Bassam Loulou „God‘s Signature“ „Gottes Handschrift“ Ausstellung Ich glaube auch, dass Geschöpfe sich alle auf die gleiche Weise den Gesetzen des Lebens unterwerfen. Und dennoch gleichen keine zwei Geschöpfe einander, und was wir als unbegreiflich empfinden, ist relativ und in jeder Phase unseres Lebens anders. „Es fing alles an, als ich Syrien verließ und nach Jordanien aufs Land floh, wo ich furchtbare und nervlich belastende Erfahrungen machen musste. Ich blieb dort in der Hoffnung, meine gute Freundin Astrid könne meine Reise nach Deutschland organisieren. Um jeden Ärger zu vermeiden, verschuf ich mir höchste Abwechslung. Ich wollte etwas finden, das positiv und würdevoll war, etwas, das ich erspüren konnte, etwas, das mich vor meiner eigenen Nervosität schützen konnte. Manchmal wanderte ich durch den Ort und betrachtete die Pflanzen, die Tiere und alle möglichen Überbleibsel. Unbewusst unterhielt ich mich mit ihnen, fragte mich, welches Schicksal sie wohl erlitten hatten, das sie geformt hatte, versuchte ihre Fragen zu beantworten, betrachtete ihre Schatten, Farben und den Einfluss, den die Zeit auf sie gehabt hatte. Ich spürte verschiedene Formen von Einfachheit und Komplexität, Zärtlichkeit und Grausamkeit, Schmerz und Leid, Ironie und Weisheit, Mysterium und Mut, Wiederbelebung und Kindheit – die wie, ich glaube, Bestandteile jeder Kunst sind – es fiel mir gar nicht leicht, mich wieder von ihnen abzuwenden. Also bemühte ich mich, zu sammeln, was ich sammeln konnte. Erst später begriff ich, dass das, was ich getan hatte, meine ganze Persönlichkeit und innere Befindlichkeit widerspiegelte. Während meiner Kindheit verbrachte ich unendlich viel Zeit damit, mich mit Dingen und Mustern auf alten Wänden zu beschäftigen. Weil ich zutiefst davon überzeugt bin, dass die Natur die erste und größte Künstlerin ist und man Dinge nicht schlicht nur als anmutig oder krank betrachten kann, sondern als Bilder, die dem Geist der Menschen entspringen und die von der Art geprägt sind, wie Menschen mit ihnen umgehen. Obwohl ich eine hohe Meinung von der klassischen Kunst und all ihren oft auch verborgenen Bedeutungshintergründen habe, von den beeindruckenden Gebäuden und Kunstwerken und von all dem, was an Edelstein- und Metallarbeiten weltberühmt ist; musste ich doch innehalten und Fragen stellen! Ist es nicht viel schöner, die Kunst in den einfachsten und am meisten vernachlässigten Dingen zu sehen? Ist es nicht erfüllender, Dinge zu durchleuchten, die die meisten Menschen nur oberflächlich betrachten? Während ich durch das Dorf lief, sammelte ich diese geschaffenen Dinge und Wesen, die ich mit dem Titel „Die Handschrift Gottes oder der Natur“ bezeichnete. Oder die ich als Symbole meiner Unzufriedenheit mit all dem Grauenhaften empfand, das ich an diesem Ort gesehen habe und das ich auch mit nach Deutschland gebracht habe, immer auch mit dem Gedanken im Kopf, dass dieses Land eine größere Aufnahmebereitschaft für diese Werke haben würde. Mit tiefem Respekt für meine Freundin Astrid, ihr Land, ihre Familie, ihre Freunde und die Kirchenfamilie, die mich alle immer wieder aufgefordert haben, eine Arbeit zu tun, die unser Leben schöner und wertvoller machen würde. Kurz gesagt, es macht mich zufrieden, die Bedeutung dieser Arbeiten mit anderen zu teilen, genau das macht für mich ihren unschätzbaren Wert aus. Mir ist klar, dass diese Schönheiten gleich zu Anfang vergehen könnten. Genauso gut könnten sie auch beinahe berühmt werden, wenn man sie entsprechend verbreitete und für sie Werbung machte. Bassam Loulou, Nürnberg, September 2015 Über Bassam Loulou Während eines seiner letzten Aufenthalte in Nahen Osten sammelte Bassam Loulou Objekte, die zu Hoffnungsträgern in einer schier ausweglos scheinenden Situation wurden. Wie einen persönlichen Schatz brachte er diese nach Deutschland. Bassam Loulou präsentiert nun diese Fundstücke als Sammlung unter dem Titel „Gottes (Hand)Schrift“ im Museum Tucherschloss. Der Besucher ist eingeladen, Bassam Loulous Gedanken zu teilen und eigene Assoziationen zu entwickeln. Bassam Loulou erklärt mit eigenen Worten seine Hoffnung, die er mit seinem Aufenthalt in Deutschland verbindet: Bassam Loulou während einer Lesung in seiner Heimatstadt Aleppo. „Die Einladung meiner Freundin Dr. Astrid Betz bedeutet mir sehr viel. Es ist mir ein großes Anliegen, den Errungenschaften ihres und meines Landes, das historisch gesehen auf einen langen Kultur- und Wissenschaftsaustausch zurückblickt, etwas hinzuzufügen. Ich hoffe, dass der Kontakt mit meinen Künstlerfreunden zu einem kreativen Austausch führt und zur gegenseitigen Bereicherung wird.“ Bassam Loulou (geboren 1957) ist ein syrischer Journalist und Autor. 1985 beendete er sein Studium der arabischen Literatur und Sprachwissenschaft an der Universität in Aleppo. Danach arbeitete er als Lehrer an weiterführenden Schulen. Sein Haus in Aleppo öffnete er für Freunde aus aller Welt. Die meisten von ihnen waren als Kunst- und Kulturschaffende tätig. Zwölf Jahre verbrachte er als Journalist für Kultur- und Familienzeitschriften in Dubai. Seit seiner Studienzeit arbeitete Bassam Loulou als freiberuflicher Autor mit Verlegern, Autoren und Studierenden der Hochschule zusammen. Bassam Loulou verließ seinen Arbeitsplatz in Dubai in der Hoffnung, sich in Aleppo selbstständig zu machen. Er wollte in seiner Heimat eine Zeitschrift für Kinder sowie eine Online-Zeitschrift gründen. Die politische Situation in seinem Land machte Bassams berufliche Vorhaben zunichte. Sein Online-Kulturmagazin „Alokkaza“ (= Krücke) wurde gehacked und auch sein Arbeitsteam zerschlug sich im Zuge der politischen Entwicklungen im Land. Nichtsdestotrotz hat Bassam Loulou eine Sammlung von Gedichten und eine Reihe von Kurzgeschichten geschrieben. 2013 verließ er aufgrund des Krieges seine Heimatstadt Aleppo. Nach verschiedenen Stationen in Syrien floh er in den Libanon und dann nach Jordanien. Dank der Unterstützung seiner deutschen Freundin, Astrid Betz, kam er im November 2014 in Nürnberg an und lebte einige Monate in Astrids Familie. Derzeit unterstützt ihn die Kirchengemeinde Sankt Martha, die ihm ihre Mesnerwohnung zur Verfügung stellt. Impressionen aus Bassam Loulous Haus in Aleppo.
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