem Geschäft auf Endkundenpreise umlegen müssen – insbesondere im Niedrigpreissegment führt dies zu Preissteigerungen. Kleinere Anbieter wie z. B. von Jugendreisen oder Klassenfahrten müssen ihr Geschäft aufgeben, weil es sich wirtschaftlich nicht mehr rechnet. Der Bundeswirtschaftsminister und verschiedene Landespolitiker setzen sich dafür ein, den Erlass zurückzunehmen bzw. klarzustellen, dass die Anmietung von Hotelunterkünften durch Reiseveranstalter nicht der Gewerbesteuerhinzurechnung unterliegt. Sie teilen die Sorge der heimischen Reiseunternehmen um die Pauschalreise „Made in Germany“. TUI Bewertung TUI und die deutsche Touristikbranche spricht sich weiterhin für eine schnelle Zurücknahme des Erlasses der Finanzbehörden aus. Es dürfen nicht jene Unternehmen bestraft werden, die ihren Kunden höchste Verbraucherschutzstandards garantieren. Die Pauschalreise darf nicht gegenüber anderen Reiseprodukten und ausländischen Anbietern diskriminiert werden. TUI GROUP Corporate & External Affairs, aktualisiert am 12. Februar 2016
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