Geldstrafe für Hasskommentare 20.04.2016 18:58 Uhr Pfaffenhofen (em) "Wenn man nichts hat, sucht man überall und versucht Spuren zu finden." Diese Worte fielen bei der Zeugenaussage eines Ingolstädter Kriminalbeamten im Pfaffenhofener Amtsgericht. Er bezog sich damit auf Ermittlungen, die nach dem Brandanschlag auf das Asylbewerberheim in Winden anliefen. Die Polizei warf seinerzeit ein recht weitmaschiges Netz aus, um Verdächtige zu finden. In diesem verfing sich der 25-jährige Frederick M. (Name geändert), der in einem sozialen Netzwerk auffiel und bei dem eine Hausdurchsuchung angeordnet wurde. Doch wurden die Beamten nicht fündig: "Es gab keinerlei Hinweise auf rechtsextremistische Verbindungen", erläuterte der Polizist im Zeugenstand vor der Amtsrichterin Lena Paschold. "Auch in seiner Freundesliste fanden sich keine Neonaziverbindungen." Dass er überhaupt überprüft wurde, lag an Beiträgen, die von anderen Usern gepostet wurden und die er mit "Gefällt mir" markiert oder geteilt hatte. Dabei handelt es sich schon um Inhalte, die rechtsextremes Gedankengut vermuten lassen. So am 9. April ein Foto, das Personen schwarzafrikanischer Herkunft zeigt. In der Bildunterschrift fanden sich Worte wie "sie urinieren an Hauswände", würden "Spielplätze als Toiletten" benutzen und seien "ständig am Saufen". Es folgte ein Foto, das Asylbewerber zeigt, die ein Schild mit der Aufschrift "Wir machen uns Sorgen um unsere Kinder im Krieg in Syrien." Dieses Bild war mit dem Kommentar versehen: "Ach, Sorgen macht ihr euch um eure Kinder? Dann hab ich nur mal eine Frage. Warum seid ihr feigen Dreckschweine denn ohne sie abgehauen" Nun kam folgender Text dazu: "Hey Asylschmarotzer, wenn euch unsere Meinungsfreiheit nicht gefällt, dann nutzt doch die Reisefreiheit." Und schließlich ein Foto, das ein überfülltes Schiff zeigt mit der Bildunterschrift: "Dies ist der Countdown zum Rassenkrieg gegen unser Volk. Aber auch gegen das ganze weiße Europa." Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt sah in diesen Einträgen Volksverhetzung sowie das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisatoren. Alle diese Beiträge hatte der Angeklagte, der als Bauhandwerker arbeitet, von seinem Smartphone aus ins Netz gestellt. Vor Gericht verweigerte er die Aussage. Der federführende Polizeibeamte konnte lediglich die Beiträge bestätigen, aber keine weiterführenden Beweise anführen. Er stellte im Zeugenstand klar, dass es keine Verbindungen zu gewaltbereiten Kreisen gab, auch nicht im Zusammenhang mit dem Brand in Winden. Der Brandanschlag war also lediglich der Anlass der Untersuchungen. Die Staatsanwaltschaft sah in allen Anklagepunkten den Tatbestand als erfüllt an und beantragte für den nicht Vorbestraften eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten auf Bewährung sowie eine Geldstrafe von zweitausend Euro. Der Verteidiger sah den Sachverhalt jedoch ganz anders. Er argumentierte mit dem hohen Gut der Meinungsfreiheit, "welches wir verteidigen müssen". Die Flüchtlingsproblematik beschäftige große Teile der Bevölkerung, da könne man nicht immer gleich mit der juristischen Keule kommen. Er beantragte Freispruch in allen Fällen. Verurteilt wurde M. schließlich zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 70 Euro, insgesamt 12 600 Euro. Der Verteidiger kündigte schon einmal an, "notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof zu gehen". Von Manfred Eibisch © 2016 donaukurier.de | Alle rechte vorbehalten. Seite 1 von 1
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