Hohe Geldstrafe für Hasskommentare

Hohe Geldstrafe für Hasskommentare
20.04.2016 18:57 Uhr
Pfaffenhofen (em) "Wenn man nichts hat, sucht man überall und versucht, Spuren zu finden." Diese Worte fielen
gestern bei der Zeugenaussage eines Ingolstädter Kriminalbeamten im Pfaffenhofener Amtsgericht. Er bezog
sich auf Ermittlungen, die nach dem Brandanschlag auf das Asylbewerberheim in Winden anliefen.
Die Polizei warf seinerzeit ein recht weitmaschiges Netz aus, um Verdächtige zu finden. In diesem verfing sich der
25-jährige Frederick M. (Name geändert), der in einem sozialen Netzwerk auffiel und bei dem eine Hausdurchsuchung
angeordnet wurde. Doch dort wurden die Beamten nicht fündig: "Es gab keinerlei Hinweise auf rechtsextremistische
Verbindungen", erläuterte der Polizist im Zeugenstand vor der Amtsrichterin Lena Paschold, "auch in seiner
Freundesliste fanden sich keine Neonaziverbindungen."
Dass er überhaupt überprüft wurde, lag an Beiträgen, die von anderen Usern gepostet wurden und die er mit "Gefällt
mir" markiert oder geteilt hatte. Dabei handelt es sich schon um Inhalte, die rechtsextremes Gedankengut vermuten
lassen. So am 9. April ein Foto, das Personen schwarzafrikanischer Herkunft zeigt. In der Bildunterschrift fanden sich
Worte wie "sie urinieren an Hauswände", würden "Spielplätze als Toiletten" benutzen und seien "ständig am Saufen".
Gleich am nächsten Tag folgte ein Bild, auf dem ein brennendes Wohnhaus sichtbar ist. Zwei Tage später kam ein
weiteres Wohnhaus hinzu, bei dem zu lesen war: "Das ist das nächste Ding, das brennt." Als Nächstes kam ein Bild auf
seinem Profil, das Adolf Hitler mit zwei Kindern zeigt und mit der Bildunterschrift "Bei mir mussten Deutsche nicht in
Notunterkünfte oder auf die Straße". Dann folgte ein Foto, das Asylbewerber zeigt, die ein Schild mit der Aufschrift "Wir
machen uns Sorgen um unsere Kinder im Krieg in Syrien." Dieses Bild war mit dem Kommentar versehen: "Ach, Sorgen
macht ihr euch um eure Kinder? Dann hab ich nur mal eine Frage. Warum seid ihr feigen Dreckschweine denn ohne sie
abgehauen" Nun kam folgender Text dazu: "Hey Asylschmarotzer, wenn euch unsere Meinungsfreiheit nicht gefällt,
dann nutzt doch die Reisefreiheit." Und schließlich ein Foto, das ein überfülltes Schiff zeigt mit der Bildunterschrift: "Dies
ist der Countdown zum Rassenkrieg gegen unser Volk. Aber auch gegen das ganze weiße Europa."
Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt sah in diesen Einträgen Volksverhetzung sowie das Verwenden von Kennzeichen
verfassungswidriger Organisatoren. Alle diese Beiträge hatte der Angeklagte, der als Bauhandwerker arbeitet, von
seinem Smartphone aus ins Netz gestellt. Vor Gericht verweigerte er die Aussage. Als Beweismittel präsentierte die
Staatsanwaltschaft lediglich den polizeilichen Untersuchungsbericht des Facebook-Accounts und die Aussage des
federführenden Polizeibeamten. Der konnte jedoch lediglich die Beiträge bestätigen, aber keine weiterführenden
Beweise anführen. Er stellte im Zeugenstand klar, dass es keine Verbindungen zu gewaltbereiten Kreisen gab, auch
nicht im Zusammenhang mit dem Brand in Winden. Der Brandanschlag war also lediglich der Anlass der
Untersuchungen.
Die Staatsanwaltschaft sah in allen Anklagepunkten den Tatbestand als erfüllt an und beantragte für den nicht
Vorbestraften eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten auf Bewährung sowie eine Geldstrafe von zweitausend Euro. Der
Verteidiger sah den Sachverhalt jedoch ganz anders. Er argumentierte mit dem hohen Gut der Meinungsfreiheit,
"welches wir verteidigen müssen". Die Flüchtlingsproblematik beschäftige große Teile der Bevölkerung, da könne man
nicht immer gleich mit der juristischen Keule kommen. Er beantragte Freispruch in allen Fällen.
Verurteilt wurde M. schließlich zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 70 Euro, insgesamt 12 600 Euro. Dabei
bewertete die Richterin die Vorwürfe recht unterschiedlich. Zum Teil negierte sie den Vorwurf der Volksverhetzung,
anderen Punkten stimmte sie zu, ein Vorwurf wurde ganz niedergeschlagen. Die Parteien haben nun sieben Tage Zeit,
um das Urteil zu akzeptieren oder in die nächste Instanz zu gehen. Der Verteidiger kündigte jedenfalls schon einmal an,
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"notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof zu gehen".
Von Manfred Eibisch
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